Kapitel 11 hält wieder einmal einen echten dunnettschen Kracher bereit. Geschickt schafft sie es wieder, selbst bei dieser Ausgangslage in die Leser Zweifel zu verpflanzen, ob es wirklich so war, wie es war. Diesmal scheint es mir aber nahezu unmöglich zu sein, dass Niccolo ein Vorwurf an den Geschehnissen trifft. Aber das Zusammenspiel der einzelnen Handlungen ergibt wieder ein völlig undurchsichtiges Bild.
Niccolo muss bereits davor etwas geahnt haben, sonst hätte er gar nicht erst am Bogenschießen teilgenommen. Gerade Adorne vor einem Attentat zu schützen, war der eigentliche Grund für ihn, warum er teilgenommen hat. Leider durchblicke ich die politischen Begleitumstände zu wenig, um wirklich spekulieren zu können. Hat etwa die Abberufung Adornes indirekt etwas damit zu tun? Gewissermaßen könnte ein Angriff auf ihn dadurch weniger gefährlich sein, aber dann müsste Niccolo bereits davor davon gewusst haben. Wäre an sich möglich. Seine Verbindung zu Burgund ist mir nicht klar.
Es fragt sich aber auch, woher Niccolo überhaupt einen Verdacht hatte, dass Adorne bei den Spielen Ziel eines Anschlages werden könnte? Ich habe in den vorhergehenden Kapiteln jedenfalls an keiner Stelle eine Andeutung dahin vermutet. Nach dem Tausch der Bögen, hatte ich erst die Vermutung, dass es eigentlich darum gegangen war, die Ehre von Adorne zu "retten", nachdem er erst die öffentliche Erniedrigung hinnehmen musste und daraus geschlossen, dass Niccolo dabei seine Finger im Spiel hatte. Aber wenn man sich das Gespräch mit seinem Diener (wo kommt der eigentlich plötzlich her?) dann nocheinmal durchliest, geht es darin mE klar um einen körperlichen Angriff gg Adorne.
Die Situation des Attentats selbst hilft auch nicht wirklich weiter. Vier Pfeile waren es. Zeno trifft das Ziel, Julius spaltet im Ziel den Pfeil Zenos, Niccolo trifft Julius und der Attentäter verfehlt Adorne. Davor bemerkt Anna noch, dass wenn man sich Julius und Niccolo ansieht, dann würde man glauben, dass sie perfekt aufeinander eingespielt sind. Danach tötet Zeno sofort den Attentäter.
Ist in der Beschreibung dieser Situation etwas angedeutet? Mein Bauchgefühl sagt mir, dass Zeno in dieser Konstellation der Übeltäter ist. Vielleicht spaltet Julius Pfeil deswegen Zenos Pfeil?
Schwer ist auch einordenbar, wie Zenos Gegenwehr auf den Attentäter zu verstehen ist? Einerseits wirkt es sehr verdächtig - fast schon zu plakativ verdächtig für DD. Andererseits weis man aber auch nicht, ob es sich dabei um eine übliche Reaktion gehandelt hat. Immerhin hätte er mit einem weiteren Pfeil versuchen können, einen weiteren Schuß abzugeben. Ob eine solche Gefahr real bestand, wird leider verschwiegen.
Am auffälligsten in der Szene finde ich noch, dass das eigentliche Ziel Adorne ohne Schaden davonkommt. Wenn man davon ausgeht, dass es sich dabei um einen Auftragstäter handelt, wird man davon ausgehen dürfen, dass es sich dabei um einen guten Schützen gehandelt haben wird. Wenn man davor während des Turniers erfährt, wie man auch bei Regen gut schießen kann, dann erscheint es seltsam, aber natürlich kann auch der beste Schütze danebenschießen.
Bleibt aber wieder die Frage, warum Adorne? Wenn der Attentäter nicht am aktuellsten Stand gewesen sein sollte, wäre es noch denkbar, um seine Reise in den Osten zu verhindern. Ansonsten waren bisher keine Motive gg Adorne in der Geschichte sichtbar. Nachdem es bisher stark politisch angehaucht war, denke ich nicht an rein wirtschaftliche Motive.
Im Endeffekt wird aber "nur" die Reise von Julius verhindert, und diese tatsächlich. Aber falls Julius Ziel des Attentats gewesen sein sollte und das andere nur ableckender Theaterdonner, bleibt das Problem, dass das nach den physiklischen Gesetzen wohl als unmöglich gelten muss. Ehrlich gesagt, würde ich es Niccolo auch nicht zutrauen.
Seltsam war aber gerade sein "Zusammenbruch" in dem Moment, in dem man erkennt, dass Julius doch noch atmet, aber allemal. Steckt da vll seine komische Kraft dahinter?