Cranberrysommer - Irene Hannon

  • Denn um Harbor Point Cranberries zu retten, wäre ein Wunder nötig.

    Und Wunder passierten nur ganz selten. (Seite 27)


    9783963620065_200.jpg318 Seiten, kartoniert

    Originaltitel: Hope Harbor

    Aus dem Amerikanischen von Silvia Lutz

    Verlag: Verlag der Francke Buchhandlung GmbH, Marburg 2018

    ISBN-10: 3-96362-006-4

    ISBN-13: 978-3-96362-006-5


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    Zum Inhalt (eigene Angabe)


    Michael Hunter ist ausgebrannt und voll von Selbstvorwürfen. So hat er sich von seiner Arbeit freistellen lassen und reist ins dreitausend Kilometer entfernte Hope Harbor, um abzuschalten und zur Ruhe zu kommen. Kaum dort eingetroffen, kommt es zu einem Fahrradzusammenstoß mit Tracy Campbell.

    Da es eine Kleinstadt ist, bleibt es nicht aus, daß die beiden sich wieder über den Weg laufen und feststellen, daß sie mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Je mehr sie sich kennenlernen, um so mehr verändern sie sich, was auch auf die Menschen ihrer Umgebung abfärbt.

    Aber hat ein Kennenlernen überhaupt Sinn, wenn Michael nach einigen Wochen wieder zurück ins ferne Chicago muß?



    Über die Autorin


    Irene Hannon hat Psychologie und Journalistik studiert. Sie gab ihre hohe Stellung bei einem Weltunternehmen auf, um ganz als Schriftstellerin tätig zu sein. Sie hat zahlreiche Bücher geschrieben und etliche Preise gewonnen. Mit ihrer Familie lebt sie in Missouri.


    Informationen im Internet:

    - Die Seite zum Buch beim Verlag (mit Leseprobe)
    - Die Übersichtsseite zur Autorin bei christliche-literatur.com



    Vorbemerkung


    Ich habe lange überlegt, ob "Belletristik" oder "Romance..." die richtige Rubrik ist. Da ich die Lighthouse-Bücher der selben Autorin in "Romance" eingestellt habe, habe ich mich auch hier dafür entschieden, wenngleich mMn auch "Belletristik" passen könnte.



    Meine Meinung


    Nun mag es Wunder nur selten, nach Überzeugung mancher Zeitgenossen gar nicht, geben, aber manchmal gibt es sie eben doch. Im wirklichen Leben wie auch in Büchern. Denn wenn an so früher Stelle im Roman schon auf Wunder Bezug genommen wird, müssen ja praktisch welche passieren. Das müssen ja keine großen oder gar spektakuläre sein, manchmal grenzt es schon an ein Wunder (oder ist eines), wenn sich etwas oder ein Mensch verändert. In der Hinsicht gibt es denn auch etliche Wunder im Verlauf des Buches.


    Von Irene Hannon hatte ich vor einiger Zeit die vier Bände der „Lighthouse-Lane“-Reihe gelesen, die ich in sehr guter Erinnerung behalten habe. Auf Grund der Kurzinhaltsangabe bin ich davon ausgegangen, daß die mit diesem Buch beginnende Serie ähnlich sein würde, und meine Hoffnung hat sich erfüllt. Ähnlich bezieht sich dabei nicht darauf, daß einfach die gleiche Handlung mit anderen Figuren erzählt wird, sondern auf den Schreibstil, der auch in schwierigen inhaltlichen Szenen nie ins Düstere oder gar Depressive abdriftet. Die Autorin hat ein Talent dafür, auch ernste Themen so darzustellen, daß selbst in der dunkelsten Nacht noch das berühmte Licht am Horizont erscheint und Hoffnung verspricht. Das Buch wird zum Wohlfühlbuch, und das meine ich jetzt in ausgesprochen positivem Sinne verstanden.


    Eine nicht unbedingt übliche Konstellation ist, daß nicht nur die beiden Hauptfiguren - Tracy und Michael - problembeladen sind, sondern mit Michaels Vermieterin Anna mindestens eine weitere ebenso ihren Packen mit sich herumträgt, von dem zu Beginn niemand außer ihr etwas weiß. Zunächst wissen wir Leser nur, daß es in der Vergangenheit Dinge gab, die die Gegenwart mehr als belasten, aber es dauert geraume Zeit, bis diese stückweise enthüllt werden und ein Gesamtbild ergeben. Es wird deutlich, daß zwar jeder seine ganz eigenen Probleme hat, aber erst im Zusammentreffen und -wirken die Entwicklungen in Gang gesetzt, erst dadurch die Energien frei, die es letztlich ermöglichen werden, Veränderungen herbeizuführen und so die Problemlagen aufzulösen.


    Dabei läßt sich die Autorin durchaus Zeit mit der Entwicklung, sowohl der Handlung als auch der Figuren. Immer wieder erfahren wir einzelne Puzzleteile, die sich erst nach und nach zu einem Gesamtbild zusammensetzen. Schuld, Vergebung, Selbstzweifel und -vorwürfe sind Themen, die angesprochen und behandelt werden. Es liegt, schon vom Buchrückentext her, auf der Hand, daß Tracy und Michael sich näher kommen. Das geschieht jedoch nicht im Hauruck-Verfahren, sondern so langsam und vorsichtig, wie das im realen Leben bei ähnlichen Voraussetzungen vermutlich auch der Fall wäre, was das Verständnis für die Figuren und deren Entwicklung vertieft.


    Geschickt gibt die Autorin immer wieder Hinweise, die aber auch in die falsche Richtung führen können. So klar, wie es einem an bestimmten Stellen erscheinen mag, ist es also nicht, für Überraschungen ist genügend Platz vorhanden. So ist nicht nur der Weg das Ziel, sondern im Verlauf desselben gibt es die eine oder andere nicht unbedingt vorhersehbare Wendung.


    Insgesamt gesehen ist es die Autorin wieder gelungen, schwierige Themen in einen Unterhaltungsroman zu packen, ohne dabei den Wohlfühlfaktor zu vernachlässigen. Ein gelungener Start in die (im Original bisher) fünfbändige Reihe. Nach meiner Kenntnis plant der deutsche Verlag auch die Veröffentlichung der weiteren Bände - ich freue mich schon und werde die sicherlich recht bald nach Erscheinen lesen.



    Mein Fazit


    In Hope Harbor gehen die Uhren vielleicht etwas langsamer, aber auch hier gibt es genügend Probleme, mit denen sich die Einwohner und Gäste herumschlagen müssen. In freundlichen Farben zeichnet die Autorin das Bild einer Kleinstadt mit seinen Bewohnern, das trotz ernster Untertöne dem Namen Hope (Hoffnung) gerecht wird. Ein Wohlfühlbuch, das Lust auf die kommenden Hope-Harbor-Bände macht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • "Zufälle sind Gottes Art, anonym zu bleiben..."


    Der Witwer Michael Hunter gönnt sich eine Ruhepause vom Job und fährt von Chicago nach Hope Harbour, einem kleinen Ort in Oregon, um dort zur Ruhe zu kommen. Ihn treibt die Schuld an dem Tod seiner Frau um. Gleich bei der Ankunft muss er feststellen, dass die gebuchte Unterkunft geschlossen ist und dann läuft er auch noch einer attraktiven Frau namens Tracy Campbell vors Fahrrad. Tracy ist Witwe und bearbeitet mit ihrem Onkel eine Cranberryfarm. Gleichzeitig ist sie unentgeltlich im Vorstand einer Wohltätigkeitsorganisation und verdient mit Buchhaltung für andere dazu, um die Farm über Wasser zu halten. Auch Tracy leidet unter Schuldgefühlen und will einem neuen Liebesglück keine Chance geben. Über Imbissbudenbesitzer Charley findet Michael eine Unterkunft in einem Apartment zur Miete bei Anna, einer alten Dame. Anna ist ebenfalls Witwe und hat sich von der Ortsgemeinschaft völlig zurückgezogen. Sie lebt allein hinter verschlossenen Türen, wo sie eine kleine Ansammlung von kranken Tieren wieder aufpäppelt, die sie bei Waldspaziergängen aufliest. Doch der eigentliche Grund für ihre selbstgewählte Isolation dauert schon 20 Jahre und frisst sie innerlich auf. Michael freundet sich langsam mit Anna an und bei Tracy bekommt er regelrecht Herzklopfen. Werden diese drei Menschen noch einmal hoffnungsvoll in die Zukunft blicken können?


    Irene Hannon hat mit ihrem Buch „Cranberrysommer“ einen wunderschönen und einfühlsamen Roman vorgelegt, der aufzeigt, wie sich Menschen gegenseitig aus ihrer Starre heraushelfen können, wenn sie eine helfende Hand entgegengestreckt bekommen. Der Schreibstil ist flüssig und lässt vom ersten Moment der Lektüre das Gefühl von Nähe und Wohlfühlen zu. Der Leser steht mal an der Seite von Michael, Anna und Tracy und darf in ihre Herzen und Seelen schauen, erfährt dabei alles, was sie beschäftigt und welche Ängste und Sorgen sie hegen. Alle drei waren einmal gläubige Menschen, doch durch Schicksalsschläge sind sie davon abgekommen, ihre Welt dreht sich um die Vergangenheit und die Vermeidung der gemachten Fehler. Die Autorin lüftet erst nach und nach die Geheimnisse der dunklen Momente ihrer Protagonisten und schafft dadurch eine gewisse Spannung. Sie stellt aber auch auf wunderschöne Weise heraus, wie Menschen, die sich als Fremde begegnen, Einfluss auf andere haben können und daraus neue Chancen und vor allem Hoffnung entstehen können. Gegenseitiges Miteinander sowie Achtsamkeit für den Nächsten wird hier groß geschrieben, denn auf diese Art kann man viel mehr erreichen – alles ist möglich. Zudem sind die Landschaftsbeschreibungen so bildhaft, dass der Leser sich diesen wunderschönen kleinen Ort am Meer richtig gut vorstellen kann, an dem so manches Wunder geschehen kann, die Leben verändern.


    Die Charaktere sind sehr schön ausgestaltet und mit Leben versehen. Sie wirken allesamt sehr realistisch und authentisch, der Leser fühlt sich ihnen verbunden und kann mit ihnen sowohl leiden als auch Freude empfinden. Michael ist ein sehr sympathischer und intelligenter Mann, der sich seit dem Tod seiner Frau schuldig fühlt. Er arbeitet für eine Wohltätigkeitsorganisation, was Empathie und Einfühlungsvermögen voraussetzt. Ihm gelingt es schnell, die Sympathie der Ortsbewohner zu gewinnen und einen Platz in ihrem Herzen einzunehmen. Anna ist eine alte etwas wortkarge Dame, die ihre Isolation selbst gewählt hat, weil sie sich schämt und auch weil sie keine Freude mehr am Leben empfindet. Das Liebste, das sie hatte, hat sie selbst aus ihrem Leben verbannt und die Schuldgefühle fressen sie auf. Dass sie ein Herz hat, zeigt ihre liebevolle Pflege für verletzte Tiere, denen sie all ihre Fürsorge angedeihen lässt. Tracy ist eine fleißige junge Frau, die sich aufopferungsvoll um die Farm kümmert, die sie mit ihrem Onkel und ihrer Tante bewirtschaftet. Sie hat der Männerwelt abgeschworen, denn sie glaubt nicht an ein erneutes Glück, weil sie es nicht verdient hat. Charley ist ein Künstler mit sensiblem Weitblick, er schaut den Menschen nahezu ins Herz und gibt ihnen ganz versteckt einen Schubs in die richtige Richtung. Auch die übrigen Protagonisten überzeugen mit ihren Episoden und geben der Geschichte so ihren Wohlfühlcharakter. Der heimliche Star ist allerdings die Seemöwe Floyd, der allen vormacht, wie es geht und sich immer wieder in Erinnerung bringt.


    Der christliche Aspekt wurde sehr schön herausgearbeitet. Es geht um Hoffnung, Vertrauen und vor allem auch um das Miteinander. Oftmals geht es nur mit Hilfe von anderen, um eine Situation zu meistern, sich ein neues Leben aufzubauen oder auch nur Böses abzuwenden. Indem man sein Schicksal vertrauensvoll in Gottes Hände legt, steigt die Hoffnung, dem Leben gewachsen zu sein.


    „Cranberrysommer“ ist ein wunderschönes Buch, das neben einer gut strukturierten Handlung auch dem Leser einiges zum Nachdenken gibt. Vor allem gibt es Hoffnung und lässt den Leser den Fortsetzungsbänden entgegenfiebern. Absolute Leseempfehlung!

    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben"(Oscar Wilde) :)

    "Bücher sind wie Drogen, nur ohne die Gefahr einer Überdosierung" (Karl Lagerfeld)