'Der Nachsommer' - Band 2, Kapitel 3 - 5

  • Endlich einmal kommt es zu einem längeren Gedankenaustausch zwischen Vater und Sohn. Immer wieder frage ich mich, ob Stifter in dem Roman auch seine Ansichten über Bildung und Erziehung verarbeitet hat, denn er war von Beruf ja auch Schulrat und hatte als solcher Aufsicht über Schulen. Inwiefern die im Buch vertretenen Ansichten sich in der Praxis allerdings so entwickeln würden, wie hier im Roman, sei einmal dahingestellt.


    Den ganzen Abschnitt hindurch habe ich mich immer wieder gefragt, was denn eigentlich „geschnittene Steine“ sind. Kleine Plastiken oder Büsten? Nein, offensichtlich nicht. Die Staatliche Münzsammlung München gibt diese Auskunft, und das hier meint Wikipedia. Also etwas ganz anderes.


    Es sei zugegeben, daß mir das ständige Nichts-Sagen (z. B. S. 443 Meine Begleiter äußerten sich während des Hinzufahrens nicht, ich sagte natürlich auch nichts.) so langsam auch zu viel des Schweigens wird.


    Und so entwickelt sich das Ganze im jährlichen Kreislauf Winter in der Stadt, Frühjahr Reisebeginn mit Besuch im Rosenhaus und dem Sternenhof, Aufenthalt im Gebirge. Bis schließlich der „Wanderer“ alleine im Sternenhof ist (also ohne Risach und Begleitung) und es durch mehr oder weniger Zufall zur einer Aussprache zwischen ihm und Natalie kommt. Das wurde ja auch langsam Zeit, selbst in einem Stifter’schen Roman. :grin Nun haben die beiden also noch rund dreihundert Seiten Zeit bis zu einem Happy End - oder dem Auseinandergehen. :chen


    Es ist ja oft so eine Sache, ein Buch, das man vor Jahren gelesen und eine ganz bestimmte Erinnerung daran hat, erneut zu lesen. Es besteht die Gefahr, daß man sich seine Erinnerungen mehr oder weniger kaputt macht, weil man das Buch - weshalb auch immer - nun ganz anders sieht. Vor einigen Jahren (mein Gott, wie die Zeit verrinnt) erging es mir so mit Gustav Freytags „Die verlorene Handschrift“, wobei damals der Eindruck der Erinnerung wiederholt und bestätigt wurde. Als ich den „Nachsommer“ das erste Mal las, hatte ich hinterher wochenlang eine tiefe innere Ruhe in mir; ob das dieses Mal wieder der Fall sein wird, bleibt abzuwarten. Zumal ab Anfang kommender Woche Tolstois „Krieg und Frieden“ auf dem Leseplan steht.


    Dieses Mal kommt mir der „Nachsommer“ wie eine Art Märchen vor, eine ideale Welt, in der sich alles zum Guten fügt und kein Staubkorn die Sicht trübt (gut, die Lebensgeschichte des Freiherrn von Risach kommt erst im dritten Band). Aber selbst mir (und ich bin am Meisten darüber erstaunt) wird es an manchen Stellen zu viel des Wahren, Guten und Schönen, insofern bin ich wirklich gespannt, wie mein Eindruck nach der letzten gelesenen Zeile sein wird.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Aber selbst mir (und ich bin am Meisten darüber erstaunt) wird es an manchen Stellen zu viel des Wahren, Guten und Schönen, insofern bin ich wirklich gespannt, wie mein Eindruck nach der letzten gelesenen Zeile sein wird.


    Wenn du das sagst dann, darf ich das auch ;-)
    Diese superheile Welt mit diesen so immens guten, edlen und begabten Menschen geht mir mittlerweile immer mehr auf die Nerven. Mich beruhigt das Lesen nicht, sondern regt mich eher auf.


    Immer noch finde ich die Sprache schön, die Landschaftsbeschreibungen treffend und bezaubernd, aber die Menschen sind mir suspekt.
    Die ewige Wiederholung des Gleichen macht das Buch nicht besser, sondern (für mich) einfach langweiliger.


    Positiv empfand ich das Gespräch mit unserem geheimnisvollen Anonymus (inzwischen ist mir sein Name sowas von egal...) mit Risach über die Entwickluing von Kommunikation und Verkehrswesen.


    X und Natalie haben sich also nach all dem Getue und pubertären Geziere endlich gefunden. Das perfekte Paar: sie werden einander bis ans Lebensende stilvoll und standesgemäß langweilen.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Zitat

    Original von Alice
    Wenn du das sagst dann, darf ich das auch ;-)
    Diese superheile Welt mit diesen so immens guten, edlen und begabten Menschen geht mir mittlerweile immer mehr auf die Nerven. Mich beruhigt das Lesen nicht, sondern regt mich eher auf.


    Auf die Nerven geht es mir nicht, nur wird es sogar mir langsam etwas unglaubwürdig.



    Zitat

    Original von Alice
    X und Natalie haben sich also nach all dem Getue und pubertären Geziere endlich gefunden. Das perfekte Paar: sie werden einander bis ans Lebensende stilvoll und standesgemäß langweilen.


    Das allerdings. :chen

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")


  • Auf die Nerven geht es mir nicht, nur wird es sogar mir langsam etwas unglaubwürdig.




    Das allerdings. :chen

    Es ist schon sehr langatmig und ich gestehe Buch 2 und 3 nicht mehr ganz genau gelesen zu haben. Im Zug von Hannover und zurück hatte ich ja etliche Stunden Lesezeit und ja der Lokführer war durch meine Lektüre entschleunigt (der Zug hatte auf der Hinfahrt 30 Minuten Verspätung). Drum las ich vorsorglich auf der Rückfahrt nicht. :)

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein