Töchter der Speicherstadt - Der Duft von Kaffeeblüten (Die Kaffee-Saga 1) - Anja Marschall

  • Die gebürtige Hamburgerin Anja Marschall lebt als Autorin und Journalistin mit ihrer Familie in Schleswig-Holstein. Vor ihrer schriftstellerischen Tätigkeit arbeitete sie als Erzieherin, Pressereferentin, Lokaljournalistin, EU-Projektleitung in der Sozialforschung, war Apfelpflückerin in Israel, Zimmermädchen in einem Londoner Luxushotel und Kioskverkäuferin an den Hamburger Landungsbrücken. Sie ist Mitglied der »Mörderischen Schwestern eV« und des »Syndikats« sowie der Mary-E-Braddon-Gesellschaft.


    Das Leben ist zu kurz für schlechten Kaffee


    "Der Kaffee muss schwarz sein wie der Teufel, heiß wie die Hölle, rein wie ein Engel und süß wie die Liebe." (Ch.-M. de Talleyrand-Périgord)

    1889:

    Maria, die Tochter eines brasilianischen Kaffeeplantagenbesitzers, lernt den Hamburger Kaffeeunternehmer Johann Behmer kennen. Da sie als Frau die Plantage ihres Vaters nicht erben und leiten darf, heiratet sie Johann und reist mit ihm ins ferne Hamburg. Zusammen mit Schwager Alfons, seiner Frau Gertrud und Kinder wohnt sie in der Familienvilla. Maria fühlt sich dort nicht richtig zu Hause, besonders weil Gertrud sie ablehnt, nicht anerkennt und Johann sie viel alleine lässt. Maria, die sich schon immer für die kleinen schwarzen Bohnen des Kaffeebaums interessiert, möchte gerne mehr über die Speicherstadt und das Unternehmen wissen, doch als Frau bleibt ihr dies verwehrt. Als man die Plantage ihres Vaters verkaufen möchte, erwirbt sie diese und beginnt im Verborgenen ihr eigenes kleines Unternehmen. Doch der Erste Weltkrieg bringt nicht nur Tod und Elend, sondern zudem Probleme für den Kaffeehandel.


    Meine Meinung:

    Das Cover mit der jungen Frau, den Kaffeebohnen und der Speicherstadt passt ausgezeichnet zu diesem Buch. Das unterhaltsam und sehr interessant Buch wird eingeteilt in 3 Zeitabschnitte mit insgesamt 35 Kapiteln. Die Autorin nimmt mich mit in die Zeit von 1889 bis nach dem Ersten Weltkrieg. Es geht um Kaffee und den Handel, Geheimnisse, die Zeitgeschichte Hamburgs, Rechte der Frauen und um deutsches Zeitgeschehen. Die Stadt Hamburg wird geprägt vor allem durch den Hafen und den Handelswaren, die dort umgeschlagen werden. Dabei ist die Speicherstadt ein besonderer historischer Lagerhauskomplex, der 1883 erbaut und 1888 eingeweiht wurde. Die wohlsituierte, angesehene Familie Behmer&Söhne besitzt sogar ein eigenes Lagerhaus, wo sie ihren Kaffee lagert. Nach dem Tod des Vaters sind die Brüder Alfons und Johann nun für das Unternehmen zuständig. Jemand versucht allerdings ganz langsam, Johann aus dem Unternehmen zu drängen. Ebenso werden Intrigen und Lügen verbreitet, die seiner Ehe schaden und es beinah schaffen. Fast zu spät erkennt Maria, dass sie einen Fehler begangen hat und versöhnt sich mit ihrem Mann. Ihre Schwägerin Gertrud, die ursprünglich aus einer alten Adelsfamilie stammt, wird mit Maria nicht warm. Gertrud hasst sie von Anfang an, was sie Maria immer wieder spüren lässt. Es geht sogar so weit, dass sich die Familien voneinander distanzieren. Maria hingegen wünscht sich nur Harmonie, Frieden, Liebe und von der Familie angenommen zu werden. Sie ist freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend, kein Wunder, dass sie sogar den Ärmsten der Armen hilft, als in Hamburg die Cholera ausbricht. Ihr Interesse an Kaffee lässt ebenfalls nicht nach, das Problem ist nur zu dieser Zeit dürfen die Frauen lediglich mit Genehmigung des Ehemanns ein Unternehmen oder einer Arbeit nachgehen. Doch außer Johann lernen noch andere Marias Geschäftssinn zu schätzen. Gertrud hingegen ist arrogant, überheblich und vor allem dadurch geprägt, dass sie als Adelige erzogen wurde. Sie würde sich niemals die Hände schmutzig machen. Wichtiger für sie ist nur, unter ihresgleichen gut angesehen zu sein. Ihre Art macht einen richtiggehend wütend, besonders wenn sie dabei Maria schadet. Hingegen fasziniert bin ich, wie sich Maria im Laufe der Geschichte entwickelt. Es berührt mich emotional, was sie alles mitmachen muss. Die Brüder Johann und Alfons können nicht unterschiedlicher sein. Während Johann ein herzensguter Mensch ist, scheint Alfons ganz andere Absichten zu haben. Doch über den Zwillingen steht ein Geheimnis, das ich erst im Laufe der Geschichte erfasse. Mehrere Jahre hat die Autorin für diese Saga recherchiert, was ich nicht anders erwartet habe. Als gebürtige Hamburgerin kennt sie sich zwar bestens aus in ihrer Heimatstadt, doch für ihre Bücher stöbert sie immer genaustens in Archiven. Was ich unter anderem schon bei ihren historischen Krimis um Hauke Sötje erleben durfte, die ebenfalls in und um Hamburg spielen. Ich freue mich nun darauf, wie es weitergeht mit der Familie, gebe eine Leseempfehlung und 5 von 5 Sterne. :thumbup:


    ASIN/ISBN: 3492317219

    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."

  • Maria lebt in Brasilien, zusammen mit ihrem Vater. Als dieser krank wird, stellt sich heraus, dass die Kaffeeplantage der Familie verkauft werden muss. Es kommt ein Deutscher, Johann Behmer, der Interesse an der Plantage zeigt und der sich Hals über Kopf auch in Maria verkuckt. Die beiden heiraten und Maria zieht mit Johann nach Deutschland. In ihrer neuen Familie wird sie jedoch nicht willkommen geheißen, für ihre Schwägerin ist sie nur die „Wilde“, die ihren gesellschaftlichen Ambitionen im Weg steht. Die Situation eskaliert über die Jahre mehr und mehr, bis schließlich ein verhängnisvolles Familiengeheimnis die Familie erschüttert.


    Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Maria ist eine starke Hauptfigur, die es im Laufe des Lebens lernt, ihre Impulsivität zu beherrschen und ihre Ziele auf anderen Wegen zu erreichen. Sie schafft es in einer Zeit, in der Frauen aus der Kaufmannsschicht nicht handeln durften, einen Vertrieb für den Kaffee ihrer Plantage aufzubauen. Und sie lässt sich nicht von ihrer Schwägerin Gertrud kaputt machen, obwohl die alles daran setzt ihr zu schaden.


    Das Buch beleuchtet die Zeit von 1889 bis 1918. Die gesellschaftlichen Entwicklungen in dieser Zeitspanne waren schon enorm und besonders Gertrud muss lernen, dass allein die Herkunft eben doch nicht immer alles ist. Maria tut sich da mit den Veränderungen doch leichter. Die Geschichte ist durchgängig spannend, allein das Familiengeheimnis und dessen Folgen sind sehr geschickt aufgebaut. Am Ende gibt es noch eine Überraschung, die den Appetit auf Band zwei erhöht.


    Von mir daher eine Leseempfehlung für dieses interessante und toll zu lesende Buch!


    9 von 10 Punkte

  • Seiten: 464

    Herausgeber: Piper Taschenbuch

    Erscheinungstermin: 24. Februar 2022

    ISBN: 978-3492317214



    Meine Meinung:


    Kaffee, die Speicherstadt in Hamburg und ein historischer Roman. Das ist genau mein Beuteschema. Mein Verlangen, hochwertigen Kaffee ohne Milch (ohne Zucker sowieso) zu trinken ist seit der Lektüre des Buches um einiges gestiegen. Gut, dass wir in meinem Heimatort eine Kaffeerösterei haben, die zufällig auch noch meinen Nachnamen trägt. Da habe ich dann direkt auch noch den richtigen Kaffeedealer vor Ort.


    Maria Pereira da Silva ist die Tochter des Kaffeeplantagenbesitzers Arturo Pereira de Silva. Ihr Vater ist schwerkrank und möchte seine Fazenda Santo Antônio so schnell wie möglich verkaufen. Der Kaffeehändler Johann Behmer bekundet nicht nur Interesse an der Fazenda, sondern auch an Arturos Tochter. Maria und Johann heiraten und Maria geht mit Johann nach Hamburg um fortan dort zu leben. Aber Marias Schwager Alfons und vor allem ihre Schwägerin Gertrud machen ihr das Leben in Deutschland zur Hölle.


    Ich übertreibe nicht, wenn ich dir sage, dass ich innerhalb der ersten Seiten völlig in den Bann des Buches gezogen wurde. Ich habe die gut 460 Seiten innerhalb von vier Tagen gelesen und freue mich total, dass der zweite und dritte Teil noch in diesem Jahr erscheinen. Mich haben nicht nur der Schreibstil der Autorin gefesselt, sondern auch die Figuren, die sie erschaffen hat. Ich habe vor allem Maria und Johann so lieb gewonnen, dass ich sie am Ende des Buches kaum gehen lassen konnte.


    Nicht nur die Figuren haben mir gut gefallen, sondern auch die Erwähnung historischen Ereignisse, die Anja Marschall in die Handlung verwoben hat. Die historischen Begebenheiten beginnen mit dem Goldenen Gesetz in Brasilien, dass es im Jahr 1888 allen Slaven erlaubte frei zu sein. Nicht nur beispielsweise der Bau der Speicherstadt in Hamburg, sondern auch die Choleraepedemie, der explosive Anstieg der Kaffeepreise und der Beginn des ersten Weltkriegs fanden in der Geschichte ihren Platz. Für mich war das Geschichtsunterricht in seiner schönsten Form, denn mein Kopfkino wurde die ganze Zeit auf Trab gehalten. Zusätzlich habe ich einiges über den Anbau und die Verarbeitung von Kaffee gelernt sowie über den Kaffeehandel.


    Man könnte jetzt bemängeln, dass „Der Duft von Kaffeeblüten“ ein Buch über eine starke Frau ist, die es alles schafft, was sie sich vornimmt. Diese Art Bücher gibt es ja gerade im historischen Bereich mit fiktiven Figuren sehr oft. Ich möchte dir aber versichern, dass Marie durchaus auch Steine in den Weg gelegt werden, sie mit ihrem Schicksal hadert und nicht wie eine Superheldin durch die Geschichte flaniert.


    Ich möchte dir dieses wundervolle Buch gerne ans Herz legen, vor allem wenn du nicht nur gerne historische Romane liest, sondern diese auch gerne gespickt sein dürfen mit Informationen über die damalige Lebensweise und historische Begebenheiten.


    Der zweite Teil „Der Geschmack der Freiheit“ erschien am 28. April 2022 und der dritte Teil „Das Versprechen von Glück“ am 28. Juli 2022.


    ASIN/ISBN: 3492317219