Beiträge von Tereza

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    Original von Regenfisch
    Liebe Tereza, darf ich dich fragen, was du erwartet hast, wie Viktoria bei den Lesern ankommt?
    LG :wave


    Hm, das ist eine gute Frage. So besonders viel nachgedacht darüber habe ich beim Schreiben nicht. Ich sah Viktoria so, wie etwa Suzann sie sieht: als ein Mädchen mit einigen Macken, aber grundsätzlich positiven Eigenschaften. Als reiches, verzogenes Töchterlein hätte sie ihre Zofe Magda zum Beispiel auch drangsalieren oder gar misshandeln können, anstatt ihr Schmuck zu schenken. Sie verliert ihre erste Stellung aus Hilfsbereitschaft gegenüber Annette. Und die zweite, weil sie Chuntian verteidigt (auch wenn das nicht gerade geschickt ist, wie ich zugebe). An dem Hickhack zwischen Jinzi und ihr ist er meines Erachtens ebenso schuld wie sie. Und die langjährige Trennung hätte auch er verhindern können, wenn er auf Dewei gehört und vorher versucht hätte, mit Viktoria zu reden. Er wusste ja, dass Shen Akeu bei ihr ein Reizthema ist. Vielleicht liegt es an der Perspektive des Romans, dass hier die meisten Viktoria die Schuld zu geben scheinen. Keiner weiß genau, was Jinzi denkt.
    Sehr positiv und für die damalige Zeit ungewöhnlich ist zudem Viktorias Interesse an der Kultur und den Menschen Chinas. (Das war es übrigens, was die Blogbetreiberin unrealistisch fand - doch wenn ich euch eine Vickie serviert hätte, die auch noch über dreckige Chinks die Nase rümpft, dann hättet ihr sie mir wahrscheinlich spätestens auf Seite 200 gesteinigt. :schlaeger)


    Also ich dachte eigentlich, die meisten Leser würden Viktoria ebenfalls so sehen. Aber jeder Mensch reagiert anders, das ist völlig in Ordnung. (Und jetzt sitze ich an meinem aktuellen Buch, dass auch eine manchmal etwas zickige Heldin hat, und frage mich, was die Leser wohl aus der machen werden. :wow)


    Liebe Grüße


    Tereza

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    Original von Lese-rina



    Eine Frage hätte ich dazu an die anwesenden Autoren: Wie werden diese Bücher denn dann eigentlich verkauft? Mundpropaganda übers Internet ist ja gut und schön, doch wirklich viel bringen tut das doch auch nicht, oder?


    Kleinverlagsbücher werden hauptsächlich über das Internet verkauft, also über amazon und die ganzen anderen Online-Shops. Manchmal schaffen sie den Weg in einzelne Buchhandlungen. Grundsätzlich fallen die Verkaufszahlen meist deutlich geringer aus als bei Großverlagen, aber da es kleine Verlage gibt, die sich schon ein paar Jahrzehnte am Leben halten, kann es sooo katastrophal schlecht nicht sein.


    Viele Grüße


    Tereza

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    Original von Lese-rina


    Für Victoria ist es wahrscheinlich nach wie vor selbstverständlich, dass ein Mann für ihren Unterhalt aufkommt (wenn schon einer da ist). So sieht sie es vielleicht wirklich mehr als Almosen und weniger als faire Eigenbeteiligung. Diese Einstellung wird sie vielleicht auch Jinzi unbewusst vermitteln, der dann aus genau diesem Grund zu stolz ist, ihr Geld anzunehmen.


    Ist das jetzt verständlich, was ich meine? War es denn damals so unwahrscheinlich, dass Frauen sich um ihren eigenen Lebensunterhalt gekümmert haben?


    Ja, jetzt verstehe ich dich. Aber Viktoria ist schon klar, dass die zwei bettelarm sind. Sie hat ja auch Yazi ein Geschenk machen wollen. Jinzi ist ebenfalls klar, dass Viktoria etwas "Besseres" ist, trotz ihrer momentan recht miesen Lage. Wirklich arme Europäer gab es damals kaum in China, und die Europäer, die dort waren, fühlten sich den Chinesen meist überlegen und machten das auch deutlich.
    Ihm gefällt Viktoria und er geht davon aus, bei ihr als einfacher Gaukler, der in Teehäusern und Bordellen auftritt, keine Chancen zu haben. Daher sein mitunter sehr angriffslustiges Verhalten ihr gegenüber. Er lehnt ihre Gaben aus Stolz ab, was sie nicht verstehen kann. Deshalb zoffen sie sich die ganze Zeit.


    Frauen, die ihren Lebensunterhalt selbst verdienten, gab es im alten China durchaus, ebenso wie im Europa der damaligen Zeit. Aber es gab in beiden Kulturen auch Standesunterschiede, derer sich alle bewusst waren.


    Viele Grüße


    Tereza

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    Original von Regenfisch



    Das Unverständnis für Viktoria bleibt mir beim Lesen erhalten.


    Ich habe gerade ein bisschen im Internet gesurft und bin auf einen Literaturblog gestoßen. Da hatte jemand die Lektüre meines Romans nach den ersten ca. 200 Seiten abgebrochen, weil Viktoria eine "unrealistische Idealfigur" wäre. :gruebel


    Es hat natürlich jeder Mensch ein Recht auf seine Meinung, nur habe ich es es noch niemals erlebt, dass eine von meinen Romanfiguren derart unterschiedliche Reaktionen auslöst. Als ich das Buch schrieb, habe ich jedenfalls nicht damit gerechnet. Das Leben steckt doch voller Überraschungen.


    Tereza

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    Original von Alice Thierry


    Ich wollte mir gestern Terezas Roman kaufen, nachdem diese Leserunde mein Interesse daran geweckt hat, aber in keinem einzigen Hugendubel in München war das Buch vorrätig. Das ist doch wirklich traurig! :-(


    Da das Buch in einem Kleinverlag erschienen ist, ist das relativ normal. Der Verlag kämpft aber drum, in die Buchhandlungen zu kommen, vielleicht klappt es ja noch. China ist allerdings ein schwieriges Thema, denn mit historischen Romanen, die in Fernost spielen, scheinen Buchhandlungen keine guten Erfahrungen gemacht zu haben. Ich habe keine Ahnung, warum, denn Pearl S. Buck und Han Suyin liefen ja zu ihrer Zeit gut. Aber derzeit scheint bei deutschen Lesern da eher geringes Interesse zu bestehen.


    Viele Grüße


    Tereza

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    Original von Ayasha


    Tereza : handelt es sich dabei um ein "echtes" Gedicht oder stammt es von dir?


    Nö, von mir ist das nicht. Ich würde mich nicht trauen, klassische chinesische Lyrik nachzuahmen. Das Gedicht stammt von der Dame Guan Daosheng, die im 13. Jahrhundert lebte. Sie soll dieses Gedicht übrigens verfasst haben, um ihren Mann davon abzubringen, sich eine Konkubine zu nehmen - was auch klappte.


    Viele Grüße


    Tereza

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    Original von Lese-rina


    Nicht verstanden habe ich die Reisekostenaufteilung. Für mich wäre es selbstverständlich, dass die Hälfte der Reisegruppe (Victoria mit Dewei) auch die Hälfte der Kosten übernimmt. Ist das für die damalige Zeit und den Ort wirklich so abwegig gedacht oder kommt Victoria einfach nicht drauf, dass Jinzi es vielleicht sogar erwarten und weniger als Geschenk empfinden würde?


    Jinzi und seine Mutter haben kaum Geld, deshalb versuchen sie so günstig wie möglich zu reisen. Viktoria hat noch einige Schmuckstücke, die sich verkaufen lassen, damit sie es etwas bequemer haben könnten. Aber Jinzi will von ihr keine Almosen annehmen, was auch für Spannungen sorgt.


    Viele Grüße


    Tereza

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    Original von Salonlöwin


    Jetzt habe ich als stille Mitleserin eine Frage, die mir auch die Lesprobe auf Terezas Webseite nicht beantworten konnte (weil in ihr keine chinesischen Namen auftauchten):
    Werden im Roman die chinesischen Namen ohne Betonungszeichen angegeben?
    Und wenn ja, warum?
    Meine Frage soll keineswegs als Kritik verstanden werden, mich interessiert lediglich die technische Seite der Umsetzung (wurde bewusst darauf verzichtet, um den Leser nicht zu überfordern; hat der Verlag abgelehnt etc.) :wave.


    Das ist eine berechtigte Frage (die ich allerdings im Nachwort des Buches beantwortet habe :-)). Zunächst einmal: in allen Recherchebüchern zum Thema Taiping standen die Namen der ganzen Könige ohne Angabe der Töne drin. Ich habe das daher erst einmal so übernommen. Es gibt aber ein paar Stellen in dem Buch mit direkter Rede auf Chinesisch. Da habe ich die Töne brav mit angegeben, damit es korrekt ist.


    In einem der späteren Korrekturdurchgänge wurde mir bewusst, dass dieses Vorgehen etwas inkonsequent ist. Ich habe erwogen, die Töne auch bei allen Namen von Leuten, Städten, Flüssen etc. hinzu zu fügen. Das war nicht nur sehr aufwändig, in manchen Fällen, also bei eher unbekannten Taiping-Generälen, konnte ich die richtigen Töne nicht heraus finden (weil sie eben nirgendwo drin standen) und hätte mir Experten suchen müssen. Dazu fehlte da schon die Zeit, ich musste das Manuskript abgeben, und habe daher beschlossen, Eigennamen ohne Töne zu lassen. Die Setzerin war mir dafür sehr dankbar, denn sie hatte schon mit den paar Tönen, die drin waren, schwer zu kämpfen. :-)


    Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass es nicht üblich ist, bei chinesischen Namen die Töne anzugeben, wenn man in einer anderen Sprache schreibt. Selbst Chinesen tun es nicht, wenn sie englische Geschäftsbriefe unterschreiben. Aber vielleicht kann ottifanta uns mehr dazu sagen.


    Liebe Grüße


    Tereza

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    Original von SteffiB


    Yazis Geschichte finde ich sehr, sehr spannend und, wie ich gestehen muss, wesentlich interessanter als Vickis Geschichte. Meinetwegen hättest du ein Buch ganz allein für Yazi schreiben können, Tereza :kiss


    Ich habe mir schon fast gedacht, dass du es auch so siehst. :-) Aber für einen Roman über eine Taiping-Kriegerin würde ich wahrscheinlich heute noch einen Verlag suchen. Normalerweise wird ja so argumentiert, dass eine mitteleuropäische Hauptfigur notwendig ist, damit Leser sich mit ihr identifizieren können (wobei sich hier witzigerweise zig Leute besser mit Yazi identifizieren konnten. :lache)


    Danke für das Einstellen der schönen Bilder zu den Rundbauten.


    Viele Grüße


    Tereza

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    Original von Lesebiene
    Ich habe noch eine Frage an die China-Freunde. Mir ist beim Lesen aufgefallen, dass Jin öfters vorkommt. Jinrikshar als Beispeil. Hat dieses Jin etwas mit der Jin-Dynastie zu tun?


    http://dict.leo.org/chde?lp=chde&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed&sectHdr=on&spellToler=&search=jin :lache


    Also such dir was aus. Die Bedeutung der Silbe hängt immer vom jeweiligen Ton ab, und dann kann es immer noch sehr viele Bedeutungen geben.


    Die Jinriksha stammte ja ursprünglich aus Japan und ich würde mal vermuten, dass es ein japanischer Name war.


    Viele Grüße


    Tereza

    Ein sehr schönes Buch über ein Thema, das bisher in Unterhaltungsromanen meines Wissens eher wenig behandelt wurde: die Ausbeutung der Indianer durch europäische Siedler in Lateinamerika.


    Amely ist ein typisches Mädchen ihrer Zeit, lässt sich in die Ehe mit einem Mann zwingen, der ihr zuwider ist, und erträgt seine Misshandlungen in der Hoffnung auf Besserung. Doch gleichzeitig findet sie ihr Leben immer unerträglicher. Dann gerät sie in eine völlig fremde, sehr ursprüngliche Welt, in der sie endlich lernt, um ihre eigenen Wünsche und Überzeugungen zu kämpfen.


    Besonders die Darstellung der Lebensgewohnheiten von Indios im Dschungel war sehr realistisch und gut recherchiert.


    Tereza

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    Original von Katerina


    Mich hat es ein bisschen an "Vom Winde verweht" erinnert, wo Melanie Wilkes ja auch mit Belle Watling Kontakt aufnimmt. :-)


    Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Als Teenager habe ich den Film geliebt, aber seit über zwanzig Jahren habe ich ihn nicht mehr gesehen. Wird vielleicht wieder Zeit.


    Tereza

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    Original von Tanzmaus


    Vi Ki macht mal wieder einen Fehler nach dem anderen.


    Na ja, also ich selbst habe das ehrlich gesagt nicht ganz so extrem gesehen. :-)


    Viki ist natürlich eine kleine Zierpuppe und Mimose, besonders, wenn man sie mit Yazi vergleicht. Sie liebt ihre schönen Kleider und sitzt lieber in einem Salon als in der Wildnis, wo es harte Steine und Mücken gibt. Aber letztendlich wagt sie den Schritt in eine fremde Welt, zu einer Zeit, da die meisten europäischen Damen keine drei Worte mit einem dreckigen "Chink" gewechselt hätten.


    Zwischen Vickie und Jinzi besteht eine sehr starke gegenseitige Anziehung, aber zwischen ihnen liegen auch Welten, nicht nur aufgrund der gesellschaftlichen Hierarchie. Sie stammen aus verschiedenen Kulturen. Dadurch entsteht das Grundproblem: sie können nicht miteinander kommunizieren, weil keiner von beiden sich traut, den Anfang zu machen. Yazi, die wesentlich reifer ist als ihr Sohn, geht auf Viktoria zu, so dass sie sich anfreunden. Dann ist Yazi plötzlich tot.
    Als Vickie Jinzi tröstet, kommen sie sich kurz ein bisschen näher. Bald darauf ist es ihm aber peinlich, dass er sich so vor ihr gehen ließ, und er wird wieder unfreundlich. Sie zieht sich beleidigt zurück und will nur noch weg von ihm. Daher will sie mit den Händlern reisen. Das war natürlich ein Risiko, aber es hätte auch gut gehen können - Jinzi sagt ja später, dass sie zunächst wirklich vor hatten, Vickie nach Shanghai zu bringen. Dass sie Schmuck hat, musste sie zeigen, denn sie verhandelte über den Preis.
    Sie wird von Jinzi gerettet und nun kommen sie sich wirklich sehr, sehr nahe. Für Vickie ist das eine völlig neue, im Rückblick durchaus verstörende Erfahrung. Sie stammt aus einer Welt, in der Frauen zwar Sex hatten (mit dem angetrauten Ehemann, oft nur als lästige Pflichterfüllung), aber NIEMALS darüber sprachen. Außerdem hat sie schon einmal eine ziemliche Pleite erlebt. Gleich mit Jinzi zu reden, ist für sie unmöglich. Er macht es noch schwerer, indem er sich verbarrikadiert, da er sich abgewiesen fühlt. Er kennt Vickies Background nicht und weiß daher auch nicht, mit welchen Problemen sie zu kämpfen hat.
    Dann kommt plötzlich das Schiff. Sie wussten gar nicht, ob eins kommt und welches. Der Captain behandelt Vickie als Lady und Jinzi als ihren Diener. Sie weiss, dass sie das Spiel mitmachen muss, um seine Sympathien nicht zu verlieren, denn auf die ist sie nun angewiesen. Was anschließend passiert, ist meiner Erachtens überhaupt nicht ihre Schuld. Sollte sie dem Engländer denn die Tür vor der Nase zuknallen, als er mit ihr essen will? Er hat ihr ja aus der Patsche geholfen! Dass er sich derart benimmt, konnte sie wirklich nicht voraus sehen.


    Tja, das war meine Sichtweise der Dinge. :wave


    Viele Grüße


    Tereza

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    Original von Lesebiene
    Tereza, als Du den Engländer auf dem Schiff "getauft" hattest, hast Du da auch an unseren Verschollen gedacht? Bei seiner Vorstellung dachte ich: äh, ist das Yazis gesuchter Ehemann? :lache :lache


    Nö, da dachte ich ehrlich gesagt überhaupt nicht dran. Andrews - Andrew - ja, gut, da ist eine gewisse Übereinstimmung - die mir aber nicht auffiel. Da hätte Yazis Ehemann ja in einen Jungbrunnen fallen müssen. :grin


    Tereza