Vorneweg: ich mag das Buch, weil es sehr viel anstößt und zum Überprüfen der eigenen Werte anregt, aber ich finde es sehr anstrengend zu lesen. Ich komme nicht vorwärts, denn sobald ich ein paar Seiten gelesen habe, reichen mir die ganzen Informationen und Eindrücke schon wieder. So komme ich leider gar nicht in einen Leseflow.
Schade.
Zumindest hat sich in diesem Abschnitt einiges geklärt. Wir wissen, warum Josie krank ist (ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass diese Genoptimierung erst im Kindestalter durchgeführt wurde - wie auch immer
) und was es mit diesem Porträt auf sich hat. Diese Auflösung ist für mich sehr stimmig, irgendwie hat das ganze Buch in diese Richtung geführt und vieles macht jetzt wirklich Sinn.
Ich bin sehr froh, dass ich der Mutter Unrecht getan habe und sie sich jetzt doch als liebende Mutter herausstellt, die bewusst nichts Böses gegenüber Josie im Sinn hat. Auch wenn ihre eigene Verzweiflung sie zu Handlungen treibt, die - gelinde gesagt - sehr fragwürdig sind.
Am schlimmsten finde ich es ehrlich gesagt für Josie. Sie lebt, aber die Mutter denkt darüber nach, wie sie sie ersetzen kann. Es ist die Frage, wieviel Josie weiß. Aus den Gesprächen geht hervor, dass sie sicher etwas ahnt.
Das finde ich auch. Und das ist für mich das Tragischste an der ganzen Sache: Josie lebt noch (ob sie eine reale Überlebenschance hat, wissen wir leider nicht) und die Mutter plant hintenrücks schon ihren Ersatz und handelt danach. Dadurch verletzt sie Josie, wie beim geplanten Ausflug, als sie Josie wohl ganz bewusst ausgrenzt und daheimlässt um zu sehen, ob sie mit Klara als Josie klarkommt.
Ich denke schon, dass sie etwas ahnt. Im ersten Moment dachte ich auch, dass es für Josie ganz furchtbar sein muss, dass sie ersetzt werden soll. Aber vielleicht hat es für sie auch etwas tröstliches. Ich denke, dass sie weiß, dass sie vielleicht stirbt. Sie hat miterlebt, wie sehr ihre Mutter um Sal getrauert hat bzw. dies immer noch tut. Vielleicht ist es für Josie, leichter zu gehen, wenn sie weiß, dass Klara an der Seite ihrer Mutter bleibt. Das könnte ich mir zumindest vorstellen.
Dass ist ein sehr interessanter Gedanke und ich denke, Regenfisch
hat damit recht. Josie liebt ihre Mutter, das kommt wiederholt sehr deutlich zum Ausdruck. Sie möchte nicht, dass es ihr nach ihrem Tod schlechtgeht und wenn diese Lösung der Mutter hilft, ist es auch für sie gut. Trotzdem würde ich mir sehr wünschen, niemand, vor allem nicht ein Kind, müsste so denken und könnte die gesamte Kraft aufs Überleben richten.
Die Mutter geht davon aus das Josie stirbt und deswegen wird eine künstliche Josie nachgebaut, die dann von Klara bewohnt werden soll? Was für eine schlimme Vorstellung. Keine Person kann doch einfach ersetzt werden, wie gruselig.
Für uns eine ganz furchtbare Vorstellung, das stimmt! Ich glaube auch nicht, dass dieses Ersetzen klappt. Die Mutter glaubt es ja selber nicht. Es kann vielleicht eine außenstehende Person getäuscht werden, aber alle anderen werden doch in dieser Nachbildung immer die Maschine sehen und nie die echte, lebende Josie. Abgesehen davon mache ich mir praktische Gedanken: sie würde nicht altern, wäre also von daher schon "unnatürlich" und vor allem könnte sie sich nie ändern. Und auch das gehört zum Leben dazu.
Allerdings möchte ich noch einen anderen Gedanken ins Gespräch bringen: vor ein paar Monaten habe ich im Radio ein Reportage darüber gehört, wie sich jemand aus social-media-Nachrichten eine KI programmiert, die so tut, als wäre sie eine Verstorbene. Ich hab mal im Netz gesucht, ihr könnt die Geschichte z. B. hier nachlesen: https://www.stern.de/digital/nach-ihrem-tod--mann-erschafft-chatbot-seiner-verstorbenen-verlobten-30633810.html
Auf den ersten Blick: furchtbar. Für mich definitv keine Möglichkeit der Trauerbewältigung. ABER bei genauerem Hinsehen/Nachdenken vielleicht im Einzelfall eine Möglichkeit, den "Überlebenden" den Abschied zu erleichtern. Nicht als Dauerlösung, aber für einen weiteren Schritt. Eine Gelegenheit, manches für sich (nicht für den Verstorbenen) zu klären und loszuwerden. Nicht umsonst empfehlen Psychologen, man könne/solle Verstorbenen Briefe schreiben. Da gehts nicht um den Empfänger, sondern darum, selber weiterleben zu können. Und von daher: wenns hilft und wems hilft - warum nicht?
Das sehe ich genau so . Wahrscheinlich Ist das, was der Vater hier über das menschliche Herz erklärt, die entscheidende Aussage des Romans: Was macht uns als Menschen aus? Was macht uns zum Menschen und einzigartigem Individuum?
Da gebe ich dir recht. Egal ob man jetzt an das Herz (wie der Vater), an eine Seele oder an das menschliche Bewusstsein glaubt, das macht unser Menschsein aus. Allerdings frage ich mich, ob dieser Capaldi recht hat und irgendeine Generation nach uns sich von dieser Vorstellung löst. Für mich unvorstellbar, aber wie sieht es in X Jahren aus???
So, jetzt ist der Post total lang geworden und ich wollte ja noch was zu Klara und der Cooting-Maschine und dem Vater und ... schreiben - das spar ich mir momentan lieber mal auf. Ihr merkt aber, auch wenn das Lesen mühsam ist - Gedanken hab ich zum Buch genug! 