Laut Börsenverein ist das Programm ab Anfang Oktober abrufbar. Also: Gemach, Gemach.
Beiträge von Bartlebooth
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Ein sehr eigenartiges und polarisierendes Buch. Eine sehr gute Besprechung von Wilfried v. Bredow (Jg. 1944) in der FAZ steht neben einer sehr reservierten und nachdenklichen von Sybil Schönfeldt (Jg. 1927) in der Süddeutschen Zeitung. Ich stehe auf Seiten der letzteren. Nachdrücklich unterstreichen möchte ich vor allem den letzten Satz ihrer Rezension: "In Irland und in der Welt kann man diese Finsternis mit sanften Parabeln zu erhellen versuchen. In Deutschland muss man damit wohl warten, bis die letzten nicht mehr leben, die von dieser Finsternis fast verschlungen worden sind. Danach erst können Furor und Aus-Wisch widerspruchslos als Spannungs- und Rührstück verarbeitet werden."
Sicherlich, das Buch ist auf eine sehr einfache Weise ergreifend, Bruno versteht nichts von dem, was um ihn herum vorgeht, nicht einmal im emblematischen Zentrum der nationalsozialistischen Verbrechen will ihm etwas auffallen. In seiner Naivität ist das Kind gut und schert sich nicht um Zäune und Rassismus. Es plappert, wie Kinder (wohl nicht nur sie) das tun, aufgeschnappte Versatzstücke nach, ohne deren Tragweite zu begreifen, und ohne sie mit den wirklich vorhandenen Menschen in Verbindung zu bringen, die es trifft. Dadurch bleibt Bruno sympathisch, dadurch geht er am Ende unter.
Es geht bei meiner Kritik noch nicht einmal so sehr um die Unwahrscheinlichkeit der Konstruktion dieses Buches. Natürlich kann ich nicht glauben, dass ein 10jähriger Junge, der Bruno am Ende des Buches ist, von Nazideutschland nichts mitbekommen hat. Auch die 12jährige Schwester weiß offenbar von nichts, obwohl sie, wie Schönfeldt in der Süddeutschen anmerkt, mit 12 schon seit 2 Jahren beim BDjM indoktriniert worden sein müsste. Auch die Idee eines unbewachten Teils des KZ Auschwitz, an dem sich zwei Kinder ein Jahr lang unbemerkt treffen können, erscheint selbstverständlich mehr als unglaubwürdig. Da hilft auch diese obskure Einordnung der Geschichte als "Fabel" nichts.
Die Naivität der Konstruktion zieht sich bis in die Sprache (die ich, @Palomar nicht lesbar und zugänglich finde, wobei ich auch im Falle eines Falles nicht begriffen habe, warum das ein Tabubruch sein sollte. Es gibt Myriaden von gut lesbaren und viel besseren Büchern zum Thema). Das ist etwas, das mich so gut wie immer nervt. Obwohl Hitler im Buch selbst einen Auftritt hat, kommt das Wort "Führer" nicht vor; obwohl die Handlung in Auschwitz spielt, kommt das Wort "Auschwitz" nicht vor. Boyne hat entschieden, Bruno sei nicht in der Lage, diese Wörter auszusprechen, sage stattdessen stets "Furor" bzw. "Aus-Wisch". Natürlich gibt es Erwachsene und große Schwestern, die ihn verbessern, doch das geschieht nur in Andeutungen ("'Nein', behauptete sie und sprach den Namen des Lagers richtig für ihn aus.") Die Funktion dieses Kniffs (da geht es mir wie Voltaire) ist mir nie ganz transparent geworden. Soll es um eine Art "You Know Who"-Gefasel gehen, das Angst vor den richtigen Namen verbreitet? Das fand sogar Harry Potter albern. Die zweite Dimension dieser Art zu sprechen ist es, die mir das Buch gründlich verleidet.Was der Text hier nämlich auch pflegt, ist der gern gehegte Mythos von den ahnungslosen Deutschen, die einfach nicht wissen konnten, was da 1933 bis 1945 bei ihnen geschehen ist. Vom Lagerkommandanten von Auschwitz bis zu Eva Braun, die auch ihren Auftritt hat, schafft es Boyne das gesamte Personal des Buches als ein vom "Furor" Adolf Hitler gegängeltes darzustellen. Das ist ein Geschichtsverständnis Hitlers als eines charismatischen Führers im Sinne Webers, ein Bild, das zur Lieblingsrechtfertigung aller Mitläufer dient und viel zu kurz greift bzw. auf haarsträubende Art Geschichtsklitterung betreibt.
Ich bin der Meinung, dass Schreibende ihrem Thema Recherche schulden, auch wenn es sich um Fiktionales handelt. Das gilt nicht nur, aber sicherlich auch nicht zuletzt fürs Thema Auschwitz. Gerade daraus ein tränenreiches "Rührstück" (Schönfeldt) zu machen, finde ich nicht überzeugend, und das liegt nicht allein am Thema. Es liegt daran, dass ich das Herunterstilisieren des eigenen Handelns auf dieses Niveau, wenn es in fiktionalen Texten so ganz ohne Brechung geschieht, ganz einfach für platt und literarisch nicht überzeugend halte.
Je länger ich über dieses Buch nachdenke, desto furchtbarer finde ich es.
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Mein erster Ian McEwan hat mich von der Furcht befreit, er sei einer dieser Hyperrealisten à la Philip Roth. Zwar ist McEwan auch ein sehr präziser und sehr langsamer und sehr auf das Innenleben seiner Figuren konzentrierter Erzähler, aber eben nicht langatmig und pointenlos wie Roth (Verzeihung an alle Fans des letzteren). Ganz im Gegenteil habe ich selten ein Buch gelesen, das so präzise auf den Punkt konstruiert war. Bis zu den letzten zwei, drei Seiten ist das ein anderes Buch. Die letztliche Pointe ist zwar bei Licht besehen nicht furchtbar überraschend, aber eben doch nicht zwingend. Von ihr aus erschließt sich die gesamte Konstruktion des Romans auf völlig andere Weise. Und schlussendlich ist dann nämlich auch die Introspektion keine so vollständige, wenn immer noch ein Fiktionalitätsfilter vor der Handlung liegt.
Ich bin nicht restlos begeistert, aber doch angenehm berührt von einem sezierenden Blick im ersten Teil, und von einem gekonnten Vexierspiel im Rest des Buches, das mir zunächst konventioneller schien als es letztendlich war. -
Hm, der Schwund geht schon los ;-).
Bitte also noch einmal das Eingangsposting beachten: Der Roman ist ebenso umfangreich wie unvollendet. Aber ich denke, für Diskussionen in einer Leserunde gibt er wirklich viel her! Gibt es niemanden, der sich für die Jahrhundertwende und die europäischen Monarchien interessiert? -
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Original von janda
Aber mehr Menschen heißt mehr Geschmäcker, mehr Meinungen und mehr Themen, die mich nicht interessieren...Wenn ich den Eingangsbeitrag recht verstehe, ist das genau die Frage: Mehr Themen - oder einfach nur mehr Redundanzen? Und natürlich kann man die ignorieren. Nerven können sie aber trotzdem. Wie oft ignoriere ich, dass meine Mitbewohnerin nicht ordentlich putzt?
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Selbst das mit den Jung- und Alteulen (in Bezug aufs Anmeldedatum) steht so nicht im Eingangsposting. Aber wer liest schon?
Vielleicht sollte man die Kirche einfach mal im Dorf lassen und sich einfach mal dem Punkt zuwenden, um den es ging, nämlich um die immer dräuendere Unübersichtlichkeit. -
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Original von Herr Palomar
Ist eigentlich nie ein anderer Inspekteur Ali-Roman in deutscher Übersetzung erschienen? Schade!Meines Wissens nicht. Aber "L'inspecteur Ali" ist kein Inspecteur Ali-Krimi, sondern ein Text über einen Schriftsteller von Kriminalromanen. Er ist vor den ganzen krimis erschienen, die mir zwar immer noch, aber nicht mehr ganz so gut gefallen haben. Ich habe drei von ihnen gelesen:
Une place au soleil
L'inspecteur Ali à Trinity College
L'inspecteur Ali et la C.I.A. -
@Palomar, "Ombre Sultane" habe ich noch nicht gelesen, es wird ohnehin mal wieder Zeit für ein Buch von Madame Djebar.
Richie , kein Grund zur Entschuldigung, nur hat Ägypten eben eine völlig andere literarische Tradition, gerade auch in der neueren Zeit, was schon mal damit anfängt, dass es eine sehr früh zu Unabhängigkeit gelangte englische Kolonie, der Maghreb aber bis weit ins 20. Jahrhundert hinein französisch kolonisiert war.
EDIT Wort ergänzt
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Entschuldigung, wenn ich ein bisschen klugscheißen muss, aber Ägypten gehört nicht zum Maghreb.
Von den Maghrebinern mag ich auch sehr gern Assia Djebar (mein Liebstes von ihr ist "Les nuits de Strasbourg"), Driss Chraïbi ("L'inspecteur Ali"), Albert Memmi ("La statue de sel", aber auch seine Essays "Portrait du colonisé/du colonisateur"). Weniger anfangen kann ich mit den großen Rachid Boudjedra, Mohammed Did oder Kateb Yacine.
Insgesamt mag ich es lieber, wenn sich diese (zum Teil ausgezeichneten) Autor/innen von der exzessiven Heimatbespiegelung lösen.
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Original von Salonlöwin
In der Sache hat Tom sicherlich Recht und was mich nicht interessiert, kann ich überlesen.Beitrag von buzzaldrin:
Bisher habe ich mir keine Gedanken über die Zählung gemacht. Gibt es tatsächlich derart ehrgeizige Eulen, die nach höheren Beitragszahlen und einem
daraus resultierenden Status geiern? Für mich unvorstellbar .Wenn ich das nicht als Grund annehme, muss ich sehr viel weniger schmeichelhafte Hypothesen aufstellen.
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Original von buzzaldrin
Vielleicht käme es ja zu einer Verbesserung der Situation, wenn - genauso wie im Bereich "Diverses" - die Beiträge im "Allerlei Buch" einfach nicht mehr gezählt werden. Das würde zumindest einige Postingjäger beim Schreiben vielleicht etwas zurückhalten und dieser Bereich würde wieder etwas übersichtlicher aussehen.
Vielleicht sollte man einfach den Beitragszähler abschaffen. Denn wenn man "Allerlei Buch" nicht mehr zählt, wird es vermehrt "Datenmüll" in den Buchthreads geben. Ich finde es ohnehin schon jetzt sehr kurios, wie es in Biss-Rezensionsthreads zugeht. Der nicht mehr gezählte "Fanecken"-Thread rutscht immer weiter ins Nirwana, und Wolke hat es verständlicherweise aufgegeben auf jeder Seite des "Rezensions"-Threads einmal zu schreiben, dass man dort doch bitte nur Rezensionen und Meinungen ablegen solle. Gäbe es keine Ränge und Sternchen mehr, wäre vielleicht auch das verbale Wasser etwas leichter zu halten. Aber wahrscheinlich ist auch das nur ein frommer Wunsch.
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Hallo Beatrix,
das ist ja auch vollkommen legitim. Ich nehme an, dass selbst, wenn du an dieser Stelle irgendwann zu dem Schluss kommen solltest, dass man sie durchaus anders denn als harte Fakteninformation lesen kann (und ich für meinen Teil denke, das sollte man), würde dich das Buch immer noch nicht überzeugen. Ich habe mich nur an der recht apodiktischen Formulierung "Obendrein ist in der englischen Ausgabe auch noch ein dicker Fehler drin" gestoßen und musste das einfach ein bisschen problematisieren.
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Naja, was Mariechen da schreibt, entkräftet ja mein Gegenargument nicht, oder?
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Original von Beatrix
Bartlebooth ,
In der deutschen Uebersetzung ist ja mit Absicht nicht diese Zahl uebernommen worden und der Wortlaut wurde veraendert. Ich bin da also nicht die einzige, die Zusaks Darstellung als Fehler interpretiert.Naja, über die Beweggründe zu der Änderung kann ich nichts sagen. Vielleicht möchte Mariechen dazu etwas sagen?
Jedenfalls ändert das nichts daran, dass die fettgedruckten Zwischenkommentare allesamt vom Tod kommen, was ja das eigentliche Argument war. Du kannst das dann natürlich immer noch als "Fehler" interpretieren, musst aber doch zugeben, dass der Text auch etwas anderes hergibt. Vielleicht ist er am Ende doch komplexer als es den Anschein hat. -
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Original von Beatrix
In diesem Fall wurde die Zahl aber als FACT praesentiert in Fettdruck, eindeutig nicht vom Tod. Das sollte also nicht ironisch gemeint sein und kommt bei mir als Leser ganz sicherlich hier nicht so rueber. Sachlich ist es schlicht falsch, da 1933 ganz sicherlich nicht so viele Leute pro Hitler waren.Die fettgedruckten Passagen sind Erzählerkomentare und also alle dem Tod zuzordnen.
Über den "Vorleser" sollten wir eingehender im dortigen Ordner diskutieren.
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Original von Beatrix
Andererseits ist der Plot aber zu einfach gestrickt, als dass er mich als Erwachsene wirklich beeindrucken koennte.
Wie meinst du das denn? Inwieweit ist der Plot denn "einfacher gestrickt" als, sagen wir mal, der des "Vorlesers"?ZitatOriginal von Beatrix
Obendrein ist in der englischen Ausgabe auch noch ein dicker Fehler drin, wo behauptet wird, dass 1933 90% aller Deutschen unbeirrt fuer Hitler waren. In der deutschen Uebersetzung wurde das etwas abgemildert, aber es zeichnet doch ein falsches Bild von den Deutschen, das womoeglich noch vorhandene Vorurteile bestaetigt.
Wieso ist das ein Fehler? Ich glaube eher, das ist eine der vielen ironischen Bemerkungen, die man in einem solchen Buch nicht erwartet, die sich der Erzähler Tod aber leisten kann, sofern er von einem Markus Zusak entworfen wird. Ich hatte eine ganz interessante Diskussion über eine Stelle, in der Zusak im Zusammenhang mit einem Marsch nach Dachau von einer "Parade" spricht. Ich weiß, dass viele diese Flapsigkeit der Ausdrucksweise des Todes gestört hat. Ich empfand das nie als respektlos oder zynisch. Man darf auch nie vergessen, dass diese Dinge der Tod sagt.
Ich würde denken, dass es sogar hochgegriffen ist, von 10% im aktiven Widerstand auszugehen. Das "unflinching" lese ich sehr ironisch, so etwa wie "90% wandten unerschrocken den Blick ab". Mache ich mich verständlich?ZitatOriginal von Beatrix
Nun hab ich natuerlich im Laufe meines Lebens schon dutzende Buecher zu dieser Thematik gelesen. Als Jugendliche besonders, aber auch als Erwachsene. Dann wird es natuerlich schwerer ein Buch zu finden, dass mir zur Hitlerzeit noch etwas neues/besonderes erzaehlen koennte.
Ich halte "The Book Thief" nicht in erster Linie für ein Buch über die Nazizeit. Das Neue daran ist, dass es vor dem Hintergrund der Nazizeit spielt und auf diesem eine sehr persönliche Geschichte erzählt.ZitatOriginal von Beatrix
Doch da gab es auch in den letzten Jahren noch einiges. Bei den Erwachsenentiteln hat mich Bernhard Schlinks "Der Vorleser" wesentlich staerker beeindruckt und Gedanken hervorgehoben, die ich mir so vorher noch nie gemacht hatte. Bei den Kinderbuechern hab ich Damals war es Friedrich wiederholt gelesen und es hat mich trotz der Wiederholung wieder umgeworfen. Auch bei den neueren Kinderbuechern finde ich andere Titel eher empfehlenswert wie Hitler's Daughter von der ebenfalls australischen Autorin Jackie French. Das Buch schaffte es naemlich die Thematik auch fuer die heutige Zeit aktuell zu machen.
Nun, über persönliche Vorlieben lässt sich schwer streiten. "Damals war es Friedrich" habe ich vor so langer Zeit gelesen, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann. Den Jackie-French-Titel kennen ich nicht. "Der Vorleser" halte ich hingegen für ein gefährliches und verharmlosendes Buch, das allzu leichtfertig die persönliche Verantwortung den Zwängen der Zeit unterordnet. -
Zitat
Original von Elbereth
Aber vielleicht ist das der von Bartlebooth klassische Fall des Vergessens
Fehlt da ein Teil des Satzes oder versteh ichs nur nicht?ZitatOriginal von Elbereth
Mit köstlichem englischen Humor werden die Beobachtungen Damians und Anthonys beschrieben. (Etwa das Leben der Mormonen Familien in der direkten Nachbarschaft)
Das ist keine Familie, sondern eine Art Gemeinde. Weiß zu wenig über die Organisationsstrukturen der Mormonen, um das ganz genau zu verstehen. -
Seit die Mutter der Brüder Damian und Anthony Cunningham gestorben ist, beschäftigt sich der jüngere Damian nur noch mit Heiligen, weil er dadurch hofft, seiner Mutter im Himmel näher zu kommen. Anthony wählt die Strategie, sich auf alles Zählbare zu verlegen, und das Leben nur noch aus streng wirtschaftlicher Sicht zu betrachten. Genau mit diesen Marotten der Brüder Cunningham wird man am Anfang des Buches konfrontiert, ohne dass man sofort die tragische Hintergrundgeschichte erfährt. So kann man auf den ersten Seiten sehr über diese recht englischen Skurrilitäten lachen.
So baut sich Damian etwa aus den Umzugskartons - seine Familie ist nach dem Tod der Mutter in ein neues Haus gezogen - in der Nähe des nun benachbarten Bahndamms eine Eremitenklause. Diese wird eines Tages von einem ungewöhnlichen Flugobjekt getroffen: Einer Tasche, in der sich genau 229.370 englische Pfund befinden - der herbeigerufene Anthony zählt natürlich sofort alles genau nach. Anthony riecht den Braten zwar, möchte das Geld aber behalten; Damian hält den unverhofften Geldsegen für ein Geschenk Gottes und kommt gar nicht auf die Idee, seine Existenz jemandem anzuzeigen.
Das Dumme ist nun, dass Boyces Version Großbritanniens in zwei Wochen dem Euro beitritt. D.h. es gibt eine Menge Bargeld, aber sehr wenig Zeit es loszuwerden.Frank Cottrell Boyce gelingt mit "Millionen" ein sehr ansprechendes Buch zu einem zugegeben nicht furchtbar originellen Thema. Gerade der Kinderbuchmarkt wird von Büchern zum Thema 'Tod' geradezu überschwemmt. Leider sind sie nicht immer sehr gut, im Gegenteil. Boyce schafft es mit einem relativ einfachen Schachzug, das komische Potenzial einer Sinnsuche durch unermessliche pekuniäre Mittel mit dem schwierigen Thema des Verlustes eines immateriellen und unbezahlbaren Wertes zu verbinden. Die Auffälligkeiten der Kinder sind einerseits sehr amüsant, andererseits lassen sie einen auch ins Grübeln geraten, denn schließlich sind die Selbstkasteiungen und Visionen des kleinen Damian eben vor ein allem Ausdruck für die Verarbeitung eines unvorstellbaren Schmerzes. Das vergisst man über den lockeren Ton des Buches, was ich sehr gut finde.
Sehr interessant ist auch die Variante, die Anthony verkörpert. Als der Klassenbully seinem kleinen Bruder die Chips abnehmen will, kontert er mit einem: "Unsere Mutter ist tot!" und zeitigt mit dieser Strategie unglaubliche Effekte. Die Instrumentalisierung des Todes der Mutter für den eigenen Vorteil, erscheint dabei nicht makaber, sondern auf anrührende Weise tragikomisch.
Kinderbücher haben es - im Gegensatz zu Jugendbüchern - meist schwer bei mir, es gibt da derart viel Unsinn und seichten Kram, dass man die Hände über dem Kopf zusammenschlagen möchte. Boyce ist eine rühmliche Ausnahme und ich werde ihn ganz sicher im Auge behalten.
EDIT Tippfehler + Altersangabe ergänzt
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Nun, ohne dich sind wir im Moment meines Erachtens noch zu wenige. Ich erhöhe, wie du merkst, denn moralischen Druck ein wenig ;-). Außerdem dachte ich bisher, dass Leserunden eigentlich genau für Bücher wie dieses überhaupt erfunden wurden...
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Sehr schön. langsam wird es ja.
Wenn ich richtig zähle, sind wir jetzt zu dritt plus zwei noch nicht ganz Entschlossene.
Ich würde sagen, fünf sind wirklich die absolut Mindestanzahl, denn ich rechne fast mit dem einen oder anderen Absprung während der Leserunde.
Lieber wären mir also noch zwei oder drei mehr. Na?@barti, wann hättest du denn wieder genügend Luft, wir müssen ja nichts übers Knie brechen?