Nightflower
: Ja, mir war doch so ... ... im zweiten Teil gibts dafür auf jeden Fall Entschädigung für alle, denen die Mutter/Tochter-Bindung zwischen Penthesilea und Selina nicht stark genug rüber kam.
Beiträge von BirgitF
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silsi : Freut mich, dass du zum 2. Teil dann direkt mit dabei bist!!!
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Liebe Silsi,
ich finde es sogar ganz klasse, dass du dich hier meldest, um nochmal deine Fragen loszuwerden. Denn das ist ja auch das praktische an Foren und Forendiskussionen mit Autoren. Es geht ja nicht nur darum, dass der Autor sein Buch vorstellt, sondern den Lesern soll auch die Möglichkeit geboten werden, ihre Fragen zu stellen und beantwortet zu bekommen. In diesem Sinne - herzlich Willkommen, wenn auch verspätet.
Ja, im Februar (du warst dann wahrscheinlich auf der Lesung in der "Säule") hat ein älterer Herr den größten Teil der Fragestellung an sich gerissen - ich erinnere mich.
Erstmal finde ich es natürlich klasse, dass dir die "Amazonentochter" gut gefallen hat. Ich freue mich immer wieder, wenn mir Leser das sagen oder schreiben.
Und jetzt zu deinen Fragen:
Dass Selina keine gebürtige Amazone ist, hat schreibtechnische dramaturgische Gründe für mich gehabt:
1. Ich wollte noch vor der Darstellung der Amazonenkultur im Buch einen Blick auf die gegensätzliche Kultur des Patriarchats und der Einstellung Frauen gegenüber ermöglichen, was mit den Anfangsszenen und den Unterhaltung von Selinas Vater mit ihrer Mutter bzw. mit dem Truppführer geschah.
Dadurch wird noch einmal direkt deutlicher, wie ungewöhnlich die Amazonenkultur auch in dieser Zeit war.2. Selina ist eigentlich während des gesamten Buches irgendwie immer auf der Suche nach einer Heimat und fühlt sich entwurzelt. Dadurch, dass sie keine gebürtige Amazone ist, verstärkt sich auch hier nochmal der Eindruck ihrer Entwurzelung und die Prophezeihung der Seherin am Anfang, die ihr sagt, sie müsse ihren eigenen Weg finden bekommt mehr Gewicht.
Ihre griechische Herkunft spielt in diesem Sinne tatsächlich keine hervorgehobene Rolle, eher eine unterschwellige, die ich aber für die Handlung der Geschichte und ihren emotionalen Aufbau wichtig empfand.
Bzgl. Selinas Erschütterung, oder besser gesagt, nicht zu starken Erschütterung, als sie davon erfährt, dass Penthesilea nicht ihre leibliche Mutter ist (ich glaube, das hat sogar schon einmal jemand während der Leserunde angesprochen).
Ich persönlich hatte ihr Verhalten eigentlich schon von der Art der Kultur als normal empfunden, aber es scheint wohl doch einigen Lesern nicht so selbstverständlich zu sein.
Erstmal wird ja schon im Buch klar, dass viel eher Kleite die mütterliche Bezugsperson für Selina ist, Selina bewundert Penthesilea zwar - aber diese Bewunderung kommt eher der einer großen Schwester gleich. (Das hätte ich vielleicht etwas deutlicher hervorheben können.)
Dann die matriarchale Kultur, in der typische Familienbande, wie wir sie kennen, ohnehin nicht so existieren. Auch wird auf Seite 34 erwähnt, dass die Kinder relativ frei aufwachsen, und dass sich die ganze Frauengemeinschaft um die Kinder kümmert. Mutter-Kind-Bindungen sind in einer matriarchalen Gesellschaftsform u. U. nicht immer so extrem ausgeprägt, wie wir es kennen, da die Gemeinschaft an sich schon eine starke emotionale Bindung untereinander mitbringt und die Fixierung nicht unbedingt so stark auf Einzelpersonen gerichtet ist wie einer Gesellschaft mit festen Grenzen in Kleinfamilien.Bzgl. der Infragestellung von Selinas Nachfolge als Königin, als sie erfährt, dass Penthesilea nicht ihre leibliche Mutter ist.
Penthesilea hat ja Selina als Tochter angenommen, weil sie keine eigenen Kinder haben möche (bzw. keinen Sex) - auch die unbedingte Nachfolge durch Blutverwandschaft ist tatsächlich eher eine patriarchale Struktur.
Im Grunde genommen ist Selina ja so ziemlich die einzige, die nicht weiß, dass sie adoptiert ist - die Frauen wissen ja, dass Penthesilea sie als Baby angenommen hat.Später dann nimmt Penthesilea es hin, dass Selina ihre vermeintliche Tochter dem Vater mitgibt, da sie ansonsten Angst haben müsste, Selina würde auch gehen.
Bei der Frage, ob man ein Baby (das erst in vielen Jahren überhaupt regierungsfähig wäre) gegen eine Nachfolgerin im besten Alter (was Selina ja ist) tauscht, entscheidet man sich dann wahrscheinlich doch eher für das kleinere Übel. Außerdem ist Selina ja jung - sie kann weitere Töchter haben.
Wichtig ist erstmal die Gefahr abzuwenden, dass Selina mit Pairy verschwindet, denn das ist es ja, wovor Penthesilea am meisten Angst hat und was sie fürchtet - dass Selina ihr Volk für einen Mann verlässt bzw. verrät.Ich hoffe, ich konnte deine Fragen beantworten und ein paar Erklärungen zu meinen Überlegungen und Hintergründen geben.
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Zitat
Original von SiCollier
Übrigens steht hier neben mir im Regal eine gewisse Amazonentochter. Falls ich es schaffe, die vor dem 20. September zu lesen, treffen wir uns ab 20. anderweitig wieder. (Allerdings bin ich wegen zu vieler abgebrochener Leserunden dazu übergegangen, mich i. d. R. erst ganz kurz vor Beginn anzumelden. Oder wie hier als Nachzügler dazuzustoßen.)Na, dann bin ich gespannt und würde mich natürlich freuen, wenn es klappt (und vor allem, wenn dir Teil 1 dann auch schon einmal gut gefällt) - wenn es nicht klappt, ist das kein Problem. Ich kenne die Probleme der Zeitplanung nur zu gut und habe da absolutes Verständnis für deine zurückhaltendene Planung.
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@Izla: Nach Ägyptenromanen suche ich auch ständig!
Gibt ja nicht mehr viel, was ich nicht kenne und wenig, was neu produziert wird.
Lumos : Ich freu mich auf jeden Fall schon wieder auf die Leserunde mit euch!
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Hallo Izla - klar, trag dich erstmal mit einem ? ein. Ich würde dir ja wegen des Zeitmangels das Hörbuch zum 1. Teil empfehlen, aber das nutzt auch nichts, weil das erst am 30.09. im Buchhandel ist.
Ansonsten kann man zwar Teil 2 auch ohne Teil 1 lesen, aber dir fehlen dann doch ein paar Bezüge zur Vergangenheit, welche die anderen Teilnehmer, die die Amazonentochter kennen, schon haben. -
Juhuu Lumos and Welcome back to Amazonien ... ich hab schon dein "Smilieyges" Avatar hier vermisst.
Bouquineur : Es wäre auch echt schade, wenn du plötzlich das Interesse an Leserunden verlieren würdest. Du bringst Sachen immer so schön treffend auf den Punkt.
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Libussa, Tochter der Fürstin Scharka, wird unverhofft und ungewollt Nachfolgerin ihrer Mutter als Fürstin der Behaimen.
Es ist kein leichtes Amt, welches die junge Libussa antritt, denn die Männer beginnen, angestachelt durch christliche Einflüsse, immer mehr an ihren alten Traditionen, der Frauenherrschaft, zu zweifeln. Trotzdem gelingt es Libussa mit Hilfe ihres Gefährten, des Bauern Premysl, die verschiedenen Stämme immer wieder unter ihrer Oberherrschaft zu vereinen. Doch der Frankenkönig und damit die neue Religion, das Christentum, rückt immer näher und bedrängt sowohl alte Traditionen, wie auch Libussas Herrscheranspruch.Das Buch handelt von der Entstehung Prags, doch eigentlich ist es viel mehr als das – es ist die Geschichte der Menschen, welche die letzten Tage der alten Kultur und den Kampf um Tradition und Eigenständigkeit ausgefochten haben. Im Mittelpunkt steht zuerst einmal Libussa, später dann – nach einem Zeitsprung – ihre Familie, wie ihr Sohn Lidumir, ihre Tochter Scharka etc.
Einen Kunstgriff hat Tereza Vanek damit getan, dass sie nach dem Zeitsprung einen Großteil der Geschichte von Radegund, der fränkisch/christlichen Ehefrau des Sohnes Lidumir erzählen lässt. Hiermit wird dem Leser noch einmal ein anderer perspektivischer Blick auf die Kultur der Behaimen ermöglicht – der christliche.
Überhaupt besitzt die Geschichte durch ihre eigenwilligen und kantigen Charaktere einen besonderen Reiz. So bekommt der Kampf zwischen Christentum und Heidentum durch die krankhafte Zerrissenheit Radegunds noch einmal eine wichtige Nuancierung auf der emotionalen Ebene, was ich sehr gelungen empfunden habe, sind doch gerade Glaubensfragen immer subjektiv und emotional eingefärbt.
Überhaupt besitzt das Buch keine stereotypen Helden oder unfehlbaren Märtyrer. Tatsächlich straucheln die Protagonisten mehr als einmal, verzetteln sich oder verhalten sich nicht immer vorbildlich. Das macht die Geschichte für den Leser noch einmal spannender, denn er kann nicht wirklich einschätzen, ob die Personen sich im nächsten Moment klug verhalten oder eine Fehlentscheidung treffen.
Mein Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, das mit überraschenden Charakteren und einer ungewöhnlichen Konfrontation von Christentum und Heidentum aufwartet und sich nicht nur auf eine Perspektive beschränkt. Es lässt Raum für die eigenen Gedanken, Diskussionen und Wertungen, und erfüllt damit für mich alle Voraussetzungen eines spannenden und gleichzeitig interessanten Buches, welches man schwer aus der Hand legen kann. 10 Punkte für dieses gelungene und individuelle Buch. -
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[quote]Original von Tereza
Kazi ist durchaus rücksichtslos, das stimmt. Aber der Begriff Soziopath passt nicht ganz. Soviel ich weiß, sind Soziopathen eher Leute mit einer richtigen "Gaunermentalität", die sich nicht an gegebene Verhaltensregeln halten. Sie betrügen, lügen, stehlen, nutzen andere aus und stören dadurch permanent die gesellschaftliche Ordnung. Ihr Auftreten ist dabei durchaus gesellig und sehr charmant. Sie wollen andere Menschen einwickeln, um sie bei Gelegenheit ausnehmen zu können. Das tut Kazi nicht. Sie ist eher eine egoistische Eigenbrötlerin. [quote]
Nicht unbedingt - Soziopathie kann sich auf unterschiedliche Arten zeigen.
Ein paar typisch soziopathische Auffälligkeiten wären:
- Schwierigkeiten oder Unvermögen, sich in andere Menschen (und deren Gefühle) hinein zu versetzen
- Ablehnung, sich Regeln und allgemeinen Normen bzw. emotional/moralischen Verpflichtungen zu unterwerfen
- Schwierigkeiten mit zwischenmenschlichen Beziehungen, vor allem längerfristigen
- nicht vorhandenes Schuldbewusstsein gegenüber der eigenen Taten
- die Unfähigkeit aus Erfahrungen zu lernen.Was du oben beschreibst ist eher der Ausdruck einer Form des Narzißmus - des sogenannten "charakterlosen Narzißten".
Und ansonsten mochte ich alle deine Charaktere, Tereza. Auch wenn Kazi mir (und ich betone, dass das meine subjektive Meinung ist) persönlich nicht sympathisch war, hat mir wie gesagt die Vieschichtigkeit und Bandbreite der Charaktergestaltung sehr gefallen.
Liebe Grüße
Birgit -
Lipperin : Ich kenne beide Teile "Steppenkind" und "Tochter der Steppe".
Ich fand beide Teile sehr gut, der erste hat mir noch besser gefallen, weil es psychologisch sehr ausgefeilt im Bezug auf den Hauptcharakter war. Allerdings fand ich den ersten Teil auch um einiges härter von der Darstellung der Kriege und der Grausamkeiten. Also darauf muss man sich bei Teil 1 auf jeden Fall gefasst machen!!! Trotzdem - beide Teile finde ich sehr lesenswert, spannend und interessant! -
Zitat
Original von Tereza
Ja, sie gibt zu, dass ihre Abneigung gegen Männer kein Zeichen von Weisheit ist. Das ist es aber, was ich dann wieder an meiner Kazi mochte: sie kann Dinge durchblicken und macht sich auch über sich selbst keine Illusionen.Hm, aber gerade Menschen, die ihre eigenen Fehler kennen (und ich rede von gravierenden Fehlern, mit denen sie anderen auf Dauer schaden ... nicht von harmlosen Macken) und dann trotzdem weiter in vollem Bewusstsein über ihre Taten falsch handeln, sind doch eigentlich viel schlechter als solche Leute, die Mist bauen, aber eben aufgrund dessen, dass sie vielleicht nicht klug genug sind, sich selbst zu kennen und zu analysieren, nichts daran ändern können.
Sich zu kennen, die Falschheit seiner Taten und dann einfach zu sagen "Tja, ich bin halt so" - Das schon hat einen schweren Zug der Skrupellosigkeit.Es freut mich jedenfalls sehr, dass dir mein Buch gefallen hat, und du wie eine richtige Amazone durch es durchgaloppiert bist.
Herrje, so schnell habe ich schon lange kein Buch mehr gelesen
- und wie gesagt, ich mag es, wenn die Charaktere Ecken, Kanten, Störungen, Probleme oder eben Schrulligkeiten aufzeigen.
Das macht für mich die Würze einer Geschichte aus. Ich bin (in der Theorie zumindest) fasziniert von allem Menschlichen und weiß auch um menschliche Abgründe (davon habe ich durch meinen früheren Beruf als Justizangestellte in der Führungsaufsichtsstelle sehr viel mitbekommen - psychologische Gutachten, Werdegänge, Tatberichte ... etc.) - ich hatte ja Einblick die in Akten von Schwerstverbrechern und psychologisch gestörten Tätern und ihre Analysen von frühester Kindheit bis ins Erwachsenenalter.
Deshalb reagiere ich glaube ich auch direkt scharf auf Menschen mit soziopathischen oder gefährlichen Charaktereigenschaften - es ist halt so im Hinterkopf ... da wird Sympathie doppelt hinterfragt.Ich freue mich schon auf deine Leserunde.
Genau - dann kannst du mich zur Abwechslung "zerpflücken"
Tereza
Meine Rezension folgt dann wahrscheinlich morgen.
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Bevor ich auf den letzten Abschnitt eingehe: Hier hat Kazi doch endlich selbst zugegeben, dass sie eben nicht "weise" ist:
"Doch bezeichne ich meine Eigenart nicht als weise ... " (im Gespräch mit Vojan kurz bevor sie stirbt)
Krok, der Stammesführer stirbt, ein Nachfolger muss gefunden werden. Lidomir hätte sich auch nach meinen Einschätzungen nicht geeignet. Er ist zu sehr christianisiert und zudem fixiert auf Radegund, was sein Urteilsvermögen trübt. Libussa ist schwer krank, und irgendwie ist mir schon klar, dass diese Krankheit sie töten wird, was sie ja am Ende des Buches auch bestätigt.
Radegund schafft es nicht, ihren Hass auf sich selbst zu besiegen - sie verrät das Volk, in das sie sich eigentlich hätte integrieren müssen.
(Die Beschreibung als Borderliner oder shiziphrene Persönlichkeit finde ich übrigens auch passend, Tereza ... ich finde die Persönlichkeit Radegunds ist ein absolutes Highlight des Buches und dir außerordentlich gut gelungen!!!)
Ich war immer wieder fasziniert von ihren inneren Gefühlsschwankungen und ihrem eigenen Kampf, diese in den Griff zu bekommen, die Wechsel zwischen überzogener Emotionalität und dann wieder Kälte bzw. nur für sich selber etwas empfinden zu können, aber sich von anderen wie abgetrennt zu fühlen.
Es kommt also, wie es kommen muss - den Franken ist durch den beflissenen Vater Gundolf Tür und Tor geöffnet worden.
Kazis Tod lässt mich eher unberührt. Noch vor ihrem Tod erkennt sie ihre Schuld am Verhalten und der Entwicklung ihres Sohnes nicht in sich selbst.
Libussa tritt also ab und überlässt Premysl die Herrschaft - es wird aber deutlich klar, dass das Matriarchat und der alte Glaube in den letzten Zügen liegt, egal, ob ein fähiger Nachfolger vorhanden ist oder nicht.
Radegund hat mit den Missionaren nur eine Beschleunigung des Unausweichlichen herbei geführt.
Lidumir trifft eine sehr wahre Aussage im Gespräch mit ihr: "Diese Beschreibung weiblicher Schwäche bei den Schriftgelehrten! Weder meine Mutter noch meine Schwester sind so. Aber du bist hinterhältig, verschlagen und schwach. Vielleicht liegt es daran, dass du in einem Volk aufgewachsen bist, das derart über Frauen denkt."
Tja, ich weiß nicht, warum sie mich trotzdem nicht so abstößt wie Kazi ... vielleicht weil ich ihren Hintergrund kenne und mir vorstellen kann, warum sie das geworden ist, was sie ist. Dieser Hintergrund, eine Erklärung für ihre Charakterfehler bzw. ihre Störung fehlt mir bei Kazi, weshalb ich ihr ihre Fehler einfach viel übler nehme.
Das Ende ist stimmig gewählt. Libussa zieht sich zurück und schaut in einer letzten Vision in die Zukunft, die - was einen kleinen aber nicht vermeidbaren Wehrmutstropfen mit sich bringt - christlich geprägt sein wird.Tereza, ich bedanke mich für dieses wundervolle Buch, das mich mit seinen starken und eigenwilligen Charakteren überzeugt hat, denen ich gerne nachgefolgt bin und über die ich mir so gerne Gedanken gemacht habe. Mir hat es auf jeden Fall sehr gut gefallen, sie von allen Seiten zu beleuchten und über sie und ihre Geschichte(n) zu diskutieren.
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Original von Lesebiene
Die Mutter von dem Mädchen war ja eine Sklaven. Als Dienerin geht es ihr immerhin gut und sie hat ihre Tochter bei sich. Klar, dass Kazi eifersüchtig ist. Bei dem Clan ist es ebenso, dass Töchter mehr zählen. Und da sie kein Interesse an Männer hat, wird sie auch keine eigene Tochter bekommen.Also die Erklärung wäre mir dann doch zu einfach. Es wird ja schon durch den Besuch des Sklavenhändlers klar, dass die Cechen keine Sklaven in diesem Sinne halten. So dürfte also auch Kazi weder rechtlich noch mit moralischem Recht über diese Frau und ihr Kind bestimmen dürfen. Die Selbstverständlichkeit, derart über eine Frau mit ihrem Kind zu bestimmen, mit der Begründung, dass sie eine rechtelose Sklavin sei, sollte in ihrem Verständnis nicht vorkommen.
Man hätte die Frau und das Mädchen auch einfach in den Clan integrieren können, anstatt sie zur Dienerin zu machen. Sie war ja keine Kriegsgefangene.
Und Kazi hat trotz ihres nicht vorhandenen Interesses an Männern einen Sohn - sie hätte sich wie jede andere Frau auch nochmal auf eine Schwangerschaft einlassen können, denn fruchtbar war sie offensichtlich, wenn es ihr nach einer Tochter gelüstet.
Bouquineur : Du hast es wunderbar treffend ausgedrückt. Kazi tut nichts von dem was sie tut - auch nicht die Guten Dinge - aus wirklichem Bedürfnis Gutes zu tun oder wie du so schön sagtes aus Mitgefühl für andere. Daher habe ich sie auch als Soziopath bezeichnet.
Bzgl. Premysl: Ja klar, er empfindet, dass sie Radegund eben das tut, was alle Frauen tun. Aber es gibt auch tausend Männer, die Holzfigürchen schnitzen und tausend Bauern, die ihren Acker bestellen. In diesem Sinne - was maßt sich dieser Mensch an, über die Wichtigkeit der Fähigkeiten anderer zu urteilen?
Immerhin hat Radegund sich bemüht oder eigentlich sogar mehr - sie hat sich wirklich drauf eingelassen, Begeisterung für die nun auch nicht so außergewöhnlichen Fähigkeiten Premysls zu empfinden. Welche Frau empfindet schon wirkliche Begeisterung für die Arbeit von Männern? (Dazu sind eben die Veranlagungen oftmals zu unterschiedlich.) Aber deshalb haut man es dem Gegenüber nicht in abwertender Weise vor den Kopf. -
@tweedy: Zum Leserundendasein muss man geboren sein ... in dem Sinne ist das doch kein Problem.
Ich liebe es Dinge zu zerpflücken, wahrscheinlich oftmals zur Qual meiner Mitmenschen.@bono: Ja, es kommt nicht oft vor, dass ich ein Feld anführe, aber die Charaktere und deren Entwicklung haben mich so in den Bann gezogen, dass ich einfach immer weiter gelesen habe.
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Bouquineur : Ich dachte schon, ich bin die einzige, die es so empfindet mit Kazi und hab mich gefragt, ob ich jetzt etwas seltsam und verschroben bin, weil ich so anti auf sie reagiere.
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Na ja, ein wenig hätte er es m. E. schon einschätzen können. Immerhin gab es da die Episode mit der christlichen Magd, von der er Radegund erzählt hat, die sich ihres Glaubens wegen und in ihrer Verzweiflung wegen einer Schwangerschaft erhängt hat. Das hat er ja, wie er selbst sagte, nicht verstanden, und dieses Erlebnis hat ihn so beeindruckt, dass er sich zuerst gar nicht traute, sich Radegung (einer Christin) weiter zu nähern, da er wusste, wie militant die Christen den Frauen gegenüber sind bzw. wie schnell man als Christenfrau "unten durch" ist. Erst durch Vater Anselm, der ihm den christlichen Glauben erklärte, hat er ja überhaupt, wie er sagte, etwas Gutes darin sehen können.
Ein wenig hätten die Alarmglocken schon in ihm schrillen müssen, da ihm die Intoleranz anderen Religionen gegenüber sicherlich in seiner Zeit bei den Franken nicht ganz verborgen geblieben ist. Man holt sich ja nicht unbedingt den Fuchs in den Hühnerstall.
Aber ich hatte auch das Gefühl, dass er es für Radegund getan hat ... tja, da kann man auch ganz klischeebelastet sagen: "Und ewig lockt das Weib."