Astrid Fritz - Der Hexenjäger

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Ein fanatischer Inquisitor, eine junge Frau, eine erbarmungslose Hexenjagd

    Schlettstadt im Elsass 1484: Margaretha, die Mutter der jungen Krämertochter Susanna, liegt tot in der Stube aufgebahrt. Bruder Heinrich, päpstlicher Inquisitor und Prior des hiesigen Predigerklosters, erscheint, um Trost zu spenden. Fast väterlich sorgt er sich um die junge Susanna.

    Doch bald schlägt die Fürsorge in Wahn um. Er lässt Susanna nicht mehr aus den Augen. Was sie nicht weiß: Seit einiger Zeit verfolgt Bruder Heinrich als Inquisitor die Vernichtung der «brandgefährlichen Sekte der Hexen». Viel zu spät erkennt Susanna, dass auch sie sich vor Heinrich in Acht nehmen muss.

    Ein fesselnder Roman um die historische Figur des Dominikanerbruders Heinrich Kramer, den Verfasser des berüchtigten «Hexenhammers».


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)

    Astrid Fritz studierte Germanistik und Romanistik in München, Avignon und Freiburg. Als Fachredakteurin arbeitete sie anschließend in Darmstadt und Freiburg und verbrachte mit ihrer Familie drei Jahre in Santiago de Chile. Zu ihren großen Erfolgen zählen "Die Hexe von Freiburg", "Die Tochter der Hexe" und "Die Vagabundin". Astrid Fritz lebt in der Nähe von Stuttgart.


    Allgemeines

    Erschienen am 20. November 2018 im Rowohlt Verlag als TB mit 352 Seiten

    Gliederung: 67 Kapitel, Nachwort der Autorin, ausführliches Glossar

    Teils Ich-Erzählung der Susanna Mittnacht, teils Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Prior Heinrich

    Handlungsorte und -zeit: Schlettstadt, Straßburg, Venedig, 1484 bis 1499


    Inhalt

    Nach dem Tod der schwermütigen Margaretha Mittnacht, bei dem es sich um einen sündigen Selbstmord oder um einen Unfall handeln könnte, kümmert sich der Mönch Heinrich Kramer (Henricus Institoris) seelsorgerisch um deren Tochter Susanna. Der Geistliche war in seiner Jugend mit der verstorbenen Margaretha befreundet und findet nun zunehmend Gefallen an der jungen Susanna. Leider ist seine Zuneigung nicht platonisch, er ist einerseits von der jungen Frau, andererseits von seiner unterdrückten oder heimlich in Bordellen ausgelebten Sexualität besessen. Die fleischlichen Versuchungen durch Frauen erklärt er sich damit, dass diese mithilfe von Dämonen unschuldige Männer verführen und auch sonst allerlei Schaden (z.B. Erntevernichtung durch Unwetter) anrichten. Dieses „Hexengesindel“ auszulöschen, ist sein fanatisch verfolgter Lebensplan. So bewegt er zunächst den Papst Innozenz VIII dazu, die Bulle „Summis desiderantes affectibus“ herauszugeben, die Bruder Heinrich dazu ermächtigt, als Inquisitor auf Hexenjagd durch die Lande zu ziehen und ihn letztlich auch dazu veranlasst, sein unheilvolles Werk „Malleus Maleficarum“ / „Hexenhammer“ zu verfassen, das System in seine irre Vorstellungwelt bringt und zur Grundlage zahlloser Hexenverfolgungen werden wird.

    Als Susanna, die ihm zunächst vertraut hat, sich seinem Einfluss zunehmend entzieht, lodert seine Rachsucht auf und er lässt nichts unversucht, sie in seine Gewalt zu bringen.


    Beurteilung

    Susanna Mittnacht und ihre Familie sind fiktive Figuren, die aber repräsentativ für die zahllosen Opfer stehen, die in der frühen Neuzeit in die Mühlen der Hexenjustiz gerieten und nach ungeheuerlichen Folterqualen auf dem Scheiterhaufen unschuldig ihr Leben lassen mussten. Die eigentliche Hauptfigur, Bruder Heinrich, Verfasser des berüchtigten „Hexenhammers“ ist eine historische Figur und maßgeblich für den Anstoß der Hexenprozesse in den folgenden knapp drei Jahrhunderten verantwortlich. Die Autorin schildert sehr eindringlich seine Entwicklung vom (jungen) Mann mit geringer Sozialkompetenz bis zu einem komplett realitätsentfremdeten Fanatiker. Offensichtlich hat sie den „Hexenhammer“ studiert, denn sie stellt dessen irres Regelwerk und das Vorgehen der Justiz von der Besagung über die Folterung zur Erpressung von Geständnissen bis zur Hinrichtung faktengetreu dar.

    Der Erzählstil ist sehr anschaulich, glücklicherweise werden jedoch die Vorgänge bei der „peinlichen Befragung“ nur relativ kurz und nicht allzu detailliert thematisiert.

    Der Roman informiert auch über die Weigerung verschiedener Geistlicher und Bürgermeister, Institoris in ihren Städten wirken, bzw. wüten zu lassen. An der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit gab es durchaus Menschen, die den Hexenglauben ablehnten und von einer vergleichsweise vernunftbestimmten Weltsicht geprägt waren. Des Weiteren wird darüber informiert, dass der Dominikaner Jakob Sprenger neueren Forschungen zufolge nicht an der Verfassung des „Hexenhammer“ beteiligt war, sondern dass Institoris dessen Namen widerrechtlich anführte, um seinem Werk mehr Gewicht zu verleihen.


    Fazit

    Vordergründig ein unterhaltsamer historischer Roman über das Schicksal einer jungen Frau gegen Ende des 15. Jahrhunderts, thematisiert „Der Hexenjäger“ das Wirken eines fanatischen Mannes, der eine der unheilvollsten Epochen der europäischen Kirchengeschichte einläutete. Informativ und sehr lesenswert!

    9 Punkte