Beiträge von Brigitte H. H.

    Ich glaube, wenn heute Autoren derartige Einleitungskapitel schreiben würden, der würde der Verlag schimpfen. :lache Auch den Leser so direkt ansprechen, käme in einem modernen Buch vielleicht auch nicht so gut an.

    :write


    Nicht zu vergessen die ständigen Angriffe auf kritische Leser. :fetch


    Ich möchte nicht wissen, wie ein Leser des 18. Jahrhunderts über die heutigen Romane urteilen würde. :yikes


    Aber zurück zum Buch. :grin


    Mr. Patritdge wollte doch Mr. Jones nach Hause zu Mr. Allworthy bringen. Wie er unseren Helden so schlecht macht gegenüber Honour geht mir jetzt nicht wirklich in den Kopf. Das kann doch nicht auf Alkohol zurückzuführen sein.

    Ich habe die Stelle gesucht, leider aber nicht gefunden.


    Bei Partridge habe ich immer das Gefühl, dass er sich wichtig machen möchte. Er weiß etwas zu berichten, das ist die Hauptsache. Ob er seinem "Freund" Tom Jones durch sein Gerede womöglich schadet, darüber denkt er nicht nach.

    Mich hat bei dem Kapitel interessiert, wie heute Autoren an einer Geschichte herangehen.


    Ich denke, es sind so viele Herangehensweisen beim Schreiben eines Buches möglich, wie es Autoren gibt. Selbst von Buch zu Buch kann das variieren.


    Ich kann nur für mich sprechen. Bei mir entsteht eine Geschichte fast ausschließlich im Kopf. Momentan bin ich in einer Phase, in der ich mich gerne mit einem Schwamm vergleiche. Ich nehme alles auf, was wichtig für meinen neuen Roman sein könnte. Geradezu als wäre ich darauf geeicht. Wohlgemerkt, geht es hier nicht nur um das, was ich später erzählen möchte, sondern auch um die Rahmenbedingungen der historischen, sprachlichen und technischen Gegebenheiten. Das Schreiben kann sich dann ganz unterschiedlich abspielen. So kann es mich beim Abtrocken erwischen und ich habe plötzlich komplette Formulierungen im Kopf oder unter der Dusche kommen mir ganze Dialoge in den Sinn. Wie oft habe ich diese fluchtartig verlassen, um nur mit einem Handtuch bekleidet rasch die Gedanken aufzuschreiben. Ganz schlimm finde ich es, wenn ich beim Einschlafen den Wortlaut vom Anfang des nächsten Kapitels plötzlich im Kopf habe. Ich weiß, wenn ich jetzt aufstehe, um es zu notieren, wird es immer weiter fließen, gleichsam als fahre ich auf einer Schiene. Je mehr ich dem "Ziel" meiner Geschichte nahekomme, (ca. letztes Drittel des Romans) also dem Abschnitt, von dem ich Passagen schon zigmal geträumt habe, umso schneller schreibe ich. Ich habe einmal an einem Tag 38 Normseiten getippt. Dies machte im gedruckten Buch um die 50 Seiten aus! Seiten, die ich so gut wie nicht zu überarbeiten brauchte. Es gibt aber auch Passagen, die ich nie träumte. Ein Charakter übernimmt plötzlich die Führung und "diktiert" mir quasi, was ich zu schreiben habe. (Ein konkretes Beispiel im letzten Buch: Georgiana erzählt die Geschichte um Matilda.) Dann schreibe ich ohne Unterlass. Anschließend lese ich mir das Geschriebene durch, von dem ich vorher keine Ahnung hatte, und staune.


    Da stelle ich mir vor, der Autor hat eine Idee., aus dieser Idee bildet sich ein Gerüst, woraus sich nach und nach eine komplette Geschichte bildet.


    Deine Vorstellung von dem Gerüst einer Idee, das sich nach und nach füllt, gefällt mir sehr gut.


    Bei der Pemberleyreihe war es so. Das komplette Gerüst der Geschichte war plötzlich in meinem Kopf. Und nebenbei, dieses "Gerüst" geht weiter, als ich bisher geschrieben habe. :-]


    Vielleicht kann man den Vergleich mit einem grobkörnigen Pixelbild bemühen. Du ahnst, was es darstellen könnte. Aber Nuancen in Farbe und Form sind nur angedeutet und Details nur vereinzelt erkennbar. Zudem sind Ergänzungen möglich. Mit der Zeit kommen dann immer mehr Pixel hinzu. Das Bild wird Stück für Stück schärfer. Vieles geschieht intuitiv. Ein konkretes Beispiel: Im zweiten Buch habe ich bei der Einführung Lady Wragsdales erwähnt, dass zwei Kutschen in der Remise von Alberney stehen. Lady Wragsdale verwies gerne auf diesen Umstand, obwohl eine der Kutschen aufgrund eines Achsbruchs nicht mehr zu gebrauchen war. Dies sagt etwas über ihren Charakter aus. Um mehr ging es mir nicht. Im dritten Buch hatte ich dann plötzlich die Geschichte im Kopf, wie es zu dem Achsbruch kam, und jene fügte sich wunderbar in diese "Fortsetzung" ein. Anders ausgedrückt, mein Unterbewusstsein hat die Kutsche mit der gebrochenen Achse in das zweite Buch platziert, weil ich sie im dritten Buch gut gebrauchen konnte. Es geht aber auch anders! Mr. Adamson habe ich im zweiten Buch ganz bewusst kurz erwähnt, um ihn im dritten Buch nach Derbyshire zu versetzen, weil ich ihn im vierten Buch genau dort haben wollte!


    Und dann sollte man die Überarbeitung nicht außer Acht lassen. Vereinzelt werden Passagen ergänzt oder gestrichen. So nahm ich im zweiten Buch ein komplettes Kapitel heraus, da mir bewusst wurde, dass es die Geschichte nicht weiterbringt. Die Kernaussage habe ich in ein paar Sätzen an das vorherige Kapitel angefügt. Nachdem das Buch erschienen war, fiel mir ein Ausdruck dieses gestrichenen Kapitels in die Hände. Ich fand es sehr schön geschrieben. Dennoch wusste ich, im Buch hätte es den Fluss der Geschichte behindert. Meine Entscheidung war richtig gewesen.


    Deine Formulierung, wie "heute" Autoren an eine Geschichte herangehen, lässt mich die Frage aufwerfen, ob die Herangehensweise sich so sehr von der früherer Autoren unterscheidet. Wenn man von den Möglichkeiten moderner Textverarbeitungsprogramme oder den Gebrauch einer Schreibmaschine sowie der bequemen Recherche absieht, denke ich, wird der Unterschied nicht so groß sein. Ich vermag mir allerdings nicht vorzustellen, was es bedeutet, wie Jane Austen nur mit einer Feder, die regelmäßig ins Tintenfass getaucht wird, zu schreiben. Zudem musste sie auf die gleiche Weise auch noch Kopien ihrer Bücher anfertigen! Eine unglaubliche Leistung. In einem Punkt weiß ich ganz sicher, wo eine Übereinstimmung zwischen Autoren von früher und heute bestehen kann. Irgendwo habe ich einmal gelesen, Jane Austen schrieb, um Ruhe in ihrem Kopf zu haben. Ein Gefühl, das ich sehr gut kenne.


    In Kurzfassung:


    :licht     :learn  :gruebel   :/   :)   :brain :write  :lesend   :freude

    Lesebiene


    Wenn ich Fieldings Kritik an Autoren des Spectators übergehe, könnte ich unter das 1. Kapitel des 9. Buches diesen Smiley setzen:

    :write


    An zwei Stellen allerdings regt sich mein Widerspruch.


    "Gute Geschichten zu erfinden ..." (AW, S.444.)


    Mich fliegt eine Geschichte regelrecht an, zumindest in ihrer Grundstruktur. So habe ich das Gefühl, die Geschichte hat mich als Autor gesucht/gewählt und nicht umgekehrt. Natürlich mache ich mir dann Gedanken über die Einzelheiten, hinterfrage die Stimmigkeit und - ganz wichtig - kontrolliere die Glaubwürdigkeit. Aber immer wieder werde ich überrascht, weil die Charaktere ihr Eigenleben haben. Mit anderen Worten, ich halte nicht nur die Zügel in der Hand, sondern bin auch manches Mal Zuschauer meiner "eigenen" Geschichte. :-]



    "... wenn der Schriftsteller seine Gestalten nicht der Natur, sondern den Büchern entnimmt. Solche Charaktere sind bloß die schwache Kopie einer Kopie, die weder die Richtigkeit noch den Geist eines Originals aufweisen kann." (AW, S.447.)


    Diese Annahme trifft mich, wie Du Dir denken kannst, Lesebiene. Und Du wärest hier auch eher gefragt, dies zu beurteilen. Für mich selbst kann ich nur sagen, dass ich es nicht so empfinde. Die Figuren, die Jane Austen geschaffen hat, sind für mich so real, so lebendig, ich sehe sie vor mir und ich höre sie. Sie können mitunter sehr laut werden, wenn sie der Ansicht sind, es wäre Zeit weiterzuschreiben ... :lache



    Ich stimme Fielding völlig zu, dass Begabung, Urteilskraft und Kenntnisse sehr wichtig sind. Und wie er, bin auch ich der Auffassung, dass diese drei nichts taugen, wenn ein Autor - wie Fielding es nennt - nicht "ein gütes Herz" und "die Fähigkeit mitzufühlen" besitzt. Empathie ist, denke ich, das Wichtigste. Nur wenn du in der Lage bist, dich in die Situation hineinzuversetzen, kannst du deine Geschichte so schreiben, dass der Leser es ebenfalls empfindet. Und wenn ein Leser sagt, ich konnte die Freude fühlen oder ich musste mir erst einmal die Tränen trocknen, dann ist das das größte Kompliment, was er dem Autor machen kann. Denn dies bedeutet, die Geschichte ist wie aus dem Leben gegriffen.


    Und zum Abschluss noch ein wunderbares Zitat von Fielding:


    "In Wahrheit vermag niemand die Verzweiflung zu schildern, die er nicht empfindet, während er sie darstellt; auch bin ich überzeugt, daß die rührendsten und ergreifendsten Szenen unter Tränen geschrieben wurden. Gleicherweise verhält sich's mit dem Lächerlichen. Ich werde meinen Leser gewiß nie herzlich lachen machen, wenn ich zuvor nicht selbst gelacht habe, es sei denn, daß ihn einmal die Neigung ankäme, statt mit mir von Herzen über mich zu lachen." (AW, S.448.)

    Den Bezug habe ich noch nicht entdeckt. Gibt es einen Bezug? :gruebel Irgendwie ist die Einleitung so allgemein zur Dichtkunst.

    Wahrscheinlich hast Du recht und es gibt keinen Bezug. Da bin ich wohl einem Irrtum erlegen. Ich habe noch einmal nachgeschaut. Es war das 1. Kapitel zum 5. Buch. Dort schreibt Fielding, die einleitenden Kapitel dienten ihm zum Kontrast. Mit anderen Worten, eine langweilige Einleitung soll die nachfolgenden Kapitel spannender erscheinen lassen. Ich habe mich von dem anschließenden: "... wo immer er langweilig werde, stecke Absicht dahinter" (AW, S.176) verleiten lassen. Dabei verwies Fielding hier auf einen Kollegen. Auch wenn er darauf meint, in diesem Lichte solle der Leser diese ersten Kapitel betrachten.


    Stellt sich nun die Frage, ob beim 8. Buch die Einleitung so extrem langwierig geraten ist, um die meiner Meinung nach ebenfalls sehr langwierige Geschichte des Mannes vom Hügel spannender erscheinen zu lassen??? Einen Kontrast vermag ich da aber nicht zu erkennen. :/


    Daher frage ich mich, ob eine Absicht hinter dieser Geschichte steckt. Womöglich keine. Doch dafür nimmt sie sehr viel Raum ein ... :gruebel Vielleicht sind wir am Ende von Tom Jones schlauer und können diese Frage beantworten. Bisher (Ich habe das 11. Buch beendet.) erschließt sich mir jedenfalls keine Absicht.


    Ich habe jetzt mal bei Wiki geschaut, früher gab es tatsächlich englische und amerikanische Meilen. Sie unterschieden sich um 3mm.

    In meinem Buch schreibt der Ubersetzer stets von engl. Meilen.

    3 mm Unterschied! :rofl


    Vermutlich ist bei meiner Übersetzung deshalb nur von der Meile die Rede.