Beiträge von parvati

    Der 19-jährige Paul Bäumer kommt mit seinen Klassenkameraden als Freiwilliger an die Westfront und muss feststellen, dass die graue Realität des Krieges kaum etwas mit den patriotischen Parolen seiner Lehrer zu tun hat. Es ist erschütternd, in welcher Detail die Brutalität des Krieges beschrieben wird, und wie sinnlos die jungen Menschen sterben müssen...

    Meine Meinung:


    Ich muss zugeben, dass ich das Buch wegen dem sehr ansprechenden Cover gekauft habe und nun nach der Lektüre feststellen musste, dass es auch tatsaechlich das Beste an dem Buch ist.


    Positiv anzumerken ist die dichte Atmosphere in dem Buch, die Autorin versteht es, mit Liebe zum Detail Atmosphere zu schaffen, in der der Leser hineintauchen kann. Das ist aber leider auch das Einzige, was sie hervorragend kann und es ist nicht ausreichend für einen guten Roman.


    Ich habe das Buch im englischen Original gelesen und muss sagen, dass ich den Schreibstil bis auf einige altertümliche Wortbenutzungen nicht besonders fand, war deswegen überrascht über so viele gute Rezensionen über die Sprache in diesem Thread. Vielleicht hat ja die deutsche Übersetzerin eine herausragende Leistung gebracht.


    An sich finde ich den Aufbau der Geschichte sehr einfallsreich mit den Zeit- und Ortsprüngen, den kurzen Kapiteln, in denen der Leser direkt angesprochen wird und der Fülle an Charakteren, die genaue, sinnvolle Funktionen für die Entwicklung der Geschichte haben. Der Inhalt ist aber leider sehr viel schlechter ausgearbeitet. Die Charaktere bleiben sehr fade, nur ein Schatten ihrer selbst, sind sehr lieblos entwickelt. Es wird kaum auf deren Innenleben eingegangen, obwohl sie sehr interessante Hintergründe besitzen und sehr viel Potential mitbringen. Die Liebesgeschichte ist leider sehr einfallslos und wird mit extrem klischeehaften Dialogen ausgeschmückt. Der Unterschied zwischen Illusion und echter Magie, bzw. zwischen Natürlichem und Übernatürlichem wird im Buch leider nur angerissen und nicht in Tiefe behandelt, es scheint, dass der Autorin dort an echten Ideen fehlt...


    Alles in allem ein Buch mit aufregenden Ideen und großem Potential, das die Autorin leider unbenutzt laesst und sich stattdessen aus einfachen Klischees bedient. Von mir 4/10 Punkte.

    Eine meiner Lieblingsbücher:


    Die vierzig-jaehrige Ella hat eine scheinbar perfekte Ehe und scheinbar perfekte drei Kinder. Als die Geliebte ihres Mannes ihr eine Arbeitsstelle in einem Verlagshaus organisiert, taucht sie in einen Roman über den berühmten Mystiker/Dichter Rumi und entdeckt nach und nach die vierzig Geheimnisse der Liebe. Ihr Leben nach der Entdeckung der Liebe wird ein ganz anderes sein...

    Titel: Die 72. Zelle
    Autor: Orhan Kemal
    Originalsprache: Türkisch
    Originaltitel: 72. Kogus



    Inhaltsangabe:


    Es geht in dieser kurzen Novelle um das Leben in einem Gefaengnis in Istanbul in den Jahren von 1941 bis 1953. In der titelgebenden 72. Zelle wohnen die Gefangenen, die zur untersten Unterschicht gehören und durch ihre bittere Armut in unmenschlichen Zustaenden überleben. Eines Tages bekommt ein Straefling sehr unerwartet eine kleine Summe von Geld von ihrer Mutter, die aber für die dortigen Verhaeltnisse ein Vermögen bedeutet. Dieser Straefling setzt sein Geld wider Erwarten der Mitgefangenen nicht nur für sich ein, sondern für die Mitstraeflinge und die 72. Zelle, was die Verhaeltnisse im Gefaengnis vom Grund auf veraendert. Ob dieser Wohlstand der Armen lange haelt, lesen wir dann im Verlauf der Geschichte.



    Meine Meinung:


    Diese Geschichte ist sehr schlicht geschrieben, liest sich sehr einfach und schnell aber durch die schonungslos realistische Beschreibung der erschreckenden Umstaende ist sie trotzdem erschütternd. Die Dialoge werden sehr geschickt eingesetzt, und obwohl die Charaktere entsprechend ihrem Bildungsniveau sehr plump und einfach sprechen, wird die Erzaehlung dadurch nicht flach.


    Hier geht es nicht um Misshandlung oder Tortur, die man vielleicht mit Gefaengnissen in Verbindung bringt, sondern um Armut, die zum größten Teil dem zweiten Weltkrieg geschuldet ist. Es wird beschrieben, wie diese Gefangenen in der unvorstellbaren Armut ihre Menschlichkeit verlieren und zum Teil wieder gewinnen, die aber nur auf der Oberflaeche bleibt. Man sieht, dass die Moral dort aufhört, wo der Überlebenskampf beginnt.


    Es werden eine Reihe von Charaktere kurz dargestellt, trotz der kurzen Darstellung sind sie sehr gut durchdachte, vielschichtige, echte Persönlichkeiten. Das Schicksal des Protagonisten ist besonders rührend und man kann nach der Beendigung der Lektüre nicht aufhören, darüber nachzudenken.


    Es ist eine kurze, scheinbar schlichte Geschichte mit vielschichtigen Bedeutungen und realistischen Beschreibungen. Mich hat sie sehr begeistert und berührt.

    Heute angefangen: es geht um einen magischen Nachtzirkus mit fantastischen Zelten, die alle Zuschauer begeistert. In dem Zirkus sind zwei konkurrierende Magier, die ihre Kinder darauf vorbereiten, Erzfeinde zu werden und ihren Wettbewerb weiter fortzuführen. Die Kinder aber verlieben sich ineinander, was die Lage erheblich kompliziert...

    Meine Meinung:


    Ich habe gespannt auf ein neues Buch von Juli Zeh gewartet und dementsprechend hoch waren meine Erwartungen, die vielleicht deswegen mit diesem Roman enttaeuscht wurden. Die Autorin konstruiert hier ein idyllisches Dorf mit unterschiedlichsten Charakteren und geht detalliert auf ihre Hintergrundgeschichten ein. Der Roman gewinnt dadurch eine beachtliche Laenge, unglücklicherweise wird sie dadurch aber nicht unbedingt tiefgründiger oder einfallsreicher sonder aehnelt eher einer Fernsehserie, hat mich bisschen an Desperate Housewives erinnert, was für mich eher negativ behaftet ist. Daran sind mit Sicherheit die erheblich karikaturisierten Charaktere schuld, zu denen ich kaum Zugang gefunden habe.


    Mit der Vielzahl parallelen Geschichten und Nebenhandlungen will die Autorin anscheinend immer wieder denselben Grundgedanken vor Augen führen, was ihr zwar auch gelingt, aber ich finde es schade, dass sie es nicht praegnanter und kürzer rüberbringen kann und stattdessen den Roman in vielen Nebenschauplaetzen ausufern laesst.


    Ich habe waehrend der Lektüre der früheren Romane der Autorin immer geglaubt, dass Juli Zeh ihre wahre Erzaehlkraft finden wird, wenn sie eine schlichte Sprache benutzt, weil sie eine tolle Geschichtenerzaehlerin ist. In diesem Roman ist ihre Sprache leider nicht nur schlicht, sondern auch einfach flach und teilweise plump. Das Buch hat sich zwar sehr schnell und einfach lesen lassen aber es hat mir im sprachlich-literarischen Sinne auch keine besondere Freude bereitet.


    Obwohl ich nun so viele negative Aspekte aufgelistet habe, fand ich den Roman insgesamt nicht schlecht. Besonders hat mir die teilweise subtile, teilweise sehr direkte und rigorose Gesellschaftskritik gefallen, die Juli Zeh ohnehin fabelhaft beherrscht und hier großartig in ihren Roman einwebt. Besonders gegen Ende des Romans hat es mich begeistert, wie hervorragend die Autorin den Zeitgeist erfasst und von allen Seiten schonungslos bloßstellt, und wie sie die 90er-Jahre-Generation sehr zutreffend beschreibt.


    Für mich ein eher durchwachsenes Leseerlebnis, von mir 6/10 Punkte.

    "Seiner Erfahrung nach wurden die schlimmsten Übel auf der Welt nicht durch böse Menschen bewirkt. Von denen gab es in Wahrheit erstaunlich wenige. Viel gefährlicher waren Leute, die sich im Recht glaubten. Sie waren ungeheuer zahlreich, und sie kannten keine Gnade."