Die kranke Mrs. Hamley ist mir vom Film noch gut in Erinnerung. Vor allem, dass man nichts über ihre Krankheit erfährt. Deshalb habe ich beim Lesen besonders darauf geachtet, ob Gaskell uns etwas über diese mysteriöse Krankheit berichtet.
Bis zum 11. Kapitel (weiter bin ich bisher nicht gekommen) gibt es nur die Hinweise, die Gaskell schreibt, als sie Mrs. Hamley in die Geschichte einführt.
Mrs. Hamley wird als zarte, elegante Londoner Dame beschrieben, die in ihrer Ehe sehr glücklich war,
"obwohl Mrs. Hamley wahrscheinlich nicht chronisch krank geworden wäre, wenn ihr Gatte sich ein wenig mehr für ihre verschiedenen Interessen hätte begeistern können oder ihr die Gesellschaft von Menschen zugestanden hätte, die sie mit ihr teilten." (Ott, S.54)
Mr. Hamley fuhr nicht mehr nach London
"und obwohl er ihr die Reise nicht verbot, zeigte er so wenig Anteilnahme, wenn sie von ihren Erlebnissen erfüllt heimkam, daß sie die Lust daran verlor." (Ott, S.54)
Dann kommt noch Mr. Hamleys fehlende Bildung, die ihn die Gesellschaft meiden lässt. Daher verzichtete Mrs. Hamley auf London und jegliche gesellschaftliche Vergnügen.
"Er liebte seine Frau um so inniger, weil sie ihm solche Opfer brachte, sie aber, der treibenden Kraft beraubt, fing an zu kränkeln - nicht Eindeutiges, sie war nur nie richtig gesund." (Ott, S.55)
Wenn es keine weiteren Hinweise gibt, könnte man behaupten, Mrs. Hamley ist seelisch verkümmert.
Ich denke eher, dass man es einfach auch oft gar nicht genau wusste...
In dem Sinne von: ein Landarzt konnte vielleicht noch feststellen, dass die Nieren nicht mehr richtig arbeiten. Das Warum dürfte ohne heutige Untersuchungsmöglichkeiten aber fast immer im Dunkeln geblieben sein. (Nur, um ein beliebiges Beispiel zu nennen. Im Text wird nichts erwähnt)
Da die Autorin ja eine Krankheit hätte erfinden können, wenn sie wollte - schließlich hat sie den Charakter erfunden - finde ich Deine Erklärung, Lorelle, sehr einleuchtend. Früher gab es nicht die vielfältigen Möglichkeiten eine Diagnose zu stellen. Die Menschen waren es wohl gewohnt, meist nicht zu wissen, woran jemand litt. Ein prominentes Beispiel ist Jane Austen. Die Diagnose ihrer tödlich verlaufenden Krankheit haben Ärzte im Nachhinein durch die Beschreibungen der Symptome zu ergründen versucht.