Beiträge von BirgitF

    Ich habe diesen ersten und mittlerweile auch den zweiten Teil der Trilogie schon in Englisch gelesen (bevor ich wusste, dass die Bücher übersetzt werden).


    Ich mochte diesen ersten Teil sehr, weil er m. E. eine neue Generation von Ägyptenromanen darstellt - und zwar eine doch eher anspruchsvolle.
    Es ist ein m. E auch philosophisches Buch, das sich mit dem spirituellen Schicksal des Sehers Hui beschäftigt.


    Pauline Gedge dringt mit dieser Trilogie weiter in die ägyptische Geschiche vor, als es die meisten Ägyptenautoren (und da schließe ich mich ein!) bisher getan haben und beweist, dass sie sich mit altägyptischer Religion und kulturellem/spirituellen Verständnis gut auskennt.


    Bemerkenswert ist mal wieder Gedges unvergleichliche Fähigkeit die Atmosphäre des alten Ägypten mit seinem Alltag, seinen Menschen und seinen Gefühle festzuhalten. Einfach toll gelungen, wie ich finde.


    Das Buch bzw. die Trilogie stellt m. E. einen wichtigen Schritt dar, wenn der Ägyptenroman ein Revival erfahren soll(te).


    Mich hat das Buch begeistert, eben wegen der Tiefe der Handlung.


    Ein gravierender Fehler aber war zumindest in der englischen Fassung - die Seelenverschlingerin beim Totengericht ist nicht der krokodilgestaltige Gott Sobek (das ist ein Fruchtbarkeitsgott), sondern Ammit, ein Wesen, das einen Krokodilskopf, Löwenpranken und den Leib eines Nilpferds hat.
    Dieser Fehler hat mich gewundert, da Gedge sich wirklich gut auskennt, und das Totengericht eigentlich zum oberflächlichen Wissen über das Alte Ägypten gehört.


    Trotzdem ... für alle Gedge- und Ägyptenfans ENDLICH mal wieder neues Lesefutter!!!

    Hach ja, ich gebs ja zu, die Priesterinnenszene in Ephesos war etwas pathetisch. Aber sie stand auch im Bezug zur gemalten Karte, die ich auch von ihrer Aussage pathetisch finde. Das durfte sich für mein Empfinden ruhig wiederfinden - die Kernaussage "Die Große Mutter über allem" :rofl :lache


    Zitat

    Original von SabineW
    So empfand ich es auch. Den ersten Band empfand ich als "elementarer", es ging stärker um unterschiedliche Kulturen und Lebensentwürfe, verkörpert durch Selina und Pairy. Der zweite eher ein "Abenteuer", das auf dem Boden spielt, den der erste bereitet hat. Das erkennt man schon am Auslöser des Ganzen: Kamara beobachtet zufällig eine Intrige, in der es um etwas eher Banales ging (Diebstahl), und das ist der Auslöser für diese ganzen Ereignisse.


    Spannend waren beide, der zweite vielleicht sogar noch mehr. Aber mein Romantikerherz war mit dem ersten dann doch etwas glücklicher. Pairy hat sozusagen den Ausschlag gegeben. Eine starke Männerfigur hat mir im zweiten gefehlt, Hori kam halt zu spät ausm Quark. :erzaehl


    Das stimmt, im zweiten Band geht es stärker um die Einzelschicksale, und die Entwicklung ist nicht so sehr von kulturellen Erlebnissen abhängig, sondern von dem Zusammenspiel der Charaktere.


    Da darf dann auch wirklich jeder seinen Favoriten heraussuchen, wie er es gerne hätte. :-)

    Sabine : Na siehst du - also doch noch Schoki fürs Frauenherz ;-)


    Aber man kann Hori seine Nutzlosigkeit zwischen den ganzen Frauen nun wirklich nicht vorwerfen. Man muss das heute nur mal auf Partys oder in bestimmten Gruppensituationen beobachten, in denen ein Mann mit seiner Frau und mehreren anderen Frauen ohne weitere Männer zwangsinvolviert ist. :chen
    Die Ratlosigkeit des Mannes steht ihm oft in den Augen geschrieben.


    Erst am Wochenende hatte ich wieder das Erlebnis auf einer Vernissage mit einer Freundin, bei der auch meine Mutter und ihre Mutter und als einziger Mann der Vater meiner Freundin dabei war.
    Irgendwann war er furchtbar froh, sich "nützlich machen" zu können und die gebrauchten Gläser wegräumen zu können. Ich glaube, er hätte sich am liebsten noch an den Grill gestellt, um irgendetwas "nützliches" tun zu können. :help

    Sabine : Ja, Eneas Hinscheiden ist genauso nutzlos, unspektakulär und "nebenbei" wie sein ganzes Leben.
    Eigentlich hat genau diese ganze Banalität seines Lebens schon wieder eine tiefergreifende Tragik, wenn man drüber nachdenkt. :gruebel :grin


    Zalpa war eben eine Stadt am Meer, mit einem zentralen Hafen (heute ist von der Stadt nur noch ein Steinhaufen übrig). Eine Handelsstadt, in die Schiffe kamen, von der man in alle Richtungen in See stechen konnte. Da lag man nicht so falsch, wenn man da hin ging. Sie stand nicht direkt unter mykenischer Herrschaft, sondern unter hethitischer ... für Kamara und ihre Gefährten in dem Augenblick erstmal ein sinnvolles Etappenziel, um weiter zu überlegen, was man nun tun sollte. ;-)


    Ein wenig altägyptischen Humor brauchte ich natürlich auch wieder ... der "Schöne Katzengestaltige", der von seinen Männern heimlich "Fette Katze" genannt wird. (wenn ich mir sowas ausdenke ... ich muss es ja gestehen ... hab ich immer unheimlich Spaß in den Backen) :rofl

    Zitat

    Original von Nightflower
    Und bin immer noch der Meinung, dass Kamara bei ihm viele Freiheiten behalten hätte dürfen. Die totale Freiheit gibt es nicht! Er hätte ihr vermutlich auch noch mehr erlaubt als Pairy Selina.


    :yikes *Zehnägelaufroll* ;-) ... das ist ja schon beinahe Nikes Einstellung, bevor sie aus Mykene flieht.


    Ich glaube, genau darum ging es Kamara. Sie möchte nicht, nur weil sie eine Frau ist, um Erlaubnis fragen müssen, ob sie die gleichen Freiheiten wie die Männer haben darf.
    Für sie ist dies selbstverständlich und ein Grundrecht, für das sie sich mit aller Konsequenz entscheidet.


    Nennen wir sie - die Alice Schwarzer der Antike. :lache

    Christine : Ja, für Jocasta gab es nach ihrer Vorstellung zwei Möglichkeiten ... einem Ehemann dienen oder eben grundsätzlich Männern dienen.
    Einen Ehemann kann sie nicht ablehnen, einen Freier natürlich schon. Bleibt die Frage, wie viele von ihren Freiern, die sie nicht ablehnt, ihr wirklich angenehm sind.
    Sagen wir so - Jocasta hat den typisch weiblichen Kompromiss in einer patriarchalen Gesellschaftsform gewählt. "Wenn ich schon dienen muss, dann will ich wenigstens mein eigenes Geld verdienen."
    Schlimm ist im Endeffekt, dass es keinen anderen Weg für sie gab, ihr Leben frei zu bestimmen. :-(

    Faraday : Siehst du, so unterschiedlich wird es empfunden. Du findest, dass die Bücher sich ähneln (wahrscheinlich durch das Grundthema ... zwangsläufige Reise durch verschiedene Kulturen) und andere empfinden die beiden Bücher als sehr unterschiedlich.
    Rasanter als die Amazonentochter war es natürlich wirklich. :rofl Aber ich muss zugeben, dass es auch seinen Reiz hatte, mal was richtig Temporeiches zu schreiben. Der Abwechslungsfaktor war beim Schreiben schon sehr groß :reiter :lache


    Ich freu mich, dass es dir gefallen hat. Zu einem dritten Teil kann ich wirklich bisher nur sagen, dass, wenn es einen geben wird, er komplett andere Hauptpersonen und einen anderen Handlungsstrang haben wird. Selinas und Kamaras Geschichte ist nun wirklich erzählt, die der Amazonen könnte zumindest noch weiter gehen. ;-)

    Nightflower : Kamara ist schon irgendwie eigenständiger, nicht so sehr emotional abhängig vom konventionellen Familienbund. Selina hat damals ihre eigenen Entscheidungen getroffen, und sich von ihrem Volk abgewendet, man kann Kamara nicht übel nehmen, dass sie Entscheidungen für ihr Glück und nicht für das Glück anderer trifft.
    Aber deshalb ist sie natürlich kein moralisch schlechterer Mensch, sondern einfach ein freiheitsliebender. Man kann von einem Menschen nicht verlangen, dass er so tickt, wie man ihn sich wünscht, man kann nur verlangen, dass er nicht willkürlich mit den Gefühlen anderer spielt.
    Einerseits kann man natürlich denken, klar sie tut genau das mit Hori, aber im Grunde genommen ist es auch Horis Entscheidung gewesen, ihr allen Widerständen zum Trotz hinterher zu laufen und sie in eine Ehe zu zwingen. (Auch nicht moralisch einwandfrei, ziemlich egoistisch sogar, wenn man es genau nimmt!)
    Sie schleppt Hori eigentlich auch nicht mit zu den Amazonen - er entscheidet sich selbst dafür. Vielleicht auch nicht ganz uneigennützig. Und momentan sieht er, wie er ja selbst sagt, auch wenig andere Möglichkeiten.
    Im Grunde genommen denke ich, dass Kamara und Hori beide ein wenig ihre Vorteile im Kopf haben, nur war damals Hori in Ägypten als Mann eben in der Entscheidungsgewalt und nun, in einer anderen Situation, hat Kamara die Nase vorn. Sowohl Hori damals in Ägypten als auch Kamara jetzt, nutzen diesen Vorteil für sich.


    Immerhin, dass Kamara Kay für Hori hat leben lassen, zeigt auch wieder, dass sie durchaus nicht grundlos auf den Gefühlen anderer herumtrampelt. :-)

    Sabine : Dass du das genau so haben wolltest, wollte ich damit gar nicht sagen. :keks :-)


    Aber es ist ja kein Geheimnis, dass es gewisse Standardhandlungsstränge oder auch bewährte Vorgaben zur Charakterisierung der Protagonisten und Antagonisten gibt, an die sich viele Autoren gerne als sicheres Konzept halten. Und eben DAS tue ich eben nicht in der Form. Ich bin ein Freund von Individualität, neuen Ideen, und ich mag einfach kein Konformdenken.
    Darum ging es mir eigentlich nur ... und wahrscheinlich merkt man eben diese Einstellung meinen Charakteren bzw. Romanen an. Eine gewisse Eigenwilligkeit, die aber nicht, wie ich finde, bis zum Exzess ausgebreitet wird. ;-)

    Sabine : Ja, ich geb zu - Standardcharaktere sind das alles nicht. :grin
    Aber ich mag sowas ja, ne? Menschen aus dem Leben, nicht glattgebügelte Sympathieträger auf ein typisches Romanablaufschema reduziert.
    Man weiß eben nicht, wie sie sich entwickeln, man kann es nicht einschätzen.
    Ich bin einfach kein großer Fan von typischen Sympathieträgern und vorhersehbaren Entwicklungen. Solche Charaktere in einer Geschichte muss und soll es zwar auch geben, aber im Grunde genommen will ich bis zum Schluss noch mit einer Überraschung rechnen können. Ich bin einfach kein Fan von gepflegter Langeweile und einem zwar auf den ersten Blick den Leser befriedigenden Ende, das aber schnell einen flauen Geschmack hinterlässt nach dem Motto "aha, ... öfter mal was Neues" :achtungironie.
    Ein Roman, dessen Charaktere und seine Handlung sollte für mich eigentlich wie ein Überraschungsei sein: Spannung, Spaß und Schokolade bis zum Schluss. :freude

    Sabine : Tja, bei Eneas weiß man es nicht, was seine Ambitionen überhaupt sind. Vielleicht ist es auch eine Mischung zwischen beidem - einerseits seine männliche Überzeugung, mit der er Kamara sieht " ... Meins!!! Nicht anfassen!" :hau aber gleichzeitig auch das denken "Ich bin es eh gewohnt ... da muss nicht auch noch jemand anders diese Erfahrung machen". Wobei es ja ohnehin schwierig gewesen wäre, weil dann doch aufgeflogen wäre, dass Kamara ein Mädchen ist.


    Findest du die Gruppe wirklich so extrem unsymphatisch? Ich finde sie eher spannend in der Konstellation mit den Reibereichen. Wirklich unsympathisch finde ich den etwas unglücklich zusammen geschweißten Haufen eigentlich nicht - im Gegenteil. Ihre Unterschiedlichkeit und unvermeidlichen Reibereien, macht mir die Gruppe her als Gesamtkonzept sympathisch.

    Christine : Wobei Eneas Verhalten auch aus dem kulturellen Hintergrund gesehen werden kann. Er hält sich sozusagen für den rechtmäßigen Gemahl Kamaras. Da Frauen eigentlich sehr abgeschieden und geschützt vor den Blicken anderer Männer lebten und die Schändung einer Frau eine direkte Beleidigung von dessen Vormund war ... na ja ... aber eigentlich sehe ich Eneas Verhalten in diesem Fall auch eher positiv und so, dass er so viel Emphatie empfindet, dass er sich denkt: Das Schreckliche, was ich erlebt habe, soll sie nicht erleben. :nono


    Jocasta: Hm, ob sie wirklich glücklicher ist? Als eine interessante Person habe ich sie eher nicht empfunden - eher als eine in ihren Illusionen gefangene, die sich vollkommen von Äußerlichkeiten und Männern abhängig gemacht hat. Also, eigentlich ist sie für mich nur ein Umkehrmodell der beherrschten Ehefrau. Sie hat zwar nicht den direkten Patriarchen, dem sie gehorchen muss, aber sie gehorcht trotzdem rein patriarchalen Regeln. Ehefrauen werden in Patriarchaten von ihrem Mann reglementiert und müssen seinen Wünschen folgen und erhalten dafür "Schutz" vor anderen Übergriffen durch Männer.
    Jocasta geht es genauso, nur dass sie gleich mehreren Männern und deren Wünschen dienen muss(te). Sie erhält auch Schutz (in Form von Geld oder vielleicht auch Gefälligkeiten).


    Man muss es wirklich einmal ganz krass umdrehen. Für einen Mann wäre das mit Sicherheit kein Leben, das er als eigenständig bezeichnen würde, für eine Frau ist es das auch nicht.
    Ich meine, noch nicht einmal ihr eigener Körper gehört ihr! :-(

    Sabine : Grundsätzlich gibt es in diesem Buch weniger kuschelige Charaktere als im ersten Teil. Sie sind eigenwilliger und kantiger, vielleicht grundsätzlich etwas egoistischer. Es ist eine andere Generation, die sozusagen mit dem goldenen Löffel im Mund großgeworden ist, keine großen Schicksalsschläge hinter sich hat, wie Selina oder auch Pairy (früher Tod der Eltern bzw. Tod von Amenirdis). Dementsprechend viel Raum fordern sie auch für sich und ihre Lebensvorstellungen. Sie können sich entwickeln, aber nicht zu einer Selina oder einem Pairy. ;-)

    @sapperlot: Herzlich Willkommen im Ziel :wave


    Ich freu mich ja so, dass du das Ende des Gesamtkonzept als abgeschlossenen Zyklus siehst - eine Tochter wurde der Großen Mutter genommen, eine hat sie sich dafür zurückgeholt. So war es auch gedacht.


    Und auch dir vielen Dank fürs Mitmachen, Sapperlot. Schön, dass dir auch der 2. Teil gut gefallen hat und das Ende für dich harmonisch war. :blume

    Zitat

    Original von SabineW
    http://upload.wikimedia.org/wi…mer_der_Nefertari_003.jpg Das sieht doch wirklich so aus, als hätte die Gute das Kleid von der Brust an offen. Aber so richtig offen. Eine künstlerische Freizügigkeit? Oder gabs das wirklich?


    So, die Antwort ist einfacher, als man mal wieder denkt. (Und ich hab aber auch nicht drauf geachtet. Schau dir die Fußlinie/Knöchellinie des Gewandes an. Sie ist durchgehend.


    Es ist ein geschlossenes Gewand und soll wahrscheinlich darstellen, dass das Unterkleid sehr sehr sehr fein gewebt und durchsichtig war. ;-)