Beiträge von Laila

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    Original von geli73
    @ Laila: Nach Abschluß des Buches habe ich mich gefragt, warum Du genau diesen Zeitraum gewählt hast. Ich hatte den Eindruck, dass das Buch auch zu anderen Zeiten hätte spielen können, also nicht gerade aktuelle Gegenwart, weil das ja nicht mit dem Frauen-/Familienbild gepasst hätte, aber was hat Dich gerade an dem 7jährigen Krieg gereizt?


    Ich finde die gesamte Entwicklung der East India Company sehr interessant sowie die des British Empire in Indien. Der Siebenjährige Krieg markiert den Beginn der Herrschaft der Kompanie und festigt die Position der Engländer in Indien, in dem vormals die Franzosen ja wesentlich dominanter waren.

    Der zweite Teil hat mir beim Lesen auch sehr gut gefallen. Nach all dem Mord an ihren Eltern scheint Sanchia erst einmal zur Ruhe kommen zu können. Die Äbtissin ist eingeweiht, von daher stand von der Seite keine böse Überraschung zu befürchten. Gut gefiel mir, wie sie das Interesse für Heilkunst in dem stillen und verschlossenen Mädchen weckt, in dem man kaum mehr die lebhafte Sanchia von früher erkennen kann.


    Pasquale ist für mich eine der interessantesten Figuren des Buches. Gut gefällt mir, wie ernst er die Verantwortung genommen hat, sich um das Mädchen zu kümmern. So richtig wollte sich mir nicht erschließen, warum er nicht will, dass sich jemand um seinen Fuß kümmert, den man zu dem Zeitpunkt doch sicher noch hätte retten können.


    Lorenzo ist zu Beginn noch etwas blass, was aber vermutlich daran liegt, dass er in seiner Persönlichkeit noch nicht ausgereift ist.


    Über Ambrosius muss ja an der Stelle nicht mehr viel gesagt werden. ;-)


    Die Darstellung der Pest und die Plünderungen am Ende des Teils waren überzeugend. Dass in solch verzweifelten Situationen geplündert und gemordet wird, hat sich ja bis heute nicht geändert.

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    Original von Herr Palomar
    Ist Damien mit dieser Einstellung eine Ausnahe unter den Engländern oder spricht er für eine schweigende Minderheit? Und geht er mit der öffentlichen Aussprache seiner Ansichten nicht ein gewisses Risiko ein?


    Ein Risiko geht er nicht ein, schlimmstenfalls könnte man ihm Rückständigkeit oder einen gewissen Mangel an Patriotismus vorwerfen. Im Grunde genommen vertritt Damien mit seinem Ablehnen des Eroberungsgedankens die ursprüngliche Haltung der Krone, die der East India Company über Jahre hinweg ja ausdrücklich verboten hat, sich als Eroberer zu betätigen. Diese Einstellung hat die Regierung ja erst im Krieg fallen gelassen.


    Übrigens liegen zwischen Clives Eroberung von Plassey, die den Beginn der Herrschaft der East India Company begründet, und dem Ende der Company durch den Sepoy-Aufstand exakt 100 Jahre. (Das nur mal so am Rande. ;-))

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    Original von SiCollier
    Und damit kommt ein Punkt zur Sprache, über den ich mir schon seit geraumer Zeit Gedanken mache. Ich dachte immer, erst unsere Zeit sei säkular geworden, und die Gesellschaft damals vom Christentum durchdrungen. Aber bisher gibt es fürs christliche (und die Engländer sowie Franzosen waren meines Wissens nach durchaus Christen) überhaupt keine Anzeichen im Buch. Kein sonntäglicher Gottesdienst, kein Tischgebet, rein gar nix. Habe ich da eine falsche Vorstellung von der Vergangenheit dort oder gibt es einen anderen Grund dafür? Würde mich mal interessieren.


    Besondere Gründe gibt es dafür eigentlich nicht. Die Auseinandersetzungen spielten sich zu der Zeit aber eher auf politischer als auf religiöser Ebene ab, daher habe ich meinen Schwerpunkt auf die Politik gelegt.

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    Original von SiCollier
    Konnte man sich unter den beschriebenen Verhältnissen überhaupt mit seinen Eltern gut verstehen?


    Man darf nicht vergessen, dass die Kinder in dieser Gesellschaft groß geworden sind wie die Eltern vordem. Es gab durchaus die normale "Elternliebe" (bzw. "Kinderliebe"). Die Eltern haben normalerweise ja auch nicht so gehandelt, weil sie ihren Kindern das Leben schwer machen wollten, sondern weil es in der damaligen Gesellschaft oftmals der einzig gangbare Weg war. In Jonahs Fall war es speziell so, dass er die Erwartungen enttäuscht hat. Jüngere Söhne hatten es ohnehin schwer, weil ihnen nicht das Haupterbe zufiel und sie oftmals zusehen mussten, ein lohnendes Auskommen zu finden.


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    Edit. Um Mißverständnisse zu vermeiden: das was sehr positiv für das Buch gemeint.


    Hatte ich auch so verstanden. :-)

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    Original von Herr Palomar
    Schreibst du neben Romanen, sei es zur Veröffentlichung oder nur für dich, auch andere Formen, Lyrik oder Kurzgeschichten?


    Ich schreibe ausschließlich Romane. Kurzgeschichten liegen mir nicht so, und meine Lyrik-Versuche aus jungen Jahren haben es glücklicherweise nie ans Licht der Öffentlichkeit geschafft. :lache

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    Original von Findus
    Laila, mich würde deines Namens wegen interessieren, welche Nationalität du hast und ob sie etwas mit mit deinem Thema (ist ja auch im neuen Buch so) zu tun hat?


    Ich bin Deutsche, einen indischen Hintergrund habe ich nicht. ;-) Das nächste Buch spielt in den Nilgiri Hills, da finde ich die Gegend einfach schön und noch "literarisch unverbraucht". In dem Fall wollte ich u. a. gerne eine Geschichte in den Bergen auf einer Teeplantage ansiedeln.

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    Original von SiCollier
    Wie kommt man eigentlich dazu, einen solchen Roman zu schreiben? Ich meine, was bringt einen auf die Idee, eine Geschichte in der englischen kolonialen Welt des alten Indien zu erzählen, dafür ewig viel und hart zu recherchieren, damit alles stimmt und ein so gutes Buch herauskommt? Du hast Dich doch sicher sehr in die ganze Welt hineinversetzen müssen, um das so schreiben zu können. Das stelle ich mir irre schwer vor


    Mich hat diese Epoche schon immer sehr fasziniert, und ich wollte gerne einen Roman über die Anfäge der East India Company schreiben. Die Recherche macht großen Spaß, auch wenn sie zuweilen sehr mühselig und anstrengend ist. :-)


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    Und gleich Frage B: Hast Du Dich mit Deinen Protagonisten in irgendeiner Form identifiziert (um das Wort zu gebrauchen)?


    In gewisser Weise versetzt man sich wohl immer in die Figuren hinein, über die man schreibt, um glaubhaft, aus ihrer Perspektive erzählen zu können. Aber das ist immer nur für die Dauer der Zeit, während der ich an dem Text arbeite. Wenn ich fertig bin, "verabschiede" ich mich quasi und erarbeite mir den Zugang zu dem nächsten Stoffe, den ich behandeln möchte.

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    Original von Batcat
    Und zum Buch: Ja, den Selbstmord fand ich auch sehr feige. Aber andererseits darfst Du natürlich auch nicht die anderen Zeiten vergessen. Wenn schon Schwangerschaft als ein Tabu galt, geschweige denn von anderen Krankheiten, dann war es sicher auch nicht üblich, Kranken so wie heute beizustehen. Dennoch - feige!


    Da muss ich dich korrigieren. ;-) Kranken Familienmitgliedern wurde bis zu ihrem Tod beigestanden, tat jemand das nicht, hatte er in der Gesellschaft recht schnell den entsprechenden Ruf weg. Der Mann war, wie ihr schon richtig angemerkt habt, einfach zu feige, seine Ehefrau mit der Nachricht zu konfrontieren und dieses Schicksal zu tragen.

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    Original von Herr Palomar
    Auf Seite 421 sagt Maureen noch, dass sie Ernest liebt. Ich frage mich nur, wieso? Zumal er sehr für Charlotte geschwärmt hat.


    Offen geschwärmt hat ja eigentlich nur Robert für sie, bei Ernest waren es eher Blicke, die Maureen in ihrer Verliebtheit gar nicht so mitbekommen hat.

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    Original von Herr Palomar
    Damien fällt auch eine Araberin, Zainab, des 7.Jahrhunderts ein, die eine der ersten Spezialisten auf dem Gebiet der Augenheilkunde war.
    Darüber wüsste ich gerne mehr, wie eine Frau in der Zeit die Möglichkeiten hatte. Im Internet finde ich auf Anhieb aber leider keine weiteren Infos.


    Über die Augenheilspezialistin habe ich leider auch nicht mehr Details gefunden. Die zunehmden Einengung durch die Gesellschaft fand erst sehr viel später statt, davor waren Frauen Ärztinnen, Lehrerinnen, zogen mit den Männern auf Kriegszüge usw. Im Mogulreich (ich muss mal nachschauen, unter welchem Mogul genau) gab es beispielsweise eine Frau, die als Gelehrte Frauen unterrichtete. Sie hat nie geheiratet, weil sie keinen Mann gefunden hat, der ihr ebenbürtig war.

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    Original von Herr Palomar
    S.599ff: Ein kleines Gerangel von Elisha mit dem angetrunkenen Ralph und gleich so eine Aufregung. Warum denken gleich alle, er hätte sie vergewaltigt.


    Elishas völlig aufgelöster Auftritt und die Tatsache, dass Ralph einen schlechten Leumund hat, haben diesen Schluss nahe gelegt.


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    Das Verhältnis Arzt und Hebamme ist dabei nicht besonders gut. Es gibt unterschiedliche Auffassungen, z.B. über den Gebärstuhl.
    Die Ärzte misstrauten offenbar auch den Urteil erfahrener Hebammen.
    Wieso gibt es diese Distanz? Das Ziel, eine gute Geburt zu ermöglichen, war doch dasselbe!


    Das war schlicht und ergreifend eine Sache des Stolzes und der männlichen sowie ärztlichen Arroganz. :grin


    Liebe Grüße,
    Laila

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    Original von SiCollier
    :gruebel Was mich mal interessieren würde ist, inwiefern die gesellschaftlichen Verhältnisse der damaligen Wirklichkeit entsprechen? War das wirklich so, daß die Eltern dermaßen über das Leben der Kinder bestimmten, in Bezug auf Heirat beispielsweise. Die waren doch selbst eimmal jung gewesen. Haben die denn nichts gelernt aus vermutlich eigenen Problemen und Erfahrungen, daß sie das bei ihren Kindern dann auf die gleiche Tour machten? Und dann diese extreme Unterordnung der Frauen unter die Männer. Also meine Frau würde sich so was nicht gefallen lassen, und ich möchte nicht in der Haut dessen stecken, der so was mal bei meiner Tochter versuchen würde...


    Man darf das nicht aus unserer heutigen modernen Sicht aus sehen. Damals waren die Gesellschaftsgefüge anders, und die Männer und Frauen wurden damit erzogen, dass sie innerhalb ihrer Gesellschaftsschicht so vorteilhaft wie möglich heirateten. Es ging auch nicht in jedem Fall schief, oft war es durchaus ein harmonisches Miteinander. Persönliche Erfahrungen bzgl. Liebe aus der eigenen Jugend zu transportieren und daher den Kindern eine arrangierte Ehe zu ersparen, war keine zu der Zeit übliche Denkweise. Es waren gesellschaftliche Regeln, die eingehalten werden mussten, sonst brach das Gefüge auseinander. Die Eltern haben auch nicht aus Despotismus so gehandelt, sondern weil sie in selbst in diesem Sinne erzogen worden sind. Man empfand das nicht als seltsam oder gar falsch, sondern es war einfach so.

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    Original von Primavera
    Aber was ich nicht nachvollziehen kann, ist, dass jeder dachte, die Mutter machts wohl, aber niemand hat sich vergewissert. Der Bräutigam hat nicht mit Elisha mal darüber geredet, auch der Vater nicht... Und hinterher waren sie alle vor den Kopf geschlagen.
    Aber vielleicht war das damals einfach normal.


    Derart delikate Themen, wie Verlobung und Heirat hat ausschließlich die Mutter oder eine nahe weibliche Verwandte mit den Mädchen besprochen. Die Männer haben sich da nicht eingemischt, weil sie davon ausgehen konnte, die Mutter kümmere sich um alles.


    Viele Grüße,
    Laila

    Hallo SiCollier,


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    Unter diesem Gesichtspunkt war für mich die Feindschaft der Ärzte untereinander etwas neues


    Es gab eine starke Rivalität zwischen Ärzten und Chirurgen weil es schlicht und ergreifend so war, dass ein Arzt einen Chirurgen als schlichten Handwerker gesehen hat. Einige Ärzte vertragen sogar die Auffassung, es sei nicht nur nutzlos, sondern auch gefährlich, einem Chirurgen Zugang zur Wissenschaft zu gewähren, weil ein Chirurg nicht imstande wäre, diese zu verstehen. Die Chirurgen haben schon im Vorfeld lange versucht, dagegen anzugehen und beispielsweise im 16. Jh. ihre Gilden in den Rang einer Gelehrtengesellschaft erhoben - gegen den Willen der Ärzte. In Frankreich haben sie sich Ende des 17. Jh. zu einer Bruderschaft zusammengeschlossen, die immer wieder mit den medizinischen Fakultäten in Streit geriet. (Das mal als kleiner Exkurs zwischendurch :lache)


    Was die Personen angeht, hat Herr Palomar hier eine schöne Übersicht angelegt.


    Viele Grüße,
    Laila

    Hallo SiCollier


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    Original von SiCollier
    Mir ist momentan nämlich nicht ganz gegenwärtig, wann Hygiene ein Thema wurde bzw. ab wann etwa man über deren Auswirkungen Bescheid wußte (und ich werde ganz sicher nicht um diese Uhrzeit danach suchen!). Das gleiche gilt zu den Überlegungen Damiens auf Seite 40 bezüglich der Wundärzte.


    Die Grundlagen der Antisepsis waren natürlich noch nicht bekannt, aber in den östlichen Ländern hatte man bereits das Wissen, dass weniger Patienten starben, wenn der Arzt auf Sauberkeit achtete.


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    Derzeit frage ich mich, ob es sich bei den vielen historischen Details um Ergebnis von Recherchen (also quasi historischer Wahrheit) oder um das Ergebnis der schriftstellerischen Freiheit (also der Phantasie) handelt.


    Das ist alles ausschließlich das Ergebnis von Recherchen. :-)


    Liebe Grüße,
    Laila

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    Original von beowulf
    Hätte ich meine Frage an Wolke stellen sollen oder warum ignorierst du sie so hartnäckig?


    Oje, sorry. :-( Von meiner Seite aus gerne. Nur terminlich kann ich noch nichts sagen, das muss Wolke planen.


    Liebe Grüße,
    Laila

    Hallo Herr Palomar,


    ich höre gelegentlich Musik beim Schreiben, aber meist brauche ich Ruhe. Beeinflusst hat Musik mich noch nie, manchmal ist es ganz schön, wenn ich über bestimmte Stimmungen schreibe, da kann Musik hilfreich sein, dann aber oft Klassik. Indische Instrumentalmusik finde ich ganz schön.


    Liebe Grüße,
    Laila