Abbitte - von Ian McEwan

  • Ich wollte nur schnell meine Begeisterung für die ersten 30 Seiten loswerden. Ich bin schon mittendrin und fühle sehr stark mit Briony mit. Normalerweise habe ich Schwierigkeiten mich schnell auf ein neues Buch einzulassen, wenn mir die Personen noch nicht so vertraut sind. Aber der Autor überschwemmt einen auch nicht zu arg und deswegen fand ich es einen wirklich angenehmen Einstieg.


    Fortsetzung folgt... :grin

  • Inzwischen habe ich noch ein paar andere Bücher gelesen, aber das brauche ich auch, um mir eine ehrliche Meinung zu bilden.


    Hmm :gruebel ... der Einstieg war wirklich nicht schlecht. Die Charaktere sind sehr schön geschrieben. Briony blieb bis zum Schluss meine Lieblingsfigur. Sie hat eine unglaubliche Wandlung in den Roman unternommen und die Last ihrer Schuldgefühle haben mich stark mitgenommen.


    Die Beschreibung der Kriegszeit war sehr erschreckend. Man ging förmlich mit in Deckung.


    Interessant fand ich die Einzelheiten im Krankenhaus, wie es zu der Zeit dort zuging. Über dieses Thema habe ich so noch nichts weiter gelesen und bin nun wieder ein Stückchen schlauer.


    Das Ende kam für mich dann auch eher überraschend. Ich konnte mich bis zum Schluss nicht entscheiden, ob jemand stirbt oder ob eine Versöhnung ansteht. Mehr möchte ich nicht dazu sagen.
    Sollte ich das als Spoiler markieren?


    Alles in allem ein sehr intensives Buch mit Blick in so manchen Abgrund in die Seele eines Menschen. Wie sagte ein Kritiker so schön: Nichts wird ausgesprochen, alles wird angetippt. Durch das Nachwort, dass man in der Spiegel-Ausgabe findet, habe ich mir bereits ein anderes Buch von McEwan besorgt. 'Erste Liebe, letzte Riten'.

  • Zitat

    Original von Vulpis
    Briony blieb bis zum Schluss meine Lieblingsfigur. .


    Echt? Also bei mir ist es grad das Gegenteil......
    Briony ist für mich die unsymphatischste Figur...
    Kann nicht verstehen, wie jemand trotz des Alters so naiv und dumm sein kann..


    Na ja, so verschieden sind die Geschmäcker


    :wave

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

  • Zitat

    Original von Ketisa


    Ab 15. August beginnt eine Leserunde zu "Abbitte". Wenn es dir terminlich passt, kannst ja mitlesen. :grin


    Ich habe im August schon zwei Leserunden, aber mal schauen, vielleicht schaffe ich es ja trotzdem. :grin

  • ch lese Abbitte auch gerade und muss sagen, dass ich es gut finde erst den Film geguckt zu haben, da ich somit nun bestimmte Bilder vor Augen habe. Es ist, als wenn ich zum 2. Mal den Film sehe...


    Hätte ich den Film nicht gesehen, wäre es mir wahrscheinlich zu langweilig...aber so....und es ist nun wesentlich leichter zu verstehen. Aber man entdeckt nun neue spekte, die im Film ignoriert wurden. Das finde ich gut!


    Den Schreibstil finde ich sehr schön, er ist so locker-leicht....


    Nur ich habe sehr große Wut auf Briony :bonk

  • Bin ich die einzige, die sich mit dem Buch etwas schwer tut? Ich empfinde es schon als sehr anspruchsvolles Buch, was den Sprachstil angeht. Ich habe gestern Abend mit dem Buch begonnen, bin nun auf Seite 36 angelangt und kann nicht so ganz sagen, was der Autor mir bisher mitteilen wollte.. :gruebel Bin ich zu blond für dieses Buch, oder wird der Sprachstil noch klarer?

  • Zitat

    Original von Lucy1987
    Bin ich die einzige, die sich mit dem Buch etwas schwer tut? Ich empfinde es schon als sehr anspruchsvolles Buch, was den Sprachstil angeht. Ich habe gestern Abend mit dem Buch begonnen, bin nun auf Seite 36 angelangt und kann nicht so ganz sagen, was der Autor mir bisher mitteilen wollte.. :gruebel Bin ich zu blond für dieses Buch, oder wird der Sprachstil noch klarer?


    Mir ergeht es auch nicht besser, dabei bin ich erst auf Seite 20 .....

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

  • Ich habe das Buch heute fertig gelesen und es hat mir gut gefallen.


    Es ist ein anspruchsvolles Buch, das zum Nachdenken anregt. Und von daher finde ich es gut, dass ich es in einer Leserunde gelesen habe, weil dann einige Sachen aufgeklärt wurden :-)
    Was nervig ist, sind die langatmigen und genauen Beschreibungen, die sich manchmal seitenlang ziehen, aber am Ende keinen wirklichen Nutzen haben. Da musste ich mich manchmal etwas durchkämpfen, weil es dann langweilig war.


    Es ist aber doch lesenswert, auch wenn man sich vielleicht manchmal dazu durchringen muss ;-)

    Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste. (Heinrich Heine)


    :lesend Jeffery Deaver: Allwissend

  • Ich habe das Buch auch im Rahmen der Leserunde gelesen und ich muss sagen, ohne LR hätte ich abgebrochen. Aber so bin ich natürlich froh, dass ich durchgehalten habe.


    Es ist sicher nicht zu meinem Lieblingsbuch geworden, dazu bewegt sich einfach zu wenig.


    Aber alleine die Sprache (ich hab's auf Englisch gelesen) ist ein Genuss. Und wenn man am Ende auf die Handlung zurückblickt, ist das schon alles raffiniert und die Verschachtelung (Roman im Roman) interessant. Was aber bleibt, ist die Langatmigkeit des Geschriebenen, auch wenn es schön geschrieben ist. Das hat mir das Lesevergnügen doch etwas genommen.


    Und viel hat natürlich auch mit persönlichem Geschmack zu tun... es fiel mir doch teilweise schwer, Verständnis für das Tun der Figuren - welches gepräft ist durch die Zeit der 30er und 40er Jahre - aufzubringen. Ich bin halt doch zu sehr ein Kind unserer Zeit. Manchmal wollte ich die Figuren schütteln, z.B. die Eltern von Briony... "Gott, hat denn keiner mal richtig mit dem Kind geredet?"... aber wie gesagt, das ist persönlicher Geschmack. :grin


    Mit einer nummerischen Bewertung tue ich mir etwas schwer, ich denke, ich vergebe eine 1,5 auf der Schulnotenskala.

  • Ich habe das Buch auch während einer LR kennengelernt.


    Rückblickend war es nicht Fisch nicht Fleisch. Die Geschichte selbst interessant und auch die Sprache fand ich schön, aber dieses dauernde beschreiben, der Gefühle bzw. Gedanken hat mich persönlich ein wenig genervt.


    Die ersten zwei Teile sind durch diese langen Beschreibungen ein bisschen schwer zu lesen. Allerdings hat mir der dritte Teil, die Geschichte von Robbie während des Rückzugs in Frankreich, am besten gefallen. Es zeigt, wie schnell Menschen im Krieg verrohen und nicht mehr zwischen Recht und Unrecht unterscheiden.
    Der vierte Teil aus Brionys Sicht war interessant und kurzweilig zu lesen, da sich doch einiges klärt bzw. erklärt und sie sich doch durchringen kann, ihre Aussage zu korrigieren und sich bei Robbie zu entschuldigen.
    Der Schlussteil hat mich wieder verwirrt und mir das gewünschte Happy-End vermiest, leider aber das war doch sehr realistisch.

    Who is Keyser Soze?


    (\__/)
    (o ,o)
    (>_<) <- This is Bunny.


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  • 'Abbitte' habe ich schonmal vor knapp einem Jahr gelesen und fand es nicht so berauschend.
    Mittlerweile hat sich dieser Eindruck etwas gelegt. Ich habe es nochmal durchdacht und das braucht das Buch meines Erachtens auch.


    Es ist halt kein einfaches Buch - sondern gehört zur Weltliteratur, da sollte man sich etwas Zeit nehmen :anbet

  • Atonement
    Ian McEwan, 2001

    Vintage Books; 978-0099429791
    (dt. Titel: Abbitte)


    Familie Tallis bewohnt ein abgelegenes Häuschen in England, kurz vor dem Eingreifen Englands in den zweiten Weltkrieg. Mr. Tallis ist nie zu Haus, er arbeitet im Ministerium, Mrs. Tallis flüchtet sich in ihre Migräneattacken, Leon lebt schon längst in der Stadt und Cecilia ist einfach hängengeblieben, ein wenig antriebslos, da sie nicht weiß, was nun. Robbie, der Sohn der Putzfrau, und sie sind kurz davor, ihre Liebe zueinander zu entdecken. Jüngster Spross der Familie ist Briony, die Träumerin, Geschichtenerfinderin. Eine, die ihr Wunschdenken gerne mal mit der Realität vermischt.


    Schon am harmlosen Anfang zeigt sich eine vorausschauend unheilvolle Stimmung, man ahnt das etwas schiefgehen wird. Als Mr. Marshall, der aufgeblasene Schokoriegelfabrikant, und Brionys Cousins Jackson, Pierrot und ihre Cousine Lola die Tallis-Familie besuchen, kommt eins zum anderen. Briony erlebt mit, wie Robbie und Cecilia sich näher kommen, ohne es richtig zu verstehen, die Zwillinge verschwinden über Nacht und Lola wird auf der Suche nach ihnen vergewaltigt. Wie gut, dass Briony weiß, wer es war, wer es gewesen sein muss. Robbie, der die Zwillinge nach Hause bringt, der Cecilia Wörter schreibt, die Briony zum Erröten bringen, Robbie der in der Bibliothek über ihre arme, schutzlose Schwester hergefallen ist ...
    Und Robbie wird dafür büßen.


    Als Leser erhält man Einblick in die Gedanken der meisten Personen, man weiß, dass Robbie es nicht gewesen ist, man möchte Briony Ohrfeigen für so viel Starrheit, meisten jedenfalls. Manchmal blitzt die vernachlässigte Briony durch, die, die sich in ihre Fantasiewelten verzieht, die Tallis sind eine wortkarge Familie, nur Leon wird sehnsüchtig erwartet. Doch ihre Tat zieht unendlich viel nach sich. Und der Roman verfolgt die Konsequenzen. Die Kriegswirren, die Trennung der beiden Liebenden.


    Das Ende wartet noch einmal mit einer besonderen Überraschung auf, der Titel des Buches wird vollends verständlich und es wird klar - und das ist traurig, dass Briony trotz aller Schuld und des Erkennens derselben immer noch ihr Wunschdenken vorzieht. Etwas, dass Mitleid heraufbeschwört, Trauer und Sympathie.


    Neben einer herausragenden Sprache glänzt das Buch durch das genaue Verfolgen dreier Lebensgeschichten (Briony, Robbie, Cecilia) nach jenem verängnisvollen Tag. McEwan tut dabei das, was Briony in ersten Aufarbeitungsversuchen zum Verhängnis wurde. Er schildert ausgiebig, versenkt sich in die Gedankenwelten der Figuren, manche mögen es langweilig oder zäh finden, ich finde, dass dadurch die angespannte Atmosphäre, die mich durch das Buch "hetzen" (englische Bücher lese ich normalerweise langsamer) ließ, immer weiter gesteigert wird. Langsam, fast quälend, schreitet die Handlung voran, und man wird sich der Ausmaße von Brionys "Crime", wie sie es nennt, bewusst. Briony, Robbie und Cecilia entstehen dabei so lebhaft vor meinem geistigen Auge, dass ich mich wie in der Geschichte fühlte, das Buch riss mich immer tiefer in die Thematik um Schuld, Interpretation und Wahrheitsanspruch und endete fulminant.


    Fazit
    Ich bedaure es, nach dem Daydreamer, der mir nicht gefallen hat, erst jetzt wieder ein Buch von McEwan gelesn zu haben. Ein tolles Erlebnis!


    10/10 Punkten


    :wave bartimaeus

  • Oha, was soll ich nach bartis umfassender Rezi noch hinzufügen :anbet


    Abbitte ist wesentlich mehr als ein Buch für zwischendurch. Die Sprache ist wundervoll und nach kleinen Startschwierigkeiten im ersten Teil, der mir etwas zu zäh gestaltet war, haben mir der zweite und dritte Teil umso besser gefallen. Ich mochte den Wechsel der Perspektiven, sodass man sich in alle Personen hineinfühlen konnte und ihre Gefühle nachvollziehen konnte - oder auch nicht.
    Es ist ein psychologisch sehr tiefgründiges Werk im Hintergrund des Krieges, dessen nüchterne Beschreibungen mich manches mal an Remarque erinnerten.
    Das Ende war für mich eine Überraschung, da ich mit so einer Auflösung nicht gerechnet hatte. Es stimmte mich traurig, und doch finde ich, dass es in sich stimmig ist und gut zu der Phantastikerin Briony passt.
    Abbitte ist ein Buch, das mir sehr viel vermittelt hat und deswegen verdient es 9 von 10 Punkten.

  • Mein erster Ian McEwan hat mich von der Furcht befreit, er sei einer dieser Hyperrealisten à la Philip Roth. Zwar ist McEwan auch ein sehr präziser und sehr langsamer und sehr auf das Innenleben seiner Figuren konzentrierter Erzähler, aber eben nicht langatmig und pointenlos wie Roth (Verzeihung an alle Fans des letzteren). Ganz im Gegenteil habe ich selten ein Buch gelesen, das so präzise auf den Punkt konstruiert war. Bis zu den letzten zwei, drei Seiten ist das ein anderes Buch. Die letztliche Pointe ist zwar bei Licht besehen nicht furchtbar überraschend, aber eben doch nicht zwingend. Von ihr aus erschließt sich die gesamte Konstruktion des Romans auf völlig andere Weise. Und schlussendlich ist dann nämlich auch die Introspektion keine so vollständige, wenn immer noch ein Fiktionalitätsfilter vor der Handlung liegt.
    Ich bin nicht restlos begeistert, aber doch angenehm berührt von einem sezierenden Blick im ersten Teil, und von einem gekonnten Vexierspiel im Rest des Buches, das mir zunächst konventioneller schien als es letztendlich war.