Die Leserunde ist vorbei und war, aus meiner Sicht, ein voller Erfolg!
Nachdem Easter Parade mich schon mehr als überzeugt hat, bezeichne ich mich nach diesem Buch wirklich als Fan von Yates. Yates schildert auf sehr eindringliche, bedrückende und zeitgleich so nüchterne - richtig schmucklose - Art einen kurzen, aber intensiven, Abschnitt einer Ehe zwischen zwei Menschen, die sich schon lange nichts mehr zu sagen haben. Und das, obwohl sie eigentlich am Beginn ihres Lebens stehen, mit 29 - würde man meinen. Das ist nicht schön zu lesen, sicher nicht, aber es fesselt auf eine fast voyeuristische Weise.
Die Handlung ist recht schnell erläutert: es geht um ein junges Paar, April und Frank, mit zwei Kindern, die ein ruhiges Vorstadtleben leben. Und da fangen auch die Probleme an, denn keiner von beiden wollten jemals eben dieses langweilige Vorstadtleben leben, wie alle anderen. Die aus dieser Situation heraus resultierende Unzufriedenheit entlädt sich in "typischen" Streitereien, die mit getrennt schlafen und in tagelangem Anschweigen enden bis hin zur stillschweigenden Übereinstimmung einer Versöhnung. Man kennt solche Situationen, hat man sich doch selbst das ein oder andere Mal schon missverstanden oder im Stich gelassen gefühlt von Partner oder Umfeld, wie es die Figuren in Yates Roman tun. Aber dann rappeln sie sich zu einer Entscheidung auf, die ihr Leben verändern soll. Und es kommt, wie es kommen muss: es kommt anders.
Nicht zuletzt aufgrund der eigenen Erfahrung, die in diese Geschichte beim Lesen mit einfließen wirkt sie äußerst beeindruckend. Aber natürlich ist es vor allem Yates meisterhafter Erzählton, der es schafft, die bedrückende Monotonie und Trostlosigkeit des Zusammenlebens von Frank und April ohne eine einzige Länge in geschriebene Worte umzusetzen, die manchmal auch, Humor sei Dank, bitter ironisch zu lesen sind.
Ständig ist man versucht sich zu fragen, was April und Frank wohl so falsch gemacht haben. Es muss doch einen Grund dafür geben, warum ihre Ehe nicht mehr funktioniert, warum ihr Alltag miteinander so einfallslos geworden ist, warum sogar jeder Figur für sich allein betrachtet nichts mit sich anzufangen vermag und warum sie keine Ziele haben. Mich hat das zu Beginn wirklich irritiert. Aber Yates gibt in einem Interview zu verstehen, dass er eben nicht an erfolgreichen Menschen interessiert gewesen sei, sondern an den gescheiterten. Das half mir zu verstehen, dass die Figuren schon lange vor ihrem Eintreffen im Roman gescheitert sind. Irgendwie ließ mich dieses Wissen etwas beruhigter weiterlesen. Ist ja auch ein wenig beängstigend, wenn der Yates da Alltagssituationen auspackt, die jeder mal mitmacht, und daraus ein Drama strickt...
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch auf das interessante Ploughshares Interview aufmerksam machen, was buzzaldrin uns in der Leserunde verlinkt hat (Achtung Spoiler! Bitte Interview erst nach der Lektüre lesen
>>zum Interview<< (vielen Dank dafür :wave). Dort steht noch jede Menge wissenswertes über Yates Motivation. Unter anderem betont er, dass es ihm nicht darum ging eine missglückte Ehe zu konstruieren, sondern darum, einen Roman über alle möglichen Fehlschläge. Das geht sehr weit über das beschränkte Thema missglückte Ehe hinaus und macht verständlich, warum nicht nur April und Frank, sondern auch die Nachbarn, Campbell und Giving, Hauptrollen einnehmen.
Auch das ausführliche Nachwort von Richard Ford ist interessant und hilfreich.
Das Buch wird sicherlich nachhaltig Eindruck hinterlassen. Und obwohl es bereits 1961 erstmalig verlegt wurde, hat es bis heute thematisch nur wenig an Aktualität eingebüßt.
EDIT: Ich habe noch vergessen zu erwähnen, dass die dtv Taschenbuchausgabe, die ich gelesen habe, auffällig viele Übersetzungsfehler aufweist. Eigentlich stören mich solche Fehler nicht, man liest ja im Normalfall über sie hinweg, aber hier ist es mir aufgrund der Häufigkeit extrem aufgefallen.