Robert Hültner - Walching

  • Winter 1922: Im kleinen Alpendorf Walching wird ein junges Mädchen ermordet aufgefunden. Alles deutet darauf hin, dass drei Vagabunden die Täter sind, doch als Kommissar Kajetan mit seinen Ermittlungen beginnt, gibt es genug Anlass, misstrauisch zu werden.


    Robert Hültner wurde 1950 in Inzell geboren. Er arbeitete unter anderem als Regieassistent, Dramaturg, Regisseur von Kurzfilmen und Dokumentationen, reiste mit einem Wanderkino durch kinolose Dörfer und restaurierte historische Filme für das Filmmuseum. Für seine Inspektor-Kajetan-Romane wurde er vielfach preisgekrönt, unter anderem zweimal mit dem Deutschen Krimipreis und mit dem renommierten Glauser-Preis. Robert Hültner lebt abwechselnd in München und in einem Bergdorf in den südfranzösischen Cevennen



    Ein bayerisches Dorf in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts. Der erste Weltkrieg hat Spuren hinterlassen.
    Der Mord an einem jungen Mädchen. Die Täter, drei Landstreicher, scheinen schnell gefasst. Kommissar Kajetan, der strafversetze Städter aus München, blickt hinter die Fassaden scheinbar dörflicher Idylle. Nichts ist so wie es scheint. Und schnell merkt er, dass der wahre Täter in der Dorfgemeinschaft zu suchen ist.
    Wer rasante Krimis oder Thriller mag, ist mit diesem Buch nicht gut beraten. Wer aber ein athmosphärisch dichten Krimi lesen will, ist hier richtig. Hültner hat es geschafft die Stimmung der zwanziger Jahre einzufangen. Die Unsicherheit,politische Strömungen, die Kargheit und Armut des Landlebens. Für mich war es ein Lesevergnügen der anderen Art. Im Anhang findet sich ein Glossar von Ausdrücken für den Nichtbayern und wichtige Persönlichkeiten/politische Strömungen der damaligen Zeit.


    8 Punkte von mir

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein

  • Ich habe das Buch gerade in Arbeit, es war ein Zufallsgriff in der Bücherei, und zwar als Doppelband mit "Die Godin".


    Bis jetzt gebe ich Dir recht, wer rasante Action sucht, der ist mit diesem Buch nicht gut beraten, aber ich finde, das Erzähltempo passt gut zu der Zeit, in der das Buch spielt (es sind übrigens die Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts ;-) ). Ich habe eine Weile gebraucht, um in das Buch reinzukommen, aber jetzt nimmt es allmählich Fahrt auf.


    Ich melde mich wieder, wenn ich es ganz durch habe...


    LG, Bella


    EDIT: Hier nun meine Rezi:


    Inhalt:
    Ein verschneites Dorf im Oberbayern der 1920er Jahre. Auf einem abgelegenen Hof wird die Pflegetochter des Bauern ermordet; der Fall scheint schnell geklärt, drei Landstreicher, die zufällig zur Tatzeit auf dem Hof waren, werden für den Mord verantwortlich gemacht und inhaftiert. Inspektor Kajetan, aus München nach Dornstein strafversetzt (wofür, wird erst im Laufe der Geschichte verraten), wird in das Dorf geschickt, um den eigentlich gelösten Fall abzuschließen, einen Bericht zu schreiben und die Verdächtigen nach Dornstein abtransportieren zu lassen. Doch im Dorf angekommen, wird dem Inspektor schnell klar, dass nichts so ist, wie es zu sein scheint, dass zu viele Ungereimtheiten außer Acht gelassen wurden, und er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln...


    Meine Meinung:
    Nachdem ich zuletzt einige Action-reiche und auch recht blutige US-Krimis gelesen hatte, war dieses Buch doch eine große Umstellung. Es spielt in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts, sprich keine Handys, kein Internet, keine GPS-Daten oder DNA-Analysen. Dafür jede Menge Schnee, ein Ermittler, der mit dem Fahrrad oder dem Pferdeschlitten unterwegs ist und allein ein paar wenige Indizien und die mehr oder weniger kryptischen Aussagen der Dorfbewohner als Anhaltspunkte hat, aber auch erfreulich wenig Blut und Gewalt.
    Anfangs hatte ich ein wenig Mühe, in die Geschichte hineinzufinden, da zunächst das Dorf Walching sowie die Umgegend in epischer Breite geschildert werden. Dann aber nahm die Geschichte Fahrt auf und ich wurde hineingezogen in die Ermittlungen des Inspektors Kajetan, der eigentlich den Mord an einer jungen Frau nur offiziell abschließen soll, aber schnell feststellt, dass der eigentliche Schuldige noch auf freiem Fuß ist.
    Dem Autor gelingt, dieses kleine Dorf und seine Bewohner wunderbar lebendig werden zu lassen, man spürt förmlich, wie dieDörfler einerseits in den Wirren der Nachkriegszeit und der Umbrüche nach dem 1. Weltkrieg eigentlich nur ihre Ruhe haben wollen, wie es aber andererseits unterschwellig gärt. Der Inspektor als Außenstehender hat es da nicht leicht und der Leser mit ihm. Trotzdem und gerade deswegen, weil der Inspektor auch nur so wenige Hilfsmittel zur Verfügung hat, bleibt es bis zuletzt spannend. Es gibt zwar immer wieder mal Hinweise, sodass der erfahrene Krimileser bald weiß, in welche Richtung es wohl gehen wird, aber wie sich alles zusammenfügt (und auch wunderbar in den historischen Rahmen passt), wird erst auf den letzten Seiten aufgelöst.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen - Freunde der ruhigeren Krimis, die ihren Spaß an spannenden Fällen haben, die auch ohne viel Blut und Action haben, sind hier an der richtigen Adresse.


    9 von 10 Punkten!

  • Hmm, mich konnte es leider nicht so überzeugen...


    Meine Meinung:


    In dem kleinen Alpendorf Walching kennt jeder jeden. Umso erschütterter sind die Dorfler über den Tod eines jungen Mädchens - und erleichtert, als drei Vagabunden verhaftet werden. Erst als Kommissar Kajetan aus München kommt und in dem vermeintlich klaren Fall einige Ungereimtheiten entdeckt und diesen nachspürt, scheinen einige aus dem Dorf nervös zu werden... Das Dorfleben in den 1920er Jahren mit seinen ganz eigenen Gesetzen glaubwürdig zum Leben zu erwecken, das ist zweifelsohne die Stärke des weniger als 200 Seiten umfassenden Krimis von Robert Hültner. Detaillierte Landschaftsbeschreibungen und eine Ort und Zeit der Handlung angepasste Sprache sorgen für eine dichte Atmosphäre, die mich allerdings dennoch nicht einfangen konnte. Sehr kurze Dialoge und auf das Nötigste beschränkte Figurenbeschreibungen machen es dem Leser unmöglich, Nähe zu den Figuren aufzubauen. Dass auch die Auflösung in Grundzügen recht schnell zu erahnen war und das eher abenteuerliche Finale nicht zu dem eher beschaulichen Rest des Buches zu passen mag, kann eine dichte Atmosphäre alleine nicht ausgleichen. Leider.


    Deshalb von mir "nur" 6 Punkte.