Ein irischer Freiheitskämpfer flüchtet auf eine einsame Insel. Der einzige Mensch den er dort trifft, ist der mürrische, unnahbare Leuchtturmwächter.
Er richtet sich in seiner Hüte ein und versucht einzuschlafen. Aber dann geht es plötzlich los: aus dem Wasser kommen unzählige, blutgierige Ungeheuer, die es auf ihn abgesehen haben…
Albert Sanchez Pinol ist ein begnadeter Schriftsteller. Die Geschichte hab ich im Nu durchgelesen. Dennoch hätte ich ein paar kritische Bemerkungen.
Mich hat es am Anfang sehr gewundert, dass der Held das Auftauchen der Ungeheuer als etwas völlig selbstverständliches ansah. Er hatte zwar Angst, aber zweifelte nicht eine einzige Sekunde lang an seinen Verstand.
Der Roman ist eine Allegorie der tiefsten menschlichen Urinstinkte und die Sinnlosigkeit der Gewalt. Der Protagonist geht an seine psychischen und körperlichen Grenzen und entwickelt in extremen Situationen ungeahnte Kräfte. Wenn es um das reine Überleben geht, zählen keine Sentiments und Moral. Weil er ein Mensch ist, ergreift der Leser automatisch seine Partei, jedoch mit der Zeit werden auch die Ungeheuer immer menschlicher. Sie kämpfen auch nur ums Überleben, um ihr Land und Territorium.
Der erste Teil des Buches ähnelt einer anthropologischen Studie (der Autor hat ja auch Anthropologie studiert), allerdings unter dem Deckmantel einer gruseligen Fantasygeschichte. Es sind mir zahlreiche klischeehafte Ausdrücke wie etwa „Asiatenfleiß“ unangenehm aufgefallen. Erst ab der Seite 138 wird es richtig schön. Sehr beeindruckend fand ich die plastischen, lebendigen Darstellungen der Ungeheuer.
Kennzeichnend für diesen Roman ist eine ganze Reihe von verschiedenen Lebensweisheiten .
Folgende hat mir am besten gefallen:
„Die Antwort ist, dass der Übergang von Barbarei zu Zivilisation manchmal von so unbedeutenden Handlungen wie einer guten Rasur abhängt.“
Vielleicht sollte man den Satz Frau Roche vorlesen?
Mit dem Roman soll uns die Botschaft vermittelt werden, dass Krieg und Gewalt keine Lösung darstellen. Obwohl der Mensch auch nur ein von seinen Trieben gesteuertes Ungeheuer ist :monster, muss er gegen das Tier in sich stets ankämpfen und darf niemals das Menschsein vergessen. Wir sind ein Teil der Natur, füreinander verdammt und unzentrennbar. Das was uns am stärksten verbindet, ist die Fähigkeit, Gefühle zu empfinden. Die Liebe ist über alles erhaben. Sie beachtet keine von Menschen aufgestellten Verbote.
„Im Rausch der Stille“ ist ein außergewöhnlicher, düsterer, gewagter Roman. Die erzählerische Kunstfertigkeit von Pinol lässt sich nicht bestreiten. Allerdings ist das Thema an sich ist ziemlich „altbacken“, universell.
Ich freue mich schon auf den nächsten Roman von ihm. Vielleicht weißt er dann seine schriftstellerischen Fähigkeiten etwas besser einzusetzen.
Edit: Tippfehler korrigiert