Beiträge von Joan Weng

    Also aus der Schule geplaudert, das mit der Bleibtreustraße liegt an den Lektoren - die raten einem immer dazu, die Charlottenburger Lokalitäten doch da zu verorten, weil die Straße so bekannt ist , dass auch nicht Berliner wissen, die liegt in Charlottenburg (vermutlich weil seit Generationen Lektoren Autoren zu diesem Schritt raten ;))

    Helene Willfuer entdeckt am Ende des Romans ein Serum ewiger Jugend, wird dadurch sehr reich und bekommt den Professor - sie hat es durch Bildung geschafft alles zu bekommen, der Prof ist nur die Kirsche auf dem Kitschkuchen ;) Helenes Schicksal ist nicht in die Wirklichkeit übertragbar und spielt auch in einer fiktiven Zukunft.


    Was mangelnde Bildung - in der Literatur - bringt sieht man an Keuns Kunstseidenem Mädchen, das ausruft "Gott, mach mir eine Bildung, den Rest mach ich mir selbst mit Schminke!" Gott erhört sie - wen wundert's - nicht und am Ende lebt sie auf der Straße, obwohl sie im Laufe des Romans mehrfach die Möglichkeit gehabt hätte, eine andere Zukunft zu bekommen, wenn sie nur durch Bildung eine klarere Weltsicht hätte.

    Lag die Entscheidung, die Analyse vorwiegend anhand der Klassiker vorzunehmen bei Dir oder bei der Betreuung?


    Gibt es überhaupt schon genauere Auseinandersetzungen zu der leichteren Literatur oder Frauenliteratur dieser Zeit?


    Den Einbezug von Stefan Zweig (Marie Antoinette) verstehe ich nicht ganz, da hier ja eine andere Epoche den Hintergrund bildet und die Frauenfigur aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht stammt. Ich möchte aber keineswegs absprechen, dass Marie Antoinette als Ware gedient hat, denn in der Heiratspolitik Felix Austria nube war sie als Tochter von Maria Theresia nämlich nichts anderes, wobei die Mutter selbst Frau die Verkäuferin war.

    Der Schwerpunkt auf den Klassikern hat sich im Laufe der Arbeit aus verschiedene Faktoren ergeben 1) und wichtigstens: Die Trivialliteraturtitel - wie Selinkos "Ich war ein hässliches Mädchen", Vicky Baums "Paris Platz 13" oder Lili Grüns Werke - ähnelten sich in den Motiven sehr stark und waren daher in der Häufung für die Arbeit unerheblich. Ich habe deshalb Baums "Pariser Platz 13" als beispielhaftes Werk genommen und nehme nur an ausgewählten Stellen Bezug auf andere Titel des Genres 2) Durch eine Festlegung auf Titel der Trivialliterartur hätte sich ein verzerrtes Bild ergeben, da gerade auch die Intelligentia sich sehr mit dem Thema beschäftigt hat und 3) gab es kaum nennenswerte männliche Autoren, die in trivialliterarischen Werken das Schönheitsideal besprochen haben - summa summarum hätte sich durch eine Schwerpunktverschiebung einfach eine andere Arbeit ergeben, als die, die ich machen wollte.


    Soweit ich weiß, sind mehrere Promotionen zu der Thematik "Weibliches Schreiben in der WR" in der Mache, wie weit sie sind, weiß ich allerdings nicht - do Promotionen ziehen sich ja gern mal. Eine zum Thema "Männlicher Blick auf weibliche Kriminelle in der Literatur der WR" ist gerade in den letzten Zügen :)


    Ich habe Zweigs historische Romane deshalb ausgewählt, weil er sie sehr stark mit einem männlichen Blick der Zeit verfasst hat und seine Werke ja auch als Beitrag zur politischen, gesellschaftlichen Situation verstanden sehen wollte. Dasselbe gilt für Feuchtwangers die hässliche Herzogin, da sind wir ja auch im historischen Bereich.

    Wenn man bedenkt, dass Haber 1919 den Nobelpreis ohne größeren Aufschrei gekriegt hat, wirft das schon ein sehr bezeichnendes Licht - auch auf die internationale - Einstellung zum Gaskrieg. Furchtbar! Ich war mal auf einem Vortrag zu ihm und das war sehr faszinierend, weil er eben gleichzeitig auf menschlicher Ebene sehr freundlich und auch fürsorglich für seine Studenten gewesen sein muss - solang die Leistung stimmte. Das hab ich versucht, ein bisschen auch an Willis Werdegang oder Scheitern zu zeigen.

    Frau, Clara Haber geb. Immerwahr. Gerade letztere - stand sie eigentlich Vorbild für die Frauenfigur bei Vicky Baum, die studierte Chemikerin?

    Nein, da gibt es leider keine Überschneidung Helene Willfuer ist durch und durch ein Fantasieprodukt -bis zum honigsüßen Ende in den Armen ihres Professors...


    Ich bin selbst mehr zufällig auf Clara Immerwahr gestoßen, aber mich lässt sie und ihr Schicksal auch nicht mehr recht los. Ich hof ja, dass nach 2 Frau Einstein Romanen diesen Sommer uns der nächste vielleicht zwei Clara Immerwahr Romane von ähnlicher Qualität liefert.

    Literatur der Weimarer Republik heißt rein literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung oder sprachwissenschaftliche Analyse der Literatur der Weimarer Republik?

    Im Grund eine literaturwissenschaftliche Motivanalyse zum Thema "Frauenschönheit" basierend auf der Theorie, dass Schönheit in den 20er Jahre erstmals für jede/n käuflich zu erwerben ist, woraus sich dann besonders bei Vicki Baum (Pariser Platz 13), Irmgard Keun (Das kunstseidene Mädchen) und Stefan Zweig (Marie Antoinette) ein Warencharakter der Frau ergibt, der allein mit dem Mittel der Bildung (Vicki Baum "stud chem. Helene Wilfuer") zu umgehen ist - da wären wir dann auch wieder dabei, dass Frauen seichte Bücher lesen (müssen), weil ihnen die Bildung für anspruchsvollere fehlt und es keine weiblichen Autoren gibt, etc.. Die Beispiele die Vicky anführt - der Kükentisch im Romanischen - sind historisch.

    Das bringt mich auf Deine Diss über die Literatur der Weimarer Republik zurück.

    Beschäftigst Du Dich in dieser eben mit der von Vicky so bevorzugten Frauenliteratur? Und sind da Fragestellungen wie sie Vicky auf S. 108 aufwirft: Wo sind die weiblichen Autoren? Wo sind die weiblichen Kritiker? Ist es nicht scheinheilig, Frauen vorzuwerfen, dass sie nur eichte Literatur lesen, wenn aber ernstzunehmende und kritische Autorinnen fehlen?

    Jein, mein Thema ist die weibliche Schönheit in der Literatur der Weimarer Republik gewesen, Schönheit und Mode als Weg zur Emanzipation. Ich hab mich zwar auch mit Triviallitertur beschäftigt - Vicki Baum, Feutchtwanger - aber der Schwerpunkt lag mehr auf den "Klassikern" der Zeit Roth, Remarque, Zweig, Tergit, etc.



    War das so bewusst geplant, die beiden in diesem Buch unterzubringen? Oder kommt Vicky in den anderen beiden Büchern schon mal vor?

    Also keine Trilogie oder auch keine Reihe, es wirkt eher wie ein groß angelegtes Sittengemälde dieser Zeit. War das so beabsichtigt oder hat sich das jetzt eher so nach und nach ergeben?

    Vicky tritt in den Krimis als Willis Frau auf und die männliche Hauptfigur im "Café unter den Linden" ist Willi Genzers Hauptmann, weshalb sie da an verschiedenen Stellen erwähnt wird und einmal auch kurz auftritt - ihr Bruder Bambi spielt auch eine entscheidende Rolle, obwohl er im Buch nicht persönlich in Erscheinung tritt.


    Es ist von Anfang an als Sittengemälde gedacht gewesen, wobei der Schwerpunkt auf dem künstlerischen Leben liegt.