Prickel - Jörg Juretzka

  • Auch in diesem Roman von Juretzka, dem ersten mit seinem Helden Kryszinski, bleibt keine Auge trocken, kein Stunt wird ausgelassen und die Story ist hanebüchen. Kurz, dieses Buch ist einfach nur großartig und kann seinen österreichischen Pendants Haas und Steinfest ohne Weiteres das Wasser reichen


    Von vorn: Unser Held, Privatdetetiv Kryszinski, dessen Alter Ego ganz offensichtlich Philip Marlowe ist, ist mal wieder pleite, und auch eine wilde Liebesnacht mit der „Roten Zora“ kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sich auf der Rolltreppe abwärts befindet. Da kommt der Auftrag seines Freundes ganz gelegen: dem wurden 20 Motoren vom Schrottplatz geklaut, außerdem auch der Rottweiler, der den Platz bewachen sollte (und den pikanterweise Kryszinski selbst besorgt hatte). Doch ehe er die Ermittlungen für diesen potentiell lukrativen Jobs richtig in Angriff nehmen kann, funkt ihm die schönste Anwältin Mülheims dazwischen: Ihr Klient, ein etwas minderbemittelter junger Mann, soll eine Prostituierte erstochen haben und sitzt deshalb in der forensischen Psychatrie ein. Kryszinski soll nun seine Unschuld beweisen, natürlich unentgeltlich, und nur sein Gerechtigkeitssinn (und freilich auch die Attraktivität dieser Anwältin) überzeugen ihn, sich auch um diesen Fall zu kümmern.


    Was nun folgt, ist eine wilde Schurkenjagd, von der sich James Bond noch eine Scheibe abschneiden könnte und MacGyver lässt grüßen, wenn Kryszinski mit einfachsten Mitteln die spektakulärsten Aktionen veranstaltet. Meist aber ermittelt er in den finstren Ecken des Ruhrpotts, in heruntergekommenen Vierteln, halbseidene Schrottplätzen und dubiosen Kaschemmen.


    Zugegeben, der Plot ist total unrealistisch. Dafür sind die Milieuschilderungen in diesem Buch umso eingängiger, das Personal wirkt wie aus dem Leben gegriffen und die Situationskomik ist einfach genial. Juretzka spielt mit den Detektiv-Klischees, bedient sich hemmungslos in der Literaturgeschichte und schafft mit Kryszinski doch einen ganz eigenständigen Helden. Politische Korrektheit ist auch nicht so seine Sache und unverkennbar treibt ihn eine ausgeprägte Freude an der Eskalation. Und das Ganze ist in einer wunderbar schnoddrigen, aber dennoch präzisen Sprache geschildert, die auf faszinierend Weise das Milieu des Romans widerspiegelt. Prima, das.


    Über den Autor
    Juretzka Jörg, geboren 1955 in Mülheim an der Ruhr, schreibt seit vielen Jahren. Zweimal wurde er mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. 2006 wurde Jörg Juretzka mit dem "Literaturpreis Ruhr" ausgezeichnet.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Meine Meinung:


    Unkonventionell. Schräg. Verrückt. Urkomisch. Das sind nur einige der Attribute, die man Privatdetektiv Kristof Kryszinski ohne zu zögern verleihen kann. Genauso gewöhnungsbedürftig wie er selbst, seine Ermittlungsmethoden und seine Freunde sind auch seine Fälle, allen voran der Fall, den er nicht für Geld übernimmt, sondern um der vielleicht schönsten Anwältin des Ruhrgebiets einen Gefallen zu tun. Manche mögen all das für unrealistisch, übertrieben und geschmacklos halten und ja, vielleicht haben sie auch recht. Doch wer die Menschen des Ruhrgebiets kennt und liebt, der wird an diesem Detektiv seine helle Freude haben und sich bei der Lektüre dieses Krimis köstlich amüsieren. Juretzka nimmt kein Blatt vor den Mund, doch so schnoddrig seine Sprache ist, so punktgenau trifft sie den Kern der Sache. Allein diese Dialoge darf man sich nicht entgehen lassen und dank der rasanten Entwicklung des Falls fühlt sich der geneigte Leser hier insgesamt und rundum gut unterhalten.


    Dicke 8 Punkte von mir!