Okay, dieser Artikel betrifft in der Tat erst einmal nur Bibliotheken ... aber das Problem dahinter ist ein riesig großes für den Endverbraucher, dessen Umfang man in ganzer Konsequenz erst zu spüren bekommt, wenn man sich mal eine Zeitlang auf die digitalen, digital-rights-gemanagten e-Books, MP3's, Videos und was sonst noch so eingelassen hat.
An dieser Stelle zeigt sich nämlich für den Käufer das größte Problem mit den elektronischen Waren: Während man früher einfach eine DVD, eine CD, ein Buch gekauft hat, und das immer benutzen konnte, wenn man wollte (auch noch nach dreißig Jahren), ist das bei eBooks sowie online gekauften Videos und Musikalben keinesfalls so.
Um sich vor wilden Raubkopier-Orgien zu schützen, haben die Hersteller verschiedenste DRM-Systeme eingeführt. Die haben den Haken, dass man - auch nach dem Kauf - das Ding theoretisch nur so lange ansehen kann, wie der Hersteller das will. Also die Systeme erlauben es selbigem Hersteller, dem User nachträglich das Recht wieder zu entziehen, vor allem, wenn Content und Anzeigegerät miteinander gekoppelt sind.
Also kaufst Du ein eBook für Dein Kindle, verwaltest es über Deine Kindle-Software und synchronisierst das Gerät, dann könnte es Dir z.B. Bücher wieder löschen, ohne dass Du etwas tun kannst.
Ich selber war lange ein begeisterter Anhänger davon, all meinen Content (vor allem Musik und Videos) digital zu erwerben und zu verwalten, und erlebe gerade eine sehr ernüchternde Phase:
Ich besitze einen Apple iTunes Account, den ich mit Umzug in die USA auf eine amerikanische Adresse und Kreditkarte umgestellt habe. Wieder zurück in Deutschland, verweigert mir das System Zugriff auf meine Files, weil es nicht damit klar kommt, dass nun von einer deutschen IP darauf zugegriffen wird.
Das heißt, dass ich zwar die Alben, die ich mal irgendwann auf meinen iPod gespielt habe, weiterhin hören kann ... will ich aber neue Alben via iTunes hinzufügen und muss hierzu die Synchronisation anstellen, löscht er mir automatisch alles, von dem er der Meinung ist, ich habe keine Zugriffsrechte dafür.
Das macht für mich das ganze System jetzt praktisch unbrauchbar.
Ich kann auch nicht zurückstellen auf einen deutschen Account, weil Apple der Meinung ist, ich würde das illegalerweise tun, und verweigert mir den Zugriff.
Im Endergebnis habe ich also eBooks, Musik und Filme für reales Geld erworben, die ich mir jetzt nicht mehr anschauen kann, außer von einem einzigen Laptop, den ich dazu aber vom Internet abhängen muss.
Das führt dazu, dass ich in Zukunft meine Unterhaltungsmedien wieder analog kaufe, um diesem Ärger aus dem Weg zu gehen. Oder bei Anbietern, die die Medien nicht mit einem bestimmten Abspielgerät verknüpfen (was die Auswahl stark einschränkt).
Ich sehe eine ähnliche Problematik bei eBooks anrollen.
Bei Video-Spielen hat diese Politik ja bereits zu hitzigen Ausbrüchen in der Community geführt - die durch großflächige Kaufboykotts erreicht hat, dass bestimmte DRM-Praktiken wieder zurückgezogen wurden.
Für mich (obwohl ein leidenschaftlicher Anhänger der digitalen Welt) heißt das in der Konsequenz, dass ich Medien nicht mehr kaufe, wenn sie mit irgendeiner Art von DRM verkoppelt sind.
Ich verstehe das Gebahren der Verlage / Publisher / Produktionsfirmen insofern, als dass die alle schreckliche Angst vor Software-Piraterie haben und befürchten, dass keiner ihre Produkte mehr kauft, sondern nur noch klaut.
Leider führen die aktuell eingesetzten Strategien aber genau zu dem Effekt, dass ein ehrlicher Käufer eher bestraft wird durch alle möglichen idiotischen Restriktionen, wenn er ein digitales Produkt ehrlich erwirbt (denn geklaute eBooks haben z.B. den Vorteil, dass sie nicht mit DRM daherkommen und damit auch nicht den Dienst verweigern, nur weil man den PC oder das Lesegerät wechselt).
Ich nehme an, dass sich in den nächsten Jahren sicher noch so einige hitzige Diskussionen um das Thema entspinnen werden - und hoffe dabei nur, dass sich die großen Anbieter (die so etwas naturgemäß zu diktieren versuchen) dem Druck des Marktes beugen müssen und ihre Angebote so anpassen, dass nicht nach ein oder zwei Jahren praktischem Einsatz eine Massenflucht der Erstkäufer einsetzt.