TEXT - Dmitry Glukhovsky

  • Klappentext: Moskau, im Herbst 2016: Als Ilja nach sieben Jahren Straflager nach Hause kommt, ist nichts mehr, wie es war. Seine Mutter stirbt wenige Tage vor seiner Rückkehr an einem Herzinfarkt, seine Freundin ist längst mit einem anderen zusammen, und sein Jugendfreund begegnet ihm mit größtem Argwohn. Enttäuscht ertränkt Ilja seine Trauer im Alkohol, bis er im Rausch der Verzweiflung jenen Fahnder aufsucht, der ihn vor sieben Jahren zu Unrecht hinter Gitter brachte. Im Affekt ersticht Ilja ihn und nimmt ihm sein Smartphone ab. Als Ilja nach seiner Tat im Handy des verstorbenen Petja stöbert, stößt er auf verstörende Spuren aus dessen Vergangenheit. Und immer wieder erreichen ihn besorgte Nachrichten von Petjas Mutter und dessen schwangerer Freundin Nina. Ilja beginnt, ihnen an Petjas Stelle zu antworten, und seine Identität verschmilzt immer mehr mit der jenes Mannes, den er getötet hat.


    Meine Meinung:

    Zunächst einmal möchte ich sagen, dass es sehr schwierig ist, bei diesem Buch einzuschätzen, zu welchem Genre es gehört. Tendenziell habe ich kein Problem damit, ein Buch zu lesen, dass ich nicht eindeutig einem Genre zuordnen lässt, aber in diesem Fall kann ich die Zuordnung Thriller nicht ganz unterschreiben. Da ich allerdings keine Alternativvorschläge parat habe, wird es wohl bei dieser Zuordnung bleiben, zur genauen Spezifizierung am Ende dieser Rezension mehr.


    Die Geschichte an sich beginnt sehr interessant. Einen Protagonisten zu haben, der frisch aus dem Gefängnis gekommen ist, indem er ganz zu Unrecht saß und sich jetzt mit der Realität befassen muss, wie viele Jahre er aufgrund einer falschen Anschuldigung verloren hat, ist ein für mich völlig neuer und sehr kreativer, spannender Ansatz gewesen. Die Entwicklung von Menschen, der sich einfach auf ein Leben nach Gefängnisaufenthalt freut und der dann durch mehrere Verwicklung selbst in die kriminelle Szene abrutscht wird vom Autor sehr gut dargestellt. Die sozialen Medien, wie viel Sie über uns Aussagen, und vielleicht jemand unsere Identität annehmen könnte, nur dadurch dass er vollen Zugriff auf alles, was wir schreiben, privat oder öffentlich Komma hat ist in diesem Buch erschreckend realistisch und fast schon investigativ kriminalistisch dargestellt.


    Durch eine sehr präzise, von kurzen Sätzen geprägte Sprache, schafft es der Autor, die innere Stimme des Protagonisten gut wiederzugeben. Auch wenn es für die Handlung passte, waren für mich die profanitäten und sexuellen Anspielungen teilweise überflüssig, wenn gar so detailliert, wie es nicht nötig gewesen wäre. Insgesamt glaube ich, dass diese kurzen Sätze mich in der Gesamthandlung eher gestört haben, da es sich um ein komplexes Wirkungsgeflecht zwischen mehreren Figuren handelt und zusätzlich noch einige Rückblicke eingeschoben werden.


    Streckenweise war das Buch dadurch ziemlich anstrengend zu lesen. Der Handlungsort Russland war meiner Meinung nach auch für Menschen die damit nicht viel zu tun haben, sehr gut dargestellt und die Atmosphäre wurde gut eingefangen. Woran es liegt, dass dieses Buch mich irgendwie nicht ganz packen konnte, kann ich auch nicht genauer sagen. Ich bewerte Bücher danach, ob ich nach dem Beenden das Gefühl habe, sehen der Zukunft erneut aus dem Bücherregal zu nehmen und wieder mit Freuden zu lesen. Da ich dieses Gefühl leider nicht hatte, werde ich ein paar Punkte abziehen müssen. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass Menschen, die gerne Thriller lesen, in denen es weniger blutrünstige, psychische Gewalttaten gibt, sondern es um die Entwicklung eines Menschen hin zu einem Verbrecher, rein durch äußere Umstände geht, in diesem Buch sehr viel Gutes vorfinden können.


    Von mir 6 Eulenpunkte