„Rot“ ist der zweite Teil der als „Farben-Trilogie“ angelegten Reihe. Der dritte Teil steht leider noch aus, doch vorab schon der Hinweis, dass man den ersten Band gelesen haben muss, um die komplexe Welt, in der die Handlung spielt, verstehen zu können.
Es gibt nur wenig Gemeinsamkeiten mit unserer Welt und unseren Hierarchien. Die Menschen werden nach ihrer Farbsicht beurteilt und die sozialen Gruppen werden von denen angeführt, die die höchste Farbsicht haben. Diejenigen, die gar keine Farben sehen können, werden die „Grauen“ genannt, sie befinden sich in der Hierarchie ganz unten und gehören zur ausgebeuteten Klasse. Ab einem gewissen Alter wird die Farbsicht aller im Kollektiv lebenden Bewohner geprüft und damit entscheidet sich, wer wen heiratet, wer wo wohnt und welchen gesellschaftlichen Status man in der Zukunft hat.
Alles, aber auch wirklich jede Kleinigkeit ist von strengen und zum Teil sehr unsinnigen Gesetzen geregelt; wer nicht spurt, wird aus dem Kollektiv ausgeschlossen und muss in der Wildnis leben. Wer in Rente geht und dem Kollektiv nicht mehr nützlich ist, muss seine Wohnung räumen und sich in den „Grünraum“ begeben, in dem er aufgrund der extremen Farbreizungen seiner Hirnrinde schnell und positiv gestimmt stirbt und dann zum Ausschmelzen gebracht wird, wo seine Reste einen letzten Dienst an der Gesellschaft tun können.
Es würde zu lange dauern, diese Welt weiter zu beschreiben, es wird schnell klar, dass man die geschilderten Verhältnisse, die man im ersten Band kennenlernt, braucht, um den zweiten Band lesen zu können.
Eddie Russett und seine Freundin Jane, die Hauptpersonen der Reihe, haben inzwischen eine Ahnung bekommen, dass mit ihrer Welt etwas ganz und gar nicht stimmt und dass alle Parolen und Vorschriften dazu dienen, sie in gewissen Grenzen zu halten. Abweichler werden vom „Schöpfer“ bestraft und so werden ganze Dörfer samt ihrer Bewohner wegen bereits geringer Vergehen von der Landkarte gelöscht.
Für Eddie, der mit Violet zwangsverheiratet wurde und der mit Jane fliehen möchte, bietet sich eine Möglichkeit, als sie zusammen mit einigen anderen Dorfbewohnern zu einem Jahrmarkt fahren. Doch zuvor lernen sie einen „Engel“ kennen, werden von fast Opfer eines Mordkomplotts und müssen sich entscheiden, wie sie leben wollen.
Wenn man einmal die etwas herausfordernde Welt außen vor lässt, so sind es die interessant geschilderten Figuren und die krassen Abenteuer, mit denen Jasper Fforde hier punkten kann. Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und mich auf die Lesezeit gefreut. Hoffentlich lässt sich der Autor mit seiner Fortsetzung nicht so viele Jahre Zeit, wie er es zwischen „Grau“ und „Rot“ getan hat. Es gibt zwar keinen fiesen Cliffhanger am Ende, doch die Story hat noch sehr viel Potential und weckt Erwartungen an einen spannenden und gerechten Abschluss für alle Figuren, die man beim Lesen kennenlernen durfte.
Mein Fazit: Eine Buchreihe, die mich mit einer absolut schrägen Welt voller Anspielungen auf bekannte politische Systeme, mehr oder weniger sympathischen Charakteren und einem spannenden Plot total begeistern konnte. Daumen hoch und eine Lese-Empfehlung für alle, die sich gern auf ungewohnte Welten einlassen können und wollen.