Beiträge von Titus Müller

    Zitat

    Original von Tempe
    Mich würde interessieren, wie diese Regimetreuen, die im Krieg eigentlich alles verloren haben, danach weitergemacht haben? :gruebel Als sie nichts mehr hatten, dem sie dienen konnten? Als sie darüber nachdenken mußten, was sie da gelebt hatten?!


    Hallo Tempe,


    ginger ale hat schon sehr gut antwortet. Ich möchte nur noch etwas zum konkreten Fall ergänzen: Nadjeschkas/Elenas Tochter hat mir erzählt, dass ihre Mutter nach dem Krieg noch oft auf der Straße in Neheim den Männern begegnet ist, die vorher beim Werkschutz gearbeitet hatten, die lebten ja weiterhin da, auch ihre Peiniger. Man verspottete sie als "Russenweib" und war nicht gerade freundlich zu ihr.


    Und einmal, als sie an der Hand Nadjeschkas/Elenas durch die Stadt lief, eilte ihre Mutter auf einen wildfremden Mann zu und umarmte ihn. Die Tochter fragte Nadjeschka/Elena erstaunt, wer das gewesen sei, und die Mutter sagte: "Das war einer von den Guten." Er hatte ihr damals heimlich Essen zugesteckt.


    Beide "Welten" lebten also weiter im Ort ...


    Herzlich,


    Titus

    Zitat

    Original von Regenfisch
    Mir fällt ein Vergleich ein mit diesen Modellen, die es im Museum gibt. Es wird eine Szene dargestellt und man kann verschiedene Knöpfchen drücken. Ein Ausschnitt wird beleuchtet dann beleuchtet und trotzdem erkennt man den Platz des einzelnen im Zusammenhang.
    So kam mir das Zusammenspiel der Personen im Buch vor.


    Das ist ein toller Vergleich, Regenfisch! Freue mich sehr, dass es dir beim Lesen so ging. :-)


    Herzlich,


    Titus

    Zitat

    Original von LeseBär
    Unvorstellbar, dass unschuldige Menschen einfach so erschossen werden und niemand dafür zur Rechenschaft gezogen wird. Gab es für diese Szenerie eigentlich ein konkretes Vorbild?


    Hallo LeseBär,


    auf Sabotage stand eigentlich Straflager. Man weiß aber von dem für die Region zuständigen Straflager in Soest, dass dort Menschen zu Tode geprügelt und einfach verscharrt wurden, ohne Verfahren, ohne Konsequenzen für die Täter. Und "erschossen auf der Flucht" gab's natürlich auch, was -- zumindest für Hans -- genug Rechtfertigung für den Mord an Katja ist.


    Liebe Grüße,


    Titus

    Vielen, vielen Dank, maikaefer, Jupp, Tanzmaus, Johanna, binchen und JaneDoe,


    eure Antworten sind sehr spannend für mich!


    Zitat

    Original von JaneDoe
    Hier ging es um die Sicherheit einer ganzen Nation und die Szenen in Deutschland spielten sich im vergleichsweise unbedeutenden Umfeld ab.


    Das ist eine sehr gute Erklärung. Das eine ist weltbewegend, das andere eher privat. Und natürlich packt es einen mehr, wenn es "um etwas geht".


    Zitat

    Original von JaneDoe
    Nachtauge hätte ich gerne mehr in Aktion gesehen, über ihr Innenleben hätte ich dazu nicht unbedingt etwas wissen wollen. Keinesfalls mehr über ihren Hintergrund, das Geheimisvolle macht die Faszination an dieser Figur aus. Und ich gebe Jupp völlig recht, so jemand muss am Ende sterben, dafür gibt es keine andere Lösung. Ich mag es sehr, wenn sogenannte "gefährliche" Figuren nur von außen geschildert werden, ob sie eine schwere Kindheit hatten, will ich gar nicht wissen. Meist sind sie ja auch nicht dazu angelegt, sich mit ihnen zu identifizieren, da dürfen sie mir gerne fremd bleiben.


    Auch gut auf den Punkt gebracht. Und glücklicherweise seid ihr euch da relativ einig. Als der Lektor mir riet, nicht zu nah an Nachtauge heranzugehen, hat mich das zuerst irritiert, weil ich wichtige Figuren gern tiefer ausleuchte. Aber du hast recht, JaneDoe, man soll sich ja nicht unbedingt mit Nachtauge identifizieren, sie darf ein wenig fremd bleiben.


    Danke euch allen! :wave Ich lerne hier eine Menge.


    Titus

    Hallo binchen,


    ich bin genauso wie du von Günter Merlau begeistert. Habe ihn mir gewünscht, und der Hörbuchverlag hat es möglich gemacht.


    Im Regelfall mag ich gedrucke Bücher lieber. Aber Günter Merlau macht einem das Zuhören wirklich leicht. :)


    Herzlich,


    Titus

    Zitat

    Original von JaneDoe
    Nachtauges Motiv war also gekränkte Eitelkeit, die sich zum Hass gesteigert hat. Von ihr hätte ich persönlich gern mehr erfahren und dafür eine etwas kürzer gefasste Geschichte um Georg und Nadjeschka.


    Dazu gleich von mir eine Frage, gerne auch an die ganze Runde (solche Leserunden sind ja für uns Autoren perfekt, um dazuzulernen): Hättet ihr euch mehr "Innensicht" von Nachtauge gewünscht? Oder nur mehr von der Spionagehandlung und dem Katz-und-Maus-Spiel von MI5 und deutscher Abwehr?


    Bei der Innensicht bin ich nämlich unsicher gewesen. Ich schreibe gerne über die Gedanken und Gefühle der Figuren, fand hier aber, dass Nachtauge geheimnisvoll und ein wenig fremd bleiben sollte. Wie geht es euch, wenn ihr Thriller lest? Mögt ihr gern tief in die "gefährlichen Figuren" eintauchen, oder ist es für euch stimmungsvoller, wenn sie fast nur von außen geschildert werden? Wie habt ihr das bei diesem Roman empfunden?


    Danke für euer Feedback, auch an dich, JaneDoe, das ist sehr wertvoll für mich! :knuddel1


    Titus

    Zitat

    Original von maikaefer
    Einen Moment kam mir der Gedanke, dass Hans nur immer so tut als ob und dass am Ende er hinter den Streichholztexten steht. Dafür spräche auch, dass er sich von Axel wegversetzen ließ. Aber vermutlich geht da meine Phantasie mit mir durch. :grin :wave


    Finde ich eine tolle Idee! :wave

    Zitat

    Original von imandra777
    Bei Georg musste ich verstärkt daran denken, dass in ihm wohl sehr viel von dir, Titus, selbst steckt. Irgendwie würde ich dich so einschätzen. Vor allem, wenn ich an die Szene auf S. 152

    denke. :-)


    Hm, ich glaube, da ist was dran. War mir gar nicht so bewusst, aber du hast recht! :-)

    Zitat

    Original von maikaefer
    Aber besteht Hoffnung, dass du irgendwann auch wieder einmal weiter in die Vergangenheit zurückgehst... so wie beim Kalligraph oder der Priestertochter? :wave


    O ja! Ich sammle schon Stoff dafür. Hab da ein wunderbares Thema gefunden, ich hoffe, ich kann das Verlagsteam bei Blessing dafür begeistern. :-)

    Hallo Sapperlot,


    viel darf ich nicht verraten, mein Lektor ist da streng mit mir. :-)


    Aber als erste Hinweise: Es wird ein Historischer Roman, er spielt in Deutschland und die Geschichte, die ich erzähle, fand im 19. Jahrhundert statt.


    Vielleicht können wir, wenn der Roman nächstes Jahr im Herbst erscheint, wieder eine Büchereulen-Leserunde machen, das würde mich freuen! Es macht wirklich Spaß mit euch. :knuddel1


    Herzlich,


    Titus

    Ihr Lieben,


    ich freue mich so sehr, dass "Nachtauge" für euch spannend war! Sapperlot, natürlich habe ich beim Schreiben gelitten, das Buch hat mich in eine nicht immer angenehme Stimmung gebracht. Aber ich glaube, man wird nicht Autor, wenn man Gefühlsaufwallungen nicht mag. :-)


    Danke, dass ihr der Geschichte mit solchem Wohlwollen und solcher Neugier gefolgt seid! Ich fühle mich beschenkt.


    "Mehr Nachtauge", das hab ich mir fast schon gedacht, dass dieser Wunsch kommen würde. (Weil die Testleser sich das gleiche gewünscht haben.) Vielleicht schreibe ich mal wieder über eine Spionin oder einen Spion ...


    Liebe Grüße in die Runde,


    Titus (ich bleibe natürlich hier und lese aufmerksam weiter mit)

    Zitat

    Original von Tanzmaus
    Nur der Schwenk nach Amerika, der verwirrte mehr. Ich dachte schon, da geht es dann irgendwie weiter, aber dafür waren dann eindeutig zu wenig Seiten noch übrig... :gruebel


    Hallo Tanzmaus,


    der Schwenk nach Amerika war für mich deshalb wichtig, weil er die Bedeutung der "Operation Chastise" zeigt: Die Staumauer wurde ja zügig wieder aufgebaut, die Schäden an den Fabriken und Kraftwerken repariert. Aber die Amerikaner haben was daraus gelernt.


    Sie konnten damals mit den Engländern nicht mehr so gut und haben sie verdächtigt, sie würden die amerikanischen Soldaten in Europa bloß verheizen und selber nicht alles einsetzen. Deshalb wollte sich Amerika auf Japan konzentrieren und auf Australien, und Europa den Engländern überlassen. Das hätte den Krieg sehr verlängert. Churchill konnte beim Joint Meeting die Abgeordneten vom Mut der Engländern überzeugen, indem er von der riskanten Bombardierung der Talsperren erzählte, und die Zusammenarbeit neu bekräftigen. Ich bin sicher, das hat geholfen, sich auf die "Operation Overlord" zu einigen, auf die gemeinsame Landung in der Normandie.


    Ohne Churchills Rede vor dem Joint Meeting wenige Tage nach der "Operation Chastise" wäre ihre Bedeutung nicht deutlich genug geworden, fand ich.


    Herzlich,


    Titus

    Zitat

    Original von JaneDoe
    Auf S. 137 heißt es "Gestern haben sie schon eine von euch erschossen." Gemeint ist doch wohl Katja. Und auf S. 138 spricht Georg von der "heutigen Sabotage". Wenn Katja gemeint ist, dann müßte es auf S. 137 heute statt gestern heißen.


    Danke für den guten Hinweis, JaneDoe! Das werde ich korrigieren.


    Ich war mir offenbar nicht ganz im Klaren darüber, ob es schon nach Mitternacht ist oder nicht.


    Liebe Grüße!


    Titus

    Zitat

    Original von maikaefer
    Das Geschehen im Nazistaat ist ja heute bekannt, trotzdem - wie hast du das verkraften können, denn bei deinen Recherchen bist du ja nicht nur auf nüchterne Geschichtszahlen oder zumindest teilweise erdachte Schicksale wie zB in "Holocaust", "Exodus" oder dem kürzlichen ZDF-Dreiteiler gestoßen?
    Hat das evtl. auch etwas mit deinem bereits an anderer Stelle erwähnten Glauben zu tun?


    Die Schicksale, von denen ich erfahren habe, haben mich berührt. Und glaub mir, manchmal beim Schreiben heule ich ...


    Zitat

    Original von maikaefer
    Und: Was ist aus dem Kind geworden, das aus der Beziehung zwischen dem gehängten polnischen Zwangsarbeiter und der in Ravensbrück umgekommenen Deutschen stammte? Ist vielleicht dumm, in Anbetracht der Millionen Opfer der Zeit so etwas zu fragen, aber weißt du da etwas? Und: Jener Wachmann Robert, der einige Zwangsarbeiterinnen vor dem Ertrinkenstod bewahren, sich selbst aber nicht retten konnte - hatte der Familie und wurde die von den Nazis drangsaliert bzw später von der BRD finanziell irgendwie bedacht?
    Danke! :wave


    Zum Wachmann kann ich dir nichts Weiterführendes sagen, seine Geschichte habe ich im Buch "Wasserkrieg" von Helmuth Euler gelesen (Neuauflage noch dieses Jahr). Beim Kind müsste ich in meinen Büchern zu Hause nachschauen, aber ich bin gerade auf Lesereise. Wobei's auch nicht leicht wird, die entsprechende Stelle wiederzufinden ... Tut mir leid, maikaefer, ich kann deine Frage gut verstehen! Wüsste es selbst gerne.


    Herzlich,


    Titus

    Zitat

    Original von LeseBär
    Erstaunt war ich, dass es schon vor dem Krieg Eisdielen gegeben hat - ich dachte immer, die hätten sich erst mit den Gastarbeitern in den 50er Jahren hier etabliert. Wieder was dazu gelernt. ;-)


    Hallo Lesebär,


    ja, das fand ich auch spannend. Mit den italienischen Eisdielen kamen auch die neue Eissorten nach Deutschland (bis ca. 1930 kannte man nur Vanille, Erdbeer, Schokolade, und dann kam plötzlich Nusseis, Zitroneneis usw. dazu).


    Herzlich,


    Titus

    Zitat

    Original von Jupp
    Ich muss zugeben, dass ich im Moment keine Ahnung habe, welches Datum am Ende des dritten Abschnitts herrscht. Ist es schon Anfang Mai? Dafür spricht, dass im Radio schon die feindlichen Verluste für April durchgegeben wurden.


    Hallo Jupp,


    es gab mal eine Fassung des Romans, in dem ich über jedem Kapitel das Tagesdatum angegeben hatte. Mein Lektor war aber der Meinung, das würde aus dem Lesefluss herausreißen, und ich fand sein Argument überzeugend. Deshalb habe ich die Datumsangaben wieder rausgestrichen. Für welches Kapitel möchtest du das Datum wissen? Ich gebe es gerne durch. :grin


    Herzlich,


    Titus

    Zitat

    Original von Nachtgedanken
    Hallo Titus, wie war die Lesung in Neheim? Ich könnte mir vorstellen, dass nicht alle am Ort begeistert sind, dass er eine Hauptrolle spielt.


    Hallo Nachtgedanken,


    zumindest die Lesungsbesucher waren begeistert: Als ich am Nachmittag bei der Mayerschen Buchhandlung vorbeikam, stand auf dem Lesungsplakat schon fett "Ausverkauft", und am Abend war es so voll, dass Leute wieder nach Hause geschickt werden mussten (die gern an der Abendkasse noch eine Karte kaufen wollten).


    Beim Signieren der Bücher habe ich dann einige Geschichten gehört, u.a. von Leuten, die als Kind die Bombardierung der Möhnetalsperre und die Flutkatastrophe miterlebt haben.


    Und nach der Lesung waren die Buchhändlerinnen, die Pressereferentin von Blessing und ich noch essen -- mit ganz besonderen Personen: Nachfahren von Nadjeschka alias Elena Wolkowa. Das hat mir viel bedeutet.


    Liebe Grüße!


    Titus