Beiträge von SteffiB

    Liebe SBW-Eulen,
    sorry, dass ich mich hier gar nicht mehr gemeldet habe. Ich überarbeite gerade unter Hochdruck mein neuestes Manuskript, da der Abgabetermin ziemlich eng ist. Und da reicht's dann oft nur für einen kurzen Blick in die Eule – in der letzten Woche hauptsächlich wegen der schönen Jaderinge-Leserunde von Tereza.


    Zum SBW-Thema. Ich hatte lange hin und her überlegt, ob ich es nehmen soll, da ich vermutet habe, dass vielen von euch dieses Gefühl erstmal fremd ist. Andererseits: Ich glaube, niemand geht durchs Leben, ohne einmal Neid zu verspüren. Und sei es auf das tolle Essen, das der Typ am Nachbartisch bekommt, während man selbst sich durch die zähe Fehlentscheidung kaut ...


    Beim Geschichtenerzählen sind es doch immer die großen Triebfedern, als da sind Liebe, Neid, Hass, Gier und noch ein paar mehr, die das ganz große Drama nach sich ziehen, über das wir alle so gerne lesen. Und deshalb ist "Neid" eben doch ein interessantes Thema (finde ich), da wir mal so richtig schön die Sau rauslassen können. Und – nicht alles, worüber man schreibt, muss man selbst in und auswendig kennen. Ich habe gerade einen meiner Protagonisten ganz grässlich mit dem Bambusrohr bearbeitet. Nein, ich will es nicht am eigenen Leib spüren. Aber nachfühlen, darum muss ich mich bemühen, sonst funktioniert's auch beim Leser nicht.
    In diesem Sinne: Viel Erfolg und ich freue mich auf grün-gelbe Geschichten!


    PS: Ich habe übrigens überhaupt noch keine Ahnung, wie ich das Thema angehen werde.


    :wave Eure SteffiB

    Ich habe was zum Thema "caning" in Singapur gefunden. Rattan und Bambus werden hier gleichgesetzt. Laut Augenzeugen bricht die Haut meist beim ersten Schlag auf, nach drei Schlägen sind die Schäden so schwer, dass die Heilung mindestens drei (!) Monate dauert! Und das ist die heutige Bestrafung, die ausschließlich aufs Gesäß ausgeführt wird, mit Kissen, die den unteren Rücken und die Wirbelsäule schützen, falls ein Schlag danebengeht. Da möchte man gar nicht wissen, was den armen Delinquenten vor 150 Jahren alles widerfahren ist. Grusel ....


    Hier der Link, es geht gleich auf Seite 2 los:


    http://www.graef.eu/tl_files/g…ur%20in%20JZ%20061296.pdf

    Ich schätze eher, dass die dünnen besonders schlimm sind, weil sie die Haut sofort einschneiden und den Muskel verletzten. Nicht jeder Seemann hat das Peitschen überlebt ... ich werde mich da tatsächlich mal mit einem Mediziner unterhalten. Die Rattanstöcke in Südostasien sind übrigens dünn und haben verheerende Wirkung.

    Zitat

    Original von harimau


    Das ist doch wieder typisch! Der arme Kerl opfert sich, und ihr dreht ihm einen Strick daraus. :rofl Aber im Ernst: Natürlich will er nichts von Shen Akeu, so viel müsste auch Vi Ki begreifen. Geht ihr Angebot, für Shen Akeu im Bordell zu arbeiten, unter diesem Gesichtspunkt betrachtet nicht wesentlich weiter? :gruebel


    Nein, das finde ich nicht. Vicki hat mit der Annahme des Deals Jinzis Leben erkauft – hätte Shen Akeu auf Einhaltung der Verträge gepocht, hätte Jinzi mit Sicherheit auch einige äußerst unangenehme Nächte verbracht. Außerdem, was ist unangenehmer: Mit einer Frau zu schlafen, die man(n) ohnehin gut kennt und wahrscheinlich auch schätzt, als mit einer Legion unbekannter und wahrscheinlich ungewaschener Männer?

    Liebe Tereza,
    das ist ein tolles Buch! Mir hat es ausnehmend gut gefallen, denn du hast es – wieder einmal – geschafft, deinen Personen Tiefe und Lebendigkeit einzuhauchen, während du sie durch eine spannende und, in Yazis Fall, sehr aufwühlende Geschichte gehetzt hast. Mein Highlight war, wie schon vorher erwähnt, die Yazi-Geschichte, doch auch Vickis Geschichte hatte ihren ganz eigenen Reiz. Ich habe mich wunderbar unterhalten, habe mitgelitten und mitgefiebert – so soll das sein!


    Mir hat übrigens der weniger schöne Aspekt von Andrew auch gefallen. Da hast du ihn nach allen Regeln der Kunst vom Sockel gehauen!
    Na, und unsere dicke Anette wird zur mondänen Dame. Wer hätte das gedacht!


    Das Vicki am Ende als einfache Angestellte in Shanghai bleibt, hat mir richtig imponiert. Sie hat ihre Situation umarmt, und das macht sie für mich zur wahren Gewinnerin der Geschichte, allem Gezicke zum Trotz. Sagt mal, ist eigentlich niemandem dieser absolut gelungene Satz am Ende aufgefallen, als Vicki ganz cool ein Resumee zieht, sie und Jinzi betreffend. Ich habe jedenfalls herzlich gelacht. Hier ist der Absatz nochmal, zu finden auf Seite 635, Mitte. Vicki und Jinzi im Garten des McGregor-Hotels:


    "Ihr fiel auf, wie schön Jinzis Hemd aus der Nähe betrachtet aussah, denn es war mit feinen Phönixen bestickt. Auch seine Hose hatte einen höchst eleganten Schnitt. Ganz gleich, wie es um ihrer beiden Finanzen auch stehen mochte, sie würden stets eitle Pfauen bleiben."
    Großartig!


    Ich danke dir für die Begleitung der Leserunde, Tereza, und freue mich auf Nachschub aus deiner Feder! Die Rezi wird sicher ein bisschen auf sich warten lassen, ich kenne mich. Das dauert immer ....


    :wave SteffiB

    Zitat

    Original von Tereza
    Und die langjährige Trennung hätte auch er verhindern können, wenn er auf Dewei gehört und vorher versucht hätte, mit Viktoria zu reden. Er wusste ja, dass Shen Akeu bei ihr ein Reizthema ist. Vielleicht liegt es an der Perspektive des Romans, dass hier die meisten Viktoria die Schuld zu geben scheinen.


    Ich nicht! Ich fand ihre Reaktionen oft einfach nur menschlich. Keine Ahnung, wie ICH reagiert hätte, wenn mein Liebster im Nachbarzimmer mit einer Bordellchefin pimpert – wie viel auch immer ihr schulden mag. Die Vermutung liegt nahe, dass ich ziemlich angefressen wäre. Wie schreibt Tereza so schön: "Sie ahnte bereits, dass diese Nacht vielleicht die längste ihres Lebens werden würde." Hallo? Wer von euch Mädels kann das nicht nachvollziehen?


    Bevor ich es vergesse: @ ottifanta und salonlöwin: Danke für die ren li che- Erhellung. Interessanterweise hätte ich es sogar lesen können, wenn ich mir die Mühe gemacht hätte, nach dem Wort zu suchen. Ausgerechnet diese drei Zeichen gehören nämlich zu jenen etwa 20 (30?), die ich erkenne und sogar aussprechen kann. Ein schöner Zufall! :chen

    So ging's also mit Yazi zu Ende. Was für ein banaler Tod eines so wenig banalen Lebens. Ein guter Kontrapunkt, wie ich finde, zumal ich mit allem gerechnet habe, nur damit nicht. Es hat mich ganz schön durchgeschüttelt. Dramaturgisch war's richtig gut, und ich danke an dieser Stelle deiner Lektorin auf Knien, dass Yazi sterben durfte!


    Ich brauchte auch ein paar Seiten, bis ich mich wieder auf Viktorias vergleichsweise harmlosen Probleme einlassen konnte. Anders als viele anderen hier empfand ich sie aber nicht als zu borniert oder nicht lernfähig. Ich habe genügend Menschen in der heutigen Zeit kennengelernt, die sich nach Jahren des Lebens im Ausland nicht halb so gut mit der Kultur auseinandergesetzt und arrangiert hatten wie Viktoria – von Sprachkenntnissen ganz zu schweigen. Über ihre Härte, was die Unbequemlichkeiten des reisens anbelangt, habe ich ja schon mal etwas gesagt: Ich finde sie wirklich, wirklich taff. Hey, überlegt mal, nass wie ein Pudel unter tropfenden Bäumen schlafen, nix im Bauch, Mücken ohne Ende – also, ich mag so etwas auch nur bedingt.


    Die Sprachlosigkeit zwischen ihr Jinzi fand ich auch etwas mühsam, aber im Grunde wäre alles andere verdammt unglaubwürdig gewesen. Die beiden haben ein so unterschiedlichen Background, da kann es nur schwierig werden – zumal die chinesische Kultur es mit Steifheit, Prüderie und Rassendünkel ganz locker mit den Europäern der damaligen Zeit aufnehmen konnten.
    Ach übrigens, bei der Situation auf dem 2. Schiff, als Vicky Jinzi als ihren Diener ausgibt (sie hatte ja keine Zeit, sich mit ihm abzusprechen), habe ich mich über IHN geärgert. Da muss man eben mal in den sauren Apfel beißen, schließlich gab's ja eine Schiffspassage auf lau!

    Puh. Ich habe am Ende dieses Abschnitts richtig mitgelitten. Konnte Yazis Verzweiflung spüren, als Tag um Tag keine Nachricht von Andrew kam. Da denkst du, jetzt haben die beiden sich endlich eine gute Zeit verdient, und was ist? Nix ist ... wie das halt so ist in guten Romenen.
    Mir hat der gesamte Yazi-Teil ausgesprochen gut gefallen; es überrascht wahrscheinlich niemanden, dass ich auch die historisch-politischen Infos regelrecht inhaliert habe. ich wusste zwar einiges über die Zeit, aber so detailliert natürlich nicht. Danke dafür Tereza!


    Eine Frage hat sich mir gestellt, weil ich gerade selbst jemanden mit dem Stock traktiert habe: Die beiden Verschwörer bekommen, wenn ich mich recht erinnere, 100 Stockschläge - und leben noch! ich kann mir das, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, allerdings weiß ich nicht, was für Stöcke benutz wurden. Vermutlich Bambus, oder? Und der ist elastisch und schneidet das Fleisch schnell ein. Ist die Anzahl solcher Schläge eigentlich verbürgt, Tereza? Ich lese immer wieder in Romanen, dass die Helden nach 50, 80, 100 Schlägen ein paar Tage später wieder stehen können, dabei dürften sie regelrecht zerfetzt sein.
    In Südostasien wird Rattan benutzt. Da bringt dich EIN Schlag ins Krankenhaus, und du kannst ein halbes Jahr nur auf dem Bauch schlafen. Leider kommt dann der nächste Schlag, wenn du zu mehreren verurteilt wirst.

    Super! Ich komme!
    Sorry fürs Nichtbeteiligen am Fred, habe es gar nicht auf dem Schirm gehabt.
    Ach so: Tiger kommt nicht, muss Beute reißen.
    :wave SteffiB


    PS: Danke fürs Machtwort, Voltaire
    PS2: Danke fürs Bescheid-PN-nnen, Miss J

    Rauchzeichen helfen nicht mehr. Vielleicht einen Verleger entführen und damit drohen, ihn in kleine Streifen zu schneiden (für den Wok :chen), wenn nicht ....


    Nee, mal ehrlich, ich habe auch manchmal den Eindruck, dass Verlage und Buchhandel in vorauseilendem Gehorsam den Leser/Innen einen sehr einseitigen Lesegeschmack unterstellen.


    Ich bin schon ganz schön müde, deshalb wähle ich den einfachen Weg und zitiere Katerina, die mir aus der Seele spricht. Yazis Ehemann empfand ich als die bisher gelungenste Figur. Seine Versehrtheit, seine Zerissenheit sind hervorragend dargestellt. Ganz großes Kino mit der Vergewaltigungsszene als würdigem Fanal. Ja, hier tut's den Lesern weh – und genau das soll es auch, wie Mulle es so schön auf den Punkt gebracht hat bei der Katzendiskussion. (Ich mag Katzen sehr gerne. Trotzdem, wenn ich damit meine Leser aufrütteln kann, dann würde ich sie auch bedenkenlos hinmeucheln.)


    Yazis Geschichte finde ich sehr, sehr spannend und, wie ich gestehen muss, wesentlich interessanter als Vickis Geschichte. Meinetwegen hättest du ein Buch ganz allein für Yazi schreiben können, Tereza :kiss
    Sagt mal, hat eigentlich schon jemand Bilder von diesen wunderbaren Hakka-Rundbauten verlinkt? Wenn nicht, dann schaut mal hier:


    http://www.heybrian.com/travels/china/2007/hakka.php


    und hier:


    http://www.haohaoreport.com/l/26683



    oder einfach googeln: "Hakka Rundhaus" und auf Bildersuche gehen :-)


    Zu dem Thema bin ich vor einiger Zeit über eine interessante Abhandlung eines gewissen William Henry Flower aus dem Jahre 1882 gestolpert.


    Hier der Link. Rechts auf der Seite "Read online" anklicken (oder gleich als PDF runterladen)


    http://openlibrary.org/books/OL7236369M/Fashion_in_deformity


    Auf den Seiten 17 bis 21 finden sich Illustrationen zu den Füßen., auf den Seiten 22 und 23 zum Korsett. Auch sonst ist diese Schrift sehr aufschlussreich.
    Mr. Flower, der übrigens nicht nur mehrere Jahre Präsident der Londoner Zoologischen Gesellschaft, sondern auch Fellow der Linné-Gesellschaft sowie der Royal Society, also ein großes Licht in der Gelehrtenwelt war, hat sich übrigens schon damals sehr gegen Korsetts stark gemacht. Gegenwind erhielt er von den Frauen, die nun mal der Mode folgen wollten. Da kann man nur den Kopf schütteln.

    Ein spannender Abschnitt! Ich habe ihn schon vor ein paar Tagen beendet und bin längst weitergeprescht, aber ich wollte natürlich noch wissen, was ihr hier so schreibt.
    Also, erstmal: :anbet, Tereza. Einmal, für den Lesespaß, aber ich muss auch meinen Respekt für die eindreiviertel Bücher bezeugen. Ich werde dieses Tempo nie erreichen, seufz ...


    In diesem Abschnitt mochte ich die Darstellung des Frauenhofes sehr. Wie harimau schon bemerkte, war es ein geschickter Kunstgriff, dort mehrere Frauentypen aufeinanderprallen zu lassen. Dass diese zur Demut erzogenen Wesen untereinander in ständigem Krieg lagen, glaube ich unbesehen. Wie hätten sie sich sonst die Zeit vertreiben sollen? Glotze gab's ja noch nicht :-(


    Vicki selbst bleibt sich treu in ihrer Impulsivität und gerät folgerichtig in Schwierigkeiten. Die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen ihr und Jinzi hat mich bisher nicht abgeholt, aber das mag daran liegen, dass ich viel zu gespannt auf Jazis Geschichte bin. Hier bahnt sich echtes Drama an!


    Noch einen letzten Satz zu Jinzis Abstammung: Ich habe es schon geahnt, als er das erste Mal auftrat. Er war einfach zu groß :grin Und irgendein Andrew Bastard musste ja schließlich auftauchen, nachdem sein Bruder und seine Schwägerin so pikiert auf Andrews bloße Erwähnung reagierten ...

    Trotzdem ich schon 300 Seiten weiter bin, möchte ich noch ein paar gedanken nachschieben:


    Ich konnte Vickis gesellschaftlichen Abstieg sehr gut nachfühlen und nachvollziehen. Die Ballszene ist sehr gelungen! Vicki, die lichte Ballkönigin, degradiert zur mausgrauen Gesellschafterin. In der Gosse ist sie nicht, oh nein. Es ist fast noch schlimmer: Sie ist unsichtbar. Allerdings findet sie sich für meinen Geschmack fast zu leicht mit ihrem Los ab. Aber gut, dann hätte das Buch 1000 Seiten haben müssen. Warum eigentlich nicht? :-]