Christof Dörr - Klube & THE BATES: Wie ein Dorfpunk zum Rockstar wird und 1 Million Platten verkauft – bis das Schicksal gnadenlos zuschlägt

    • Herausgeber ‏ : ‎ Schwarzkopf & Schwarzkopf (1. Dezember 2018)
    • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
    • Broschiert ‏ : ‎ 280 Seiten
    • ISBN-10 ‏ : ‎ 3862657450
    • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3862657452


    ASIN/ISBN: 3862657450


    Über den Autor:

    CHRISTOF DÖRR wurde 1972 in Kassel geboren. Er studierte Rechtswissenschaften in Marburg und arbeitete nebenher als freier Journalist. Nach Stationen bei SAT.1 und FOCUS TV ist er heute Chef vom Dienst in der Redaktion des ProSieben-Magazins taff. Seit der Geburt seiner Zwillingstöchter Matilda und Carlotta lebt er in einem Vorort von München und fährt täglich zwei Stunden Zug.

    Quelle: Verlag / vlb



    Inhaltsangabe:

    »Diese Jungs waren wirklich etwas Besonderes. Nicht nur als Musiker. Es waren ihre Lieder. Die waren einfach viel besser als unsere. Ich liebe The Lips of Jane Mansfield bis heute. Brilliant stuff. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist, in einem Moment so hoch oben zu sein. So erfolgreich. Und im nächsten Moment so tief unten.« In seinem Vorwort für das Buch schwärmt Olga, der legendäre Toy Dolls-Frontmann, von der Band The Bates aus Eschwege. Einer, der dieses brillante Zeug vom ersten bis zum letzten Tag mitgemacht hat: Frank »Klube« Klubescheidt, der Drummer der Bates. Er war mal ein richtiger Star. Die Bates haben eine Million Platten verkauft. Heute arbeitet er als Pfleger in einem Wohnheim für Behinderte. »Wenn man das Leben, das ich jetzt lebe, mit meinem Leben von damals vergleicht, dann kommt mir das alles wie ein Rausch vor. Heute muss ich die Straße kehren, den Rasen mähen. Früher gab es keine Tageszeiten. Es gab keine Wochenenden. Es gab keine Nachrichten. Alles, was in einem normalen bürgerlichen Leben eine Rolle spielt, war zu den Zeiten mit den Bates nicht existent.« Klube wächst auf dem Dorf auf, macht eine Lehre. Doch seine große Liebe ist die Musik: »Wir wollten immer aus unserem Leben etwas Besonderes machen. Nicht dieses 08/15-Programm abspulen: Lehre, Job, Haus, Frau, Rente. Davor hatten wir Angst. Ausbrechen aus dem schon geschriebenen Drehbuch – das war es.« 1983 gründet Klube mit Sänger Zimbl und Gitarrist Armin Beck The Bates. Ihr großes Ziel: Stars werden. Im Schweinetransporter von Papa fahren sie zu ihren ersten Konzerten. Anfang der 90er-Jahre geht der große Traum in Erfüllung: ein Vertrag bei Virgin Records. Es folgen Top-Ten-Hits, Storys in der BRAVO, Konzerte vor 45.000 Fans. Geld, Groupies, zerstörte Hotelzimmer. Sie leben ihren Traum. »Mit dem Major-Deal fließen auf einmal die Dollars. Dann biste halt auf einer Betriebsparty bei Virgin und frisst Austern und nicht mehr wie vorher Currywurst. Wir waren ständig bei VIVA. Ray Cokes hat uns nach London in seine Show bei MTV eingeladen. Wir haben eine Japan-Tournee gemacht. Wir haben in Los Angeles unser Video zu Billie Jean gedreht, auf dem Hollywood Boulevard gewohnt. Das ganze Leben ist plötzlich ein anderes gewesen, und das hat uns auch verändert.« Vor allem Sänger Zimbl bekommt massive Probleme. Er ist seit 20 Jahren Klubes bester Freund. »Der hat jahrelang jeden Tag drei Flaschen Korn gesoffen und dazu noch 30 Dosen Bier. Wenn er mal schlafen wollte, hat er Valium genommen. Wenn er wach sein wollte, Cratofit. Diese Machtlosigkeit hat mich echt verzweifeln lassen und auch ein Stück weit kaputtgemacht. Man bekommt direkt mit, dass der beste Kumpel sich tötet, und kann nichts, absolut nichts machen.« 2000 geht bei Zimbl nichts mehr. Die Band trennt sich. Klube fällt in ein tiefes Loch. Das Geld ist alle, er muss Pakete ausfahren. Dann stirbt Zimbl an Multiorganversagen. »Das war so schrecklich für mich. Das hat mir das Herz zerrissen. Obwohl ich ja wusste, dass das nicht mehr lange gut gehen konnte. Er hat seinen Körper systematisch mit Alkohol zerstört. Ich habe dann jahrelang keine Bates-CDs mehr gehört. Ich konnte es einfach nicht ertragen, seine Stimme zu hören. Der Zimbl, das war ein ganz besonders wertvoller Mensch. So einen habe ich nie wieder getroffen.« Heute ist Klube mit der Liebe seines Lebens verheiratet. Er arbeitet als Behindertenpfleger, lebt in einem kleinen Haus in einem 1000-Einwohner-Dorf, hat einen Hund. Vom Punk ist nur noch wenig übrig. Er sagt: »Der Klube von früher hätte den heutigen als Scheißspießer beschimpft.« Ein Buch über Freundschaft, den Traum davon, gemeinsam aus dem Dorf rauszukommen und Popstar zu werden, und wie es weitergeht, nachdem der Traum zum Albtraum geworden ist. Erzählt von Klube selbst.



    Meine Kritik:

    Zu Beginn der Achtziger steht Frank »Klube« Klubescheidt auf Punkmusik gründet zusammen mit Sänger Zimbl und Gitarrist Armin Beck zusammen im nordhessischen Eschwege eine Band, aus der wenig später The Bates werden sollten. Dank Beharrlichkeit und Spielfreude gewinnen sie ein immer größeres Publikum und starten in den Neunzigern richtig durch. Mit ihrer Coverversion von Michael Jacksons „Billy Jean“ steigen sie hoch in die Charts ein und werden weltberühmt. Doch mitten auf der Erfolgswelle zeichnen sich immer mehr Schwierigkeiten ab – vor allem mit Sänger Zimbel, der zunehmend Drogen und Alkohol verfällt. Anfangs macht sich das auf der Bühne noch nicht so bemerkbar, doch irgendwann ist das Problem nicht mehr zu leugnen, bis die Band schließlich Anfang des neuen Jahrtausends daran zerbricht.

    Zusammen mit Journalist Christof Dörr arbeitet Klube die Bandgeschichte auf und präsentiert einen ebenso ehrlichen wie interessanten Blick hinter die Kulissen. Hinzu kommen eine Handvoll Kapitel, die die Ereignisse aus der Sicht früherer Weggefährten, wie ehemalige Bandmitglieder oder Mitarbeiter der Plattenfirma, schildern. Auch wenn die Biografie sprachlich nicht besonders sehr versiert ist und es auch gelegentlich Wiederholungen in den Schilderungen gibt, ist es dennoch ein bemerkenswertes Dokument über den Auf- und Niedergang einer der erfolgreichsten deutschen Bands der Neunziger Jahre. Schade fand ich, dass nicht sehr auf Zimbls letzte Jahre nach dem Ende der Bates eingegangen wird, insbesondere seine zwei Soloalben und Infos über seine Entziehungskuren wären interessant gewesen.

  • Ich habe The Bates ein gutes Dutzend Mal live gesehen (beim ersten Mal waren sie Support von DÄ bei einem Geheimkonzert im Berliner „Loft“) und war damals fast so etwas wie ein Fan; die euphorischen und irre anstrengenden, musikalisch großartigen und bis zur Selbstaufgabe rockenden Konzerte waren schlicht der Hammer. Das endete, als die Coverversion von „Billie Jean“ auf einem Bravo-Hits-Sampler landete und plötzlich lauter Spießerteenies auf den Konzerten herumlungerten, und damit begann nach meinem Eindruck auch das Ende von Zimbl. Gesund wirkte der allerdings zu keiner Zeit. Energiereich und bei der Sache, das schon, aber nie gesund.


    Danke für den Tipp, Sören, das werde ich lesen!