Beiträge von elwe

    'Jenseits der Schatten' ist der letzte, abschließende Band der Night Angel Trilogie um den Meisterassassinen Kylar Stern und seinen geheimnisvollen Lehrer Durzo, den jungen Thronerben Logan, den Propheten Dorian und all die anderen, deren Schicksale sich in den ersten zwei Bänden der Trilogie verwoben haben.
    Mit diesem Buch wird die Geschichte von ihnen allen zu einem spektakulären, welterschütternden Ende gebracht, das dort stattfindet, wo alles vor vielen Jahrhunderten begann.


    Mit dieser Buchbesprechung tue ich mich etwas schwer, und das fängt damit an, dass ich nicht recht weiß, wo ich beginnen soll mit der Inhaltswiedergabe. Anders als bei den Vorgängerbänden, vor allem dem sehr starken und stringenten zweiten Teil, ist dieser hier unfassbar dicht bepackt mit verschiedensten, sich rasant entwickelnden Handelssträngen, während es zugleich sehr lange dauert, bis ein übergreifender roter Faden sichtbar wird. Bis fast zum letzten Drittel des Buches war mir nicht ganz klar, wo der zentrale Konflikt liegt, und wie die vielen Einzelgeschichten sich zu einem zielgerichteten Ganzen fügen.
    Das heißt keinesfalls, dass das Buch nicht spannend wäre. Im Gegenteil, es ist streckenweise so fesselnd, dass man mal wieder die Nächte durchlesen möchte. Aber die Lektüre gestaltet sich über Abschnitte auch sehr anstrengend, eben weil so extrem viel in extrem kurzer Zeit von extrem großer Tragweite geschieht. Und alles gleichzeitig. Die Ideen, die auf diesen 700 Seiten verarbeitet werden, hätten locker ausgereicht, um den dreifachen Umfang zu füllen, ohne dass es langweilig geworden wäre.
    Traten in Bd.1 oder 2 zum großen, spektakulären Finale ein oder zwei mächtige magische Wesen auf (wie der Ferali des khalidorischen Gottkönigs), so überschwemmen sie hier geradezu inflationär zu Hunderten und zu Tausenden den Schauplatz der letzten Schlacht.
    Und um diesen gigantischen neuen Bedrohungen zu begegnen, enthüllen bekannte Figuren wie z.B. Durzo Blint, Kylars alter Meister, plötzlich Facetten von sich, die ihre Macht verhundertfachen - und die Geschehnisse der Vorgängerbände fast ein wenig unglaubwürdig erscheinen lassen. Denn wenn Durzo das ist, was er in diesem Teil der Geschichte enthüllt, dann muss man sich fragen, wie er sich in Bd. 1 von einem lausigen Scheißer wie Roth so unter Druck setzen lassen konnte, statt ihn einfach kalt zu machen.



    Aber - zum Inhalt:
    Nach dem Tod des Gottkönigs sind Kylar und Vi, die ehemalige Schülerin des Blutjungen Hu Gibbet, durch die Liebesohrringe aneinander gebunden, die Vi Kylar anlegte, um den Zwangzauber des Gottkönigs zu brechen und ihn erschlagen zu können.
    Neben der Tatsache, dass sie nun stets spüren können, was der jeweils andere spürt, haben sie auch die Eigenschaft, dass die Berührung jeder anderen Frau, sobald Sex in der Luft liegt, Kyle dazu bringt, sich übergeben zu müssen. Das macht seine Wiedervereinigung mit Elene natürlich sehr schwierig ... und es kommt noch schlimmer: Zwar gelingt es Kylar, das Schwert Curoch in den Wald des Jägers zu werfen, und er erhält daraufhin seine Hand zurück, doch der mysteriöse Wolf aus der Zwischenwelt eröffnet ihm eine schreckliche Wahrheit. Für jeden Tod, aus dem Klyar wieder erweckt wird, muss ein anderer, ihm nahestehender Mensch einen Preis zahlen...


    Logan, der rechtmäßige Thronerbe Cenarias, verzichtet aus Ehrgefühl zugunsten der selbstsüchtigen und überehrgeizigen Adligen Terah Graesin, verbietet aber Kylar bei Androhung der Todesstrafe, die Frau zu töten. Währenddessen droht ihr unfähiger kleiner Bruder Luc, die cenarischen Armeen in ein Desaster zu führen.
    Das Drama erreicht seinen Siedepunkt, als Logan herausfindet, dass seine totgeglaubte Braut Jenine noch lebt. Sie wurde von den Schergen des Gottkönigs in die Hauptstadt Khalidors gebracht. Nach dem Tod des Gottkönigs herrscht dort Chaos und bevorstehendes Blutvergießen liegt in der Luft, weil die brutalen Edelinge des toten Herrschers um die Nachfolge kämpfen werden. Mitten in dieses Machtvakuum tritt der Prophet Dorian, selbst ein Sohn des Gottkönigs, um Jenine zu befreien, die er in seinen Visionen als seine zukünftige Frau erkennt.


    Zeitgleich hat sich der Vürdmeister Nepth Dada mit seinem Gefolge an einen abgeschiedenen uralten Platz der Macht begeben, um der grausamen Göttin Khali einen Körper zu geben und damit einen Schrecken zu entfesseln, der den Untergang der bekannten Welt bedeuten könnte. Und um dieser Gefahr entgegentreten zu können, bedarf es eines Wunders bisher ungekannten Ausmaßes.




    Dies ist nur ein Teil der verschiedenen Handlungsstränge, die sich in diesem Buch verweben. Denn da sind auch noch Vi und die mächtige Schwester Ariel, Durzo Blint, Dorians alter Weggefährte Solon, und weitere tragende Figuren.




    Tja, und was ist nun das Fazit?
    Zunächst, dass dieser Band zwar prallvoll ist mit allem, was ein leidenschaftliches, aufregendes, hochspannendes, phantasievolles Buch nur ausmachen kann, es sich aber meiner Meinung nach trotzdem um den schwächsten der Serie handelt.
    Warum?
    Weil all die guten Ideen und die verschiedenen Stories und die persönlichen Tragödien und Triumphe der Charaktere keine Zeit finden, sich zu entfalten. Vieles wird so rasch abgehandelt, dass man als Leser geradezu verwirrt ist, wieso etwas, das sich zuvor als unmöglich schwierig gestaltete, nun innerhalb von drei Seiten so einfach war.
    Es fühlt sich an, als wären hier zwei Bücher in eines gequetscht worden, und entsprechend komprimiert explodiert einem als Leser der Inhalt entgegen.
    Weil im Gegensatz zu Bd.1 und 2 das Böse kein Gesicht hat, oder zumindest ein sehr blasses. Nach der Vorlage des khalidorischen Gottkönigs aus Bd.2 hätte ich jemanden erwartet, der mindestens ebenbürtig ist. Doch Khali und ihre Horde alternder Vürdmeister treten nicht wirklich in den Brennpunkt des Geschehens, außer ganz zum Schluss. Und zuvor wirken sie zwar als Kraft, die die Schranken senkt, damit das Böse einfallen kann - aber dem Bösen selbst mangelt es an Charisma. Therah Graesin gibt ebenfalls nur eine halbherzige Antagonistin ab, einfach weil sich die wirklich weltverändernden Erschütterungen weit außerhalb ihres Interessenhorizonts abspielen und sie lediglich als lokaler Zwischengegner taugt.


    Dennoch ist es ein Buch, das man unbedingt lesen muss, wenn einem die ersten beiden Bände der Trilogie gefallen haben, denn es ist der logische Abschluss und Höhepunkt.
    Bei allen Schwächen macht es dennoch ungeheuer Spaß, es zu lesen. Meine Kritik spielt sich auf hohem Nivau ab, weil ich verwöhnt bin von den Vorgängerromanen. Im Vergleich zu anderer Fantasy belegt 'Jenseits der Schatten' noch immer einen Spitzenplatz.
    Und last but not least: Auch wenn vieles überstürzt erscheint, und manches nicht immer logisch, oder zufällig zu perfekt ineinander greift, ist es für mich dennoch ein befriedigendes Ende, das einen schönen Schlusspunkt unter das Werk setzt.


    Ein Werk, das zweifellos zu den ganz leuchtenden Türmen unter den neueren Vertretern des Genres zählt.
    Wer Fantasy mag, kommt an Brent Weeks eigentlich nicht vorbei, oder er verpasst eine ganz phantastische, wunderbare und tiefgründige Vision, die dazu noch so unterhaltsam und spannend geschrieben ist, dass sie locker mit jedem Thriller mithalten kann.

    Zitat

    Original von Caruso
    Wenn endlich alle Verlage alle Bücher auch als e-book publizieren, brauchen wir keine Papierbücher mehr.
    Deshalb kauft e-book- reader und e-books und keine Printausgaben mehr.


    Das würde ich so pauschal jetzt nicht unterschreiben. Was für eine trostlose Welt wäre das, ohne Bücherregal im Wohn- oder Arbeitszimmer. Und zu Weihnachten verschenke ich keine Bücher mehr, sondern einen Downloadlink für ein eBook ... hm, ich weiß nicht.
    Ich finde (wie in meinem vorherigen Posting gesagt) eBooks mittlerweile ganz nett, aber wenn ich eine Entweder-Oder-Entscheidung treffen müsste, würde ich mich für Print entscheiden.


    Zitat

    Original von Caruso
    Ist doch auch besser für die Umwelt. Es wird kein Papier verbraucht und die Bücher müssen auch nicht vom Druck in die Buchhandlung oder ins Lager beim Onlinehändler geschafft werden.


    Naaaaja.
    Also ob Bücher jetzt das Nr.1 Umweltproblem sind in Punkto Papierverschwendung, wage ich mal zu bezweifeln. Ich würde das Sparen dann wohl lieber bei Unmengen sinnloser Ausdrucke in Büros, Papiertaschentüchern, Papierservietten, Werbeflyern und ähnlichen Dingen ansetzen ;-)

    Zehn gelesene Bücher später nach Erwerb meines e-Book-Readers kann ich jetzt auch mal eine fundiertere Einschätzung zum Thema abgeben:


    a) Ich habe den Kindl liebgewonnen und würde ihn nicht mehr weggeben - superpraktisch ist er vor allem für Reisen (wegen des geringen Gewichts), wegen des Komforts, Bücher sofort nach der Amazon-Bestellung lesen zu können (vor allem, wenn man suchtgetrieben SOFORT den nächsten Teil einer Serie lesen will :grin) und weil einen die standard-mäßig vorhandene Leseprobe vor bösen Überraschungen bewahrt.



    b) Ja, es liest sich recht gut mit dem Kindl (und um Längen besser als z.B. auf dem iPad). Allerdings gibts auch ein paar Dinge, die mich nerven, und die beim Papierbuch eben nicht auftreten:


    Was für den einen ein Vorteil ist - die frei größenskalierbare Schrift - hat eben auch den Nachteil, dass der Schriftsatz vollkommen unvorhersehbar erscheint und sowas wie Zeilenumbrüche nicht wirklich 'designt' sind. Dadurch wirkt der Satz oft schludrig, bei vielen e-Books (durchaus großer Verlage) tauchen unmotiviert Leerzeichen mitten im Wort auf oder Leerzeilen, wo keine hingehören. Es gibt auch keine Seitenzahlen (aus dem gleichen Grund - je nach Schriftgröße wären es ja unterschiedlich viele Seiten), sondern nur Prozentangaben des Lesefortschritts. Oder Kapitel, die aber, da sie nicht benannt sind, ja im Inhaltsverzeichnis auch nicht besonders vielsagend sind.


    Mal schnell vor oder zurückblättern, wie bei einem normalen Buch - z.B. wenn man etwas nachlesen möchte, einen Namen vergessen hat oder sich einfach nicht mehr sicher ist, was da vorher passiert ist, funktioniert nicht so wirklich bzw. gestaltet sich kompliziert und nervig. Weil man mit der Klick-Taste seitenweise vor- und zurückklicken muss, sich jede Seite immer recht langsam aufbaut (das ist ok beim langsamen Blättern, wenn's schnell gehen soll, aber nicht mehr) und man anschließend das ganze langwierige Prozedere in die Gegenrichtung wieder durchführen muss, um zurück zur Originalstelle zu kommen. Außer, man setzt vorher ein Lesezeichen, aber auch das erfordert wieder erst mehrere Klicks ...



    Und last but not least - die Tatsache, dass eBook-Reader kein Farbdisplay haben, demzufolge das Titelbild nur in S/W angezeigt wird und man es eigentlich auch nicht wahrnimmt, außer beim allerersten Anfangen des Buches, drückt m.M.n. schon ein bisschen auf die Atmosphäre.



    c) Vor allem bei Büchern, die ich gut finde, die mir ein begeisterndes Leseerlebnis beschert haben, wünsche ich mir, diese im Regal stehen zu haben.
    eBook-Reader sind sehr praktisch, ja. Und haben allerlei Vorteile, wie eben die des nicht notwendigen Stauplatzes für all die Bücher - ABER: Ein klassisches Buch ist doch ein bisschen mehr als nur der Inhalt auf den Seiten. Es ist auch die ästhetische Gestaltung, die in das Leseerlebnis einfließt - schönes Papier, ein schön anzusehender Satz und Kapiteltrenner sowie ggf. kleine Grafiken, das Cover-Design ... einfach die ganze Anmutung. Ein eBook ist von der Form her so sexy wie die Immobilienbeilage der Tageszeitung.



    d) Was die Archivierung eigener Bücher angeht - ich gebe zu, ich weiß nicht so recht, was ich schlimmer finden soll: Der Platzmangel im Regal, oder die sich anbahnende Unübersichtlichkeit im Kindle.
    Die Dateiverwaltung funktioniert so, dass man sich Ordner anlegt, und dann markiert man (etwas umständlich) die Bücher, die da dann rein sollen. Will man zu einem späteren Zeitpunkt einige der Bücher umsortieren in einen anderen Ordner, und hat man dann eine größere Menge schon auf dem Gerät, gestaltet sich das extrem unübersichtlich, da man sich bei diesem Prozess stets durch die Gesamtliste graben muss.
    Außerdem habe ich noch keine Möglichkeit gefunden, Bücher oder Leseproben wieder loszuwerden - das Zeug verstopft einem diese Liste dann zusätzlich. Ich horte es jetzt in einem Album namens 'Trash' - aber optimal ist was anderes.




    Fazit:
    eBooks sind eine sinnvolle Ergänzung zu den gedruckten Büchern, ersetzen können sie sie jedoch nicht. Die sinnliche Erfahrung eines gedruckten Buches läßt sich mit dem elektronischen Pendant nicht wirklich kopieren.
    Und der Besitzerstolz geht auch flöten, ebenso wie jegliche Freude am Sammeln - weil es eben keine physische Repräsentation des Buches gibt.


    Mag sein, dass sich das irgendwann zumindest ein bisschen relativiert, wenn sich die Geräte weiterentwickeln, Farbdisplays haben und eine bessere Bibliotheksverwaltung (wie sie z.B. jetzt schon auf dem iPad verfügbar ist - aber das Ding eignet sich wirklich nicht zum längeren Lesen, wg. Gewicht und des unangenehm kalten Materials sowie der Tatsache, dass das Display sich nach einiger Zeit immer wieder abschaltet - sehr nervig).
    Dann wird es sich ähnlich anfühlen wie z.B. die Musiksammlung auf einem iPod oder ähnlichem Gerät.


    Gerade habe ich zwei Bände einer wunderbaren Fantasy-Trilogie auf dem Kindle ausgelesen, die ich mir bestellt hatte, nachdem ich den ersten in Papierform gekauft hatte und auf den Nachschub nicht erst warten wollte. Jetzt, nachdem ich fertig bin und sehr begeistert von den Büchern, werde ich sie als gedruckte Exemplare kaufen, weil ich sie im Bücherregal stehen sehen möchte.
    Und das sagt eigentlich alles.




    LG, Elena

    Zitat

    Original von Eulaner
    Ich bin generell etwas skeptisch, was sequels betrifft, die schon gar nicht vom selben Author stammen, und hatte vorher n9och nichts von Lustbader gehört... Hmmm mal schauen.


    Man muss an diese Sequels so rangehen, als handle es sich um eigenständige Romane - denn genau das sind sie. Van Lustbaders Interpretation der Figur 'Jason Bourne' ist deutlich anders als in den ursprünglichen Romanen, es fühlt sich ein bisschen so an wie die James Bond Filme, nachdem Daniel Craig die Rolle übernommen hat.


    Van Lustbader war in den 90er Jahren einer von den ganz großen Bestsellerautoren (und ist es in den USA immer noch - nur in Deutschland scheint er ein wenig in Vergessenheit geraten zu sein).


    LG, Elena

    Dieses Buch empfand ich als Wechselbad der Gefühle ... vor allem, wenn man selbst in der Werbe-Branche arbeitet und weiß, dass der Irrwitz, der darin beschrieben wird, kein Zerrbild ist und nicht übertrieben, sondern im Gegenteil ziemlich genau widerspiegelt, wie diese Welt funktioniert.


    Dem Autor gelingt es, seine Abrechnung mit der Branche auch noch in eine recht spannende Geschichte zu verpacken, nämlich die des überbezahlten und von Selbstekel erfüllten, aber dennoch mit Leidenschaft in den sündigen Früchten schwelgenden Protagonisten Octave, einem Werbetexter, der an einem Enthüllungsbuch schreibt und auch sonst bei jeder Gelegenheit provoziert, um von seinem Arbeitgeber endlich gefeuert zu werden. Denn sein Traum ist es, daraufhin in die weichen Daunen bezahlter Arbeitslosigkeit zu fallen und der Dekadenz seines Berufsstands endlich zu entkommen.
    Octave ist natürlich furchtbar inkonsequent in seinem Streben und betrügt sich selbst. Denn wenn er wirklich raus wollte, gäbe es einfachere Methoden. Einfach zu kündigen beispielsweise. Und das fehlende Arbeitslosengeld sollte bei 2 Mio EUR auf dem Konto dann auch nicht wirklich das Problem sein...


    Die Geschichte beginnt mit einer Kundenpräsentation: Für Maigrelette, das Joghurt, das schön und schlau macht, soll ein Fernsehspot und eine Werbekampagne entwickelt werden. Der Kunde ist sehr schwierig, weiß Kreativität nicht zu schätzen und verärgert Octave mit rassistischen Forderungen (die Schauspielerin im Spot muss weiß und mitteleuropäisch sein). Octave zieht sich aufs Klo zurück, um seine vom übermäßigen Koksen blutende Nase unter Kontrolle zu kriegen und verschmiert das Blut anschließend voller Wut an den Wänden auf seinem Weg aus dem Bürogebäude.
    Diese Szene setzt den Ton für den Rest des Buches. Der Joghurt-Kunde und dessen Erhaltung für die Agentur zieht sich als oberste These durch die ganze Geschichte, ebenso das Ringen um einen lustigen/unterhaltsamen/intelligenten Fernsehspot, der trotzdem so progressiv sein soll, dass er in Cannes Gold gewinnt. Ein Ding der Unmöglichkeit. Auf einer zweiten Ebene haben wir Octaves Taumel durch ein verpfuschtes Leben voller wertloser Werte, dem das teure Apartment, die 130T EUR Jahresgehalt, der Z3 und die 3000-EUR-die-Nacht-Huren trotzdem nicht kompensieren, dass er Sophie weggestoßen hat, die einzige Frau, die er liebte, als sie ihm sagte, dass sie schwanger war. Und er seine Tochter nun nie kennenlernen wird, weil er ein verantwortungsloses Arschloch ist.


    Die Erzählstruktur ist manchmal anstrengend, im Großen und Ganzen interessant, experimentell und dem Thema formal angemessen: Über mehrere Abschnitte begegnet uns Octave zuerst als ICH-Erzähler, dann kommt die DU-Perspektive, dann die dritte Person, und schließlich das WIR. Zwischen den Abschnitten ist jeweils das Storyboard für einen Werbeclip eingefügt, der - genauso wie die ganze Handlung - am Anfang noch lustig und zynisch ist, nach hinten dann immer unangenehmer und irrwitziger wird.
    Und so ging es mir auch mit dem ganzen Buch: Die ersten Kapitel sind einfach lustig, weil sie mit spitzem Sarkasmus Realitäten aufs Korn nehmen. Ab der Mitte bis zum Ende hin wird das Buch zunehmend unangenehm und bereitet Magenschmerzen, bis es zum Ende hin in surrealistisch-pessimistische Visionen abdriftet. Ab dort empfand ich auch den Erzähler Octave als Unsympath, der sich als Opfer sieht, aber im Grunde nur ein Heuchler ist, zu schwach, um sich der Verführung des Bösen zu entziehen, das er andererseits so anprangert und dem er seinerseits Heuchelei vorwirft. Aber beim Nachdenken ist das nur konsequent: Dieser Charakter verkörpert perfekt das Bild und die Werte dieser Industrie (von rühmlichen Ausnahmen einmal abgesehen, die aber nicht die Regel bilden).


    39,90 ist ein lesenswertes Buch, das meiner Meinung nach dem inflationär ausgeschütteten Kritikerlob ausnahmsweise mal gerecht wird.

    Zitat

    Original von verena
    Das oben genannte Beispiel finde ich sehr heikel.. Ich würde niemals Bilder von kleinen Kindern bei Facebook reinstellen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Daten bei Facebook nicht 100% ig sicher sind.


    ähm ... also in dem Moment, in dem ein Bild auf einer irgendwie gearteten Webseite sichtbar wird, egal ob nun Facebook, der private Blog oder die eigene Website, kann JEDER darauf zugreifen, es sich runterkopieren und damit machen, was er will. Das ist genauso, als würdest Du das betreffende Photo an das Gemeindebrett nageln. Und wie gesagt, das ist kein Facebook-exklusives Problem, sondern schlicht die Natur des Web, dass ein Bild, wenn die Öffentlichkeit es sich angucken kann, es von dieser Öffentlichkeit auch an sich genommen werden kann.
    Da braucht es keinen Hackerangriff, da reicht RechterMausklick > Kopieren und Einfügen auf das Bild.


    Deshalb muss man nun keine irrsinnige Paranoia entwickeln, aber sollte andererseits diesen Sachverhalt auch immer im Kopf behalten, wenn man sich mit der Überlegung trägt, die peinlichen Fotos vom Nackttanzwettbewerb auf dem Tisch bei der letzten Party für interessierte Freunde zu veröffentlichen.


    Grundsätzlich denke ich, kann man wohl folgende Faustregel annehmen:
    Wenn man keine Probleme hätte, das genau gleiche Bild in einer Zeitung zu entdecken oder es an die Außenseite der eigenen Zimmertür im Studentenwohnheim zu kleben (und zwar so, als würde man da noch 20 Jahre drin wohnen), dann ist es unkritisch :grin

    Zitat

    Original von Cith
    Wobei ich widersprüchlicherweise aber zugeben muss: Ich hab das Buch mit dem glitzernden Mann gelesen und fand es ganz unterhaltend.


    Ich verstehe das :grin. Ich lese so Bücher auch ab und an, und wenn sie nicht gar zu blöd geschrieben sind, munden sie sogar ... in sparsamen Dosen. Die sind wie Zuckerwatte, ein bisschen davon ist lecker und man will mehr, aber wenn man zuviel isst, wird einem schlecht. Und satt macht sie auch nicht.

    Stimmt Sylli, es gibt Unmengen von diesen Büchern.
    Flache Charaktere treten meist auch noch im Doppelpack auf mit einer stereotypen, vorhersehbaren Handlung, und bringen mich normalerweise dazu, ein Buch verärgert abzubrechen.


    Das Phänomen gibts aber in praktisch allen Genres.
    Besonders schlimm finde ich es bei Liebesromanen bzw. allen Derivaten davon (Historicals - Romantic Fantasy - Lady-Thriller oder wie diese neuen Navy Seals und Feuerwehr Nackenbeißer heißen).



    //Edit: Ich muss aber zugeben, in jungen Jahren hat mich das nicht so gestört, bzw. als Teenager habe ich vieles gelesen, was ich heute mit der Kneifzange nicht mehr anpacken würde.
    Ich vermute, das liegt auch daran, dass man, wenn man einige hundert Bücher gelesen hat, einfach solche nicht mehr erträgt, die mit der hundertsten Abziehfigur-Kopie eines Prototypenhelden daherkommen.

    'Am Rande der Schatten' ist der zweite Band der Schattentrilogie um den Assassinen Kylar Stern, der nun durch den Besitz des Ka'kari, einer Art magischen Steins, zum Nachtengel geworden ist und de facto unsterblich - denn jedes Mal, wenn er getötet wird, landet er in einer seltsamen Zwischenwelt, in der ein geheimnisvolles Wesen namens Wolf lebt und von der aus er zurückkehrt in seinen Körper.
    Der Gottkönig von Khalidor, Ursuul Garoth, herrscht mit furchtbarer Brutalität über Cenaria, und seine Männer befremden die Einwohner mit ihrer Angewohnheit, tagtäglich Grausamkeiten zu begehen, als sei es Teil ihrer Religion. Was es im Grunde auch ist, denn die Khalidori dienen der real existierenden Göttin Khali, die sich von Leiden ernährt und im Gegenzug Macht gewährt. So formt sich unter der Führung von Momma K. in den Hurenhäusern im Labyrinth ein bald ernstzunehmender Widerstand.
    Kylar hat das alles hinter sich gelassen und ist mit Elene und Durzo Blints Tochter Uly weit fortgegangen, um ein neues Leben als Kräuterkundiger zu beginnen. Doch Elenes Forderung, dass er nie wieder töten dürfe, ist schwer für ihn zu erfüllen, denn der Nachtengel dürstet danach, Gerechtigkeit durch Vergeltung herzustellen. So liegt von Anfang an ein Schatten über dem Glück ... das entgültig ins Wanken gerät, als Khylar erfährt, dass sein bester Freund Logan noch lebt, als Gefangener im Loch, dem schrecklichsten und unmenschlichsten Teil des Gefängnisses von Cenaria. Kylar ist der einzige, der ihn retten und dem cenarischen Widerstand eine Lichtfigur zurückgeben könnte. Logan ist noch immer der legitime König... Für verheerende Folgen sorgt auch das Auftauchen von Vi, Hu Gibbets weiblichem Assassinen-Lehrling, die den Auftrag hat, Kylar und seinen Ka'kari zum Gottkönig zu bringen.
    Und wie immer gibt es noch eine Vielzahl weiterer Spieler im Hintergrund, deren Motive vielfältig sind, und die auf die eine oder andere Art von der Invasion des Gottkönigs zu profitieren versuchen...



    Das Buch setzt mehr oder weniger nahtlos dort an, wo der erste Band endet und liest sich sogar noch fesselnder und atemloser als Teil 1. Ich hatte es in zwei Tagen durch und konnte mich wirklich überhaupt nicht mehr von den Seiten lösen. Die abgründige Dunkelheit, die schon 'Der Weg in die Schatten' durchzieht, verstärkt sich hier noch, aber auch die Protagonisten werden stärker und wachsen über sich selbst hinaus und das zu lesen, ist einfach faszinierend und macht viel Spaß.
    Brent Weeks gelangt hier zum vollen Potential seiner Fähigkeiten, und verwebt seine vielfältigen Charaktere mit ihren ganz unterschiedlichen, im seltensten Fall edlen Ambitionen so kunstvoll miteinander, dass sich die zahlreichen Wendungen stets wie von selbst ergeben.
    Deutlicher als in Band 1 durchzieht ein roter Faden dieses Buch, ein klares Leitmotiv: Das Land vom durch und durch skrupellosen, abgrundtief bösen und verdorbenen Gottkönig zu befreien - der zudem noch übermächtige Fertigkeiten hat und alles und jeden zu manipulieren weiß.
    Stärker auch als in Band 1 und sehr zum Vorteil der Handlung fügen sich magische Elemente ein: uralte Geheimnisse wie der Wald des Dunklen Jägers wissen die Spannung noch zu steigern. Und die Göttin Khali, die nach Cenaria gebracht wird, um dort unaussprechliche Kreaturen auszubrüten, die Garoth gegen seine Feinde einsetzen will, ist an Unheimlichkeit auch kaum zu überbieten.



    Alles in allem ist dieses Buch wieder ein lohnendes und überragendes Leseerlebnis und führt den Start der Schattentrilogie mehr als würdig fort.
    Ich halte Brent Weeks für einen der begabtesten Fantasy-Autoren der letzten Jahre - für mich auf jeden Fall DIE Neuentdeckung.
    Jetzt werde ich mich gierig auf Band 3 stürzen...



    -- Elena

    So, nachdem mich 'Black Prism' ja fast hintenüber hat fallen lassen vor Begeisterung, habe ich mir mal Brent Weeks Erstling zu Gemüte geführt.
    Mittlerweile stecke ich suchtgetrieben und knietief im zweiten Band - auch die Schattentrilogie ist meisterlich geschrieben und begeistert mich.
    Aber von vorn:


    'Der Weg in die Schatten' ist der erste Band einer HighFantasy-Saga in einem tolkienschen Setting, mit Weltverschwörungen und Gottkönigen, mit Magie und jahrtausendealten Geheimnissen und mit einem großen Aufgebot an handelnden Personen, deren Geschichten sich unentwirrbar ineinander verstricken und eine komplexe Handlung vorwärts tragen, die nicht arm ist an Überraschungen und plötzlichen Wendungen.
    Hauptheld der Geschichte ist der Gassenjunge Azoth, eine Gildenratte, der sich mit anderen Kindern seiner Gilde durch Diebstähle über Wasser hält. Nichts wünscht er sich sehnlicher, als den Demütigungen zu entkommen, und seine kleineren Freunde Jarl und Puppenmädchen vor ihrem brutalen Anführer zu beschützen, einem etwas älteren Jungen namens Ratte.
    Azoths Chance kommt, als er dem besten Meuchelmörder der Stadt begegnet, dem Blutjungen Durzo Blint, und es tatsächlich schafft, sein Lehrling zu werden. Azoth verwandelt sich in Kylar Stern, einen mittellosen Landadligen, der in der Familie des Grafen, der ihn aufnimmt, Freunde fürs Leben findet - Freunde, die er vielleicht eines Tages wird verraten müssen.
    Unter dieser neuen Tarnung verbessert er kontinuierlich seine Talente. Bald steht er Durzo nicht nach in Kampfkünsten und dem Umgang mit Giften, doch eine Sache fehlt ihm. Etwas, das zu jedem echten Blutjungen gehört: Die Fähigkeit, Magie zu wirken.
    Während Kylar seine ersten Aufträge erledigt und damit immer tiefer in die Intrigen des Königshofes und der Sacagé, der Untergrund-Organisation der Stadt (einer Art Mafia) hineingezogen wird, baut sich von außen eine gewaltige Bedrohung für die Stadt und das Königreich auf, gegen die die Kleinkriege der Adligen wie Kinderspiele erscheinen.



    Zuerst - ich gebe es zu, war ich ein klein wenig enttäuscht von den ersten hundert oder zweihundert Seiten. Um das nicht falsch zu verstehen - sie sind gut geschrieben. Ehrlich gesagt besser als das meiste, was man sonst so im Genre zu lesen bekommt. Nur an die Brillianz und die fesselnde Erzählkunst von 'Black Prism' reichen sie nicht ganz heran.
    Aber dieses Buch ist auch ein Erstling.
    Und noch einmal - der Anfang ist keinesfalls schlecht. Er unterhält, er hat viele aufregende Momente, und er läßt bereits die Virtuosität in der Charakterzeichnung durchschimmern, die diesen Autor auszeichnet.
    Kylar ist ein Kind, und er tut unaussprechliche Dinge für sein Alter, weil er umgekehrt unaussprechlichen Dingen ausgesetzt ist, die ihn von Anbeginn prägen. Trotzdem bleibt er ein Sympathieträger, und das ist ein schmaler Grat, der hier gemeistert wird.
    Was ich sagen will ist - es lohnt sich, weiterzulesen. Denn etwa ab dem ersten Drittel des Buches, nachdem Azoth zu Kylar geworden ist, verstrickt in ein Gestrüpp aus Lügen und falschen Identitäten, ächzend unter der Last widersprüchlicher Loyalitäten und in seinen Fähigkeiten soweit gereift, dass er selbst als Blutjunge arbeiten kann, ab da kann man es nicht mehr aus der Hand legen.
    Da wird es so dicht, so spannend und so spektakulär, dass man gern die Nächte opfert, um nur noch ein Kapitel weiterlesen zu können. Und noch eines. Und mit einem Schmerz im Magen einschläft, weil man an einer Stelle gestoppt hat, an der den liebgewonnenen Charakteren großes Unheil droht.
    Ach ja, in einer Sache erinnert der Autor mich an George RR Martin - er hat keine Hemmungen, Figuren zu opfern. Er baut sie auf und man verliebt sich in sie und dann fügt er ihnen Schreckliches zu. Sie werden nicht gerettet. Sie sterben. Oder sie bleiben verkrüppelt zurück. Das gibt dem Buch eine große Schwere, weil man wirklich Angst um sie hat.
    Also um es kurz zu machen - dieser Trilogie-Auftakt ist meisterlich (und Band 2 entwickelt sich noch besser, soweit ich das sagen kann). Die Geschichte ist episch, ohne individuelle Schicksale aus den Augen zu lassen - im Gegenteil, selten habe ich so mit zerrissenen Figuren gelitten, mich vor dem Abgründigen gefürchtet (denn nichts ist Schrecklicher, als ein Bösewicht, dessen Bosheit wahrer innerer Logik folgt - und das tut sie hier immer) und Glück verspürt, wenn sich zwei Fäden zu einer Rettung in letzter Sekunde verbunden haben.
    Das Buch ist einfach toll.
    Kein Fantasy-Fan kommt daran vorbei. Behaupte ich jetzt aus tiefstem Herzen.


    --Elena

    Mulle


    LG, Elena

    Zitat

    Original von elke.schwab
    Aber an eines glaube ich ganz fest: Nämlich, dass das gedruckt Buch niemals ausstirbt :lesend


    So sehe ich das auch.
    Ich mag meinen Kindle und ich lese vor allem Bücher darauf, die sich als gedruckte Ausgabe nicht ohne weiteres beschaffen lassen (weil sie z.B. vergriffen sind), und manchmal welche, bei denen mich die Ein-Klick-Bequemlichkeit packt. Vor allem, wenn es sich um Fortsetzungen handelt und die Sucht sehr groß ist :grin.
    Aber das ändert nichts daran, dass ich auch weiter Papierbücher kaufe. Die sind einfach viel zu schön, um darauf zu verzichten.

    Ich bin gerade auf Halbzeit mit dem ersten Band - nachdem mich Black Prism so fundamental begeistert hat, muss ich mich ja jetzt unbedingt durch alles andere lesen, was der Mann so verfaßt hat :grin.
    Im ersten Drittel brauchte ich etwas Anlauf, um mit dem Buch warm zu werden, insbesondere da doch z.T. große Zeitabschnitte von mehreren Jahren in einem Kapitel überbrückt werden -
    Ab der Hälfte hat's mich aber dann jetzt gewaltig in den Bann geschlagen und ich bin froh, weitergelesen zu haben. Ich glaube, Brent Weeks ist jetzt entgültig in den Olymp meiner meistgeschätzten Fantasy-Autoren aufgestiegen ...


    ausführliche Rezi folgt bald.

    Zitat

    Original von Antigone33
    Kam das nur mir so vor, oder war das gesamte Buch eine einzige Abfolge von Harry kommt in eine brenzlige Situation - Harry wird verdroschen - Harry wird im letzten Moment von irgendjemandem gerettet.


    Ja, in diesem Band war das schon ziemlich extrem :grin ... aber für mich hat es der Humor mehr als wett gemacht, ich fand es noch viel lustiger als die anderen Bände. Ich war eigentlich ständig nur am Kichern.


    Hab jetzt den nächsten vor, und da ist Harry wieder etwas selbstbestimmter unterwegs.

    Hi Salonlöwin,


    die Ninja-Bücher, ja die habe ich geliebt. Ist allerdings schon mindestens zehn Jahre her, dass ich sie gelesen habe.
    van Lustbader war mal einer meiner absoluten Lieblingsautoren.


    Kennst Du übrigens seine japanisch angehauchte Endzeit-Fantasy-Quadrologie?
    Ronin
    Dolman
    Moichi
    Dai-San


    Gibts leider nur noch gebraucht zu kaufen, ich wünschte, die würden sie noch mal neu auflegen...