Leider finde ic jetzt erst die Zeit, meine Gedanken zum letzten Leseabschnitt zu formulieren...
Mir ist dieser Abschnitt ziemlich nahegegangen, weil er so ganz langsam eine Zeit berührt hat, die ich selbst schon miterlebt habe, nicht aktiv, aber mit eigenen Erinnerungen, z.B. weiß ich noch, dass ich ganz entsetzt über den Tod von Benno Ohnesorg war, wie man so als Kind entsetzt sein kann... Ich weiß noch, dass ich mit meiner Mutter darüber gesprochen habe, aber damals nicht so richtige Antworten bekommen habe - ob es an meiner Mutter lag, die eher der "Goldenen-Blatt-Fraktion" (z.B. Kleidung, Frisur und Aussehen von Farah Diba, der Frau des Schahs) zuzuordnen ist oder ob ich das ganze einfach noch nicht verstehen konnte, weiß ich natürlich jetzt nicht mehr.... Die Proteste gegen Springer, das Attentat auf Rudi Dutschke - das hat alles schon mein "Erwachsenen-Werden" begleitet. Die Kaufhaus-Brände habe ich erst später mitbekommen, bzw. dann erst als Beginn der RAF eingeordnet...
Das "Geständnis" von Gideon von Prinz hat mich versöhnlich gestimmt, aber ich habe mich etwas darüber gewundert, dass die Vorgeschichte anscheinend nicht in der Familie bekannt war, dass Jago sie auch nicht kannte - oder dass seine Mutter nichts darüber erzählt hat! Und gerade mit dieser "Vorgeschichte" warum hatte er die Bilder von Buchenwald im Flur hängen? Aber wie schon gesagt: es hat mir Jagos Vater "menschlicher" und näher gebracht. Er hatte schon bei mir einen Pluspunkt bekommen, dass er Viola als seine Enkeltochter akzeptiert, die Geschichte mit dem Namen hatte ich seinem "Standesdünkel" zugeschrieben: der Name "von Prinz" ist doch etwas wert in der Welt... (ich habe an der Stelle schmunzeln müssen, wo ihn sogar Christa bewusst benutzt, um zukünftige Kunden zu gewinnen...)
Martins Tod fand ich traurig, aber er hatte seinen Frieden geschlossen, so habe ich es zumindest empfunden, er hat seine Angelegenheiten geregelt und konnte dadurch friedlich einschlafen.
Und auch Christa hat ihren Frieden mit sich und der Welt gemacht, ich hoffe für sie, dass sie ihren weiteren Weg macht, vielleicht findet sie ja noch eine Möglichkeit, noch ein neues Thema für ihre Dissertation - aber vielleicht auch nicht, für ihr Selbstbewusstsein hat sie es jedenfalls nicht mehr nötig...
Mir hat das Buch jedenfalls sehr gut gefallen, mir hat es auch viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Ich finde, es sticht auch etwas aus den üblichen Bücher über die "Wirtschaftswunder-Geschichten", die Freiheiten der Frauen (?) in den 50-/60-Jahren heraus, da es anhand von Christa auch die Zerrissenheit dieser Frauengeneration zwischen den gesellschaftlichen Zwängen ("oh Gott, was werden die Leute sagen?") und den eigenen Wünschen, Hoffnungen, Ängsten und Bedürfnissen beschreibt. Auch sie haben sich ihre Stellung mühsam erkämpfen müssen und letztendlich profitieren wir alle noch heute davon...
Ich muss es einfach noch etwas sacken lassen, dann kann ich meine Rezension schreiben!