Giorgia Meloni - Ich bin Giorgia. Meine Wurzeln, meine Vorstellungen

  • Titel: Ich bin Giorgia. Meine Wurzeln, meine Vorstellungen

    Autorin: Giogia Meloni

    Verlag: Europa Verlag

    Erschienen: Juni 2025

    Seitenzahl: 384

    ISBN: 3958906540

    Preis: 26.00 EUR


    Die Autorin:

    Giorgia Meloni wurde 1977 in Rom geboren. Mit 15 Jahren startet sie ihr politisches Engagement in der Jugend- und Studentenbewegung und arbeitet nebenbei als Babysitter und Barkeeperin. Mit 21 Jahren wird sie in den Rat der Provinz Rom gewählt. Mit 29 wird sie Journalistin, wird zur Abgeordneten gewählt und bekleidet in der XV. Legislaturperiode das Amt der Vizepräsidentin der Abgeordnetenkammer. Sie hält den Rekord des jüngsten Ministers in der republikanischen Geschichte: 2008 übernimmt sie das Amt der Jugendministerin. Am 21. Dezember 2012 gründet sie Fratelli d’Italia – heute die drittgrößte Partei Italiens –, deren Landesvorsitzende sie ist. Am 28. September 2020 wird sie zur Vorsitzenden der europäischen Konservativen und Reformisten (ECR Party) gewählt, einer der bedeutendsten politischen Familien Europas, die mehr als 40 europäische und außereuropäische Parteien in sich vereint. Sie ist die einzige Frau, die gleichzeitig Vorsitzende einer europäischen und einer italienischen politischen Partei ist.


    Meine Leseeindrücke:

    Giorgia Meloni ist ohne Frage eine sehr bemerkenserte Frau. Und sie ist beileibe keine Faschistin wie so gern von den linken Medien kolportiert wird. Sie ist liberal-konservativ. Und sie macht auch keine Geheimnis daraus das sie „rechts“ ist – so wie ich übrigens auch.

    Wenn man dieses Buch gelesen hat, dann versteht man das italienische Politikleben besser. Viele Dinge erfährt man die für viele Menschen in unseren Breiten wohl neu sein dürften.

    Italien ist anders als Deutschland und braucht dieses nervige deutsche Moralisieren ganz und gar nicht. Meloni ist eine aufrechte Demokratin und macht diesen Umstand mit diesem Buch mehr als deutlich.

    Die Autorin steht auch zu ihren Schwächen und zeigt dadurch auch ihre Stärke.

    Ich habe dieses Buch mit großem Gewinn gelesen.


    Dieses Buch ist in folgende Abschnitte unterteilt:

    Ich bin Giorgia.

    Ich bin eine Frau.

    Ich bin eine Mutter.

    Ich bin rechts.

    Ich bin Christin.

    Ich bin Italienerin.


    Und in jedem dieser Abschnitte bin ich z.u dem Ergebnis gekommen: Da erzählt jemand ehrlich auch authentisch über sein Leben. Ich kann dieses Buch daher nur empfehlen.


    ASIN/ISBN: 3958906540

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für deine Rezi, ich lese das Buch gerade, bin etwa in der Hälfte und sehr angetan. Mehr, wenn ich ausgelesen habe.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich denke an die verfolgten Christen in aller Welt, die zu oft vergessen werden von einem Europa, das keine Seele mehr zu haben scheint und in dem der Kulturrelativismus alles und jeden auf die gleiche Stufe stellt. (Seite 374)


    Meine Meinung


    Schon seit langem habe ich mir angewöhnt, zu Beginn einer Rezension einen Satz aus dem Buch zu zitieren, der mir - warum auch immer - beim Lesen besonders aufgefallen ist. Zur Auswahl stand neben dem letztlich gewählten auch dieser: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht (…)“ (S. 236), den Giorgia Meloni im italienischen Parlament zur Vertrauensabstimmunug über die Regierung von Mario Draghi zitierte - und der auf der linken Seite einen Sturm der Entrüstung auslöste. Wie konnte Meloni es nur wagen, Bert Brecht zu zitieren! Dumm nur, daß das Zitat überhaupt nicht von Bert Brecht stammt - sondern von Papst Leo XIII.


    Wenn man in deutschen Medien etwas über Giorgia Meloni liest, ist es meist nichts Gutes, sondern kritisch bis abwertend. Sie ist halt weder links noch grün noch gar „woke“, sondern schlicht rechts. Und das wird heute meist ganz automatisch ohne groß Nachzudenken mit „rechtsextrem“ gleichgesetzt, so abgestempelt und in diese Schublade gesteckt. Fall geklärt - jetzt kann man als "echter Demokrat" ja mit ruhigem Gewissen „draufschlagen“.


    Als ich kürzlich mitbekam, daß ihre „Autobiographie“ (wenn man das Buch so bezeichnen will) auf Deutsch erscheinen soll, nachdem wohl etliche Verlage eine Veröffentlichung abgelehnt hatten, wurde ich aufmerksam. Zumal ich auf welt.de ein (gekürztes) Kapitel aus diesem Buch gelesen hatte, was mich endgültig neugierig machte - denn was ich da gelesen hatte, klang grundvernünftig.


    Ausgelesen - sollte ich in einem Wort die Ansichten von Giorgia Meloni zusammenfassen, würde ich genau dabei bleiben: grundvernünftig. Es ist sehr, sehr lange her, daß ich politische Ansichten gelesen habe, mit denen ich so eine hohe Übereinstimmung habe. Vor allem auch ihre Vorstellung von Europa bzw. der Europäischen Union. Ihr schwebt eine EU „(…) freier europäischer Völker, gegründet auf deren Identität und fähig, die großen Fragen gemeinsam zu lösen“ vor. Und kein Europa als einem „(…) undefinierbaren Gebilde in den Händen obskurer Bürokraten, das auf nationale Identitäten keinen Wert legt und diese sogar ganz abschaffen will (…)“ (vgl. S. 48). So eine EU, die sich von der derzeitigen, die alles und jeden regulieren und bevormunden will deutlich unterscheidet, könnte sogar ich (wieder) unterstützen.


    Es ist hier nicht der Ort und der Platz, ihre gesamte Argumentation wiederzugeben - dazu sollte man das Buch selbst lesen, da sie ihre Ansichten teilweise sehr ausführlich dargestellt und begründet.


    Beim Lesen ist mir immer wieder aufgefallen, wie sehr ich viele Entwicklungen der Vergangenheit doch durch die rein „deutsche Brille“ gesehen und betrachtet habe. Es bleibt natürlicherweise nicht aus, daß Meloni aus ihrer italienischen Sicht schreibt - und damit den Horizont öffnet für eine andere Sichtweise, Stichwort etwa Finanz- und Eurokrise oder „gute“ und „schlechte“ Ministerpräsidenten Italiens. Die italienische Sichtweise auf Ereignisse der Zeitgeschichte, die ich selbst miterlebt habe, zeigt wieder einmal überdeutlich die tiefe Wahrheit der alten indianischen Weisheit: „Beurteile nie einen Menschen, bevor Du nicht mindestens einen halben Mond lang seine Mokassins getragen hast.“


    Insofern: auch oder vor allem, wer Giorgia Meloni von vornherein als „rechtsextrem“ abstempelt (was sie nicht ist), sollte dieses Buch lesen, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. Bleibt man (ohne zu lesen) beim Vorurteil, könnte es möglicherweise sein, daß man nach der Devise „wenn die Realität von meinen Vorstellungen abweicht, ist die Realität falsch“ (vgl. S. 238) denkt und/oder handelt.



    Mein Fazit


    Giorgia Meloni legt ausführlich ihre politischen Ansichten dar. Wer diese aus erster Hand kennenlernen möchte kommt um dieses Buch nicht herum und wird dabei feststellen, daß die Vorurteile über sie schlicht falsch sind.


    Edit. Tipp- / Wortfehler berichtigt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zwei Rückfragen sollten ohne Lektüre dieses Buches trotzdem erlaubt sein:


    1. Inwiefern kann ein Buch, das von jemandem selbst verfasst, autorisiert oder kuratiert wurde, tatsächlich als Beleg dafür gelten, dass bestimmte Vorwürfe gegen diese Person nicht zutreffen? Eine Autobiografie ist immer ein subjektiver Bericht. Selbstbeschreibungen sind interessengeleitet und selektiv. Wie sollen Vorwürfe damit abschließend geklärt werden, allein durch ein „Nö, das bin ich nicht“ oder „Das habe ich nicht getan“?

    Wer beschuldigt wird, neigt dazu, ein Selbstbild zu rekonstruieren, das dem Vorwurf widerspricht. Das gilt besonders dann, wenn man geschickt vorgeht und nicht den Impuls verspürt, sich mit dem Vorwurf gleich komplett "all in" zu identifizieren.

    Zur Klärung fände ich eine seriöse politkwissenschaftliche Auseindersetzung wichtiger als eine Autobiografie und die Politkwissenschaft geht aktuell in eine andere Richtung (nicht nur die "woke Medien", aber ich stimme zu, dass eine differenzierte Einordung der Person sinnvoll wäre.

    Ich persönlich hadere mit der direkten Traditionslinie ihrer Partei und ihrer eigenen Nähe zur postfaschistischen Bewegung Italiens. Warum greift sie auf deren Symbolik und kulturelle Bezüge zurück? Sie wird mit dem Satz zitiert, sie habe ein „entspanntes Verhältnis zum Faschismus“. Warum diese Nähe, wenn es angeblich nur um konservative Europa- oder Migrationspolitik geht?


    Und umgekehrt stellt sich die Frage, wie man solche gravierenden ideologischen Ausfälle tolerieren kann, nur weil man einzelne fachpolitische Positionen teilt. Genau darin liegt das Problem im Umgang mit dem Begriff rechtsradikal. Entweder man ist es oder man ist es nicht. Man kann nicht zu zehn Prozent faschistisch denken und zu neunzig Prozent seriös und wählbar sein.


    2. Wenn es tatsächlich notwendig ist, Meloni durch Lektüre reinzuwaschen, stellt sich die Frage, wo die Grenze zu anderen Politikern verläuft, die ähnlich eingestuft werden, etwa Viktor Orbán, Marine Le Pen, Alice Weidel, Jair Bolsonaro oder Geert Wilders. Sind das alles nur Opfer woker Medien? Vielleicht unterscheiden sie sich im Ton oder treten strategisch geschickter auf, aber inhaltlich ist die Linie vergleichbar.

  • Inwiefern kann ein Buch, das von jemandem selbst verfasst, autorisiert oder kuratiert wurde, tatsächlich als Beleg dafür gelten, dass bestimmte Vorwürfe gegen diese Person nicht zutreffen?

    Es ist mir durchaus bewußt, daß man über sich selbst nichts (zu?) Negatives schreiben wird. Das gilt dann allerdings für jedes Buch, das ein Politiker, egal welcher Couleur, verfaßt.



    Zur Klärung fände ich eine seriöse politkwissenschaftliche Auseindersetzung wichtiger

    Sofern die neutral wäre, sicher. Nur hege ich Zweifel, daß man da neutral herangehen würde.


    Wenn es tatsächlich notwendig ist, Meloni durch Lektüre reinzuwaschen, stellt sich die Frage, wo die Grenze zu anderen Politikern verläuft, die ähnlich eingestuft werden, etwa Viktor Orbán, Marine Le Pen, Alice Weidel, Jair Bolsonaro oder Geert Wilders.

    Warum gilt das eigentlich nur für „rechte“ Politiker - weshalb werden „linke“ so gut wie immer automatisch als Demokraten angesehen und so behandelt - und wenn dann von linker Seite die Systemfrage gestellt wird (wie kürzlich von Heidi Reichinnek), ist das ein ganz normaler Vorgang, über den sich kaum jemand aufregt?! Sind die automatisch und von Natur aus "reingewaschen"?




    Im Übrigen, zu Melonis politischen Einstellungen kann ich mich nur selbst zitieren


    Es ist sehr, sehr lange her, daß ich politische Ansichten gelesen habe, mit denen ich so eine hohe Übereinstimmung habe. Vor allem auch ihre Vorstellung von Europa bzw. der Europäischen Union.

    Wenn man mich darob als „rechtsradikal“ abstempeln will - so sei es.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Warum gilt das eigentlich nur für „rechte“ Politiker - weshalb werden „linke“ so gut wie immer automatisch als Demokraten angesehen und so behandelt - und wenn dann von linker Seite die Systemfrage gestellt wird (wie kürzlich von Heidi Reichinnek), ist das ein ganz normaler Vorgang, über den sich kaum jemand aufregt?! Sind die automatisch und von Natur aus "reingewaschen"?


    Ich habe ausschließlich Politiker aus dem rechten Spektrum aufgelistet, um die Vergleichbarkeit zu Meloni herzustellen. Natürlich kann Undemokratisches sowohl von links als auch von rechts kommen, aber bei den zitierten Leuten frage ich mich jeweils: Wieso ist das bei Meloni vielleicht noch im Rahmen, sind es die anderen nicht, oder sind sie alle zusammen total okay?

    Das ist keineswegs ein Abstempeln deinerseits als rechtsradikal. Das würde mir eh nicht zustehen, sondern wirft eher die Frage auf, wie man politische Sachthemen, zur Europapolitik meinetwegen, die grundsätzlich erstmal nichts mit Rechtsradikalismus zu tun haben, vom ganzen anderen Ballast trennt, den zumindest teilweise die aufgelisteten Personen mit sich herumtragen: Fremdenfeindlichkeit, Homophobie, Nähe zu postfaschistischen Ideologien oder zumindest eine mangelnde Abgrenzung von entsprechenden Gruppierungen oder Tendenzen in den jeweiligen Parteien. Wenn das jetzt auf Meloni gerade nicht zutrifft oder dieses Buch dafür den Beweis bringt, dann gut. Aber meine Skepsis hat nichts mit Medienwäsche oder Wokeheit zu tun, die ich übrigens in unserer Gesellschaft für übertrieben halte und nicht gutheißen möchte. Eine klare Abgrenzung von den extremen Ausprägungen rechter Politik erwarte ich von Demokraten, und ich sehe das zumindest nicht in diesem erwähnten Personenkreis.

    Der einzige Grund, warum ich mich in einem Thread zu einem Buch äußere, das ich nicht gelesen habe, ist der, dass es hier ja nicht nur darum geht, ob das jetzt ein gutes oder schlechtes Buch ist, sondern um die Behauptung, basierend auf diesem Buch, dass es sich bei ihr um eine lupenreine Demokratin handelt.

    Insofern: auch oder vor allem, wer Giorgia Meloni von vornherein als „rechtsextrem“ abstempelt (was sie nicht ist), sollte dieses Buch lesen, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. Bleibt man (ohne zu lesen) beim Vorurteil, könnte es möglicherweise sein, daß man nach der Devise „wenn die Realität von meinen Vorstellungen abweicht, ist die Realität falsch“ (vgl. S. 238) denkt und/oder handelt.


    Diesem Statement möchte ich deutlich widersprechen. Eine eigene Meinung zu bilden, basierend auf Melonis Selbstdarstellung (siehe oben), ist Quatsch. Man bleibt beim Vorurteil, weil man es nicht gelesen hat? Das ist Quatsch, weil man sich über die Person und ihr Werk besser fachgerecht von außen ein Bild machen lässt bzw. das Material selbst sichtet und bewertet.


    Was das Zurechtbiegen der Realität angeht: Da muss ich dir sogar teilweise zustimmen, weil es in diesem Diskurs, glaube ich, wirklich darum geht, in der jeweiligen Social Bubble zu verharren und dem Confirmation Bias zu folgen. Aber das gilt umgekehrt ja genauso. Die Besprechungen lesen sich auch jeweils so, als würdet ihr in diesem Buch genau das finden, was ihr ohnehin gesucht habt und dann eigentlich mehr über eure privaten Sichtweisen und "Darf man ja nicht sagen"-Komplexe redet als über irgendein Buch.

    Wenn Meloni das sogar selbst in ihrem Buch einbaut und die Kritik an ihr schon proaktiv abwehrt, dann ist das für mich manipulativ und zielgruppenorientiert.

  • Lange habe ich überlegt, ob ich hier nochmals schreiben soll, zumal ich weder Lust auf noch Zeit für langwierige Diskussionen habe - die am Ende doch nichts bringen. Aber darauf:


    Die Besprechungen lesen sich auch jeweils so, als würdet ihr in diesem Buch genau das finden, was ihr ohnehin gesucht habt

    will ich ein paar Sätze schreiben.


    Ganz ehrlich: ist das nicht eigentlich bei (so ziemlich) jedem so? Wenn ich etwa ein Buch völlig konträr zu meinen Überzeugungen lesen würde, etwa das von Sahra Wagenknecht, hätte sie keine Chance, mich zu überzeugen. Zu konträr sind ihre Ansichten zu den meinen. Während jemand aus ihrer „Gefolgschaft“ die eigenen Meinungen und Überzeugungen bestätigt finden und ihr zustimmen würde. Ist eine solche Rezi dann auch „als würdet ihr in diesem Buch genau das finden, was ihr ohnehin gesucht habt“ - und damit

    quasi wertlos?


    (Das hier:

    Was das Zurechtbiegen der Realität angeht: Da muss ich dir sogar teilweise zustimmen, weil es in diesem Diskurs, glaube ich, wirklich darum geht, in der jeweiligen Social Bubble zu verharren

    interpretiere ich so, daß du das ziemlich ähnlich siehst.)



    Oder dieses:


    wie man politische Sachthemen, zur Europapolitik meinetwegen, die grundsätzlich erstmal nichts mit Rechtsradikalismus zu tun haben, vom ganzen anderen Ballast trennt,

    Wie soll das gehen? Wer beispielsweise eine Verschärfung der Migrationspolitik will, wird umgehend in die rechtsradikale Ecke gestellt. Eine sachliche Diskussion ist so gut wie nicht möglich. Wenn Grenzkontrollen, etwa nach Polen, eingeführt werden, ist der Aufschrei groß. Nur dürfen aus Polen eigentlich überhaupt keine Migranten nach Deutschland einreisen: Polen ist - zumindest nach meiner Kenntnis - ein sicherer Herkunftsstaat, weswegen ein etwaiger Asylantrag mW nach EU-Recht dort zu stellen ist. Dumm nur, daß es da deutlich weniger Leistungen gibt. Da geht man dann doch lieber nach Deutschland - und wird aus dem umliegenden Staaten großzügig durchgewunken, damit die des Problems (und der Kosten) ledig sind. Hier funktioniert Europa überhaupt nicht - und ich sehe nicht, daß das in absehbarer Zeit geändert würde, weil jeder nur an sich und keiner an das große Ganze denkt.


    Es gab eine Zeit, da hatte ich sogar eine Europa-Fahne auf meinem Auto - als Statement für die EU. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Heute nehme ich die EU als Moloch wahr, der alles bis ins Kleinste Detail regeln und alles gleich machen will ohne Rücksicht auf irgendwas oder irgendwen. (Fast hätte ich geschrieben ohne Sinn und Verstand.)


    Auch das:


    Eine klare Abgrenzung von den extremen Ausprägungen rechter Politik erwarte ich von Demokraten, und ich sehe das zumindest nicht in diesem erwähnten Personenkreis.

    Wird seltsamerweise immer nur von solchen auf der rechten Seite des politischen Spektrums erwartet. Linke gelten automatisch als Demokraten (wer weiß eigentlich noch, daß die heutige Partei „Die Linke“ bis vor einigen Jahren noch SED hieß?); meist wird auch aus dieser Richtung von „Unsere Demokratie“ gesprochen - wenn ich diesen Terminus höre werde ich inzwischen grundsätzlich hellhörig und mißtrauisch - seit wann gehört die Demokratie jemandem, ich dachte, das sei die Staatsform die, wenn überhaupt jemandem, dem Souverän gehört - und der ist meines Wissens das Volk. Dumm halt, wenn das mehrheitlich nicht denkt oder wählt, wie es sich manche Kreise vorstellen und wünschen. Vielleicht sollte man sich ein neues Volk suchen?


    Oder das Volk (der Souverän!) sucht sich eine neue Regierung? Ich fürchte, genau das wird (spätestens) nach der nächsten Bundestagswahl passieren - eine Regierung aus einer Richtung, von der ich in meinem ganzen Leben nie gedacht hätte, daß die es in diesem Land nochmals so weit (also an die Regierung) bringen würde. Nach den furchtbaren Erfahrungen des 20. Jahrhunderts. Ich gehöre noch einer Generation an, die sich - wenngleich in relativ früher Jugend - an damals noch vorhandene Kriegsschäden erinnern kann - ich habe das Bild vom durch Bomben noch teilweise zerstörten Schloß meiner Heimatstadt immer noch vor Augen. Aber diese Generation stirbt langsam aus. Und die folgenden Generationen haben aus der Geschichte offensichtlich wenig bis nichts gelernt.


    Oder vielleicht ging es „uns“ in den letzten Jahren/Jahrzehnten einfach nur zu gut - wie heißt es doch so schön? Wenn dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis. Genau dort sind wir meiner Meinung nach. Fragt sich nur, ob das Eis bricht - oder ein Weg zurück aufs feste Land gefunden wird.


    Wenn ich mir die Menschheit so ansehe, habe ich an Letzterem erhebliche Zweifel.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")