Klappentext:
Drei exzentrische Pariser Studenten in einem heißen römischen Sommer, eine wundervolle Femme fatale, ein italienischer Bischof, der den Genüssen des Lebens zugetan ist - sie alle werden in einen Mordfall hineingezogen, bei dem es sich um ein sehr seltenes Mordinstrument geht : den Schierlingstrank. Wer war in der Lage, das antike Gift zu bereiten ?
Meine Meinung:
Meine Leidenschaft für Vargas und ihre Charaktere ist ungebrochen. Auch mit ihrem Erstlingswerk bin ich schnell warm geworden, obwohl es von den gewohnten Umgebungen nahe Adamsberg und Kehrweiler abweicht. Während ich die beiden schrulligen Ermittler innerhalb vieler Bücher inzwischen wahnsinnig lieb gewonnen habe, betrat ich auf dem Palazzo Farnese Neuland. Denn während ich es bei den anderen Krimis gewohnt war, die Kommissare als Mittelpunkt der Geschichte zu betrachten und die Erzählung meistens von dort aus dirigiert wird, treten im Falle des Erstlingskrimis noch mindestens drei weitere Charaktere in den Raum, die maßgeblichen Anteil an der Geschichte haben. Die drei exzentrischen römischen Kaiser (namentlich Nero - eigentlich David -, Tiberius - eigentlich Thibault - und Claudius - der wirklich so heißt) verleihen diesem Buch die nötige Würze und erschaffen zudem die gewohnte Vargas-Atmosphäre, für die normalerweise die Kommissare Adamsberg und Kehrweiler zuständig sind. Denn im Gegensatz zu diesen beiden ist der Ermittler dieses Werkes - namentlich Richard Valence - ein eher bodenständiges Individuum, das mich allerdings von Anfang an überzeugt hat. Und besonders im anfänglich starken Kontrast zu den drei Kaisern, dem Bischof und Laura (die mich am Anfang durch ihre Scheinbare Perfektion genervt hat), erschien er mir wie ein Fels in der Brandung, der stets ein Auge für die Realität hatte.
Vargas besticht meistens durch ihre Charaktere allein. Im Reich der Kriminalgeschichten sind die meisten Handlungsstränge inzwischen mehr als nur ausgelutscht und es braucht inzwischen weit mehr als nur einen interessanten oder einfallsreichen Mord, um neuen Wind in einen Krimi zu bekommen. Das ist auch bei Vargas Geschichten nicht anders. Besonders das Erstlingswerk stützt sich auf einen denkbar ausgelutschten Mord: ein Mann wird scheinbar aufgrund eines entwendeten Dokuments aus der Vatincana (der Bibliothek des Vatikans) ermordet. Wer sich dabei an Dan Brown oder ähnliche Autoren erinnert fühlt, hat durchaus recht.
Aber bei Vargas täuscht man sich, wenn man einen simplen Handlungsverlauf erwartet und in ihrem Fall sind es vor allen Dingen immer die Charaktere selbst, ob nun Mordverdächtige, Augenzeugen, Nebencharaktere oder Ermittler, welche der Geschichte die nötige Würze geben. Ihre Charaktere sind immer schrullig, seltsam, irgendwie nicht von dieser Welt und das ist es, was mich an ihren Werken so sehr begeistert. Das war auch bei diesem Buch nicht anders. Sicher, man muss sie mögen, diese seltsam verqueren Charaktere, aber ich kann allen, die einmal etwas andere Persönlichkeiten durch Kriminalfälle schleichen sehen wollen, Vargas nur wärmstens ans Herz legen.
Fazit:
Ich war erstaunt - und gleichwohl begeistert -, dass Vargas Erstlingswerk bereits so gut in die Schiene passt, welche ich von ihr gewohnt bin. Da ich am anderen Ende ihrer Werke angefangen habe (nämlich beim allerneuesten Adamsberg-Krimi), hatte ich nicht erwartet, dass "Im Schatten des Palazzo Varnese" mit den selben Vorzügen aufwarten kann, wie seine Nachfolger. Doch das Buch - obwohl sehr kurz - hat mich schnell in seinen Bann gezogen und mich einige (wenige) Stunden überaus gut unterhalten.