Sarah Bakewell - Das Cafe der Existenzialisten. Freiheit, Sein und Aprikosencocktails

  • Titel: Das Cafe der Existenzialisten. Freiheit, Sein und Aprikosencocktails
    OT: At the Existentialist Cafe. Freedom, Being and Apricot Cocktails
    Autorin: Sarah Bakewell
    Übersetzt aus dem Englischen von: Rita Seuß
    Verlag: C.H. Beck
    Erschienen: Juli 2016
    Seitenzahl: 448
    ISBN-10: 340669764X
    ISBN-13: 978-3406697647
    Preis: 24.95 EUR


    Was ist Existenzialismus?
    Auch die Mitwirkenden in diesem Buch definieren den Begriff unterschiedlich. Die da sind: Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Albert Camus, Martin Heidegger, Edmund Husserl, Karl Jaspers, Maurice Merleau-Ponty und andere.


    In einem packenden Buch beschreibt Sarah Bakewell die philosophischen Grundlagen des Existenzialismus anhand dieser „Kollektivbiographie“. Es geht auch um die Verbindungen der Beteiligten untereinander, um Freundschaft um Aufkündigungen von Freundschaft, es geht um unterschiedliche Auffassungen, es geht aber auch um Neid und Intrigen unter Kollegen. Es geht um die Antipoden Heidegger und Sartre.


    Aber auch andere „Geistesgrößen“ kommen zu Wort: Hannah Arendt und Iris Murdoch, sowie Colin Wilson.


    Paris im Jahre 1932 im Cafe Bec de Gaz. Raymond Aron sagt zu seinem Freund Sartre: „Siehst du, mon petit camarade, wenn du Phänomenologe bist, kannst über diesen Cocktail sprechen und das ist dann Philosophie.“
    Dieser Satz, dieser einfach Satz, war die Geburtsstunde einer neuen Bewegung die sich in Jazzclubs und Cafes verbreitete. Sie inspirierte Musiker und Schriftsteller, erregte Abscheu im Bürgertum und befruchtete Feminismus, Antikolonialismus und 68er-Revolte.


    Dieses Buch ist in jedem Falle ein aufregendes Leseerlebnis. „Ein Page-Turner“ wie PARIS REVIEW so treffend feststellte.


    Ein „Manko“ hat dieses Buch aber:
    Es werden sehr viele Bücher genannt, die man eigentlich unbedingt noch lesen müsste; nur reicht da die mir verbleibende Lesezeit wohl beileibe nicht aus.


    Eine grundlegende Erkenntnis hat mir dieses Buch aber auch gebracht:
    Ich bin ziemlich unwissend – man kann auch sagen „strohdumm“.


    Von mir gibt es für dieses Buch von Sarah Bakewell eine unbedingte Leseempfehlung. Okay, einige Seiten, einige Passagen muss man vielleicht mehrmals lesen – aber es lohnt sich. 10 Eulenpunkte ist kein Punkt zu viel.


    Dieses Buch macht einen „geil“ auf Philosophie, es macht Lust „aufs Denken“.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Inzwischen habe ich dieses wunderbare Buch gelesen und kann mich Voltaires Meinung nur anschließen.
    Sarah Bakewell hat es geschafft, nicht nur grundlegendes Wissen über Phänomenologie und Existenzialismus zu vermitteln, sondern ein lebendiges Bild der wesentlichen Verfechter und der Verfechterin dieser Ideen zu entwerfen.
    Sie führt uns zurück zum Beginn des 20. Jahrhunderts und verknüpft das zeitgeschichtliche Geschehen mit den sich entwickelnden philosophischen, moralischen und psychologischen Fragen. Es ist eine völlig neue Sicht des Menschen, auf eine neue Freiheit, die jedoch immer zusammen mit seiner Eingebundenheit in soziale und biologische Umwelt gesehen werden muss.
    Auch die vielfältigen Verbindungen zu Literatur, Theater, Musik und Malerei scheinen auf und auch, welche Auswirkungen die Ideen der Existenzialisten auf Medizin und Psychotherapie gehabt haben.


    Ganz hervorragend auch die Verweise auf Quellen und Materialien und besonders interessant finde ich, dass sogar einiges altes Material aus vordigitalen Zeiten mittlerweile auf you-tube zu finden ist.


    Selten bekommt ein Buch von mir 10 Punkte - dieses hat sie verdient.