Silvia Stolzenburg - Die Salbenmacherin und die Hure

  • Gebundene Ausgabe: 374 Seiten
    Verlag: Gmeiner-Verlag
    erschienen am 2. August 2017


    zur Autorin: (Quelle Gmeiner-Verlag)
    Dr. phil. Silvia Stolzenburg studierte Germanistik und Anglistik an der Universität Tübingen. Im Jahr 2006 promovierte sie dort über zeitgenössische Bestseller. Kurz darauf machte sie sich an die Arbeit an ihrem ersten historischen Roman. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin arbeitet sie als freiberufliche Englischdozentin und Übersetzerin. Sie lebt mit ihrem Mann auf der Schwäbischen Alb, fährt leidenschaftlich Rennrad, gräbt in Museen und Archiven oder kraxelt auf steilen Burgfelsen herum – immer in der Hoffnung, etwas Spannendes zu entdecken.


    zum Inhalt:
    Die Salbenmacherin Olivera ist nach dem holprigen Anfang in Nürnberg nun eine angesehene Stütze im Spital, wo sie den Kranken mit ihren Tinkturen Linderung verschafft. Ihr Ehemann Götz führt die städtische Apotheke und wird vom Knecht Matthes und dem ehemaligen Bettelknaben Jona unterstützt. Als eine Leiche in der Pegnitz gefunden wird, glaubt die Bevölkerung an die Tat eines Werwolfes. Schnell wird ein Sündenbock hingerichtet, um die Stadt von diesem tödlichen Dämon zu befreien. Nur Jona und sein Freund Casper wissen, dass dieses Wesen aus der Schattenwelt aus Fleisch und Blut besteht und bringen sich damit in Lebensgefahr.


    meine Meinung:
    Silvia Stolzenburg schließt mit dem dritten Teil der Salbenmacherin nur wenige Wochen nach dem Ende des Vorgängers an. Olivera und Götz freuen sich auf die bevorstehende Geburt ihres Kindes. Bis es so weit ist, haben sie allerdings noch einen Mörder zu fassen. Dabei werden die Leser erneut durch das Nürnberg des 15. Jahrhunderts geführt. Mit wenigen Worten wird die historische Kulisse umrissen, in man sich mühelos zurecht findet. Man spürt die sengende Sommerhitze in den schmalen Gassen genau so wie die klamme Feuchtigkeit in der Folterkammer. Die bildhaften Beschreibungen haben mich hier genau wie in den anderen Romanen begeistert.


    Die Figuren bekommen ebenfalls eine anschauliche Detailtiefe. Jona, der bereits im zweiten Band Erfahrung im Aufklären von Mordfällen sammeln durfte, hat hier eine größere Rolle bekommen. Als Jugendlicher ergänzt dabei das Auftreten von Olivera und Götz, die sich auch diesmal wieder ihr Gehör vorm Stadtrat erkämpfen müssen. Olivera scheut sich nicht, den Hübschlerinnen mit Tränken zu einer Erleichterung ihres Daseins zu verhelfen. Dabei kommt sie an Informationen, die nicht jedes Ratsmitglied hören möchte. Ihre Position verhilft den Lesern eine ungetrübte Sicht auf die damalige Gesellschaft und Rechtsprechung. Aberglaube und Unwissenheit bietet die Bühne zu diesem perfiden Fall. Gleichzeitig leidet man mit den Frauen, die verzweifelt auf ein besseres Leben hoffen und möchte sie vor dem unweigerlich zuschlagenden Ungeheuer schützen.


    Die Handlung ist wie gewohnt in viele, kurze Kapitel aufgeteilt, die rasche Wendungen ermöglichen und gleichzeitig immer wieder Verschnaufpausen beim Lesen ermöglichen. Ohne sie hätte ich die 300 Seiten im eBook noch schneller verschlungen. Viel zu schnell zeigt sich die letzte Seite des spannungsgeladenen Falls, die dann auch noch mit einem Cliffhanger endet. Als ungeduldige Person kommt mir das vor wie eine kalte Dusche. Zumindest verspricht ein solches Ende noch mindestens einen weiteren Fall für die Salbenmacherin, auf den ich jetzt sehnsüchtig warte.

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  • Mit diesem dritten Band geht es in Nürnberg weiter. Wir befinden uns in der sengenden Hitze der Monate Juli und August im Jahre 1409. Die Nerven der Bewohner sind durch die Temperaturen und den ausbleibenden Regen stark angegriffen und sie reagieren dementsprechend genervt und gereizt.


    Olivera und ihr Mann Götz haben sich in der Stadt eingelebt. Götz ist ein angesehener Apotheker und der bereits bekannte Betteljunge Jona unterstützt ihn dabei. Olivera hilft im Spital. Als Salbenmacherin verabreicht sie daneben auch bürgerlichen Frauen und Dirnen Schönheitsmittelchen, kleine Hilfen, um Schwangerschaften zu vermeiden und neuerdings kreiert sie auch noch Leckereien. Durch ihre Arbeit im Spital, wo sie Kontakt mit den Dirnen Eva und Gerlin bekommt, wird sie zu deren Vertrauter und erhält Kenntnis von Dingen, die sonst niemand erhält.



    Aktuell wird an der Pegnitz eine kopflose Leiche angespült, es fehlen außerdem die Hände und die Innereien. Die Nürnberger haben bald eine Erklärung dafür – es muß ein Werwolf gewesen sein. Doch so einfach ist es nicht. Bei der Obduktion der Leiche darf Olivera dabei sein und man kann sehen, daß der Tod nicht durch einen Tierbiß eingetreten ist, sondern von Menschenhand mit dem Messer ausgeführt wurde. Die Jungen Jona und Casper in ihrer Abenteuerlust streunen nachts durch die Gegend und verfolgen dabei einen Verdächtigen. Später wird ein Unschuldiger, aber vermeintlicher Täter, gefoltert und nach einem erzwungenen Geständnis verbrannt. Auf einigen Umwegen wird am Ende der tatsächliche Mörder gefasst, denn eigentlich steckte ein ganz anderes Motiv hinter den Taten, aber hierzu möchte ich keinerlei Details verraten.




    Als Nürnbergerin kann ich sagen, daß die Autorin die Schauplätze der Stadt genauestens recherchiert hat. Ich bin als Leserin sehr gerne mit ihr durch die Straßen und Häuser gelaufen und ebenso anschaulich hat sie die Folterungen der damaligen Zeit bzw. das Lochgefängnis beschrieben. Die Figuren hat sie sehr genau charakterisiert, allen voran natürlich Olivera. Sie beschreibt die Schwangere, die ihr erstes Kind erwartet, sehr liebevoll und man muß sie einfach ins Herz schließen. Endlich hat sie mit Götz ihre große Liebe gefunden. Auch das Leben der Huren Gerlin und Eva im Frauenhaus wurde genau beschrieben. So hat Eva einen gewalttätigen Schlafmann, der aber gutes Geld für ihre Dienste bezahlt. Gerlin hingegen hat vor allem auch den Wunsch und das Ziel, dieser Arbeit zu entkommen und eine Stelle als Magd im Spital zu erhalten.


    Der Schreibstil war wie immer angenehm zu lesen. Sie hat Wahrheit und Fiktion bestens miteinander verwoben, so daß eine runde Geschichte entstand. Außerdem hat die schon damals bestehende Doppelmoral, den Aberglauben und die Religiosität bestens dargestellt.



    Und nun zur Aufmachung – das Cover finde ich auch bei diesem Band ausgesprochen gelungen. Ein Kompliment an den Verlag, denn ich habe mittlerweile alle drei Bände in Hardcover-Ausführung und sie sehen im Regal einfach perfekt aus.


    Von mir eine absolute Leseempfehlung!