Beiträge von FrauWilli

    Vor wenigen Minuten habe ich das Buch zu Ende gelesen und bin begeistert. Großartig!


    Mir hat besonders der unaufgeregte Stil gefallen mit dem der Autor den wortkargen und stillen Helmer beschreibt.
    Helmer, der den Vater nach oben verfrachtet, das Untergeschoß renoviert und dann aus seiner Lethargie gerissen wird als der Brief von Riet eintrifft.
    Riet, die seinen Bruder hätte heiraten wollen, wäre dieser nicht tödlich verunglückt. Und ausgerechnet Riet ist schuld an diesem Unfall.


    Der Vater macht dem 19jährigen unmissverständlich klar, dass es mit dem "Studieren der Wörter - dort drunten in Amsterdam" vorbei ist. Und Helmer muss auf dem Hof bleiben. Und da bleibt er zwischen all den Kühen, Schafen und mittlerweile zwei Eseln.
    Wie rührend die Szene "...und mich auf alle Stühle gesetzt hatte, als ob ich versuchen würde, zu viert zu sein, um nicht alleine essen zu müssen"


    Im Laufe der Geschichte erfahren wir auch, warum er den Vater nach oben bringt; warum er den Arzt nicht ruft; warum er anderen gegenüber behauptet der Vater sei senil geworden. Und dieser ihm noch nicht einmal den Gefallen tut zu sterben.


    Eine ganz einfach erzählte Geschichte, eine großartige Geschichte, die einmal mehr zeigt, wie schnell unsere Lebensplanung einen anderen Weg einschlagen kann und wir nicht so werden, wir wir gehofft hatten.

    Klappentext:


    Sommer 1944, irgendwo im Schwäbischen: Den Jungs aus der Freibadclique, alle Jahrgang 1929, steht der Sinn nach allem mehr als nach dem nationalen Gedanken. Sie sehnen sich nach Swing und Bigband-Sound, nach Lore im roten Badeanzug und dem Ende des faulen Zaubers Voller Poesie, rauer Jungs-Atmosphäre und ungemein lebendig erinnert sich Oliver Storz an einen denkwürdigen Sommer am Ende des Kriegs.


    Über den Autor
    Oliver Storz, geboren 1929 in Mannheim, aufgewachsen in Schwäbisch Hall, war Feuilletonredakteur und Theaterkritiker bei der Stuttgarter Zeitung. Ab 1960 bei der Bavaria als Autor, Produzent, Dramaturg, seit 1976 freier Schriftsteller und Regisseur. Seine Filme wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Grimme-Preis


    Eigene Meinung:


    Ich habe schon viele Bücher über den 2. Weltkrieg gelesen.
    Aber dieses hier ist wie kein zweites. Der Autor selbst Jahrgang 1929 erzählt die Geschichte von fünf Freunden die im Jahre 1944 andere Sorgen haben als das was da im Krieg passiert. Nämlich Mädchen und wie man diese erobert. Aber das nahe Ende des Krieges macht auch vor diesen 15jährigen Jungs nicht halt. Angesichts der ernsten Kriegslage kommt dann eines Tages "dieser Wisch vom Gesundheitsamt" ins Haus in dem alle Jungs des Jahrgangs ´29 in knappem "Nötigunsdeutsch" aufgefordert werden sauber gewaschen und in tadelloser HJ-Uniform zwecks Teilnahme einer Röntgenreihenuntersuchung sich auf dem Marktplatz einzufinden.
    Alle wurden genommen, auch der kleine Hosenmacher, denn die Kriegsführung war nicht mehr wählerisch, die Vorstellung war noch nicht zu Ende und zum Ende hin kämpften in den Straßen Berlins sogar 12jährige.
    Das "Abenteuer" Krieg wird natürlich für alle schicksalsträchtig und selbst als man im Graben sitzt ist man sich der Ernsthaftigkeit noch nicht bewußt und denkt über die Mädels nach. Oder gerade deswegen.
    Erzählt werden die Erlebnisse der Jungs während der letzten Kriegsmonate aber auch danach als die Amerikaner kamen, mit ihren Zigaretten und wohlgenährten Körpern. Die die Dörfer besetzt haben und den Einheimischen Zigaretten, Kaffee, Kaugummi und den Schwarzmarkt schmackhaft gemacht haben.
    Die aber auch in jedem halbwüchsigem Deutschen der in Besitz einer Waffe war eine blustrünstige Bestie sahen, der auf seine Chance im Untergrund wartete.


    An der Stelle möchte ich gerne noch einen Absatz aus dem Buch zitieren, der mich persönlich sehr berührt hat:
    "Ein deutscher Junge weint nicht" - zwar hatten wir schon in der HJ gelacht über die Verkünder solcher Kernsätze, verkniffene Turnlehrertypen und braungoldbetuchte Parteiredner mit Schweißgeruch, aber bei all ihrer zackigen Lächerlichkeit: Das Zeigen von Gefühlen haben sie uns doch versaut"


    Ein wunderbares Buch über Freundschaft, über die Sinnlosigkeit eines Krieges und was dieser mit den Menschen macht. Geschrieben in einer sinnlich-poetischen Sprache.
    Ich werde das Buch sicherlich noch oft empfehlen und verschenken.


    Die Freibadclique - Oliver Storz
    SchirmerGraf 2008
    247 Seiten - € 19,80

    Nachdem ich meinen Aufwach-Kaffee getrunken habe werde ich meine Gummistiefelchen anziehen und mit den Hunden eine anständige Runde laufen, danach großes Frühstück (wir haben das Haus voll mit Verwandschaft und Freunden, die heute wieder abreisen) und dann nix mehr....nur noch lesen :-)


    :flowers :flowers :flowers

    Mein erstes Auto war ein feuerroter Käfer mit allem Furz und Feuerstein für DM 1.000,-- und nachdem ich ihn 3 Wochen hatte, habe ich ihn mit Karacho an die Wand gesetzt. Danach hatte ich kein Auto mehr und war pleite :kopfdreher