Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Marcel Proust

  • Ich habe gerade in wikipedia über den Sprecher Peter Matic und dieses Hörbuch folgendes gelesen:

    "Als Hörbuchinterpret vertonte Matić Romane bedeutender Schriftsteller, darunter... Auf der Suche nach der verlorenen Zeit von Marcel Proust, der das bislang umfangreichste Hörbuchprojekt im deutschsprachigen Raum bildet[5] und Matić in der Kategorie „Bester Interpret“ eine Nominierung für den Deutschen Hörbuchpreis 2011[6] sowie eine Auszeichnung mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik einbrachte.[7] Zudem wurde das Werk zum „Hörbuch des Jahres 2010“ der Hörbuchbestenliste gekürt.


    Dachte ich mir doch, dass er ein Österreicher ist.

  • Zu Beginn des 16. Abschnitts war ich doch zunächst sehr irritiert, dass der Erzähler sich weinend von den Weißdornblüten verabschiedet. Ich habe eine ganze Weile gebraucht, bis ich darauf kam, dass diese Blüten Gilberte symbolisieren.


    Habe ich das richtig verstanden, dass die Tochter des Klavierlehrers eine Beziehung zu einer Frau unterhält? Oh, wie unschicklich!

    Ich kann mir vorstellen, dass es damals auch unschicklich war, darüber zu schreiben.

  • Hast du das gehört? Dann hast du ein sehr gutes Ohr.

    Es hat schon eine Weile gedauert, bis ich ein paar Klänge herausgehört habe. Also einmal das "L", das etwas weiter hinten ausgesprochen wird, und auch das "eu".

    Ich bin von ihm sehr beeindruckt, das ist ein Text, der gut gelesen sein muss.

    Ja, vor allem, wenn man bedenkt, was das für Bandwurmsätze oft sind. Ich frage mich, wie der Sprecher das vorbereitet. Sicher werden Fehler wohl herausgeschnitten. Aber ich würde mehrmals in einem Satz Fehler machen.

    Ich bin noch nicht ganz so weit. 13 oder 14. Auf jeden Fall da, wo über Francines Machenschaften gegen die Küchenmädchen berichtet wird. So ein Biest.

    Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut (Ich glaube, sie heißt Francoise). Sie hat aber auch eine ganz andere Seite, wie man am Ende des 16. Abschnitts hört.

  • 19. Abschnitt


    Ich finde es sehr gut beschrieben, wie er die Herzogin von Guermantes als reale Frau erlebt. Er ist erstaunt, dass sie wie eine "normale" Bürgersfrau ausschaut und so gar nichts mit seinen Vorstellungen zu tun hat. Aber dennoch verehrt er sie weiterhin.


    Das ist heute sicher nicht anders, wenn man einen Fernseh- oder Bühnenstar im realen Leben trifft. Man trennt eben zwischen den zwei Erscheinungsformen.

  • Ich bin inzwischen bei Abschnitt 17/18 angekommen. Ganz genau weiß ich das nie, weil ich beim Zuhören leicht mit meinen Gedanken abschweife.

    Irgendein Detail weckt eine Erinnerung und schwups bin ich irgendwo weit in der Vergangenheit.

    Öfter höre ich dann einen Abschnitt zwei Mal :-]


    Ja, welch Skandal, die Tochter des Klavierlehrers lebt mit einer Frau zusammen und angeblich machen die beiden Musik. Und das bei dem so sittenstrengen Klavierlehrer.

    Mir gefällt die so treffende Schilderung der Heuchelei vieler dieser Bürger. Swann, der Vinteuils Tochter zu einem Besuch bei seiner Tochter eingeladen hat, der sich das als Einziger leisten kann, weil er selbst den Skandal einer unschicklichen Heirat ausgelöst hat.

    Und ist es nicht gerade Vinteuil, der sich darüber mokiert?


    Tante Leonie ist inzwischen gestorben und unser Erzähler und Francoise können sich über Trauer nicht verständigen - wie soll die einfache Frau, die vermutlich kaum lesen und schreiben kann, seine Gedanken nachvollziehen? Für sie reicht es aus, zu tun, was sich gehört.

    Und trotzdem trauert sie aufrichtig um die Tote.

  • Ich bin inzwischen bei Abschnitt 17/18 angekommen. Ganz genau weiß ich das nie, weil ich beim Zuhören leicht mit meinen Gedanken abschweife.

    Irgendein Detail weckt eine Erinnerung und schwups bin ich irgendwo weit in der Vergangenheit.

    Öfter höre ich dann einen Abschnitt zwei Mal

    Genauso geht es mir auch.

    Tante Leonie ist inzwischen gestorben und unser Erzähler und Francoise können sich über Trauer nicht verständigen - wie soll die einfache Frau, die vermutlich kaum lesen und schreiben kann, seine Gedanken nachvollziehen? Für sie reicht es aus, zu tun, was sich gehört.

    Und trotzdem trauert sie aufrichtig um die Tote.

    Sie kann doch sehr warmherzig sein, auch wenn sie manchmal die Stacheln aufstellt.

  • Jetzt habe ich mich bis Folge 18 und 19 vorgearbeitet und staune über des Erzählers Erkenntniss über Lust und Sadismus. Das ist das erste Mal, dass mich stört, nicht zu wissen, ob da der Jugendliche oder der Erwachsene spricht.

    Denn für einen so behütet aufgewachsenen Jungen finde ich die Erwägungen doch sehr eigenartig. Oder mache ich mir nur falsche Vorstellungen von der Erziehung zu dieser Zeit?

  • Jetzt habe ich mich bis Folge 18 und 19 vorgearbeitet und staune über des Erzählers Erkenntniss über Lust und Sadismus. Das ist das erste Mal, dass mich stört, nicht zu wissen, ob da der Jugendliche oder der Erwachsene spricht.

    Im 17. Abschnitt bei ca. Minute 13 spricht er von einem "damals nur dumpfen Eindruck", aus dem "erst einige Jahre danach" seine Vorstellung vom Sadismus entstanden ist.

  • Jetzt geht es um sein großes Schreibproblem. Er will Schriftsteller werden, bringt aber keine Zeile zustande.


    Er hat zwar eine ungeheuere Wahrnehmungsgabe, was natürlich auch sehr anstrengend ist. Er sammelt Eindrücke an, hat aber das Gefühl, dass hinter der Wahrnehmung noch etwas verborgen ist, was er aber partout nicht entdecken kann.


    Als es ihm endlich gelingt, einen Text zu verfassen, habe ich mich mit ihm gefreut. Ich dachte, jetzt, da der Knoten geplatzt ist, wird er frohgemut und entspannt sein. Doch es dauert nicht lange, bis er wieder zu Tode betrübt ist.


    Ich kann mich überhaupt nicht in ihn hineinversetzen. Ein Jugendlicher, der sich nach einer Frau sehnt und kurz darauf sich nichts sehnlicher wünscht, als dass seine Mutter kommt, um ihm Gute Nacht zu wünschen.


    Ich kann mir vorstellen, dass er auf seine Umgebung manchmal schon etwas eigenartig wirkt.

  • Die ersten Minuten des 20. Abschnitts haben mir sehr gut gefallen. Es ging um Kindheitserinnerungen. Da dachte ich mir: Genau so ist es.

    Wenn man das Dorf seiner Kindheit verlässt und dann nach vielen Jahren wieder einmal zurückkommt, findet man manches nicht mehr. Anderes ist noch genauso wie es war. Aber in der Erinnerung haben die alten Bilder Vorrang vor den neuen. Ich würde sogar sagen, sie sind "wahrer", d. h. sie entsprechen eher meiner Wirklichkeit.

  • Mich machen diese Kindheitserinnerungen oft traurig.

    Der Junge ist so einsam, nie erzählt er von irgendwelchen Spielen mit Freunden. Höchstens von den eigenartigen Gesprächen mit Bloch, die sich für mich alle ziemlich überspannt anhören. Das wäre ja nicht so besonders, ich erinnere mich selbst an sehr seltsame Gespräche mit Freundinnen.j

    Aber so gar nichts Unbeschwertes, keine Albernheiten, Raufereien.


    Dafür dann eine schon fast unglaubliche Sensibilität gegenüber äußeren Einflüssen.


    Mich würde auch interessieren, ob man zu Prousts Zeiten unter Sadismus das gleiche verstanden hat, wie man das heute tut.

    In Bezug auf die Tochter von Vinteuil finde ich die "Diagnose" Sadismus ziemlich daneben.

  • Der Junge ist so einsam, nie erzählt er von irgendwelchen Spielen mit Freunden.

    Zumindest in Combray hatte er keine Freunde. Ich frage mich schon lange, wie das bei ihm mit der Schule funktioniert hat, wenn die Familie ab Ostern in Combray war. Zur Schule ist er doch nur in Paris gegangen.

    In Bezug auf die Tochter von Vinteuil finde ich die "Diagnose" Sadismus ziemlich daneben.

    Das habe ich auch nicht begriffen.

    Die Tochter von Vinteuil leidet, weil sie sich von ihrer Freundin gezwungen fühlt, das Andenken ihres Vaters zu beschmutzen. Oder wie?

  • Mir scheint, er hat seine Tochter immer überbehütet. Obwohl sie ein eher kräftiges Kind war, hat er ihr immerzu den Mantel hinterher getragen. Vielleicht, weil er schon früh seine Frau verloren hatte, wollte er für sie alles tun, was ihm möglich war.

    Das Mädchen muss wohl eine sehr zwiespältige Beziehung zu ihrem Vater gehabt haben. Es fühlt sich eher nach Streben nach Unabhängigkeit an.

    Vielleicht erfahren wir noch etwas darüber.

  • Im Laufe des 20./21. Abschnitts kommen wir dahin, was der Titel aussagt: Es geht um Swann.

    Der Erzähler schildert die Ereignisse um Swanns Einführung bei den Verdurins und seine Bekanntschaft mit Odette so ausführlich, dass ich kurzzeitig vergessen habe, dass diese Ereignisse vor der Geburt des Erzählers liegen, d. h. dass er alles nur vom Hörensagen kennt.


    Aber ich gehe mal davon aus, dass die Charakterisierung der Personen einigermaßen zutrifft.


    Ich frage mich, warum Proust hier die Beschreibung der Wahrnehmung des Zimmers beim Aufwachen eingefügt hat. Keine Frage, es schön zu hören. Ich habe aber den Eindruck, er sieht das als Überleitung. Oder doch eher als Ausklang des Vorherigen? Geht es ihm um verfälschte Erinnerungen?