Lauter Lobreden - Marcel Reich-Ranicki

  • Taschenbuch: 208 Seiten
    Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag


    Kurzbeschreibung:
    Zwanzig Lobreden auf deutsche Autoren


    Dem deutschen Feuilleton und jeder Klappentexterkunst zum Trotz muss man leider sagen: »Die Mehrzahl aller Bücher war und ist schlecht.« Was natürlich nicht für die im vorliegenden Buch behandelten gilt, enthält es doch »lauter Lobreden«. Marcel Reich-Ranicki hat es zusammengestellt, um am Beispiel von zwanzig deutschen Autoren zu zeigen, wie gut er zu loben versteht. Genötigt sah er sich dazu, weil er von einer harmonie-süchtigen Öffentlichkeit immer wieder zum literarischen Scharfrichter, Dichterkränker und Wüterich stilisiert wurde. Wer nun aber fürchtet, der brillante Kritiker habe beim Verfassen dieser Reden mal beide Augen zugedrückt oder fünfe gerade sein lassen, sieht sich glücklicherweise getäuscht. Auch wo er lobt, ist Reich-Ranicki genau.


    Über den Autor:
    Marcel Reich-Ranicki, Professor, Dr. h. c. mult., geboren 1920 in Wloclawek an der Weichsel, wuchs in Berlin auf. Er war von 1960 bis 1973 ständiger Literaturkritiker der Wochenzeitung “Die Zeit“ und leitete von 1973 bis 1988 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ die Redaktion für Literatur und literarisches Leben. 1968/69 lehrte er an amerikanischen Universitäten, 1971 bis 1975 war er Gastprofessor für Neue Deutsche Literatur an den Universitäten Stockholm und Uppsala, seit 1974 Honorarprofessor in Tübingen, 1991/92 Heinrich Heine-Gastprofessur an der Universität Düsseldorf. Von 1988 bis 2001 leitete er das “Literarische Quartett“. Ehrendoktor der Universitäten in Uppsala, Augsburg, Bamberg, Düsseldorf, Utrecht und München. Goethepreis des Jahres 2002. Marcel Reich-Ranicki starb 2013 in Frankfurt am Main.


    Mein Eindruck:


    Marcel Reich-Ranicki war der Meister der Verrisse, doch dieses Buch versammelt „Lobreden“ über verschiedene Schriftsteller. Es sind keine Rezensionen einzelner Bücher sondern tatsächlich Festreden, die Marcel Reich-Ranicki aus verschiedenen Anlässen, z.B. runde Geburtstage, gehalten hat.


    Dieses Buch von 1985 hat witzige Momente. Schon z.B. ein vorgestelltes Zitat von Thomas Mann.


    Dann ist das Buch auch noch ausgerechnet Martin Walser gewidmet:


    Für Martin Walser,
    der behauptet, meine Lobreden seien keine Lobreden


    Dabei ist Walser der Intimfeind, und erst wenige Jahre vorher hat der Literaturpapst Walser-Bücher brutal verrissen.


    Seine Rede über Walser in diesem Buch hingegen empfand ich als aufrichtig und teilweise sehr zutreffend. Die Rede weist indirekt darauf hin, dass Walser ein Autor ist, der immer wieder bereit war, Risiken zu gehen. Für mich ein Merkmal eines bedeutenden Autors.


    Manche der Reden halte ich heute nicht mehr besonders wichtig, zum Beispiel die über Hans-Joachim Schädlich von 1978. Der Grund ist, dass ich denke, dass Schädlichs Werk danach bedeutender war.


    Ich mochte auch den Text über Siegfried Lenz, mit dem Titel Die Ein-Mann-Partei. Insbesondere der Abschnitt über seine Suleyken-Geschichten. Hier möchte ich zitieren:


    „In der Tat sind die Suleyken-Geschichten beschaulich, doch weder bieder noch arglos. Populär sind sie, aber frei von Volkstümelei. Man mag sie hier und da als schwärmerisch empfinden, doch sentimental sind sie nicht.“


    Sicher sehr zutreffend!


    Etwas ungewöhnlich ist der Beitrag über Peter Demetz, der als Germanist schließlich selber Literaturkritiker ist. Manche erinnern sich vielleicht noch an seine Teilnahme als Juror beim Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt.

    Auf mehr Reden möchte ich jetzt nicht eingehen, um niemand zu ermüden.


    Marcel Reich-Ranicki war eine Persönlichkeit, die man verehren und hassen konnte, sogar fast zur gleichen Zeit. Doch wenn man vorurteilsfrei seine alten Sendungen sieht oder seine Bücher liest, kann man inzwischen doch sagen, dass er wesentlich öfter richtig lag, als man manchmal wahrhaben wollte.
    Und eins ist festzustellen: Er fehlt im heutigen Literaturbetrieb wirklich und konnte bis heute von niemanden ersetzt werden.


    ASIN/ISBN: 3423116188

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Und eins ist festzustellen: Er fehlt im heutigen Literaturbetrieb wirklich und konnte bis heute von niemanden ersetzt werden.


    Das ist leider allzu wahr!
    Danke, Herr Palomar, für diesen informativen Hinweis auf ein Buch, das ich mir sofort bestellt habe. :wave