Titel: Cox oder Der Lauf der Zeit
Autor: Christoph Ransmayr
erschienen: 27. Oktober 2016
Seiten: 304 Seiten
Verlag: S. Fischer Verlag
Sprache: Deutsch
Kurzbeschreibung:
Der mächtigste Mann der Welt, Qiánlóng, Kaiser von China, lädt den englischen Automatenbauer und Uhrmacher Alister Cox an seinen Hof. Der Meister aus London soll in der Verbotenen Stadt Uhren nach den Vorstellungen und Träumen des allmächtigen Gottmenschen bauen. An einem Hof, der von Maßlosigkeit, zeremonieller Pracht und Angst beherrscht wird, soll der Meister aus London Uhren erschaffen, an denen die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Zeiten des Glücks, der Kindheit, der Liebe, auch von Krankheit und Sterben abzulesen sind. Er soll Uhren bauen, die das Verfliegen des menschlichen Lebens anzeigen – von den scheinbar endlosen Tagen eines Kindes bis zu denen eines zum Tode Verurteilten. Schließlich verlangt Qiánlóng, der gemäß einem seiner zahllosen Titel auch »alleiniger Herr über die Zeit« ist, eine Uhr zur Messung der Ewigkeit.
Über den Autor:
Christoph Ransmayr, wurde 1954 in Wels/Oberösterreich geboren und lebt nach Jahren in Irland und auf Reisen wieder in Wien. Neben seinen Romanen ›Die Schrecken des Eises und der Finsternis‹, ›Die letzte Welt‹, ›Morbus Kitahara‹, ›Der fliegende Berg‹ und dem ›Atlas eines ängstlichen Mannes‹ erschienen bisher zehn Spielformen des Erzählens, darunter ›Damen & Herren unter Wasser‹, ›Geständnisse eines Touristen‹, ›Der Wolfsjäger‹ und ›Gerede‹. Zum Werk Christoph Ransmayrs erschien der Band ›Bericht am Feuer‹. Für seine Bücher, die in mehr als dreißig Sprachen übersetzt wurden, erhielt er zahlreiche literarische Auszeichnungen, unter anderem die nach Friedrich Hölderlin, Franz Kafka und Bert Brecht benannten Literaturpreise, den Premio Mondello und, gemeinsam mit Salman Rushdie, den Prix Aristeion der Europäischen Union, den Prix du meilleur livre étranger und den Prix Jean Monnet de Littérature Européenne.
Meine Meinung:
Ein großartiges Buch, ein Lesehöhepunkt in meinem Lesejahr!
Der Autor Christoph Ransmayr entführt den Leser in das China des 18. Jahrhunderts. Alister Cox, der berühmteste Uhrmacher und Automatenbauer der Welt, wird an den Hof des Kaisers von China gerufen. Der mächtigste Mann der Welt, der Kaiser Quiánlóng, ist längst Kunde des Meisters und richtet ihm nun in der Verbotenen Stadt eine eigene Werkstatt ein. Cox soll nun für den Kaiser Uhren bauen.
Farbenprächtig und märchenhaft schildert Ransmayr die Handlungsorte. Quiánlóng hingegen wird als absolutistischer Herrscher geschildert. Seine Untertanen leben in der ständigen Angst, etwas Falsches zu tun und fürchten, dafür mit ihrem Leben bezahlen zu müssen. Ransmayr gelingt es ganz ausgezeichnet, diese Gegensätze in Szene zu setzen. Der Leichtigkeit und der Feinheit der chinesischen Kultur steht die bloße Angst vor der Willkür des Despoten gegenüber. Der Titel „Herr der Zehntausend Jahre“ sagt alles.
Der Leser lernt Quiánlóng gleich als einen Kaiser kennen, der nicht lange fackelt. Im ersten Satz wird geschildert, wie er siebenundzwanzig Steuerbeamten Wertpapierhändlern die Nasen abschneiden lässt. Auf der anderen Seite ist der Kaiser ein Meister der Kalligrafie und ein Kunstliebhaber- und eben Uhrensammler. Diese Sammelleidenschaft kann nur einer befriedigen- das ist Cox mit seinem Team. Und so werden die „Langnasen“ fürstlich behandelt und bekommen alles zur Seite gestellt, wonach sie verlangen.
Ransmayrs Roman spielt mit dem Zeitbegriff und thematisiert wie in einer Parabel das Thema der Vergänglichkeit. Auf die Zeit und die Liebe hat Quiánlóng keinen Einfluss. Diese beiden Parameter weisen den „Allmächtigen“, vor dem sich das ganze Volk, ja sogar die Natur beugt, so scheint es zumindest, in seine Schranken.
Diese Sehnsucht nach der Unsterblichkeit, die man mit allem Geld der Welt nicht kaufen kann, die Sehnsucht nach der wahren Liebe, das schildert Ransmayr mit so viel Poesie und Sprachgewalt, dass ich noch ewig hätte weiterlesen können. Mich hat das Buch an Bilder aus dem chinesischen Papiertheater erinnert, die ich schon gesehen habe. Die Faszination, Bedrohliches in Gestalt von zarten Scherenschnitten darzustellen, oder hier, Lebensangst durch poetische Sprache entstehen zu lassen, hat mir ausgesprochen gut gefallen. Der Roman ist starr und gefühlvoll zugleich, lebendig und trotzdem scheint die Zeit stillzustehen.
Eine absolute Leseempfehlung!
[SIZE=7]Edit fügt noch einen abschließenden Satz ein.[/SIZE]