Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Marcel Proust

  • 43.


    So endgültig ist das Zerwürfnis zwischen Swann und den Eltern des Erzählers anscheinend doch nicht. Das ist alles etwas undurchsichtig. Wobei es schon etwas schwierig ist, eine Beziehung zu einem Menschen aufrecht zu erhalten und den Ehepartner auszuschließen. Ich kann mir vorstellen, dass sich der Kontakt so langsam ausgeschlichen hat.


    Ich frage mich, warum der Erzähler der Beziehung zwischen Swann und Odette so viel Platz eingeräumt hat. Es passt zwar zum Thema "Verlorene Zeit", aber sollte es in diesem Buch nicht viel mehr um die verlorene Zeit des Erzählers gehen?

  • zum Thema "Verlorene Zeit", aber sollte es in diesem Buch nicht viel mehr um die verlorene Zeit des Erzählers gehen?


    Ich verstehe es so, dass es bei uns allen "verlorene Zeit" gibt. Zeit, die dem Vergessen anheimfällt, die , wenn wir Glück haben, nur gelegentlich durch äußere Einflüsse in unser Gedächtnis zurückkommt.

    Denn sonst ist ja keine Zeit verloren, selbst wenn wir manchmal glauben, eine Bemühung, eine Beschäftigung sei vergeblich gewesen, Zeitverschwendung sozusagen, oft genug stellt sich im Nachhinein heraus, dass es doch zu etwas gut gewesen ist.

  • Und dann gibt es da noch den Unterschied zwischen Zeitverschwendung und Zeitvertreib.


    Wenn ich mich recht erinnere, hat Swann die Beziehung zu Odette einmal als verlorene Zeit angesehen. Gerade weil seine Gedanken ständig um sie kreisten, auch wenn sie nicht zusammen waren, und er nichts zustande gebracht hat. Vergessen hat er sie bestimmt nicht. Und sicher hat er etwas daraus gelernt, zumindest sich selbst besser kennengelernt. Folglich war die Zeit doch nicht verloren.

  • Jetzt bin ich aber platt!

    Es hat doch geheißen, dass er sie noch einmal treffen würde. Also "1x". Auch in den Zusammenfassungen unter den Hörabschnitten werden Formulierungen verwendet, wie "Swann hat Abschied genommen von Odette", "von Swanns gescheiterter Liebe" usw.

    :gruebel


    Gegen Ende wird der Erzähler melancholisch. Man kann wieder einmal hören, dass wohl schon immer die älteren Menschen der Meinung waren, dass früher doch vieles besser war. :grin

  • Ich war auch platt 8|, habe aber die Zusammenfassungen nie gelesen, deshalb war ich wohl im Vorteil. Amüsiert habe ich mich mal wieder über den Erzähler mit seiner Bewunderung für die elegante Madame Swann. Vor Eleganz und vor hoher Geburt hat er offensichtlich viel Respekt.



    Man kann wieder einmal hören, dass wohl schon immer die älteren Menschen der Meinung waren, dass früher doch vieles besser war.

    Ich glaube, das kommt daher, dass man die schlechten Erinnerungen eher verdrängt.

    Bei seinen sehnsuchtsvollen Erinnerungen an die schöne Kleidung der Damen sollte man wohl mal die Damen fragen. Vermutlich waren die Sachen auch eher unbequem.

    Und wirklich gelacht habe ich über die Kutschen, die er so verklärt. Über die massenweise Pferdeäppel schreibt er nicht :grin und zudem waren die ersten Autos auch sehr elegant, finde ich.

    Er sollte mal die heutigen Kästen sehen.


    Ich bin gespannt, wann es weitergeht.

  • Heute habe ich 2/55 gehört.

    Unser Erzähler geht ins Schauspiel. Und, wie nicht anders zu erwarten, ist er von der Realität doch etwas enttäuscht. Er ist schon ein eigenartiger Knabe, wochenlang vorher den Text zu studieren und vor sich hin zu deklamieren.

    Das wäre mir selbst bei den interessantesten Stücken nicht eingefallen.

  • Man kennt das von Kindern und Jugendlichen, dass Dinge plötzlich uninteressant werden, wenn sie nicht mehr veboten sind. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass er sich Gedanken darüber macht, ob er tatsächlich ins Theater gehen will, nachdem seine Eltern ihm die Entscheidung darüber überlassen haben.

    Vielleicht hat das mit dazu beigetragen, dass er sich nicht so hineingesteigert hat, dass er krank geworden wäre.

    Er ist schon ein eigenartiger Knabe, wochenlang vorher den Text zu studieren und vor sich hin zu deklamieren.

    Das wäre mir selbst bei den interessantesten Stücken nicht eingefallen.

    Zu mehr als ein paar Schlagertexten hat es bei mir auch nicht gereicht. :grin

  • Beim 3. Abschnitt ist ein Fehler passiert. Er kann nicht abgerufen werden.

    Ich habe gestern abend beim live-Hören nur noch die letzten Minuten erwischt. Es geht um das Abendessen bei den Eltern des Erzählers mit Norpois, für das sich Francoise so ins Zeug gelegt hat.

  • Da habe ich den Beitrag gerade noch rechtzeitig gehört. Das Abendessen hat mich nicht so vom Hocker gehauen. Es ist schade, dass der Knabe niemanden hat, mit dem er vernünftig über seine Eindrücke sprechen kann. Dieses ständige Bemühen um intelligente und kluge Äußerungen kann ihn ja nur völlig verwirren.


    Aber offenbar war das Essen gut. :grin

  • Im 4. und 5. Abschnitt erfährt man doch noch etwas darüber, wie es zur Heirat zwischen Swann und Odette gekommen ist. Gilberte war schon auf der Welt. Ich habe es so verstanden, dass Odette das Kind als Druckmittel eingesetzt hat und dass Swann Odette gar nicht mehr geliebt hat.


    Norpoir fällt ein vernichtendes Urteil über die Schreibkunst des Erzählers. Hätte er sich nicht etwas diplomatischer ausdrücken können? Darin ist er doch schließlich Fachmann! :lache

  • Na, offenbar hat sich die Familie Swann doch einigermaßen harmonisch zusammengefunden. Interessant ist, dass Norpois offenbar nichts daran findet, bei ihnen ein und aus zu gehen, wo sie doch von vielen gemieden werden.

    Seltsamer als sein Urteil finde ich, dass der Vater seinen Sohn nicht daran gehindert hat, sein Werk herbeizuholen. Was hat er erwartet?

    Es ist schade, dass der Junge sich so sehr vom Urteil der Umwelt abhängig macht. Er hat eine gute Beobachtungsgabe und ist meist sehr feinfühlig. Ist doch schon was.

  • Seltsamer als sein Urteil finde ich, dass der Vater seinen Sohn nicht daran gehindert hat, sein Werk herbeizuholen. Was hat er erwartet?

    Ich glaube, die Eltern haben schon große Stücke auf die Schreibkunst ihres Sohnes gehalten. Sie wollten halt nur, dass er einen einflussreicheren Beruf ergreift.

    Er hat eine gute Beobachtungsgabe und ist meist sehr feinfühlig.

    Das habe ich mir auch gedacht. Ich finde, Norpois hat hier zu schnell geurteilt. Inwieweit das den Erzähler beeinflusst hat, werden wir erst noch erfahren.

  • Zur Thema Berma (6. Abschnitt)

    Zitat

    Das Vergnügen, das ich daran gehabt hatte, sie spielen zu sehen, bedurfte umso mehr einer Vervollständigung, als es weit entfernt war vom dem, das ich mir versprochen hatte.

    :lache

    Ich musste hier an Menschen denken, die in einer Ausstellung von moderner Kunst sind, und sich wundern, was die anderen so toll daran finden. Nachträglich sucht man dann Erklärungen dafür. Schließlich will man sich nicht als Kunstbanause outen.

  • Der arme Kerl hat ja auch so abgeschieden gelebt, dass er sich das wunderbarste Erlebnis ausgemalt hat. Wie sollte er wissen, dass auch andere nur mit Wasser kochen? Für ihn wäre es sicher besser gewesen, man hätte ihn früher mit der realen Kunst bekannt gemacht.


    Ich bin gespannt, ob seine Bekanntschaft mit Swann ihn irgendwann "erdet".