Zitat
Original von arter
crycorner
, ich weiß nicht... das mit dem anerkannten Krankheitsbild mag irgendwo stimmen, aber ich glaube so manch einer legt sich das auch als bequeme Ausrede zurecht. Und das ist es was ich mit "Gejammer" meine.
Arter, das Problem ist: Wer bitteschön beurteilt, ob derjenige sich eine Ausrede zurecht legt oder tatsächlich krank ist? In unserer Gesellschaft werden psychische Krankheiten einfach nicht ernst genommen, weil die Leute halt nicht kotzen oder sonstwie handfest krank wirken, sondern "jammern".
Und selbst, wenn derjenige noch nicht psychisch krank ist: Wenn jemand arbeitslos wird, jammert er natürlich. Er will darüber reden. Mitteilen, dass er sich scheisse fühlt. Was passiert dann? Die meisten sogenannten Freunde wenden sich ab. Die Familie meldet sich nicht mehr. Die Person wird mit ihrem Gejammer als Belastung empfunden. Glück hat, wer jemanden an seiner Seite hat, der sich dann wirklich um einen kümmert. Aber es kommt zur sozialen Isolation. Tagsüber ist kein Kumpel erreichbar. Arbeiten ja alle. Man sitzt nur rum, die Decke fällt einen auf den Kopf. Dann bekommt man noch jede Menge Absagen. Der Arbeitsamtfutzi schickt einem völlig bescheuerte Vermittlungsvorschläge und verlangt, dass man sich auf jeden Mist bewirbt (damit die Vermittlungsquote stimmt). Entweder man fügt sich demütig, oder man führt einen Konflikt zum Thema "Zumutbarkeit" bei der Arbeitsvermittlung. Es kommen finanzielle Sorgen hinzu und das Gefühl, in der Gesellschaft nichts wert zu sein. Depression ist oft die Folge. Das führt aber wiederum dazu, dass man noch mehr jammert, antriebslos wird, noch mehr Druck vom Arbeitsamt bekommt, noch weniger Freunde und Verwandte sich um einen kümmern, usw...
Ich kenne Deinen Lebenslauf nicht. Solltest Du einer sein, der sich aus den tiefsten Tiefen selbst herausgezogen hat: RESPEKT! Die Wenigsten schaffen das. Deswegen wird ja auch so gerne über diejenigen erzählt, die es geschafft haben.
Nichtsdestotrotz sollte man sich mal mit dem Krankheitsbild und Krankheitsverlauf einer Depression befassen, bevor man vorschnell aburteilt und den Leuten unterstellt, dass sie halt einfach nicht wollen.
Sicher, jeder mag in seinem weiteren Bekanntenkreis auch Ossis oder Wessis haben, bei denen man nur den Kopf schütteln kann, aber das sind dann Einzelfälle. Kein Grund, direkt eine unbekannte Gruppe abzuurteilen.
Eigentlich wollte ich meine Geschichte über genau dieses Thema schreiben. Die andere Seite der Gesellschaft. Eine Geschichte aus der Sicht eines Arbeitslosen. Ich hätte es aber nie auf 500 Worte beschränken können, habe einfach keinen Ansatz gefunden, vor Allem aber kein Ende.