Vielen Dank, Tante Li
, für deine aufwändige Zusammenstellung eurer Äußerungen zum Queer-Komplex. Ich denke, dass Beauvoir, nach dem, was sie schreibt, mit keiner dieser Formen größere Schwierigkeiten gehabt hätte und wahrscheinlich auch hatte. Schließlich lebte sie in der Weltstadt Paris mit intensivem Bezug zu Künstlerkreisen, da wird ihr wohl nichts Menschliches fremd geblieben sein, denn das wurde in solch einem geschützten Bereich wohl auch damals schon recht offen gelebt.
Worüber man hier nicht alles nachdenken kann!!
Ernsthaft geht mir gerade viel mehr durch den Kopf, wie sehr wir - auch als moderne Menschen - von unserer Körperlichkeit geprägt sind. Auch wenn sich vieles durch medizinischen und hygienischen Fortschritt geändert hat. Oft zum Guten, aber ob das weiter so sein wird, da bin ich nicht sicher.
Ja, das habe ich mir beides auch schon gedacht. Erstens stößt Beauvoir viele Türen auf, hinter denen Bedenkenswertes lauert und man kann auf einigen neuen oder lange nicht besuchten Pfaden gehen. Evolution, Anatomie der Frau, im Vorwort und zwischendurch immer wieder die philosophischen Ansätze, insbesondere der Existenzialismus, Sozialgeschichte ... .
Und die Ausführungen zur Abhängigkeit der Frau von ihrer Physiologie haben mich richtig aufgewühlt, so habe ich das noch nie gesehen. Es ist natürlich auch extra massiv dargestellt, damit Beauvoir ihre These vom Subjekt, das sich selbst setzt und damit seine körperlichen Voraussetzungen überwindet, umso kontrastiver setzen kann. Ich glaube eigentlich nicht, dass die Physis der Frau als Kränkung gesehen werden kann, Rumpelstilzchen
, denn sie kommt ja von der Natur und ist nicht vom Mann oder der Gesellschaft gesetzt. Nur das, was beide daraus machten und teilweise immer noch machen, kann als Kränkung gesehen werden, und da muss neben den Männern auch bei vielen Frauen ein Umdenken und Umorganisieren stattfinden.
Tante Li
, wie du finde ich auch die Ableitungen Freuds reichlich überzogen bzw. ganz einfach falsch. Freud war eben auch ein Kind seiner Zeit und deren rigider Sexualmoral. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass kleine Mädchen auf das Zipfelchen ihrer Brüder neidisch sind sowie die Schlussfolgerungen, dass Frauen danach entweder nur die Chance haben zu vermännlichen, dann auch nur zum klitoralen Orgasmus fähig sind oder sich selbst in der Liebe zum Mann unterwerfen und zur Belohnung dann auch den vaginalen Orgasmus genießen können. Hä?? Hier spricht doch eher die Angst des Mannes davor, dass die Frau auch allein zur Befriedigung kommt und ihn nicht dazu braucht. Und das wird dann natürlich als Vermännlichung und Entwicklungshemmung gesehen.
Es ist schon interessant, zu welchen Themen man hier in die Diskussion kommt.