Tiergarten. In the Garden of Beasts - Erik Larson

  • Tiergarten - In the Garden of Beasts: Ein amerikanischer Botschafter in Nazi-Deutschland


    OT: In the Garden of Beasts. Love, Terror, and an American Family in Hitler's Berlin


    Kurzbeschreibung:
    Berlin, 1933. Er ist nicht Roosevelts erste Wahl, doch da sich kein anderer Kandidat findet, wird der gutmütige Geschichtsprofessor Dodd als Botschafter nach Berlin geschickt. Dieser muss sich nicht nur mit den merkwürdigen Entwicklungen in Deutschland auseinandersetzen, sondern auch einem intriganten, politisch gleichgültigen State Department entgegentreten. Unterdessen ist Martha verzückt von den Partys und dem Pomp - und den hübschen jungen Nazis. Doch als sich Attacken auf Juden häufen, die Presse der Zensur unterworfen wird, Entwürfe von beängstigenden Gesetzen in den Umlauf kommen und schließlich in der »Nacht der langen Messer« Hitlers wahre Absichten offenbar werden, müssen die Dodds die Gefahr erkennen.


    Atemberaubend temporeich erzählt, mit unvergesslichen Porträts der neuen Herren von Deutschland, zeigt das Buch aus der Perspektive von externen Augenzeugen die Machtergreifung der Nazis in einem neuen Licht - und gibt Einblick, warum die Welt die ernste Bedrohung durch Hitler erst wahrnahm, als Berlin und Europa von Blut und Terror überschwemmt wurden.


    Über den Autor:
    Erik Larson war Reporter für das Wall Street Journal und Time, bevor ihm mit den Bestsellern "Der Teufel von Chicago", "Marconis magische Maschine" und "Isaacs Sturm" der Durchbruch gelang. Er lebt mit seiner Frau, drei Töchtern und einem alten britischen Sportwagen namens Mrs. Peel in Seattle.


    Meine Meinung:
    Angesichts der Gräueltaten der Nationalsozialisten im 2. Weltkrieg stellt sich immer wieder die Frage: Wie konnte so etwas geschehen? Wieso hat sich der Einzelne / die deutsche Bevölkerung / die Welt nicht gegen Hitler gestellt? Diese Frage kann auch Erik Larsons Sachbuch mit dem doppeldeutigen Titel "Tiergarten - In the Garden of Beasts" nicht beantworten - will es aber auch gar nicht. Es vermittelt jedoch einen sehr umfassenden und nachhaltigen Eindruck davon, wie das Leben in Berlin kurz nach Hitlers Machtergreifung 1933 aussah und welche Möglichkeiten es vielleicht gegeben hätte, das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte zu verhindern, hätten die Menschen die Zeichen der Zeit erkannt. Es gab einige, die jene Anzeichen der Bedrohung, von denen es in Berlin und in anderen deutschen Städten zu dieser Zeit schon reichlich gab, relativ früh richtig einordneten.


    Einer von ihnen war William Dodd, der 1933 - eher als Notlösung mangels anderer geeigneter Kandidaten - als Botschafter der USA nach Berlin geschickt wurde. Zusammen mit seiner Ehefrau und seinen beiden erwachsenen Kindern reist der Geschichtsprofessor, der einst einige Jahre lang selbst in Deutschland studierte, nach Berlin. Dort verkehrt er in höchsten Diplomatenkreisen und lernt - ebenso wie seine Tochter Martha - hochrangige Nazigrößen kennen. Zunächst sind beide von dem "neuen Deutschland" angetan. Doch wie sich dieses Bild der beiden langsam ändert und sich von Bewunderung in komplette Ablehnung wandelt, erzählt Erik Larson auf sehr fesselnde Art. Er erweckt das zunächst noch unbeschwerte Berlin der frühen 1930er Jahre vor dem geistigen Auge des Lesers zum Leben, spart dabei nicht an zahlreichen, aber niemals langweiligen Details (wie den verschiedenen Affären Marthas) und nutzt unzählige Originalzitate, Briefe und anderen Dokumente von William Dodd, Martha Dodd und anderen Personen aus ihrem Umfeld als Basis für sein Buch. Diese Quellen sind das Zeugnis der Veränderungen, die sich in Deutschland erst langsam und dann immer lauter Bahn brechen. Sie belegen auch die innere Wandlung der Dodds, die jedoch damals in ihrem Heimatland USA niemand wahr- oder ernstnehmen wollte. Man wolle und dürfe sich nicht in die inneren Angelegenheiten eines Landes einmischen und die Berichte über schreckliche Ereignisse und Gewalttaten gegenüber Juden klingen doch sehr übertrieben, so die Meinung vieler politischer Verantwortlicher in Washington. Diese katastrophale Fehleinschätzung der Situation lässt den Leser mit dem heutigen Wissen erschaudern, denn so nahm das Schicksal seinen Lauf und der Weg in die schwärzesten Stunden der Menschen war offenbar unaufhaltsam.


    Basierend auf einer Fülle von Quellen, die neben zahlreichen weiteren Anmerkungen in dem umfangreichen Anhang nachzulesen sind, hat Larson eindrucksvoll gezeigt, dass auch ein Sachbuch zu historischen Ereignissen oder Entwicklungen so spannend erzählt werden kann wie ein Roman. Bitte mehr davon!


    10 Punkte von mir. :-]

  • Ups, Erik Larson hatte ich ganz aus den Augen verloren. Um Bücher dieser Thematik mache ich normalerweise eher einen Bogen, doch wenn Larson darüber schreibt, werde ich sicher eine Ausnahme machen. Danke für die Buchvorstellung und das mich-an-Larson-erinnern. Das Buch wird sicher bald bei mir einziehen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")