Darum geht’s:
Gerade als der erfolglose Anwalt Nicholas Meller die Jurastudentin Nina als Referendarin eingestellt hat, bekommt er es zum ersten Mal in seinem Berufsleben mit einem Mordfall zu tun. Die Ermittlungen der Polizei scheinen auf den ersten Blick solide, und so fällt Nicholas nichts anderes ein, als einen hypothetischen Alternativtäter zu entwickeln, der seinem Mandanten den Mord nur in die Schuhe schieben möchte. Und als Nina anfängt, tiefer zu graben, stellen sie erstaunt fest, dass diese Hypothese gar nicht mehr so weit hergeholt scheint.
So fand ich’s:
Nicholas Meller ist Anwalt mit einer eigenen Kanzlei, wurschtelt sich so durchs Leben, hat kaum Ehrgeiz oder Ziele, aber er hat das Herz am rechten Fleck – ein sympathisches Schlitzohr. Normalerweise beschäftigt sich Meller mit kleineren Vergehen und bezieht seine Klienten aus etwas zwielichten Kreisen russischer Auswanderer, denn er selbst ist ebenfalls Russlanddeutscher und als Kind nach Deutschland gekommen. Hat er mal nicht viel zu tun, zwickt ihn zwar die Geldnot, aber immerhin hat er dann genug Zeit für die Playstation, die er im Büro hat.
Seine neue Referendarin Nina hat sich seine Kanzlei ausgesucht, weil sie sich genug Ruhe erhofft, um auf ihr Examen zu lernen. Sie ist hübsch und intelligent, doch dass sie statt des rechten Armes nur einen kurzen Stummel hat, irritiert viele Menschen. Sie selbst lässt sich davon aber nicht einschränken, sondern weiß sich zu helfen. Die verschiedenen Varianten, wie Menschen mit ihrer Behinderung umgehen, werden locker in die Geschichte eingeflochten und ich fand das manchmal zum Schmunzeln, manchmal entlarvend und insgesamt eine schöne Bereicherung.
Dass ein Rechtsanwalt in die Ermittlungen eingreift und selbst Nachforschungen anstellt, um seinen Mandanten zu entlasten, ist mal eine Perspektive, die ich noch nicht oft gelesen habe. Ganz realistisch kann er dabei nicht wirklich die Polizeiaufgaben übernehmen, sondern muss sich mit der Staatsanwaltschaft arrangieren und sie überzeugen. Hier kommen die sympathische Staatsanwältin Franka Naumann und der weitaus unwilligere Hauptkommissar Rongen ins Spiel, die versuchen, Mellers Mandanten des Mordes zu überführen.
Nicholas und Nina mutieren nicht zu Superhelden, sondern bleiben realistisch, sie nehmen ihre Hypothese aber auch sehr ernst und beißen sich in den Ermittlungen fest. Die Kriminalgeschichte war spannend und obwohl sie sehr geradlinig erzählt wird, war sie weder zu einfach gehalten noch langweilig. Im Gegenteil, es gab doch ein paar Überraschungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte und zum Ende bekamen wir einen actionreichen Showdown zu lesen. Die Geschichte hatte mich von Anfang an gepackt und ohne Längen oder Durchhänger bis zum Ende nicht mehr losgslassen.
Ein absolut überzeugendes Krimi-Debüt. Wie schön, dass der Autor in der Leserunde bei der Büchereule schon einen zweiten Band für nächstes Jahr ankündigte und sogar einen dritten Teil für möglich hält. Ich bin dabei.