Wellenflug - Constanze Neumann

  • Tiefgründig und bewegend

    Tiefgründig und bewegend


    »Das faszinierende Doppelporträt zweier höchst unterschiedlicher Frauen. Genau recherchiert und opulent erzählt Constanze Neumann das Schicksal einer zerstreuten Familie, deren Geschichte mit der deutschen untrennbar verbunden bleibt.« Julia Franck


    Als ihr Sohn Heinrich 1881 zur Welt kommt, setzt Anna Reichenheim große Hoffnungen auf diesen Erstgeborenen. Doch Heinrich schert sich nicht um die Konventionen seiner großbürgerlichen jüdischen Familie. Er erliegt den Verlockungen des Berliner Nachtlebens und verliebt sich in die ganz gewöhnliche Marie, die seine Mutter nicht akzeptieren kann. Gemeinsam suchen Heinrich und Marie in den USA ihr Glück, bis der Erste Weltkrieg sie zurück nach Deutschland holt. Sie bleiben ausgeschlossen aus der Familie, auch als die Schatten der Weltwirtschaftskrise und des aufkommenden Nationalsozialismus sich über das Land legen. Anna stirbt 1932 unversöhnt mit Heinrich, nicht ahnend, was ihrer Familie bevorsteht. Während seine Geschwister fliehen oder vertrieben werden, bleibt Heinrich in Deutschland zurück. Wieder ist es Marie, die ihm Halt gibt, als sie ums Überleben kämpfen.


    ***Ein feinfühliger Roman über zwei ganz unterschiedliche Frauen, über zwei Leben reich an Liebe und Verlust in einem Jahrhundert voller Extreme.***


    Meine Meinung zur Autorin und Buch

    Constanze Neumann, ist ein wundervoller Roman, den reale Figuren und Ereignisse zugrunde liegen. Ihre Recherche beruht auf Dokumente, Briefe, Familienchronik usw. . Es ist aus zwei verschiedenen Blickwinkeln und Zeiten erzählt, von 1864 - 1905, und 1905-1957 zweier Frauen erzählt, Anna und Marie, Frauen wie sie unterschiedlicher allein von ihrer Herkunft nicht sein könnten. Ihr Schreibstil ist sehr klar, Bildlich, tiefgründig und spannend. Ihre Recherche ist großartig und sehr gut fand ich auch noch mal das Nachwort. Die Protagonisten sind sehr gut herausgearbeitet, auch deren einzelnen Charakter und Emotionen, man bekam tiefe Einblicke in deren Seelenleben.


    Die kleine Anna und ihr Vater haben ein sehr inniges Verhältnis, im Gegenteil fand ich die Mutter sehr distanziert und kühl. Allein die wunderschönen Märchen die er ihr erzählt fand ich wunderschön, das ist der Mutter ein Dorn im Auge auch das sie mit ins Kontor darf. Anna interessiert das alles brennend. Der Vater verleugnet ihre Herkunft aus Schlesien, Leibzig ist ihre Heimat. Als ihre ältere Schwester Henriette stirbt, muss sie in deren Fußstapfen treten. Die Reichenheims , sind gern gesehen Gäste, besonders die Söhne der ältere und ruhige Julius und der lebhafte Arthur der jüngste. Anna wird mit Arthur verheiratet, ich fand die Lösung nicht glücklich. Es ist ein Leben voller Verlust, geschäftlichen und gesellschaftlichen Aufstiegen . Aber auch voller Liebe. Anna ist eine starke Frau, die nach dem plötzlichen Tod Arthur, Julius heiratet, mit ihm viele wohlerzogene Kinder bekommt, bis auf Heinrich das schwarze Schaf in der Familie. Es geht sehr turbulent und tragisch zu im ersten Abschnitt.


    Im zweiten begegnen wir Marie, die Frau von Heinrich, die man nicht Akzeptiert in der Familie alleine schon wegen ihrer Herkunft. Dabei können die Eltern froh sein, das der missratene Sohn an solch eine Frau kommen konnte. Ein Mann der das Berliner Nachtleben in allen Facetten liebte. Der verstoßene Heinrich flieht mit seiner Marie in die USA, um dort ihr Glück und Anerkennung zu suchen. Der erste Weltkrieg zerstört ihre Pläne, sie kehren zurück nach Deutschland , Heinrich möchte für sein Vaterland kämpfen, und in der Hoffnung in den Schoß der Familie zurück zu finden. Eine dramatische Zeit beginnt, Weltwirtschaftskrise, die Nazis gewinnen an der Oberhand. Die Juden sind in Gefahr, Flucht, Vertreibung.

    Marie habe ich bewundert wie sie immer wieder Heinrich den Rücken stärkte, wie ein Fels in der Brandung, mit ihm um ihr überleben kämpfte.


    Edit: Titel und Name verbessert, damit die Suche auch funktionieren kann, außerdem die ISBN zur Verlinkung nachgetragen. LG Wolke


    ASIN/ISBN: 3550201621

  • Wellenflug, von Constanze Neumann


    Cover:

    Das Cover gefällt mir und für mich ist das Marie.


    Inhalt:

    Zwei Jahrhunderte, zwei Frauen, zwei Welten, die sich überschneiden aber doch auf keinen gemeinsamen Nenner kommen.

    1864 bis in die Heutige Zeit.

    Ein privilegiertes Leben in Deutschland, der Absturz in den Kriegen, unendliches Leid.

    Hochmut und Ignoranz, und eine unendlich große Liebe.


    Meine Meinung:

    Ein ganz besonderer Roman über den Zeitraum von zwei Jahrhunderten erzählt. Sehr gut recherchiert. Das Nachwort ist hier wirklich lesenswert.

    In einer etwas anderen Form.


    Im ersten Teil (es beginnt 1864) lesen wir über das Leben Anna, einer Jüdin. Ihre Kindheit, ihre Jugend wie sie die gesellschaftliche Leiter immer weiter emporsteigt. Wir lesen aber auch von ihrer unversöhnlichen Arroganz und ihrem Klassendenken, ihrem Standesdünkel von dem sie nicht ablässt. Eine sehr harte und unversöhnliche Frau.


    Im zweiten Teil, erfahren wir alles über Marie (1905) die aus ärmlichen Verhältnissen kommt. Wir erleben das Leben an ihrer Seite. Die vielen Hoch und Tiefs (wie bei einem Kettenkarussell mit Wellenflug, das dann auch einmal im Buch vorkommt). Sie steht fest zu Heinrich, auch wenn seine ganze (reiche) Familie ihn fallen lässt. Sie folgt ihm ins Ungewisse, und das nicht nur einmal.

    Sie ist wirklich eine absolut starke Frau, die meine Bewunderung und meinen Respekt verdient hat.


    Autorin:

    Constanze Neumann, geboren in Leipzig, studierte Anglistik, Romanistik und Germanistik. Sie lebte mehrere Jahre

    in Palermo und arbeitete dort als Übersetzerin. Heute leitet sie einen Berliner Literaturverlag.


    Mein Fazit:

    Ein außergewöhnlicher historischer Roman in einer außergewöhnlichen Form.

    Von mir 4 sehr gute Stern.

  • Zwei Frauen einer Familie

    Wellenflug, Familienroman von Constanze Neumann, 336 Seiten, erschienen im Ullstein-Verlag.
    Ein feinfühliger Roman über zwei ganz unterschiedliche Frauen einer Familie, zwei Leben reich an Liebe und Verlust in einem Jahrhundert voller Extreme.
    Anna Reichenheim, die Tochter eines jüdischen Tuchhändlers ist von ihrem Sohn Heinrich, der 1881 geboren wird, enttäuscht. Soviel Hoffnung sie in ihn auch setzte, anstatt sich an die Verhältnisse seiner großbürgerlichen jüdischen Familie anzupassen, schlägt er immer wieder über die Stränge. Er ist ein Spieler und erliegt den Verlockungen des Berliner Nachtlebens. Zum Unmut seiner Familie verliebt er sich auch noch in Marie, ein Mädchen aus ärmsten Verhältnissen. Der erste Teil des Romans behandelt das Leben von Anna, ihrer vornehmen behüteten Kindheit und ihrem Leben an der Seite ihrer beiden Ehemänner.
    Der zweite Teil beschreibt die Lebensgeschichte von Marie, der ungewollten Schwiegertochter, die Heinrich m. M. nach, jedoch vom totalen Untergang bewahrte. Als Heinrich enterbt wird, wandern die beiden zunächst nach Amerika aus. Doch zu Beginn des ersten Weltkriegs zieht es Heinrich zurück nach Deutschland um für sein Vaterland zu kämpfen. Nach dem Krieg lassen sich Marie und Heinrich in Dresden nieder doch Heinrich hat es nie geschafft, eine Anstellung länger zu behalten, es geht immer weiter abwärts. Was in den folgenden Jahren zwischen den Kriegen und auch während des Nationalsozialismus geschieht ist in diesem Familienroman unglaublich ergreifend geschildert. Constanze Neumann hat hervorragend recherchiert, um die Geschichte ihrer Familie in Romanform zu erzählen. Akribisch hat sie die wenigen Fotos, Daten, Briefe und Zeitungsartikel zusammengetragen um Anna und Marie wieder lebendig werden zu lassen, sie vor dem Vergessen zu retten.
    Der Roman besteht aus 40 Kapiteln in zwei Teilen, jeder Teil einer der beiden Frauen gewidmet. Die Teile sind mit Jahreszahlen gekennzeichnet. Im Kapitel „Später“, am Ende des Romans, schließt sich der Kreis und die weiteren Schicksale der Familie bis in die Gegenwart werden geklärt. Zu Anfang hatte ich Mühe in Lesefluss zu kommen, zu viele Namen und Familienzusammenhänge die sich kompliziert gestalteten. Neumann hat den auktorialen Erzählstil gewählt und gewährt dadurch vollständigen Überblick über die Geschehnisse. Der zweite Teil Marie gewidmet, hat mich gepackt und mitgerissen, ich habe bis in die Nacht gelesen, bis der Schlusspunkt gesetzt war.
    Die emotionale Spannung war enorm hoch, ich habe mit der Protagonistin mitgefiebert und mitgelitten. Anna wohl durch ihre Erziehung, eine distanzierte und harte Frau, habe ich nicht immer verstanden, dass sie ihren Enkel Heinz nie sehen wollte konnte ich nicht nachvollziehen, auch Marie hat sie zeitlebens nicht verziehen, obwohl diejenige m. E. der rettende Anker für Heinrich war. Marie dagegen habe ich direkt ins Herz geschlossen. Tatkräftig und klug und stets Heinrichs Eskapaden verzeihend, hat sie an seiner Seite bis zum Ende ausgehalten. Obwohl aus ärmlichsten Verhältnissen war sie des Namens Reichenheim immer würdig. Feinfühlig, flüssig, spannend und bildmalerisch erzählt die Autorin ihre Familiengeschichte in diesem opulenten Roman.
    Eine Leseempfehlung für die Fans von historischen Familiengeschichten mit authentischem Hintergrund. Von mir wegen der Schwächen im ersten Teil 8 Punkte.

  • Ich habe lange nicht mehr ein derart eindringliches Buch gelesen.

    Anders kann ich es nicht beschreiben.


    Die Geschichte zweier Frauen aus den beiden vergangenen Jahrhunderten, die eine große Gemeinsamkeit hatten, aber doch unterschiedlicher nicht hätten sein können.

    Ihr Verbindung ist Heinrich, der Sohn und Ehemann.


    Anna - in großbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen. Geht den Weg, der ihr sozusagen vorbestimmt ist von den Eltern, der jüdischen Gemeinschaft.

    Sie wächst behütet mit ihren Geschwistern auf, die Familie geht später nach Berlin, wo sie heiratet.

    Ihren Ältesten Heinrich liebt sie besonders, so setzt sie viel Hoffnung in ihn.


    Aber Heinrich ist überhaupt nicht der Typ Mensch, der sich in der großbürgerlichen Atmosphäre wohl fühlt, er bricht aus, schlägt über die Strenge. Das geht so lange gut, bis sich Anna letztlich von ihm lossagt.

    Anstoß ist die Vermählung Heinrichs mit einer Frau, die für Anna nicht in ihre Gemeinschaft gehört, die nicht standesgemäß ist.


    Marie - aus der magdeburgischen Provinz stammend, versucht ihr Glück in Berlin und trifft auf Heirich.

    Sie ist die erste, die es schafft, daß dieser so unstete und unzuverlässige Mann Ruhe findet. Jedenfalls schafft sie es immer wieder, daß sie für Heinrich eine Art Fels in der Brandung darstellt.


    Aber auch später ist Anna immer präsent. Nicht leibhaftig, sondern bestimmt indirekt das Handeln Heinrichs, das Leben Maries.

    Man hat das Gefühl, der Schatten Anna verdunkelt das Leben ihrer Schwiegertochter, die sie ja für Anna nicht sein durfte.


    In Amerika kommen Marie und Heinrich endlich zur Ruhe, das Leben scheint endlich in geordnete Bahnen zu gelangen.

    Doch dann kommt der erste Weltkrieg....



    Beide Frauen sind auf ihre Art faszinierend, wobei ich Marie persönlich als die sympathischere und auch stärkere empfinde. Schon daher, weil sie sich alles erkämpfen mußte, was Anna praktisch in den Schoß fiel.


    Anna ist zu sehr in ihre Welt und die Standesdünkel verstrickt - was wohl auch der Zeit - Ende des 19. Jahrhunderts - geschuldet ist.


    Marie ist bodenständiger und auch praktischer veranlagt.


    Dazwischen Heinrich, der auch als erwachsener Mann immer ein Kind bleibt, sich den Realitäten verweigert, nichts ernst nimmt und so gesehen erst auf seine Mutter, dann auf seine Frau angewiesen ist.



    Schwer zu beschreiben, was das Eindringliche ausmacht. Der Schreibstil, die so unterschiedlichen Handlungsweisen, die Zeit, die im 20. Jahrhundert nicht besser wird, sondern - gerade für die jüdische Familie Heinrichs - immer gefährlicher.


    Das Gefühl, direkt in die Geschichte hineingezogen zu werden. Beide Frauen vor sich zu sehen und so schwer zu verstehen, daß diese beiden, die letztlich so viel verbindet, keine Chance haben, gemeinsam zu agieren, was vermutlich vieles besser hätte werden lassen können.

    Wohl von allem etwas.


    Auf jeden Fall ein Buch, das stark in Erinnerung bleibt und nachhallt.



    Fazit

    Eine eindringliche Geschichte zweier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können.

    Dazwischen ein Mann, der beide braucht und nicht ohne sie sein kann, auch wenn beide Frauen keinen Kontakt zueinander haben.