Erzähl mir von den weißen Blüten
Jan Winter, 2009
Marion von Schröder, ISBN: 978-3547711509
Jan Winter, der mit seiner ebenfalls schreibenden Frau durch Asien gereist ist, hat mit "Erzähl mir von den weißen Blüten" eine Liebes- und Reisegeschichte geschrieben, die nicht überzeugt.
Leider ist die Geschichte um den erfolgreichen Maler Paul Handewitt, der über den Verlust seiner großen Liebe Giulia nicht hinwegkommt, deshalb nicht mit der in Malaysia lebenden Chinesin Julie glücklich werden kann und dann auch noch die Giovanna, eine Verwandte Giulias trifft, überfüllt mit Stereotypen und überaus vorhersehbar - vom Klischee-Italiener Luca über den zurückgezogenen und seelisch verletzten Künstler bis hin zum pastellfarbenen Ende gibt es in der Geschichte keinerlei Originalität. Ohne unvorhersehbare Wendungen oder ernsthafte Bedrohungen des Schicksals der Liebenden, dümpelt sie ohne sonderliche Höhen und Tiefen durch die Gewässer Asiens.
Obwohl der Autor über Asienerfahrung verfügt, gelingt es ihm jedoch leider nicht, den unerfahrenen Leser in die fremden Kulturen und Länder zu versetzen, da er sehr mit Beschreibungen spart - viel mehr als eine interessante Kulisse stellen Nepal, Malaysia und Burma trotz der ausführlichen Reisen des Protagonisten leider nicht dar. Viel zu blass bleiben die Umgebung, die Gebäude und die Landschaft, lediglich die Begegnungen mit Personen, die teilweise tatsächlichen Begegnungen des Autors nachempfunden sind, tragen ein wenig Atmosphäre bei. Die in Europa spielenden Handlungsteile sind im Vergleich sehr viel überzeugender und visueller geraten.
Die Hauptpersonen, die zwar im späteren Teil des Romans an Tiefe gewinnen, agieren bisweilen ein wenig unglaubwürdig und die Einblicke in ihr Inneres sind wenig aussagekräftig oder werden nachgeschoben. Hätte Julie nicht Paul darauf angesprochen, dass er immer noch an Giulia hängt, ich hätte es nicht gemerkt. Wie auch, da sie auf den vorherigen knapp siebzig Seiten zwischen Paul und Julie keinerlei Rolle spielte.
Veränderungen, die sich in den Personen vollziehen, sind im Prinzip nachvollziehbar, einzig ihre Darstellung gelingt nicht immer. Allen voran der zentrale Konflikt: Pauls Versuch, über Giulias Liebe hinwegzukommen, der verwässert wird und am Ende in eine als überaus theatralisch angelegten, aber unglaubwürdigen Szene mündet.
Insgesamt bleiben die Hauptpersonen nicht mehr als handelnde Figuren, die man interessiert, aber nicht gebannt verfolgt - Paul, der sein Leben nicht im Griff hat, und dem man das ein ums andere Mal von seiner nächsten Unbedachtheit abhalten möchte; Julie, die stolze Asiatin, die mit ihrer Reaktion gegenüber Paul und Giovanna die stärkste Szene im ganzen Roman für sich gewinnt, und Giovanna, die verwöhnt-naive Venezianerin, die die einzige glaubhafte Veränderung durchmacht - sie sind in ihrem Tun und Lassen eigentlich alle zu sehr in das Korsett der simplen Liebesgeschichte gezwängt, die sie voranbringen müssen. Die Glaubwürdigkeit und das Potenzial der Figuren unterwerfen sich der angedachten Story.
Fast nüchtern ist der Tonfall in dem erzählt wird, in einer Raffung kann es schon vorkommen, das ein-zwei Todesfälle mal in einem Absatz abgehandelt werden, viel - auch Wichtiges - wird sehr schnell abgearbeitet, nicht nur die Reisebeschreibungen, große Emotionen erzeugt keine der Schlüsselszenen.
Es ist schade, dass gerade die Personen, die etwas Abwechslung ins seichte Einerlei gebracht haben, nur Nebenfiguren sind. Die gutherzige Anna, die verbitterte Carla, der amüsante Klischee-Italiener - oder gar das Familiengeheimnis, das sich noch dazu als recht unspektakulär erwies, waren leider nur Randerscheinungen. Ebenso wie die Szenen in denen Jan Winter zu Höchstform aufläuft, nämlich immer dann, wenn es bissig wurde, in "Erzähl mir von den weißen Blüten" höchst spärlich sind.
Bis auf jene Szenen, gleicht die Sprache dem Inhalt, plätschernder Stil mit Ausflügen ins Klischee ohne herausragende Momente, der sich leicht weglesen lässt. Ab und an mal ein paar kleine sprachliche Stolpersteinchen, meistens aber recht flüssig distanziert, spärlich, nüchtern und immer dann ein wenig schwächelnd, wenn es um aufgewühlte Innengedanken geht, passt er nicht ganz zu dem, was man bei einer Liebesgeschichte erwartet, er lässt kaum emotionelle Bindung zu.
Insgesamt ist das Buch eine leichte Lektüre, eine simple Liebesgeschichte vor einer asiatischen Kulisse, die trotz Schilderungen aus dem Kulturbereich blass bleibt, und weder besonders aufregend geschrieben noch von tiefgehendem Inhalt ist. Für eine leichte Lektüre in der Frühlingssonne reicht es noch, wirklich zu überzeugen oder zu fesseln vermag das Buch mit dem schönen Titel nicht.
5/10 Punkten
barti