Das Spiel der Könige - Rebecca Gablé

  • Das Buch hat gute Chancen im Jahreverlauf aufs Treppchen zu kommen. Jahreshighlight alllein ist es sicher nicht- Viola Alvarez bringt Gablé dort nicht in Gefahr und im Gegensatz zu Wolke- die ja weiß was alles noch so kommmt- habe ich noch die naive Hoffnung :grin weitere große Werke lesen zu können.


    In ihrer Waringham Trilogie bedient sich Gable des beliebten Tricks historischer Romane, historischen Figuren werden Erfundene an die Seite gestellt und aus deren Sicht der bekannte historische Erkenntnisstand über die historischen Personen zu berichtet und das Leben der Zeit treffend dargestellt. Dabei ist für mich genau dies von besonderem Interesse und wid von Gablé auch hervorragend geschildert- die Zusammenhänge der politischen Entscheidungen mit wirtschaftlichen Zwängen oder Entwicklungen wird klar herausgearbeitet. Sehr gut herausgearbeitet sind alle Charactere bis in die kleinen Nebenrollen. Besonders gut finde ich, dass Gablé gerade über das Thema Prinzen im Tower sich im Nachwort intensiv auseinandersetzt- auch mit ihrer Sicht auch Richard III., die ja nicht die historische Alleinsicht ist, was sie aber gut erklärt. Die Entwicklung der 30 Jahre Krieg der Rosen wird so super erklärt, dass man den Engländern raten will nehmt die Übersetzung als Lehrbuch für den Schulunterricht- so macht dann lernen Spaß.


    Das Buch ist spannend geschrieben und sehr schön ausgestattet, auch wenn mir das Papier einen Tick zu dünn ist.

  • So, habe mir gestern Abend "Das Spiel der Könige" bei Amazon bestellt, obwohl ich von Gablé's letztem Werk "Die Hüter der Rose" nicht so begeistert war. Aber wie das bei Trilogien so ist muss man einfach alles gesehen, bzw. gelesen haben. Zudem interessiert es mich sehr wie sie die Person des Richard of Cloucester (a.k.a. Richard III.) gestalltet hat.


    Über Richard III. habe ich eine recht gute Biographie zuhause. Unterm Strich hat die jüngere Forschung doch das recht düstere Bild des letzten Plantagenet-Königs, das u.a auch von Shakespeare beeinflusst wurde, in ein etwas positiveres Licht rücken können.

  • @ Enigma


    Sie hat ihn als Schurken dargestellt, aber auf Ihrer Homepage findest Du eine längere Ausführung über Richard III. und den Tod der Prinzen und die Gründe, warum sie sich für die gewählte Darstellung Richards entschieden hat, durchaus auch in direkter Auseinandersetzung mit der Argumentation die Penman und Tey heranziehen.[/quote]

  • So habe nun denn das Buch erhalten und habe mich zuerst einmal auf Gables Nachwort gestürtzt.


    Zitat

    Original von Pelican
    Und vor allem ist eine längere Ausführung über Richard III. und den Tod der Prinzen enthalten und die Gründe, warum sie sich für die gewählte Darstellung Richards entschieden hat.


    Und als ich gleich dannach ihre Ausführungen zu Richard III. auf ihrer Seite gelesen hab sind mir erst mal ein paar Haare ausgefallen.


    Was schreibt sie da nur?
    Nicht nur das sie von einer Auseinandersetzung zwischen "Traditionalisten" und "Revisionisten" spricht (von denen ich noch nie etwas gehört habe) nein sie knöpft sich zwei Romanautoren(!?!) vor, die sie offensichtlich als Revisionisten betrachtet und unterstellt diesen zwei, angeblich völlig glaubwürdige, Chronisten zu diskreditieren.
    Allerdings bedient sich Frau Gable, die sich als Anhängerin der Traditionalisten betrachtet, ebenfalls der Diskredition um die besagten zwei Romanautoren auseinander zu nehmen. Aber handfeste Beweise für den Angeblichen Mord Richard's III. an den Prinzen kann auch sie nicht liefern, jedenfalls nicht ohne diese auf ihrer Seite quellenmäßig belegen zu können. Statt dessen fordert sie den Leser auf ihren Ausführungen z.B. zu Sir Thomas More (am Ende der Seite) einfach Glauben zu schenken. Und mit Verlaub den Frontenwechsel von 400 Rittern in einem Zeitalter des Bürgerkrieges als Indiz für den Prinzenmord zu werten reicht, mir zumindest, nicht aus.


    Ich glaube Rebecca Gable hätte gut daran getan wenn sie ihr Nachwort einfach so hätte stehen gelassen, ähnlich wie in "Die Hüter der Rose".
    Ich habe kein Problem damit wenn Romanautoren ihre Sympathien und Antipathien (z.B. für Jeanne d'Arc in "Die Hüter...") für bestimmte historische Persönlichkeiten in ihren Werken mit einfliesen lassen. Als Geschichtsinteressierter kann ich zwischen romantischer Fiktion und historischer Überlieferung gut unterscheiden, allerdings sollte man auch als Autor dazwischen klar trennen können.

  • Ja, Paule, es hat mich auch gewundert, daß sie sich insbesondere hinsichtlich der Romanautorinnen Penman und Tey ausgelassen hat, ich hatte eigentlich einen wissenschaftlichen Vergleich von Quellen erwartet. Aber ich denke, daß sie konkret zu Penman und Tey etwas schreiben wollte, weil sie mit denen verglichen wird.


    Daß sie von einer Auseinandersetzung zwischen "Traditionalisten" und "Revisionisten" spricht, hat mich nicht überrascht, da ich bei einer Führung in Warwick Castle (da hatte ich Glück, normal geht man ohne Führung durch) davon auch schon mal gehört hatte.


    Mal ganz abgesehen davon, ob Richard III. die Prinzen ermorden ließ oder nicht: es wäre ja durchaus möglich, daß Richard III. in seinem direkten persönlichen Umfeld ein ganz anderer Mann war, als in seinem politischen Umfeld. Ich werde mir mal das Buch von Kendall zulegen.


    Unabhängig davon wie Gablé sich entschieden hat, macht sie einfach neugierig auf die Person Richard, die bei ihr (entschuldigt, wenn ich da vorausgreife) zum Einen erst sehr spät im Roman eine Rolle spielt und des Weiteren eher im Dunkeln bleibt.

  • Zitat

    Original von Pelican
    ...erst sehr spät im Roman eine Rolle spielt....


    Aber doch schon früh einen ersten Auftritt hat und gleich als Unsympath eingeführt wird (Halsabschneiden).

  • Das Warten auf den letzten Teil der Waringham-Trilogie hat sich gelohnt: Auf rund 1.200 Seiten schildert Rebecca Gablé in gewohnt mitreißender Weise den Verlauf der Rosenkriege sowie die Schicksale, die dahinter verborgen liegen. Den erbitterten Bruderkrieg um Englands Krone zwischen den Häusern Lancaster und York verknüpft die Autorin gekonnt mit dem Leben der fiktiven Waringhams und haucht dabei auch den historischen Persönlichkeiten Leben ein, sodass sie menschlich und verständlich wirken.


    Der Roman beginnt im Jahr 1455. Der 18-jährige Julian of Waringham verachtet den derzeitigen schwach(sinnig)en König Henry VI. und hat sich deshalb mit seinem Lancaster treuem Vater überworfen. Als der Kampf um Englands Krone jedoch offen ausbricht und Julian unverhofft Earl of Waringham wird, erkennt er, auf welcher Seite er steht. Schön dabei zu beobachten ist, wie er sich zunächst windet, weiß er doch, dass jeder andere ein besserer König wäre als Henry, aber er begreift auch, dass das letztlich nicht die entscheidende Frage ist.
    Julians Zwillingsschwester Blanche verschlägt es derweil auf der Flucht vor dem englischen Gesetz nach Wales, wo sie eine Liaison mit Jasper Tudor, einem Halbbruder König Henrys, eingeht.
    In England wie in Wales führen die Lancastrianer einen verzweifelten Kampf, bis schließlich mit Edward IV. der erste König aus dem Hause York die Krone erringt und zunächst alles verloren scheint.
    Mit dem Widerstand gegen die Yorkisten riskieren Julian, Blanche und alle anderen ihr Leben, aber sie haben noch Hoffnung, denn in Wales wächst ein Junge heran, der Anspruch auf den Thron hat...


    »Das Spiel der Könige« ist ein packender Abenteuerroman, der sich, obwohl man Verlauf und Ende der Geschichte kennt, wie ein Thriller liest und den man keine Minute aus der Hand legen möchte. Selbst das Problem, dass fast alle historischen Akteure Henry oder Edward und die Frauen Margaret hießen, hat Rebecca Gablé auf elegante Weise gelöst, sodass keine Verwirrungen auftreten und der Lesefluss nicht beeinträchtigt wird.
    Während ich bei Teil 1 der Reihe vollkommen auf Gablés unübertroffenen John of Gaunt fixiert war, fand ich beim vorliegenden Teil Gefallen an (fast) allen Darstellern (obwohl sie nicht unbedingt durchweg gefällig sind), wobei aber Margaret Beaufort als besonders gelungen zu erwähnen ist. Sehr gefreut hat mich, dass mit Lucas Durham Erinnerungen an »Der König der purpurnen Stadt«, ebenfalls ein interessanter und spannender Roman von Rebecca Gablé, wach wurden.
    Ein kleiner Wermutstropfen war für mich die Darstellung Richards III., der hier der Teufel in Person ist und Leichen im Keller hat, die bisher nicht nachgewiesen werden konnten. Ich hätte mir eine weniger einseitige Darstellung gewünscht, kann aber durchaus mit dem gewählten Weg der Autorin leben.


    Fazit: Kaufen, lesen!


    NS:
    Obwohl »Das Spiel der Könige« ein in sich abgeschlossener Roman ist, würde ich jedem empfehlen, die Vorgänger »Das Lächeln der Fortuna« und »Die Hüter der Rose« vorher zu lesen, da erst dadurch die intensive Beziehung der Waringhams zum Haus Lancaster verständlich wird und sowieso auch die historischen Hintergründe ebenfalls sehr interessant sind.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Mit dem Zwillingspaar Julian und Blanche im Mittelpunkt wird der Rosenkrieg in England von 1455 an und die Geschichte der fiktiven Warringhams erzählt.


    Wie die Lancastrianer und das Haus York einen blutigen Bürgerkrieg zwecks einsetzen ihres Königs (Henry, Edouard, Richard III) führen, wird detailliert aufgezeigt. Dabei wird keine der fast 1200 Seiten verschwendet. Der Roman ist ökonomisch aufgebaut und eher zu kurz als zu ausführlich.
    Die Charaktere, die im Mittelpunkt stehen, werden realistisch und lebendig gezeigt mit Stärken und mit Schwächen und ohne zu verherrlichen. Eine Ausnahme bleibt Richard III


    Eigentlich hatte ich vor Beginn des Romans angenommen, dass ich an dem Verstehen des geschichtlichen Hintergrunds scheitern würde, da es so viele Beteiligte, viele Schlachten und Wendungen gibt, aber tatsächlich ist es so, dass Rebecca Gables Roman zum ersten mal Zugang zu diesen Ereignissen der englischen Gschichte bei mir ermöglicht, da einigen wichtigen Figuren eine eigenständige Identität verliehen wird. Dadurch erhalten die Geschehnisse eine andere Bedeutung für mich und ein Zuordnen ist möglich wo vorher in Biographien oder Internetlinks eine Beliebigkeit der Figuren auftrat. Das schafft nicht jeder historische Roman.
    Natürlich sind Verwechslungen und Schwieigkeiten beim Zuordnen der Figuren immer noch vorhanden.
    Oft liegt das an den vielen Namen.


    Immerhin kann ich für mich bestätigen, dass man Das Spiel der Könige auch alleinstehend ohne Kenntnisse der bedien Vorgängerromane Das Lächeln der Fortuna und Die Hüter der Rose lesen und verstehen kann.


    Das Buch hat schon alleine vom geschichtlichen Verlauf eine hohe Komplexität, die einerseits ein rauschhaftes Lesen ermöglicht, aber auch
    Aufmerksamkeit vom Leser einfordert.


    Das Spiel der Könige bedeutet, tagelang gibt es nicht anderes als das Buch und intensives Lesen.
    Vielleicht sollte man kommende Leser eher vor dem Buch warnen? :lache

  • Zitat

    Original von millaKönntest du das Kapitel, bzw. die Thesen darin kurz zusammenfassen? Das wäre supe, denn der Name Kendall wurde ja schon häufiger erwähnt, aber mir sagt er leider nichts.


    So, entlich wieder zuhause habe ich mich gleich einmal auf meine Ausgabe von Kendall's "Richard III.-Mythos und Wirklichkeit", das von Herr Palomar im Leserundenthread empfohlen hat, gestürtzt.
    Im besagten Anhang 'Wer ermordete die "kleinen Prinzen"?' widmet sich der Autor ausführlich dem umstrittenen Hergang zum Tod des jungen Königs Eduard V. und seines Bruders Richard, Duke of York.


    Zunächst einmal vorweg: Gablé hat recht im Bezug auf die Auseinandersetzungen zwischen den sogenannten "Traditionalisten" und "Revisionisten", auch Kendall geht darauf ein jedoch betrachtet er beide Gruppierungen mit Argwohn. Nichts desto trotz macht auch er deutlich das es bis heute keinen stichhaltigen Beweis für Richards III. Schuld am Tod der Prinzen gibt.
    Zudem stellt er, wie auch die "Revisionisten", die Richtigkeit der Überlieferungen der Tudor-Chronisten in Frage.


    Die bedeutenste schriftliche Überlieferung, welche auch die erste und zeitgenössischte ist, welche die angebliche Ermordung der Prinzen durch Richard III. schildert, stammt aus dem Jahr 1513 aus der Hand von Sir Thomas More. Der war zur damaligen Zeit Undersheriff in London und Diplomat im Dienste König Heinrich VII. Tudor.
    Und hier muss ich schon einmal Gablé wiedersprechen. Sie behauptet More sei ein neutraler Chronist Aufgrund der Tatsache das er ja schließlich später (1535) durch den Tudor-König Heinrich VIII. hingerichtet wurde. 1513 jedoch war More ein treuer Diener der Tudors unter denen er eine beachtliche Karriere machen sollte, 1521 Ritterschlag, 1523 Parlamentsprecher, 1529 Lordkanzler.


    Mores Bericht stützt sich auf der Aussage von Sir James Tyrell. Dieser war ein Anhänger Richards III., war aber wohl so unbedeutend das er unter Heinrich VII. schnell Gnade fand und schließlich in dessen Diensten trat. Er nahm eine verantwotungsvolle Position in der Verwaltung von Calais, der letzten Festlandsbesitzung Englands, war. Bis zum Jahr 1501, da geriet Tyrell in den Verdacht mit dem Yorkisten Edmund de la Pole, Duke of Suffolk, zu packtieren. Tyrell wurde 1502 hingerichtet, zuvor aber wurde er vor einer Komission höchster Lords im Zusammenhang mit Poles Revolte verhört. In diesem Verhör soll Tyrell, laut More, schließlich den Mord an den Prinzen im Tower auf Befehl Richards III. gestanden haben.


    Fortsetzung folgt...

  • ...Fortsetzung


    Hier nun der Abschnitt aus Kendall's "Richard III." zum Tathergang, basierend auf Mores Überlieferung:


    Kendall's Zweifel:


    Kendall hält es für unfaßbar das Richard III. bei einer Tat, die einen enorm hohen Grad an Geheimhaltung erforderte, wie dieser, schriftliche Spuren (die Briefe für Grene und Tyrell) hinterlassen haben könnte. Er schreibt dies Mores "lebhafter Einbildungskraft" zu.


    Zudem gibt er an das Tyrell keiner Empfehlung eines Pagen bedurft hatte um in Richards III. Gunst zu steigen. 1483 war er bereits ein vertrauter Diener und sogar Bannerträger Richards. Zudem wurde Tyrell bereits 1471, nach der Schlacht bei Tewkwsbury zum Ritter geschlagen und nicht erst 1483 nach dem angeblichen Mord.


    Desweiteren hält Kendall die Rolle Sir Brackenbury in dieser Überlieferung für sehr obskurs. Denn dieser, der selber noch diese Bluttat ablehnte und für Richard nun eine gefährliche Person sein müsste, sollte seinem Herren weiterhin ein treuer Diener bleiben. Ja er wird in der Schlacht von Bosworth Field (1485) für Richard III. fallen.
    Die Tudor-Chronisten wie z.B. Vergil feierten ihn als den "edlen Brackenbury" welcher sich der Schandtat verweigert habe, im gleichen Atemzug aber machen sie den Fehler und beflecken Brackenburys reine Weste indem sie ihn für die Beseitigung der Leichen durch einen seiner Priester verantwortlich machen.
    Kendall hält daher diese Geschichte für schlecht erfunden.


    Weiterhin ist es Kendall nicht gelungen die Personen welche, laut More, in diese Tat verwickelt gewesen sein sollen zu identifizieren.
    Einen Mann namens Miles Forest konnte er zu der benannten Zeit im 200 km von London entfernten Schloss Barnard als Verwalter der Kleiderkammer ausfindig machen.
    Einen John Grene fand er auf der Isle of Wight als, Steuereintreiber sowie einen John Grene als Verbrecher der 1483 in Warwickshire amnestiert wurde.
    Einen John Dighton konnte er als Verwalter des Rittergutes Aytoun identifizieren, aber keinen "stämmigen Pferdeknecht" gleichen Namens.


    Fortsetzung folgt...

  • ...Fortsetzung


    Nachdem ich hier nun Kendall's wichtigste Argumente für seinen Zweifel an der Richtigkeit von More's Überlieferung in groben Zügen wiedergegeben hab (im Buch wird natürlich alles ausführlicher behandelt, zudem geht Kendall noch auf Berichte anderer Cronisten ein) möchte ich nun dessen Gedanken zum Handeln zweier historischer Persönlichkeiten wiedergeben.
    Zum einen ist dies Elisabeth Woodville, die Mutter der Prinzen, nach der angeblichen Bluttat, sowie ihr Schwiegersohn König Heinrich VII. Tudor nach Tyrell's angeblichen Geständniss.


    Die ersten Gerüchte um das Verschwinden, auch den Tod, ja soger einen Mord an den Prinzen machten bereits nach Ostern 1483 in England die Runde.
    Im August/September 1483 stimmte Elisabeth Woodville dem Verlöbnis ihrer Tochter Elisabeth of York mit Heinrich Tudor zu. Kendall nimmt an das Elisabeth Woodville zu diesem Zeitpunkt vom Tod ihrer Söhne gewusst hatte, sonst hätte sie niemals ihre Tochter und Erbin an den Tudor-Sproß (ergo an einen Feind der Yorks) abgegeben.
    Doch sechs Monate später begab sich Elisabeth Woodville freiwillig in die Hände Richards III. und nahm dessen Schutz an nachdem dieser ihr versprach sie und ihre Tochter gut zu behandeln. Ja sie forderte sogar ihren Sohn (aus erster Ehe) Thomas Grey, Marquess of Dorset, der in Frankreich bei Tudor weilte auf nach London an den Hof Richards zu kommen. Auch Grey unterlag keinem Zwang und trotzdem machte er sich auf die Reise, jedoch konnte er rechtzeitig von Tudor aufgehalten werden und verblieb daher in Frankreich.
    Kendall schließt aus diesem Verhalten das Elisabeth Woodville von der Unschuld Richards am Tod ihrer Söhne überzeugt gewesen sein muss, bzw. das Richard ihr seine Unschuld glaubhaft machen konnte.
    Er hält es für ausgeschlossen das sich Woodville mit ihrer Tochter freiwillig in die Hände des Mannes begeben hätte der nicht nur ihre Söhne zu Bastarden erklären ließ, sondern auch im Verdacht stünde sie ermordet zu haben. Denn wenn er der Mörder wäre, müsste ihre Tochter und Erbin, die zudem mit dem Feind verlobt war, bei ihm nicht ebenso in Lebensgefahr schweben wie ihre Söhne?
    Wir wissen, Elisabeth Woodville und ihre Tochter haben Richards Herrschaft unbeschadet überlebt.
    Kendall macht zwar deutlich das Elisabeth Woodvilles Verhalten kein stichhaltiger Beweis für Richards Unschuld ist, bittet aber darum dies nicht unbeachtet zu lassen.


    Nun widmet sich Kendall der Person Heinrichs VII.:
    Als Tyrell im Jahre 1502 sein angebliches Geständnis niederlegte regierte Heinrich VII. Tudor seit 17 Jahren England. Es war keine stabile Regentschaft, den genausoviele Gerüchte um den Tod der Prinzen die Runde machten gab es genausoviele Gerüchte in denen die Prinzen noch am Leben sind. Allein bis 1502 tauchten 4 "falsche Prinzen" auf und behaupteten die Söhne Eduard's IV. zu sein und schürten im Land Unruhen. Zudem gab es immernoch Angehörige und Verwandte des Hauses York welche sich an die Spitze einer Revolte gegen das Tudorkönigtum stellen konnten (siehe das Beispiel Edmund de la Pole).
    Um diesen Unruhen Herr zu werden musste es für Heinrich VII. von großer Wichtigkeit gewesen sein den Mord an den Yorkprinzen durch Richard III. beweisen zu können. Bis 1502 hatte Heinrich VII. durch einen Parlamantsbeschluss lediglich verlauten lassen das Richard III. an "unnatürlicher, bösartiger und großer Meineide, Verrätereien, Totschläge und Morde, des Vergießens von Kinderblut und vieler anderer unrechter Handlungen, abscheulicher Ärgernisse und Schändlichkeiten gegen Gott und die Menschen und besonders gegen unseren Herrscher" schuldig sei.
    Die Bemerkung "des Vergießens von Kinderblut" wertet Kendall als Anspielung auf den Tod der Prinzen, jedoch glaubt er das Heinrich VII. bis dahin keinen wirklichen Beweis für die vermeintliche Mordtat besessen habe. Hätte er ihn gehabt wäre dies viel deutlicher zum Ausdruck gebracht worden den er hätte somit den Sturz Richards III. und sein eigenes Königtum viel besser legitimiern können.
    Mit der Aussage Tyrells 1502 besaß er nun ein Geständnis und damit den Beweis für Richards Schuld, man möchte nun meinen das Heinrich VII. dies probagandistisch genutzt hätte und es im ganzen Königreich verlauten ließ. Doch Heinrich VII. tat nichts dergleichen. Er ließ lediglich verlauten das Tyrell die Mordtat gestanden habe, von einer Beteiligung Richards III. ist jedoch nicht die Rede.
    Dies lässt wiederum an der Glaubhaftigkeit von More's 11 Jahre später verfassten Bericht zweifeln.


    Fortsetzung folgt...

  • ...Fortsetzung


    Hier möchte ich noch einmal auf More's Bericht eingehen.

    Zitat

    Zitat
    "...Worauf, wie man sagt, ein Priester von Sir Robert Brackenbury die Leichen wieder herausnahm und heimlich an einer Stelle begrub, die nur er kannte und nach seinem Tode nie mehr entdeckt werden konnte.


    Diese Information hat Gablé auf ihrer Seite unterschlagen.
    Nach More hätte es unter der Treppe überhaupt keine Leichen geben dürfen. Nun stellt sich mir die Frage warum man im Jahre 1674 dennoch auf die Skelette zweier Knaben eben unter der Treppe stoßen konnte und warum diese Leichen nicht schon zur Zeit Heinrichs VII. gefunden worden sind.


    a) Man hielt das angebliche Geständnis von Tyrell (vorausgesetzt das von More überlieferte ist richtig) für so glaubwürdig das man einfach nicht den Versuch gamacht hatte unter der Treppe zu graben.
    Dann stellt sich mir aber hier die Frage warum Heinrich VII. ausgerechnet die Anschuldigungen Tyrells gegen Richard III. nicht für glaubwürdig genug hielt um sie der Öffentlichkeit zu verkünden.


    oder b) Man hat unter der Treppe gegraben und man fand tatsächlich keine Leichen und damit auch keinen Letzten Beweis an einem Mord an den Prinzen, weshalb Heinrich VII. auch weiterhin unsicher blieb im Bezug auf die Schuld Richards.


    Doch wie kamen dann dennoch zwei Knabenskelette unter die Treppe. Man sollte bedenken das zwischen dem angeblichen Geständniss von Tyrell (1502) und dem Fund der Skelette (1674) 172 Jahre Herrschaft der Tudor und Stuartkönige (welche das Erbe der Tudors fortführten) lagen. Man hatte also genügend Zeit gehabt um die Leichen von zwei Knaben entsprechenden Alters unter der Treppe zu vergraben auf das sie eines Tages, ob durch Zufall oder nicht, gefunden werden können.


    Doch wie kommt dann More 1513 zu der Behauptung, die Leichen der Prinzen seien ausgegraben und an einen unbekannten Ort vergraben worden? Vielleicht weil er von dem Inhalt des Verhörs Tyrells 11 Jahre zuvor überhaupt keine Ahnung hatte? Vielleicht weil Tyrell nie ein Geständniss abgelegt hatte weil es überhaupt keinen Mord an den Prinzen gegeben hatte (er wurde nur Aufgrund seines mutmaßlichen Verrats 1501 hingerichtet)? Vielleicht weil die Behauptung Heinrichs VII. Tyrell habe gestanden eine Lüge war?

  • Aufgrund eines Magen-Darm-Infekts habe ich ein paar Tage zu Hause verbringen müssen und so die Gelegenheit (das Glück ) gehabt das Buch in einem Rutsch durchzulesen. Ich wurde meist erfolgreich von meinen Maqenkrämpfen abgelenkt.


    Wie immer auch diesmal ein spannender , bunter und historisch interessanter Gablé. Gablé präsentiert alles, was für mich einen historischen Roman ausmacht und in "Spiel der Könige" wie ich finde besonders gelungen.


    Mit Julian und Blanche nicht nur eine sondern zwei sympathische aber dennoch komplexe Hauptfiguren , deren Leben mit der "großen Politik" ihrer Zeit verwoben ist. Vielleicht gibt es von der "großen Politik" in diesem Buch etwas mehr als in den zwei ersten Teilen der Waringham-Trilogie, aber die Rosenkriege sind auch eine wirre Zeit. Ich habe mich jederzeit zurecht gefunden und schließe mich Beowulf an: beste Geschichtsvermittlung bei bester Unterhaltung.


    Wie viele hier im Thread war ich auch neugierig auf Richard III, weil ich vor kurzem "Alibi für einen König" als Hörbuch auf der Bücherei ausgeliehen hatte. Nun werde ich mich wohl weiter mit diesem König beschäftigen und mich mit der Biografie von Kendall und dem Drama von Shakespeare widmen. Auf jeden Fall ein spannendes Rätsel der Geschichte. War ers oder nicht ?



    :waveKlio