Ihr Lieben,
gerade fällt ein wenig Anspannung von mir ab, weil Euch mein Roman bisher offenbar gefällt
(Wer sich über die Uhrzeit wundert: Ich sitze bereits am nächsten Buch, und nachts wir der Schriftsteller an sich kreativ ...).
Beo: Was das Kriminalistische betrifft, hast Du gut erkannt, dass ich hier keine "Who done it?"-Geschichte erzählen wollte. Ja, Tobias hatte Glück - aber darum ging es ja auch nicht wirklich. "Allerliebste Schwester" ist mehr ein "Thriller im Kopf", die Geschichte erzählt von menschlichen Abgründen und Untiefen, vom Gefangensein, vom ganz persönlichen Horror und dem Wunsch, sich selbst wieder zu finden. Sartre schrieb: "Die Hölle, das sind die anderen." Das mag sein. Aber ich glaube, die Hölle sind wir leider sehr oft selbst für uns. Wir Menschen tun uns manchmal selbst so einiges an, meist unbewusst, wir fallen in Muster und Denkschemata, aus denen wir uns nur schwer befreien können. Aber eine reinen Krimi wollte und könnte ich nie schreiben, Geschichten à la "jetzt kommt der Kommissar und klärt alles auf" liegen mir nicht so und ich finde es auch viel spannender, zu hinterfragen, was Menschen zu "Tätern" werden lässt. Ganz ehrlich: Ich weiß bis heute selbst nicht ganz genau, was an diesem Bahnsteig passiert ist, ob es eine Affekthandlung, ein Mord oder ein Unglück war, aber das spielt für mich auch keine Rolle.
Tobias wird nicht bestraft. Aber es wird dem Leser überlassen, zu beurteilen, ob das Leben, das er führt, wirklich lebenswert ist.
Johanna: Tja, ist Eva wirklich krank? Und was ist mit Marlene? Ist sie tatsächlich eine krankheitsbedingte Halluzination oder vielleicht eher eine Art "Engel", der gekommen ist, um Eva zu helfen? Ich wollte mehrere Lesarten möglich machen. Wie das Buch gelesen und verstanden wird, muss jeder für sich selbst entscheiden. Was mir beim Epilog ganz wichtig war: Wir erleben die gesamte Geschichte aus Evas Sicht - erst zum Schluss erfährt der Leser, wie es Marlene in all den Jahren ging. Die nach Außen hin Glückliche, Zufriedene, die, die doch Alles hatte ... Und dass die Beziehung zwischen den Schwestern durchaus wechselseitig belastet war, es gibt kein Gut und kein Böse, es gibt nur die ganz persönliche Sicht der Dinge. Und immer zwei Seiten der Medaille ...
Schnuckerle: Ja, Marlene tritt am Ende nicht mehr auf. Warum nicht? Weil Eva geheilt ist - oder weil Marlene ihr Ziel erreicht hat? Was auch immer die Wahrheit ist, es gibt keinen Grund mehr für Marlenes Erscheinen.
In jedem Fall: Danke, Leute! Das motiviert mich sehr, den als Wiebke Lorenz neu eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen. Es war ja ein Experiment, und ich hatte keine Ahnung, ob sich irgendjemand für solche Geschichten interessieren würde. Aber Eure Reaktionen sprechen dafür 