Verena Carl - Die Lichter unter uns

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Wovon träume ich? Was macht ein gelungenes Leben aus? Und – sind die anderen glücklicher als ich?

    Verena Carl erzählt mit großer Klarheit und Entschiedenheit von einer existentiellen Situation.

    Anna verbringt ihren Urlaub in Taormina auf Sizilien, mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Plötzlich fühlt der Boden sich brüchig an, auf dem sie steht. Sie begegnet Alexander, der das aufregende Leben führt, das sie sich einmal für sich selbst erträumt hatte. Und Alexander? Beneidet er sie um ihr Familienglück? Mit einem Mal wird der Zweifel am eigenen Leben übermächtig, alles steht auf dem Spiel. Sieben Tage können alles verändern.


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)

    Verena Carl wurde 1969 geboren und lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Sie lernte ihr Handwerk an der Deutschen Journalistenschule und schreibt unter anderem für »Brigitte« und »Merian«. Sie veröffentlichte zahlreiche Kinderbücher und -hörspiele und eine Reihe von Romanen. Für ihr literarisches Werk wurde sie unter anderem zweimal mit dem Hamburger Förderpreis für Literatur ausgezeichnet. Im Frühjahr 2018 erscheint ihr neuer Roman »Die Lichter unter uns«.


    Allgemeines

    Erscheinungstermin: 25. April 2018 bei S.FISCHER als HC mit 320 Seiten

    Roman in 17 Kapiteln

    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven

    Handlungsort und -zeit: Taormina/ Sizilien, ein Oktober in der Gegenwart


    Inhalt

    Anna und Jo Falk verbringen die Herbstferien in Taormina auf Sizilien, wo sie zwölf Jahre zuvor auf Hochzeitsreise waren. Diesmal haben sie ihre Kinder, die zehnjährige Judith und den sechsjährigen Bruno, dabei. Da die Familie kein großes finanzielles Polster hat, ist sie – im Gegensatz zum romantischen Hotel der Hochzeitsreise – in einer einfachen Ferienwohnung abgestiegen. Doch nicht nur die einfache Unterkunft stört die 43-jährige Anna, sie zweifelt generell daran, ob sie in ihrem Leben glücklich oder zufrieden ist. Ihre Ehe ist von einem gewissen Nebeneinanderherleben geprägt, die Leidenschaft hat sich verflüchtigt und die emotionale Bedürftigkeit ihrer Tochter, eines „Papakindes“, zerrt an ihren Nerven. Zudem fällt es den vier Familienmitgliedern aufgrund unterschiedlicher Interessen schwer, sich auf Unternehmungen zu einigen, sodass oft der Vater mit der Tochter und die Mutter mit dem Sohn loszieht.

    Als Anna am Strand den wohlhabenden und attraktiven Alexander Leppin kennenlernt, der mit seinem erwachsenen Sohn Florian aus erster Ehe und seiner jungen, schwangeren Lebensgefährtin Zoe Urlaub macht, ist sie fasziniert und träumt sich in das sorglose Leben hinein, das die Leppins ihrem Eindruck nach führen. Sie ahnt nicht, dass eine große, verdrängte Sorge das Leben Alexanders überschattet und dass die Familienkonstellation unter der scheinbar ruhigen Oberfläche alles andere als harmonisch ist…


    Beurteilung

    Die 17 Kapitel des Romans sind aus wechselnden Perspektiven erzählt, hauptsächlich verfolgt der Leser die Ereignisse durch die Augen von Anna und Alexander, aber auch die Perspektiven von Florian, Zoe und Jo werden eingeblendet. Es wird nicht nur über die Ereignisse im aktuellen Urlaub berichtet, die Romanfiguren setzen sich auch mit ihrer Vergangenheit auseinander und analysieren dabei, wie es zu der gegenwärtigen Situation kommen konnte.

    Die Geschichte ist ruhig und sehr glaubwürdig erzählt, ein Werk der leisen Töne; sie ist sehr fesselnd, gerade weil sich vermutlich viele Leser, die selbst im Hamsterrad eines Familienalltags zwischen Beruf und Kindern stecken, sehr gut mit Anna und ihren Angehörigen identifizieren können. Das Beispiel der Familie Leppin zeigt dagegen, dass man mit Geld nicht alles kaufen kann und dass auch wohlhabende Menschen mit existenziellen Problemen zu kämpfen haben können.

    In gewisser Weise ist das Zusammentreffen von Anna und Alexander für beide bereichernd, indem sie gezwungen werden, über ihren eigenen Tellerrand hinauszublicken, ihr eigenes Leben neu zu bewerten und auch konkrete Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.


    Fazit

    Ein lesenswerter Roman der leisen Töne, in dessen Hauptfiguren und deren Leben sich sicherlich viele Leser/innen wiedererkennen werden!

    9 Punkte

  • Verena Carl: Die Lichter unter uns

    Verlag: S. FISCHER 2018. 320 Seiten

    ISBN-10: 3103973632

    ISBN-13: 978-3103973631. 20€


    Inhalt

    Anna und Jo verbringen mit ihren Kindern im Herbst eine Urlaubswoche in Taormina/Sizilien, vor 12 Jahren das Ziel ihrer Hochzeitsreise. Da Jo freiberuflich für eine Werbeagentur arbeitet und im Beruf zunehmend von Berufsanfängern verdrängt wird, wundert es nicht, dass Existenzängste ihre Beziehung belasten. Anna wirkt depressiv, hadert mit ihrem Aussehen und scheint am Anfang des Urlaubs schon den Abschieds-Blues zu spüren. Auch das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern scheint problematisch. Anna hat ein konstant schlechtes Gewissen gegenüber ihren Kindern, sie fühlt sich als Mutter unvollkommen. Obwohl nicht zu übersehen ist, dass Judith eine Papa-Tochter ist, konkurrieren die Eltern um die Zuneigung ihrer Zehnjährigen, ein sensibles, forderndes Kind, das Zahlen in Farben wahrnehmen kann.

    Das Hotel, in dem sie während ihrer Hochzeitsreise übernachteten, können Anna und Jo sich nun nicht mehr leisten. Dort sind Alexander, ein Rechtsanwalt Anfang 50, und seine schwangere Begleiterin abgestiegen. Alexanders erwachsener Sohn Florian kommt zu Besuch, der in Italien studiert, wie sein Vater glaubt. Alexander war bisher überzeugt, dass er seinen nichtsnutzigen Sprössling schon irgendwo unterbringen wird, ohne sein Netzwerk der Gefälligkeiten dabei zu stark zu strapazieren. Vater und Sohn inszenieren den Code des ehemaligen Berliner Großbürgertums, doch ihre Fassade zeigt bereits Risse. Indem Anna sich in den zynischen Womanizer Alexander verguckt, rettet sie in die Gegenwart eine vage Spur des alten Glanzes, den sie früher mit Taormina verbunden hat. An ihrem Herzensort hätte ich ihr Romantischeres gewünscht als ausgerechnet diesen Typen!


    Rückblenden zeigen, wie Alexander vor einer Untersuchung in der Onkologie eines Berliner Krankenhauses flüchtet und in den dadurch gewonnen 24 Stunden im Berliner Beach Club Zoe kennenlernt. Krankheit ist in seinem Selbstbild nicht vorgesehen und macht ihn völlig hilflos. Zoe spielt nun an seiner Seite in Italien die Society-Tusse und scheint etwas zu verbergen zu haben.


    Fazit

    Vor der melancholischen Hintergrundmelodie der Nachsaison in Taormina treffen fünf schwierige erwachsene Figuren aufeinander, deren Konflikte am Urlaubsort zu eskalieren drohen. Eine Ehe, die dem Alltag nicht mehr standhält, Kinder, die die Entfremdung ihrer Eltern spüren, Väter, die ihren Söhnen die eigenen Träume aufzwingen - aus unterschiedlichsten Gründen entgleitet Verena Carls Figuren ihr Leben. Es ist mir nicht leicht gefallen, an diesen Figuren sympathische Züge wahrzunehmen; doch das Motiv des Urlaubsortes vergangener Zeiten hat mich dennoch gefesselt. Als genaue Beobachterin nimmt die Erzählerin bei ihren Figuren selbst feine Zeichen auf und spürt der Frage nach, was Glück ist und wo die Fähigkeit zum Empfinden von Glück sich versteckt.


    9 von 10 Punkten