Beiträge von Marie Lacrosse

    ihr Lieben,

    da die meisten von euch ja jetzt mit dem Lesen des Buches durch sind, möchte ich mich aus der Leserunde verabschieden. Ich bedanke mich für eure engagierte Mitarbeit, die auch einmal kontroverse Diskussionen möglich machte.

    Die verschiedenen Ansichten über einzelne Aspekte im letzten Teil des Buches haben mir noch einmal die Möglichkeit gegeben, sowohl inhaltlich als auch historisch zu beschreiben, was hinter welchem Aspekt steckt. Um ehrlich zu sein, verändern würde ich dadurch nichts an den Inhalten und der Dramaturgie. Aber es war sehr interessant für mich, einmal zu hören bzw. zu lesen, welche Wirkungen möglich sind, an die ich natürlich nie von selbst gedacht hätte. Insbesondere war ich sehr stolz darauf, die Fortsetzung der Beziehung zwischen Sophie und Richard im Epilog nur grob zu skizzieren, anstatt (eben wie in der Weingut-Trilogie) den Beziehungsstatus auch dann ausführlicher zu beschreiben, wenn sich die beiden endlich gefunden haben.

    Ich persönlich hätte es also langweilig gefunden, das zu tun. Die wichtigste Erkenntnis für mich aus all euren Beiträgen war daher tatsächlich, dass ihr euch ein romantischeres Ende gewünscht hättet.

    Nun, in meinem nächsten Projekt, auf das ich euch schon einmal neugierig mache, geht es nicht mehr um lange verhinderte Beziehungen zwischen Liebenden. Wahrscheinlich ganz instinktiv habe ich den Plot diesbezüglich dramaturgisch ganz anders aufgebaut. Es wird sicherlich ein gutes Jahr dauern, bis ihr lesen könnt, woran ich jetzt schreibe, und ich bin jetzt schon ganz gespannt darauf, welche Wirkungen ich erneut erziele, an die ich selbst gar nicht denke.

    Liebe Grüße und nochmals herzlichen Dank

    eure Marita ( Marie Lacrosse):wave:wave:wave

    Ich habe mich ständig gefragt, wozu der Brief noch gut sein wird, denn es wird ja immer wieder erwähnt, dass er nochmal wichtig sein wird. Am Ende wird die Scheidung deswegen bewilligt. Danke Mary! So konnte sie immerhin über ihren Tod hinaus ihre Freundin noch unterstützen.

    das war tatsächlich von Anfang an so geplant. Aber ursprünglich hätte die Majoratsherrschaft Richards die Voraussetzung dafür sein müssen.

    Ich habe ja an anderer Stelle beschrieben, warum ich das dann dramaturgisch anders gestaltet habe.

    Nein, daran hatte ich überhaupt nicht gedacht. Es war die von mir oben erwähnte Stelle - "Nerven bis zum Zerreißen gespannt und Pause, erst mal ein anderes Thema" - so etwa habe ich mich gefühlt.

    O. k., das akzeptiere ich. Wie an anderer Stelle ja auch schon irgendwo erwähnt, sind auch echte Cliffhänger ein dramaturgisches Stilmittel, das dem einen besser, dem anderen schlechter gefällt.

    Dies wurde im Nachhinein (nach den Sabotageakten) erwähnt, als schon stattgefunden,

    nach meiner Erinnerung gibt es ein klärendes Gespräch zwischen Toni und Sophie, wo Toni Sophie zunächst nachgibt. Unmittelbar wird in der Retrospektive im Anschluss erzählt, dass Toni sich danach verändert hat. Ich glaube, dass Sophie Richard das erzählt. Schau doch noch einmal nach! das ist lange vor dem Beginn der Sabotageakte.

    Dass ich später nach der Sabotage diesen Aspekt noch einmal aufgegriffen habe, ist sicher möglich. Aber dass ich ihn völlig verschwiegen habe bis zu diesem Zeitpunkt, glaube ich nicht. Sorry, dass ich nicht noch einmal nachschaue.

    Aber auch ich bin mit dem Kaffeehaus-Thema jetzt durch und arbeite an einem ganz anderen;)

    Dieser Punkt hat mich irgendwie auch ein wenig gestört. Konnte Sophies Onkel sich so sehr täuschen oder hat Toni sich einfach sehr verändert, nachdem er erfahren hat, dass er doch nicht das Kaffeehaus erben wird? Und das er am Ende dann tatsächlich Sophies Onkel verrät und sein geheimes Rezept weiter gibt... Ich weiß nicht, das war mir irgendwie fast zu viel.

    Ja, als Unternehmensberaterin mit 30 Jahren Berufserfahrung in diesem Metier habe ich es viele Male erlebt, dass genau solche Wendungen möglich sind. Ehemals beste Freunde, die sich bis aufs Messer zerstreiten, weil der eine Führungskraft wird und der andere nicht. Schwer gekränkte ältere Mitarbeiter, die ehemals sehr loyal und zuverlässig waren und es jetzt nicht verkraften können, dass Jüngere das Sagen haben. Und ich könnte noch weitere Episoden schildern.

    Aber ich mache auch immer wieder die Erfahrung, dass Leserinnen und Leser etwas als "too much" erleben, was ich in der Realität genau so erfahren habe. Und ärgere mich gleichzeitig über viele Autorinnen und Autoren, die geschönte psychologische Entwicklungen darstellen, die es, sorry, so in der Realität so gut wie nie geben würde.

    Das ist übrigens einer der Gründe, warum ich selbst mit dem Schreiben begonnen habe.

    Oh je, der Schluss ging mir tatsächlich auch zu schnell.. da hätte ich mir noch zumindest die Hochzeit der Beiden gewünscht.

    Dann gehe ich jetzt hier an dieser Stelle auf diesen Aspekt ein: Bd. 3 meiner Weingut-Trilogie beginnt mit der Hochzeit der beiden fiktiven Hauptfiguren Irene und Franz, die auch bis dahin zwangsgetrennt bleiben mussten. In der Kaffeehaus-Trilogie noch mal eine solche Hochzeit nachzustellen, hätte ich als Wiederholung empfunden.

    Abgesehen davon, dass ich das selbst nicht gewollt hätte, hätte wieder meine Lektorin Einspruch dagegen erhoben. Denn eins der wichtigsten Kriterien für einen dauerhafteren Schriftsteller-Erfolg ist eben, dass man sich nicht von Roman zu Roman wiederholt.

    Es war mir von Anfang an klar, daß das jemand aus dem Betrieb sein muß - so, wie Toni seit demGespräch mit Sophie dargestellt wurde, hatte ich ihn eigentlich so gut wie nicht mehr auf dem Radar

    Das freut mich jetzt erst einmal, denn genau darauf hatte ich es ja angelegt. Ich nehme es als Kompliment für mich.

    Allerdings wurde uns Lesern die Information vorenthalten, daß es kürzlich ein Gespräch gegeben hatte,in welchem Sophie ihm die mögliche Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit angekündigt hat, so daß er besser da stand, als er war

    diesen Satz verstehe ich allerdings nicht. Ich lese jetzt die Stellen nicht mehr genau nach, dazu fehlt mir wirklich die Zeit, aber in meiner Erinnerung ist Sophie durch die Sabotageakte dermaßen entnervt, dass sie daran denkt, ihre Geschäftsführertätigkeit aufzugeben. Hast du das gemeint? Denn das motiviert Toni ja dann zu seinem entscheidenden Sabotageakt, bei dem er dann aufliegt.

    Alfred flieg also auf - auch noch durch seine Vorsicht, das Geld nicht sofort abzuholen. Und es kommt, wie es kommen muß - er erschießt sich. Damit ist der Weg für Richardals Majoratsherr frei. Wie schon im letzten Abschnitt erwähnt, hätte das für mich nicht sein müssen. Ich denke, er wäre auch ohne den Grafentitel glücklich geworden - vielleicht sogar glücklicher.Dieser Strang war mir in mancherlei Hinsicht eigentlich zu viel, ich hätte ich durchaus nicht gebraucht.

    wie ich im Nachwort ja erwähnt habe, ist dies ein Stück der Oberst-Redl-Affäre nachgestellt. Dramaturgisch hat dies zwei Hintergründe:

    Mit irgendetwas musste ich ja auch Richard beschäftigen, während Sophie ihren Weg geht, und das musste mit der Armee zu tun haben. Irgendetwas aus den Fingern saugen konnte und wollte ich nicht und was ich über die historischen Zustände in der allgemeinen Armee fand, hatte ich ja schon für Bd. 2 verwendet. Da bot sich eben der Zyankali-Mord und diese Spionageaffäre an.

    Dass Richard am Ende Majoratsherr wird, hatte ursprünglich eine ganz andere Bedeutung: denn, wie ich ja schon an anderer Stelle ausgeführt habe, plante ich zunächst eine uneinvernehmliche Scheidung von Amalie. Wenn Richard dann nicht Herr über sich selbst gewesen wäre, hätte er Sophie niemals heiraten können, was ich ja von Anfang an so beabsichtigt hatte. Denn der Majoratsherr hatte das unbedingte Sagen in der Familie. Dass ich mich Richard seinem Vater mit der Heirat von Sophie widersetzen lasse, ist dabei historisch schon recht gewagt. Aber den wollte ich am Ende dann nicht auch noch sterben lassen.

    Mit einem Majoratsherrn, der Richards Ehe missbilligt und der aufgrund der Zeitspanne, die der Roman umfasst, ja dann am ehesten Richards Onkel gewesen wäre, der die Ehe mit Amalie mit eingefädelt hat, wäre Richard unbedingt geächtet worden, wenn er sich seinem Willen widersetzt hatte. Historisch unwahrscheinlich wäre dann auch das Druckmittel von Marys Abschiedsbrief gewesen, denn Kaiser Franz Joseph hätte sich niemals dem Wunsch eines Familienoberhaupts widersetzt.

    Es ist dir ja wahrscheinlich aufgefallen, dass daher die Tatsache, dass Richard eines Tages Majoratsherr wird, am Ende des Buches kaum eine große Rolle spielt und der Grafentitel erst recht nicht. Dies ist allerdings eine Wende, die erst über meine Recherchen zu Bd. 3 dramaturgischso eingetreten ist.

    Oh je, wie sehr Fredl ausgenutzt wird, ist kaum zu ertragen. Jemanden, der einem so zugeneigt, so zu hintergehen und auszunutzen... Da setzt bei mir der Würgreiz ein. Wirklich furchtbar! Vor allem wenn es dann noch um eine Liebe geht, die ein "Verbrechen" und allein deswegen schon gefährlich ist.

    Da beschreibst du korrekt das Wesen der Hörigkeit. Als Psychologin empfand ich es faszinierend, diesen Aspekt einmal dramaturgisch nachzustellen. Als Mensch widert mich das ebenfalls an. Denn dieses Phänomen ist ja leider Gottes alles andere als altmodisch.

    Wow, Henriettes Vermögen ist ja der Wahnsinn! Damit hätte ich nicht gerechnet und das Arthur sich daran zu schaffen gemacht hat, wundert gar nicht. Aber es freut mich sehr, dass er sich damit ins eigene Fleisch geschnitten hat, denn das durfte er nicht. Endlich gibt es einen Ausweg für Henriette. Ich muss sagen, dass ich dem Anwalt nie so ganz getraut habe, aber vielleicht hat Marie einfach den Zwiespalt gut beschrieben, dass er einer Frau helfen musste, was ihm vielleicht ein wenig unbehaglich war, aber dennoch einen guten Job machen wollte.

    Eine der größten Herausforderungen für mich war es, mich mit dem unglaublich komplizierten Ehe-und Familienrecht zum Ende des 19. Jahrhunderts in der k.u.k.-Monarchie auseinanderzusetzen.

    Denn einerseits war es sehr fortschrittlich: die Scheidung war bereits seit 1868 erlaubt, selbst der erzkatholische Kaiser Franz Joseph hatte seine Zustimmung zu diesem Gesetz gegeben, obwohl die Kirche dagegen Sturm lief. Hinzu kam, dass es anders, als zum Beispiel im Deutschen Reich, die einvernehmliche Scheidung gab, während in Deutschland nur eine einseitig schuldig geschiedene Scheidung möglich war.

    Zum Glück gab mir das österreichische Recht hier auf der einen Seite die Möglichkeit, die unglücklichen Ehen in meinem Roman ohne Riesenskandal aufzulösen (was ich beim Entwurf des Grob-Plots noch gar nicht wusste).

    Andererseits war und blieb der Mann der Herr der Familie und konnte tun, was er wollte, solange sich seine Frau nicht dagegen wehrte. Zum Glück wusste ich das noch gar nicht in Bd. 1, da ich bis dato nur Quellen in diesem Sinne fand. Sonst hätte ich so authentisch Henriettes Abhängigkeit von Arthur gar nicht beschreiben können. Und dann besuchte ich die Hermesvilla bei meiner zweiten Recherchereise und fand den Ausstellungskatalog zur "Frau im Korsett". Den habe ich mir dann zu Hause ausgeliehen und zum ersten Mal auch den divergierenden Aspekt des Familienrechts erkannt und meine diesbezüglichen Recherchen dann natürlich vertiefen können.

    Wieder einmal durch König Zufall. Nicht das erste und sicherlich auch nicht das letzte Mal! Zum Glück geht meine Goldmann-Verantwortliche solche Erkenntnisse auch dramaturgisch mit, wenn sich herausstellt, dass neue Recherchen auch zu Veränderungen des Plots führen.Dieses Glück hat keineswegs jeder Autor.:)

    Mir hat - auch ganz ehrlich - diese Reihe noch etwas besser gefallen, als die Kaffeehaustrilogie.

    Das darf selbstverständlich genauso sein und das empfinde ich auch nicht als Kritik. Insgesamt bin ich ja noch nicht so sehr lange Autorin (mein erstes Buch erschien ja erst 2014). Aber dass Geschmäcker sehr verschieden sein können, habe ich inzwischen dann doch gelernt.:)

    Es gibt auch langjährige Leserinnen und Leser, die der Auffassung sind, die Kaffeehaus-Trilogie toppt die Weingut-Trilogie. Und leider natürlich auch solche, die das ganze Adelsgedöns überhaupt nicht ab konnten.

    Nun habe ich gerade eine Leseprobe meines neuesten Projekts an meinen Verlag abgeliefert und erst einmal die wunderbare Rückmeldung bekommen, damit hätte ich mich schriftstellerisch noch einmal gesteigert. Auf diesen Lorbeeren ruhe ich mich jetzt so lange aus, bis nach der Veröffentlichung sicherlich irgendjemand sagt, die anderen Bücher haben mir aber besser gefallen.;)

    Ich habe es im letzten Abschnitt schon geschrieben, und wiederhole es an dieser Stelle: trotz meiner Kritikpunkte gehört die "Kaffeehaus-Trilogie" (die Bücher sind für mich eine Einheit) für mich mit zu den absolut besten historischen Romanen, die ich je gelesen habe. Daran gibt es nichts zu Rütteln.

    Also, erst einmal freue ich mich sehr über dein abschließendes Urteil. Denn da gab es irgendwo eine Bemerkung, dahingehend, dass nun die ganze Trilogie für dich zu kippen beginnt, der mich am letzten Sonntag wirklich getroffen hat. Vielleicht kannst du das auch nachvollziehen: ich habe fast zwei Jahre sehr hart an diesen Büchern gearbeitet. Dass du ausgerechnet (zumindest wirkte das so auf mich) die Themenfülle, auf die ich sehr stolz bin und die tatsächlich sonst überall gelobt wurde, auf eine Weise kritisiert hast, dass für mich der Eindruck entstand, der ganze Rest zählt gar nicht mehr für dich, hat mich gekränkt. Jetzt denke ich eher, es war einfach nur eine unglückliche Wortwahl.

    Das hat aber sicher auch mit meiner Dünnhäutigkeit aufgrund meiner immensen Arbeitsüberlastung in den letzten sechs Monaten zu tun. Gerade in letzten Wochen habe ich inhaltlich auf fünf Hochzeiten getanzt (mein neues Projekt, an dem ich stringent weiterschreiben muss, die Kaffeehaus-Trilogie mit zwei verschiedenen Lesungs-Versionen, die ich entworfen habe, die Weingut-Trilogie, in die ich mich ebenfalls wieder hineindenken musste, als ich eine Lesung dazu hatte, mehrere Artikel für eine Frauenzeitschrift, die dann früher benötigt worden als gedacht und last not least die Vorbereitung eines Workshops für meinen letzten Unternehmensberatungskunden). Um diese Leserunde mit zu begleiten, blieb mir nur Zeit am Wochenende, was mein bisschen Freizeit weiter reduziert hat. Und das macht dünnhäutig.

    Grundsätzlich bin ich durchaus auch für Kritik dankbar. Ich habe mich in meiner Replik auch nicht auf den wahrscheinlich echten Cliffhänger bezogen, den du gemeint hast. Ich dachte, du meinst die Schilderung von Millis Symptomen und ihrer Therapie bei Freud. Die hätte ich (ebenso wenig wie den Kriminalfall mit dem Zyankali) tatsächlich nicht hintereinander am Stück schreiben können, denn selbst wenn ich das versucht hätte, hätte es das Lektorat nicht passiert.

    Zur Personenfülle ebenfalls noch ein Wort: dies war und ist einer der Hauptkritikpunkte an der Trilogie. Er kommt zwar oft nur indirekt zum Vorschein, wenn man sich dankbar für mein Personenverzeichnis zeigt. aber manche Leute schreiben mir auch konkret, dass sie damit überfordert sind. So unterschiedlich sind also tatsächlich die Sichtweisen.

    Ihr Lieben,

    ohne mich hierbei auf bestimmte Zitate zu beziehen, möchte ich doch Stellung zu einigen Kritikpunkten nehmen. Im Grundsatz möchte ich allerdings vorausschicken, dass ich mich sehr über die positiven Einschätzungen vieler Stellen meines Romans freue.

    Trotzdem möchte ich im geschützten Rahmen dieser Leserunde und zwar bewusst, bevor ich weiterlese oder sogar eure Rezensionen kenne, folgendes einmal anmerken:

    1. zu den sogenannten Cliffhängern

    Dramaturgisch sind dies zumindest im Bd. 3 keine bewusst gesetzten Cliffhänger, sondern dienen lediglich dazu, komplexe und sich zudem über längere Zeit erstreckende Handlungsstränge nicht ununterbrochen am Stück zu beschreiben. Dies ginge zum einen gar nicht, wenn sie sich zeitlich mit weiteren Ereignissen an anderen Schauplätzen überschneiden. Zum anderen würde es sich dann um eine Art Aneinanderreihung von Kurzgeschichten handeln, auf jeden Fall würde es als dramaturgische Schwäche gelten und kein mir bekanntes Lektorat würde es akzeptieren. Trotzdem tut es mir natürlich leid, wenn sich der eine oder die andere dadurch gestört fühlen.

    2. Zu der Vielschichtigkeit der Inhalte in Bd. 3

    Tatsächlich ging es mir darum, ein relativ vollständiges Sittengemälde des ausgehenden Habsburgerreiches zu zeichnen, zumal ich der bereits häufig geäußerten Bitte, noch einen vierten Band zu schreiben, auf gar keinen Fall entsprechen werde. Allerdings sind die einzelnen, damit verbundenen Handlungsstränge bereits über acht Personen (sowohl fiktive Haupt- als auch Nebenfiguren) gestreut: Sophie, Richard, Amalie, Henriette, Arthur, Milli, Maxi und Fredl. Noch mehr Personen hierzu einzuführen, zumal es ja noch zahlreiche fiktive und historisch belegte Personen braucht, um diese Handlungsstränge zu beschreiben, wäre ebenfalls dramaturgisch ein No Go gewesen.

    Ein mir bekannter Kritikpunkt an den bisherigen Bänden eins und zwei war es nämlich bereits, dass es unheimlich viele Personen gibt, die in den Handlungen eine Rolle spielen. Manchen sogar zu viele.

    Dass diese beiden Kritikpunkte ausgerechnet zum ersten Mal hier in dieser Leserunde auftauchen, hat mich natürlich etwas traurig gemacht. Es wäre unehrlich von mir, dies nicht offen zuzugeben.

    Trotzdem bin ich dankbar dafür, denn es zeigt mir halt die Vielfalt möglicher Sichtweisen. Und ich freue mich weiterhin auch an allem, was zum Nachdenken anregt und positiv gewertet wird.

    Mit der Bitte um Verständnis für meine Offenheit

    eure Marita (Marie Lacrosse)

    Wenn er nun das Gutachten für Milli verweigert, weil die Realitätseinen Theorien widerspricht und er dies nicht offensichtlich machen will - na ja, wenn er damit glücklich wird. Wenn die Realität nicht den Vorstellungen entspricht, paßt man sie eben an selbige an.

    Freud hat nicht festgestellt, dass die Realität seien Theorien widerspricht. Er hat die Augen vor der Realität verschlossen und stattdessen seine Theorien modifiziert, weil dies seiner damaligen Praxis nützlich war.

    S. 469 liest man, daß Stephanie den Kontakt ihrer Tochter zu ihrem Vater Rudolf „schon Jahre vor Rudolfs Tod weitestgehend unterbunden hatte.“ Hm. Erzsi ist jetzt zehnJahre alt, Rudolf ist fünf Jahre tot - wenn Stephanie den Umgang also „Jahre vor Rudolfs Tod“ unterbunden hatte, muß Erszi so klein gewesen sein, daß sie kaum bis keine Erinnerungen an ihren Vaterhat.

    Spätestens, als Stefanie realisierte, dass Rudolf sie mit Gonorrhoe angesteckt hat, versuchte sie, jeden Kontakt ihrer Tochter zu ihrem Vater zu unterbinden. Rudolf hing jedoch mit ganzem Herzen an Erszi und sie an ihm. Ab und zu setzte Rudolf durch, dass er Erzsi sehen konnte, oder es ließ sich wie zu Heiligabend eben nicht ganz vermeiden. Aber nach meinen (hierzu allerdings recht oberflächlichen Recherchen), war dies insgesamt sehr selten der Fall.

    Dennoch erinnert sich Erszi laut dieser Quellen sehr wohl an ihren Vater. Das ist auch aus der kindlichen Entwicklungspsychologie bekannt. Kinder erinnern sich dabei jedoch vor allen Dingen an die emotionalen Qualitäten, weniger an reale Ereignisse, wenn sie noch so klein waren.