Beiträge von Dorit David

    Alan Bennett - Cosi fan tutte



    Eine Art Rezension, die ich im Stile des Autors versucht habe zu schreiben - oder: warum ich dieses Buch dann schließlich doch gelesen habe … 😎 in diesem Text bin ich ( wer es noch nicht weiß, Mrs. David 😉):



    Mrs. David erhielt zu ihrem 53. Geburtstag als Geschenk von einer guten Freundin, ein schwarzrotes, dünnes Bändchen mit 90 Seiten, welches den Titel Cosi fan tutte trug und aus der Feder eines gewissen Alan Bennett stammte. Beides sagte Mrs. David nichts, wobei sie natürlich log, denn Cosi fan tutte sah sie in jungen Jahren ein einziges Mal in Rotterdam, ohne jedoch damals zu verstehen, worum es eigentlich ging, aber nicht ohne Genuss, was die Stimmgewalt und die außerordentliche Verspieltheit der Inszenierung anging – aber das nur nebenbei.



    Neugierig, wie es ihre Natur zu sein pflegte, nahm sie den schmalen 90Seiter zu Hand und begann sich in die Lektüre zu vertiefen. Allein, das ist schon wieder eine maßlose Übertreibung, denn Mrs. David fand gar keine Tiefe vor, ja noch nicht einmal eine Tür oder einen Gang, geschweige denn einen Hinweis darauf, die sie dahingehend zu nutzen verstünde, hinabzusteigen, dorthin, wo sie eine solche zu finden gedachte.

    Statt der Tiefe begegnete ihr auf den ersten Seiten eine merkwürdige und gestelzt inszenierte Beschreibung eines Ehepaares (Ransomes), das in den leeren Räumen seiner Wohnung herumstand, in welche just während ihres Opernbesuches (natürlich Cosi fan tutte) eingebrochen worden war.

    Auf den nachfolgenden Seiten wunderte sich Mrs. David über die Dialoge, an die sie, (bitte verzeihen Sie den vulgär versimpelnden Ausdruck) „anzudocken“ nicht im Stande war. Auf der Rückseite des besagten Buches las sie von „herausragenden britischen Humor“, von „profiliertester Stimme“ und von „zeitgenössische Kunst“ (der neunziger Jahre).

    „Nun gut“, dachte sie, nicht jede Lektüre muss bis zu ihrem bitterem Ende genossen werden, und so beschloss sie die hochgelobte Literatur eine kleine Weile beiseite zu legen. Dies jedoch löste über die Tage, die das Büchlein sein staubiges Dasein unter ihrem Bette verbrachte, unweigerlich schlechte Laune in ihr aus, was wiederum der Grund war, weshalb sie es mit in die Einöde nahm.

    Jedes Jahr beging sie den Jahreswechsel fern ab aller Zivilisation mit ihrem Mann Mr. David in einer ausschließlich mit einem Holzofen zu beheizenden Holzhütte ohne fließend Wasser.

    Sie war fest entschlossen, der Lektüre eine zweite Chance einzuräumen, zumal einer ihrer längsten und engsten Freundinnen ihr genau jenes Exemplar ja zum Geburtstag hatte zukommen lassen.

    Was sollte sie ihr antworten, würde sie sie fragen, wie es ihr gefallen hätte, ohne unhöflich zu sein? Noch ungebührlicher wäre es gewesen (obschon ihr die Frage auf der Zunge brannte) ihre Freundin danach zu fragen, warum ausgerechnet sie ihr so ein Geschenk machte… Diese Frage zu stellen, war aber gleichermaßen indiskret wie peinlich, denn sie wusste, dass ihre langjährige Freundin einen Lesezirkel unterhielt, der einmal im Monat von drei Damen ihres Alters ausgerichtet wurde, und bei welchem man sich mit wechselnder Lektüre zu dieser oder jener LeseEmpfehlung hinreißen ließ. Sicher war auch ihr Bändchen eines dieser Empfehlungen.

    Aber warum sie? Warum dieses? Nichts in der beschriebenen Szenerie überschnitt sich mit Mrs. Davids Vorlieben, LebensUmständen, Ansichten, und weder im Stil noch im Inhalt, noch in jedweder möglichen Gemeinsamkeit der handelnden Personen fand Mrs. David einen Anknüpfungspunkt. Es war in seiner Gestelztheit noch nicht einmal lustig. Der so genannte britische Humor war ein sperriger, toter Fremdkörper. Mehr nicht.

    Mrs. David war darüber untröstlich.

    Mr. David hingegen ist in diesen Ausführungen noch nicht vorgekommen, und doch spielt er an genau diesem Punkt eine entscheidende Rolle. In ihrer Not erzählte Mrs. David ihrem Manne von ihrer inneren Zerrissenheit ausgelöst durch die unvereinbar erscheinenden Pole ihres Dilemmas: auf der einen Seite ihre gute Freundin – auf der anderen diese unverdauliche sie zutiefst langweilende Lektüre in Form eines von Herzen kommenden Geschenkes.

    „Würdest du es einmal anlesen?“, bat sie Mr. David inständig „und mir mitteilen, ob ich mit meinem Eindruck auf dein Verständnis hoffen darf?“

    „Nun ja“, erwiderte Mr. David gleichmütig, „ich glaube schon, dass ich das kann, aber…“ Er schob sich seine Kopfhörer von der Stirn, die er vergessen hatte zum 5:00 Uhr Tee abzusetzen, (da er zwischen 15 und 16:00 Uhr seiner Rockmusik frönte)

    „… Aber ist hier wirklich das Lesen das Problem? “

    Mrs. David verstand ihn nicht gleich. Als sie jedoch beobachtete, wie liebevoll er seine Kopfhörer beiseite legte und wie andächtig er den Laptop mit seiner sich schließenden MusikListe herunterfuhr, durchschoss sie die Erkenntnis wie der grandiose Auftakt eines erhellenden Musikstückes.

    Sie hatte den Zugang die ganze Zeit auf der falschen Seite gesucht! Das Türchen, der Tunnel, der Weg zu diesem Werk erschloss sich vermutlich nicht über die Augen. Schon der Gedanke an die drei Damen des LeseZirkels hätte sie aufhorchen lassen müssen! In einem Lesezirkel las man laut, oder besser gesagt: sich vor. Man hörte, lauschte, folgte der Stimme, ließ sich auf die Höhen und Tiefen, dass Auf und Ab der Sprachmelodie ein, man legte sich in das Bett des Klanges aus Vokalen, sprang und hüpfte gemeinsam mit der Vorleserin über Konsonanten, stolperte Hand in Hand über die UnTiefen und Treppen der Schachtelsätze, um am Ende erleichtert (oft Schweiß gebadet) voller Genuss und tiefer Befriedigung mit abgesenkten Stimme einen satten Punkt zu setzen.

    Das Rätsel war gelöst.

    Den englischen Humor musste man also hören.

    Auf dem Papier blieb er flach. Erst in der Dreidimensionalität des Klanges erhob er sich zu wahrer Größe.

    Und so nahm Mr. David das Bändchen zu Hand und las mit salbungsvoller Hingabe über das englische Mittelklasse Ehepaar mit dem seltsamen Namen, bei dessen Aussprache Mr. David das Gefühl nicht los wurde, einen Rollmops statt einer Zunge im Mund bändigen zu müssen. Er las von einer ausgeraubten Wohnung, von bis auf die Toilettenbürste und die Teebeutel, ja sogar den Braten im Ofen, bestohlenen EheLeute, die ihr Leben in den leeren Räumen fortsetzen, und so absurd dabei Worte miteinander wechselten, als wären sie nicht alle ihres Hab und Gutes beraubt worden, sondern lediglich eine Unhöflichkeit zum Opfer gefallen.

    Einzig die mangelhafte Pflege seines Schnurrbartes, die aufgrund der fehlenden Tinktur nicht mehr möglich war, schien das größte Problem des amtierenden Hausherren (Mr. Ransome) zu sein.

    Mr. David saß zufrieden vorlesend in seinem Swinger, den er sich vor den lodernden Ofen geschoben hatte und fühlte sich inmitten der englischen Eigennamen und Schachtelsätze so wohl wie auf einer „extra für ihn gestalteten Insel“. Mrs. David lag mit ihrem Fünf-Uhr-Tee auf der karierten Wolldecke daneben – wunderbar bequem, denn sie hatte sich das Nackenkissen ihres Mannes in die Lenden geschoben. Im Gegensatz zu den alten feuchten Daunenkissen waren sie gut für ihren Rücken. Da sie bereits einige Male laut gelacht hatte, war vermutlich der so genannte englische Humor etwas tiefer in sie eingedrungen, als sie vermutet hatte, und da Mr. David das Vorlesen streng auf zehn Seiten limitierte, erwuchs In Mrs. Davids Herzen eine gewisse Vorfreude, wenn nicht sogar eine Gier auf die nachfolgenden Kapitel, die sich mit jedem Nachmittage mehr zu einer literaturbezogenen Lüsternheit steigern sollte. Ihren genussvollen Höhepunkt erreichte die oral–englische Sprachorgie in der Beschreibung wie Mrs. und Mister Ransome sich in die Anhörung einer Kassette (neunziger Jahre) vertiefen, auf welcher ein Beischlaf mitgeschnitten worden war. (Nicht der ihrige, denn der existierte im gegenwärtigen Leben des literarischen Ehepaar es nicht)

    Die Beschreibung und die Vorlesung dieses fremden BeiSchlafs als akustisches Moment lösten bei Mrs. David einen derartigen Lachanfall aus, der ihre ursprüngliche Behauptung - der englische Humor wäre nichts für sie - Lügen strafte. Als Mr. David das schwarz-rote Bändchen zuklappte huschte ein leises Bedauern über Mrs. Davids Gesichtszüge und sie schloss mit den Worten: „…es könnte sein, dass da jemand einen merkwürdigen Sinn für Humor hat…“

    „So steht es jedenfalls auf Seite 45 geschrieben“, erwiderte Mr. David, während das Eis im Brunnen vor dem Hause einfror und der kleine deutsche Holzofen leise vor sich hinbullerte.



    LeseEmpfehlung : laut. 👍🏼

    Liebe BücherEulen,
    insbesondere diejenigen, die ich während der LeseRunde kennen lernen durfte. Erinnert ihr euch an unser kleines Zoomtreffen? Katharina aus Schweden war auch dabei,und ihr hattet uns gebeten, falls es ein Hörbuch geben sollte, dass wir euch informieren sollten.

    Nun ist es tatsächlich Realität geworden. ☺️
    Es gibt meinen Roman jetzt unter folgender Adresse auf die Ohren:

    http://die-gehörgäng.de/querverlag

    Im Moment auch nur dort. Das ändert sich nach ein paar Monaten.

    Katharina hat eine wunderbare Stimme und ganz besonders auch für diese Geschichte. Ich bin sehr froh darüber. Wir sind übrigens beide ausgebildete und staatlich geprüfte 👁🔴👁Clowninnen, und nun hat uns der ZuFall in diesem literarischen Projekt neu zusammen geführt.

    Viel Vergnügen! :popcorn


    Unter ihren Augen

    1922 – Zeit des Aufbruchs. Begeistert befreit sich auch die 16-jährige Lieselotte von alten, moralischen Verkrustungen. Tanzend. Etliche Frauen verdienen ihr Geld selbst und vor allem ohne Mann. Ein Umstand, den das ehrgeizige Mädchen ohnehin nicht vermisst. Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung sind die Zauberworte ihrer Zeit. Dass sie „ernsthaft lila“ sein könnte, darauf kommt Lotte nicht mal im Traum. Wie ein Gestirn am Himmel erscheint ihr da Berta Habenicht, und Lotte umkreist die Lehrerin seit dem Moment, als sie deren Schule betritt. Nur wenige Augenblicke später gehört sie bereits zu den Elevinnen, denn auch Berta hat ein Auge auf sie geworfen. Die Sterne stehen günstig in der jungen Weimarer Republik; Lottes einziger Traum ist das Turnen und Tanzen! Dass die junge Frau jahrelang ihre Sexualität verdrängt, bemerken alle, nur Lotte selbst nicht, und dass Berta in einer lesbischen Beziehung lebt, führt sie beide in einen gefährlichen Strudel aus Konkurrenz, Verleumdung und Verrat. Nicht ungefährlich in einer Zeit des Übergangs zur Diktatur.

    ...ja, das war ein netter Abend mit euch. Und wegen der Rezension: sie darf ruhig kritisch klingen. Auf Amazon ist das ein Echtheitszertifikat.

    Viele Grüße an euch, habt schöne Tage...

    Ellemir ...vielen Dank für deine Rückmeldung. 😀Wenn du magst, kannst du heute Abend auch noch per Zoom dazustoßen, wir plaudern in gemütlicher Runde ein wenig über das Buch und dessen Hintergründe. Ich zeige hist. Fotos. Wenn es dich interessiert und du Zeit hast, Sende mir dazu bitte noch eine E-Mail an doritdavid(at)web.de

    Liebe Eulen, es haben sich vier von euch zurückgemeldet, die ein Interesse an so einem Treffen haben. Wenn tatsächlich alle vier dabei sein könnten, würde ich es machen. Ich müsste etwas dazu vorbereiten, damit ich das, was ich euch zeigen will, auch auf der PC-Oberfläche habe. Ich würde den 25. März 19:00 Uhr vorschlagen. Viele Grüße sendet euch Dorit

    Zitat

    Regenfisch

    Buchtitel und Cover sind ausgesprochen gut gelungen. Durftest du den Titel aussuchen?

    Ja den Titel hatte ich als Arbeitstitel im Angebot und er wurde auch genommen. Zuerst wird ja immer geschaut ob der Titel irgendwo vergeben ist. Das war er nicht und so hatte ich Glück. Auch das Cover Bild durfte ich aus einem online Archiv auswählen und es wurden dann die AbblildungsRechte dafür gekauft.

    Ich würde mich sehr, sehr freuen, wenn die eine oder andere vielleicht ihre tolle Rezensionen bei Amazon oder evtl. bei Lovelybooks posten würde. Es würde sicherlich helfen, die Geschichte und das Buch ein bisschen bekannter zu machen...vielen Dank 🙂