Lázár - Nelio Biedermann

  • Rowohlt, 2025

    336 Seiten


    Kurzbeschreibung:

    Alles beginnt, sogar das Ende, als Lajos von Lázár, das blonde Kind mit den wasserblauen Augen, zur Welt kommt. Seinem Vater, dem Baron, wird der Sohn nie geheuer sein, als ob er dessen Geheimnis ahnte. Mit Lajos’ Geburt im Waldschloss bricht auch das 20. Jahrhundert an, das das alte Leben der Barone Lázár im südlichen Ungarn für immer verändern wird. Der Untergang des Habsburgerreichs berührt erst nur ihre Traditionen, aber alle spüren das Beben der Zeit, die schöne Mária ebenso wie der geisterhafte Onkel Imre. Als Lajos in den Zwanzigerjahren sein Erbe antritt, scheint der alte Glanz noch einmal aufzublühen. Doch die Kinder Eva und Pista – der das Dunkle so liebt – müssen erleben, wie totalitäre Zeiten ihre wuchtigen Schatten werfen – und lernen, gegen sie zu bestehen.


    Über den Autor:

    Nelio Biedermann, geboren 2003, ist am Zürichsee aufgewachsen. Seine Familie stammt väterlicherseits aus ungarischem Adel, seine Großeltern flohen in den 1950er Jahren in die Schweiz. Biedermann studiert Germanistik und Filmwissenschaft an der Universität Zürich. Sein Roman «Lázár» wird in mehr als zwanzig Ländern erscheinen.


    Mein Eindruck:

    Dieses Buch hat mir wirklich Spaß gemacht. Ich war ganz drinnen im Plot, der eine latent lebensuntüchtige, adlige Familie durchs gnadenlose 20.Jahrhundert führt.

    Dieser junge Schweizer Autor schreibt anders als die meisten, da er sich unter anderen auf einen herrlich altmodisch wirkenden, virtosen Stil beruft und weiß, eine Geschichte zu erzählen.


    Die Familiengeschichte hat es in sich. Manchmal überzieht Nelio Biedermann und nicht jeder Satz scheint zu sitzen. Aber was funktioniert, ist ein Reichtum an Sprache und Erzählen.


    ASIN/ISBN: 3737102260

  • Glanz und Elend


    Lázár, Familienroman von Nelio Biedermann, EBook Rowohlt Verlag


    Eine Familie in den Strudeln des 20. Jahrhunderts


    Mit der Geburt Lajos, des weißhaarigen Kindes mit den blauen Augen, beginnt der Untergang der Familie Lázár. Das 20. Jahrhundert bricht an, das feudale Leben der Barone Lázár im südlichen Ungarn wird für immer verändert ausgelöst durch den Untergang des Habsburgerreichs, beiden Weltkriegen, Flucht und der Verlust von Macht Geld und Ländereien.
    Das Buch teilt sich in 60 kurze Kapitel, schnelle Szenenwechsel befeuern die Lesegeschwindigkeit. Im auktorialen Erzählstil aus der Sicht verschiedener Charaktere. Schon im ersten Kapitel hat sich bei mir Lesefluss eingestellt. Ich war verblüfft wie wortgewaltig und bildhaft der 22jährige Autor schreibt.
    Insgesamt jedoch finde ich das Buch jedoch nicht ausgereift. Zum Teil sprunghaft im Verlauf und dann wieder verliert sich der Autor in Nebensächlichkeiten. Über die beiden dazwischengeschobenen Kapitel über Stalins Tod, habe ich mich gewundert, das hat keinen Bezug zur Geschichte. Fast alle Figuren sind mir fremd geblieben, ihre Handlungen konnte ich nicht immer nachvollziehen. Sie sind schwermütig und phlegmatisch, obwohl sie in Luxus leben. Erst Eva und auch Pista im letzten Drittel, engagieren sich, nehmen ihr Leben in die Hand.
    Ich hätte auch mehr geschichtliche Fakten und Zusammenhänge erwartet. Über die Verhältnisse und Lebensumstände in Ungarn, zu Beginn des 20. Jahrhunderts und bezüglich der beiden Weltkriege hätte ich mehr Informationen gewünscht. Dies ist aktuell meine bevorzugte Ära in historischen Romanen. Dieser Debütroman lässt jedoch auf besseres hoffen, es ist noch viel Luft nach oben. Eine sorgfältigere Recherche hätte ich mir gewünscht.
    Durch den Hype und die großen Ankündigungen um dieses Buch, habe ich mehr erwartet. Wer sich einen kurzen Überblick über diese Epoche verschaffen will, ist hier nicht verkehrt.

  • Wir hatten uns in unserem Lesekreis vorgenommen, die Bücher zu lesen, die von den unabhängigen Buchhandlungen nomieniert wurden für das "Lieblingsbuch der Unabhängigen". Also griff ich zu "Lázár"


    Das Cover erscheint mir passend für eine Familiengeschichte des ungarischen Adels. Die Tapete im Hintergund lädt zum Betrachten und Entdecken ein, der Schimmel im Vordergrund sticht hervor.


    Wir erfahren von der Geburt eines Kindes, dessen Haut so durchscheinend ist, dass seine Organe zu sehen sind und das so hässlich ist, dass die sechsjährige große Schwester sich prompt auf die Schuhe des Vaters übergibt. Die Mutter möchte der Welt entschwinden und der Vater versucht, diesen Jungen zu vergessen, bis er als zweieinhalbjähriger ein Stück Rindfleisch auf ihn schleudert, dahin, wo das Herz sitzt.


    Der Roman erzählt die Lebensgeschichte eines ungarischen Adelsgeschlechts aus verschiedenen Perspektiven. Die Eltern, Sandor und Maria, die Kinder Lajos und Ilona, sowie Lajos Kinder Pista und Eva erleben, wie der ungarische Adel zugrunde geht und enteignet wird.


    Ich wurde mit keiner der Personen warm, keine war mir sympathisch oder hat für mich nachvollziehbar gehandelt. Wenn es um Gefühle ging, war das eher eine rauschende Verliebtheit, die dann jäh durch das Schicksal beendet wurde, sei es, weil der geliebte Mensch ermordet oder verhaftet und getötet oder schlicht erschossen wurde. Menschen werden verrückt oder gehen in den Wald und verschwinden oder ertränken sich selbst. Kummer und Gewalt spielen eine große Rolle, niemand ist wirklich glücklich oder fröhlich.


    Mir fehlte auch der offene Austausch in dieser Familie, kaum jemand spricht offen oder direkt miteinander und wenn es der Fall ist, ist Schmerz dabei.


    Mir waren es eindeutig zu viele negative Aspektive, die diese Figuren erleiden mussten, es war zuviel Sex und Vergewaltigung und nicht mal das Ende stimmt mich so richtig hoffnungsfroh, denn in der eigentlich erwartungsvollen Aufbruchstimmung ist wieder ein Wermutstropfen enthalten.


    Ich hab zwischendurch immer wieder überlegt, abzubrechen, denn ich musste mich oftmals durchquälen. Vielleicht muss ein Buch, das einen Preis gewinnt, so sein, wobei mir die vorherigen Lieblingsbücher der Unabhängigen, sofern ich sie gelesen habe, gut gefallen habe.


    Einfach nicht mein Buch.