Sue Black: Alles, was bleibt. Mein Leben mit dem Tod

  • Sue Black: Alles, was bleibt. Mein Leben mit dem Tod

    DuMont Buchverlag 2018. 416 Seiten

    ISBN-10: 3832195769

    ISBN-13: 978-3832195762. 24€

    Originaltitel: All That Remains. A Life in Death

    Übersetzer: Kathrin Bielfeldt, Jürgen Bürger

    Verlagstext

    ›Alles, was bleibt‹ ist eine unsentimentale und doch berührende Annäherung an den Tod. Die weltweit führende forensische Anthropologin und Anatomin Sue Black zieht hier das Fazit ihrer bahnbrechenden Karriere. Sie setzt sich mit den Spielarten des Todes, ihren Ängsten, dem Sterben ihrer Eltern und ihrer eigenen Sterblichkeit auseinander und plädiert für einen anderen Umgang unserer Gesellschaft mit dem Tod. Dabei erzählt sie von ihrem außergewöhnlichen Werdegang, der mit einem Ferienjob in einem Schlachthaus begann. Aber auch über ihre Einsätze für die Vereinten Nationen und mit dem British Forensic Team berichtet sie. So war sie 1999 im Kosovo, später in Sierra Leone und Grenada sowie 2005 nach der Tsunami-Katastrophe in Thailand, um die Identitäten der Verstorbenen zu ermitteln.

    Sue Black porträtiert in ›Alles, was bleibt‹ die verschiedenen Gesichter des Todes, die sie kennengelernt und erforscht hat. Wie in der Forensik rekonstruiert auch ihr Buch die Geschichte des gelebten Lebens durch den Tod, und so handelt es ebenso vom Leben wie vom Tod – diesen unzertrennlichen Teilen des großen Ganzen.

    »Da mich der Tod täglich bei meiner Arbeit begleitet, habe ich begonnen, ihn zu akzeptieren. Er gibt mir keinen Grund, mich vor seiner Anwesenheit zu fürchten.« Sue Black


    Die Autorin

    Sue Black, geboren 1961 im schottischen Inverness, ist weltweit eine der bedeutendsten forensischen Anthropologinnen. Ihre Fachkompetenz hat entscheidend zur Lösung vieler berühmter Kriminalfälle beigetragen und die Arbeit des British Forensic Teams bei Fällen unterstützt, die sowohl im Vereinten Königreich als auch weltweit für Aufsehen gesorgt haben. Sue Black berät seit vielen Jahren Krimiautoren, darunter Val McDermid.

    Inhalt

    Sue Blacks Rückblick auf ihre Karriere als Anatomin und forensische Anthropologin ist stark von ihrer Herkunft aus einer Familie geprägt, in der niemand ein Blatt vor den Mund nimmt. Die Art, in der ihre eigene Familie mit dem Tod umgeht, hat prägenden Einfluss auf sie. Als 12-Jährige übernimmt die Autorin einen Nebenjob in der örtlichen Metzgerei, den sie klaglos und nüchtern als Gelegenheit betrachtet, von ihrem Chef zu lernen. Blacks weiterer Lebensweg wird davon geprägt sein, dass sie die Ärmel hochkrempelt und anpackt, was getan werden muss.


    Die Autorin berichtet zunächst von der Abgrenzung zwischen Pathologie (Feststellung der Todesursache), Paläopathologie (Untersuchung von Leichen, die nach mehr als 70 Jahren gefunden werden) und forensischer Anthropologie (Identifizierung des Toten und Rekonstruktion seines Lebenslaufs). Forensik als Ganzes führe die Identität(en) und den Körper eines Verstorbenen wieder zusammen. Voraussetzung für die solide Ausbildung von Pathologen seien Spender, die ihren Körper der Wissenschaft zur Verfügung stellen. Blacks respektvolle Beschreibung dieser Spenderkultur in Großbritannien nimmt einen beachtlichen Raum im Buch ein, schließlich muss jeder britische Medizinstudent mit „seiner“ Leiche ein ganzes Jahr verbringen und in dieser Zeit das anatomische Wissen aus drei dicken Anatomie-Lehrbüchern erwerben.


    Black schildert aus der Sicht der Pathologin spektakuläre Fälle aus Großbritannien, die die Öffentlichkeit bewegten oder die den Ehrgeiz der Pathologen-Zunft besonders anstachelten. Anders als in Fernsehserien, ginge es in ihrer Profession nicht darum, Recht zu behalten, sondern den Angehörigen der Toten endlich Klarheit über den Tod und die Todesursache zu verschaffen. Wie wichtig die Gewissheit für die Hinterbliebenen ist, haben diese ihr immer wieder gespiegelt. Sue Black beteiligte sich auf internationaler Ebene u. a. 1999 an der Exhuminierung von Massengräbern im Kosovo und 2004 in Thailand an der Identifizierung der Opfer des Tsunamis. Unter Blacks Einfluss wurde Großbritannien innerhalb kurzer Zeit weltweit führend darin, bei globalen Katastrophen Opfer aus vielen verschiedenen Ländern zu identifizieren. Dass Großbritanniens prominenteste Anatomin in der wissenschaftlichen Lehre tätig wird, ist deshalb nur folgerichtig. Wie Blacks Zusammenarbeit mit Val McDermid entstand, hat mich als Krimi-Leserin natürlich besonders amüsiert.


    Fazit

    Mit einem sympathischen Maß an Selbstkritik und dem Bewusstsein für die eigene Fehlbarkeit zeigt Sue Black eindrucksvoll, warum sie für ihre Tätigkeit brennt. Unvergesslich bleiben mir dabei Szenen und Persönlichkeiten, die sie als Jugendliche prägten.


    9 von 10 Punkten